Der Holocaust – es gibt kaum noch Zeitzeugen aus der Zeit der Nazis und ihren furchtbaren Vernichtungslagern, umso mehr ist es wichtig, dass das dokumentierte Erbe, die Erlebnisberichte und Aussagen der überlebenden Häftlinge von Konzentrationslagern und ebenfalls die Stimmen der Widerstandskämpfer nicht verklingen. Diese Zahl von 6 Millionen ermordeten Jüdischen Frauen, Kindern und Männern ist nach über 80 Jahren noch immer schwer zu begreifen. Es gibt viele Filme und Dokumentationen, die diesen Schrecken in Bildern darstellen. Doch auch unter der jüdischen Bevölkerung gab es Widerstand, nicht nur passiven – sondern auch ein bewaffneter Widerstand in den Ghettos und Lagern, Sabotageakte und zielgerichtete Attentate auf Offiziere etc. In den Wäldern schlossen sich nicht wenige Juden den dortigen Partisanenkämpfern an. Viele, gerade auch jüdische Frauen infiltrierten die Besatzungsmacht und schmuggelten Kinder in neutrale Länder und nach Übersee.
Über diesen Widerstand von jüdischen Frauen ist einiges
bekannt, aber steht aber nicht unbedingt im historischen Fokus. Die kanadische
Historikerin Judy Batalion würdigt im vorliegenden Titel: „Sage nie, es
gäbe nur den Tod für uns“ die Frauen, die im jüdischen Widerstand ihr Leben
riskierten und auch verloren.
Vor einiger Zeit stieß Judy Batalion auf die Berichte
junger jüdischer Frauen, die im Widerstand gegen die Nazis kämpften. Diese
»Ghetto-Mädchen« versteckten Revolver in Brotlaiben und bombardierten Züge. Sie
flirteten mit den Nazis, bestachen sie mit Schnaps – und töteten sie. Warum
hatte Batalion, die in einer Familie von Holocaust-Überlebenden aufgewachsen
war, nie davon gehört? Hier erzählt sie die wahre Geschichte dieser mutigen
Frauen. Im Zentrum steht die Polin Renia Kukielka, die sich durch ihr vom Krieg
gezeichnetes Land bewegt und ständig riskiert, für den Widerstand zu sterben.(Verlagsinfo)
„Sag nicht, es gäbe für uns kein morgen“ von Judy
Batalion ist kein Buch, dass den Leser unberührt lässt. Trotz alledem was wir
schon kennen, was wir auf Fotos gesehen, oder schrecklich gelesen haben – gehen
diese Schicksale mit einer nachhaltigen Stimmung durch die Haut.
Das Buch ist gleichbedeutend mit einem Denkmal, dass
diese mutigen Frauen ihrer Zeit verdienten. Es ist ein Sachbuch, aber die
Autorin ermöglicht es dem Leser an Geschichten teilzuhaben, die genauso
spannend sind wie fiktive Thriller, oder Krimis.
Es gab viele Widerstandskämpfer, die unter Einsatz ihres
Lebens andere Menschen retteten, oder halfen – viele sind uns wohlbekannt. Doch
hier zählt nicht die mediale Würdigung im Rampenlicht – es wäre diesen Frauen
egal gewesen. Ihre Schrecken, aber auch ihr Einfallsreichtum, ihre Kaltblütigkeit
und den festen Willen sich zu widersetzen – dem ist ein hoher Respekt
geschuldet.
Judy Batalion hat gründlich recherchiert und lässt die
Stimmen dieser Frauen ein Stück weit unsterblich werden. Die Autorin beschreibt
die Erlebnisse und die Aktionen der Frau sehr detailliert, ohne zu übertreiben,
oder es künstlich zu dramatisieren.
Fazit
Ein Zeitzeugnis und ein Denkmal. Eine Mahnung und ein
stilles, aber nachhaltiges Echo, dass Widerstand immer nötig ist. Ein ganz
besonderes Buch, dass insgesamt die Menschen würdigt, die nicht laut sein konnten.
Michael Sterzik
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