Montag, 17. Januar 2022

Gefrorenes Herz - Line Holm und Stine Bolter


Spendenskandale – Missbrauchsskandale – Finanzskandale – und ja diese gibt es auch auf der „Guten“ Seite der Hilfsorganisationen. Malteser, Johanniter, Rotes Kreuz – auf nationaler, wie auch internationaler gibt es hier einiges an Unstimmigkeiten, die ggf. auch verbrecherisch zu nennen sind.

Auch in Dänemark gab es verschiedene Skandale um diese Hilfsorganisation, deren humanitäre Botschaften man ggf. arg bezweifeln könnte. Der vorliegende Kriminalroman – „Gefrorenes Herz“ nimmt sich u.a. diesem Thema an und verarbeitet es sehr spannend.

Die beiden Autorinnen kombinieren also historische Themen mit einem aktuellen Mordfall. Das bringt dann auch „alt“ und „jung“ auf der personellen Seite zusammen. Die Polizeihistorikerin, die von Colt-Case-Fällen absolut fasziniert ist und ein neues Ermittlerduo, dass sich erst noch finden muss. Die Figuren sind damit aufgestellt und das sogar ganz originell.

Polizeihistorikerin Maria Just bereitet gerade eine Ausstellung zum Thema »100 Jahre ungelöste Mordfälle« im Polizeimuseum von Kopenhagen vor. Da wird mitten in der Stadt der Generalsekretär des Roten Kreuzes auf bestialische Art ermordet. Der Tote hängt gekreuzigt an einem Geländer, auf seinem Körper wurde ein rätselhaftes Zeichen eingeritzt. Die Polizei ermittelt unter hohem Druck von Presse und Politik. Doch es ist Maria, die schließlich eine Verbindung zu einem ungeklärten Doppelmord entdeckt, der über fünfzig Jahre zurückliegt. Ein dunkles Kapitel dänischer Geschichte dringt ans Licht. So dunkel, dass jemand auch nach Jahrzehnten noch Vergeltung sucht. Kann Maria den Rachefeldzug stoppen, bevor es zu spät ist? (Verlagsinfo)

Beide Autorinnen sagen von sich, dass sie viele Erfahrungen in den letzten Jahren sammeln konnten. Auf der investigativen Seite des Journalismus und als Kriminalreporter dürften sie dem „True Crime Genre“ manchmal nähergekommen sein, als sie es ggf. wollten. Sie legen viel Wert auf ein authentisches Setting, einem realistischen Bild der Ermittlungsarbeiten.

Ein Skandal um die Hilfsorganisation ruft selbstverständlich dann auch gleich die politischen Strömungen und Interessen hervor. Also ist damit dann gleichbedeutend der Tatort fast schon öffentlich und die Medien haben ihr ganz eigenes Interesse jemanden verantwortlich medial hinzurichten, wenn es denn nötig ist. Der Ermittlungsdruck dürfte dann für die Beamten und auch den amtierenden Politikern er- und bedrückend hoch sein.

„Gefrorenes Herz“ ist sehr spannend – ungewohnt ruhig für einen Kriminalfall – aber tiefgründig und konstant unterhaltsam. Die schon erwähnte Ermittlungsarbeit steht damit nicht im Vordergrund – atmosphärisch auf hohem Niveau ist die Verknüpfung von historischen Todesfällen und dem aktuellen. Eine gewisse Symbolik spielt hier eine wesentliche Rolle.

Es gibt nicht viel Nebenfiguren und auch die Nebenhandlungen sind überschaubar gruppiert. Sie bilden nicht die „Basis“ für den eigentlichen Plot, oder sind damit über einige Ecken und Kanten verbunden. Sie dienen höchstens, das charakterliche Bild der Figuren zu verstärken.

Überhaupt ist hier jedes Element, jede Handlung und Figur reduziert auf das wesentliche. Das wirkt allerdings manchmal recht starr, da hier wenig Abwechslung ist und wirkliche Überraschungen stellen sich nicht ein.

Man mag gespannt sein auf einen zweiten Teil, denn die Figuren schaffen es dennoch auch mit diesen kleinen Defizienten zu überzeugen. Sehr lobenswert ist die politische Brisanz und die Darstellung der historischen Fehler, die so manches Leben zerstörten. Die Mischung macht es also aus – und die Vernetzung zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist gut geglückt.

Fazit

Ein Roman in einer spannenden Schockstarre. Als Debütwerk absolut solide und man darf gespannt sein auf einen zweiten Band, der aber noch deutlich steigerungsfähig sein sollte.

Michael Sterzik

Keine Kommentare: