Samstag, 22. Januar 2022

Die Bosheit - Mattias Edvardsson


Die lieben Nachbarn – diese können bestenfalls Freunde sein, schlimmstenfalls ein hartnäckiger, boshafter Feind, der das Leben mitunter zu einer ganz privaten Hölle umgestalten kann. Dem Grad der Feindschaft sind hier keine Grenzen gesetzt.

Sieht man das diese Situationen nun mit einer positiven, oder negativen Perspektive, so ist das soziale Gefüge, eine schmale Spur in einem emotionalen Minenfeld. Wörter können zu Waffen werden, Zäune zu Grenzen, Grundstücke mutieren zu Befestigungsanlagen. Aber es muss ja auch nicht immer zu einer negativen Krise werden. Oberflächlichkeit hin und her – dass private Leben des anderen ist nur eine Momentaufnahme, die man so, oder so interpretieren kann.

Der schwedische Autor Matthias Edvardsson hat schon den Grusel, oder das „Böse“ in seinen vorherigen Romanen Alltags-getreu verarbeitet. Die Banalität des abgrundtiefen Bösen versteckt sich gerne hinter einer lockeren Maskerade, die man zwar wahrnimmt, aber nicht wahrnehmen möchte, oder sie einfach übersieht.

Mikael ist mit seiner Familie in ein kleines Nest in Südschweden gezogen, wo er einen Neuanfang wagen will. Die Nachbarn sind ausgesprochen reizend, doch die heile Vorstadtidylle trügt: Jeder verbirgt dunkle Geheimnisse, heimliche Sehnsüchte und sogar kriminelle Schandtaten. Dann ereignet sich ein schrecklicher Unfall. Mikaels Frau wird von einem Auto angefahren und ringt mit dem Tod. Sein Verdacht erhärtet sich: Es war kein Unglück, sondern eine vorsätzliche Tat. Doch welcher Nachbar will Mikaels Frau tot sehen – und welches Geheimnis hütet er selbst? (Verlagsinfo)

Der Autor versteht sein schriftstellerisches Handwerk und verarbeitet diese Themen souverän. Der vorliegende Roman „Die Bosheit“ spielt in einer eng strukturierten Nachbarschaft statt. Die Bühne also klein und überschaubar, das Ensemble gut ausgewählt und ebenfalls im kleineren Rahmen.

Der Roman unterhält durch seine Charaktere. Die Story ist hier so schmal und irgendwie auch nur nebensächlich. Für einen Thriller reicht es nicht, ein Krimi ist „Die Bosheit“ auch nicht. Was dann? Eher ein überzeichnetes Drama in mehreren Akten. Eine Spannung entsteht nicht unbedingt – dass besondere ist bei der Einordnung der Figuren, dass niemand wirklich „unschuldig“ ist. Jeder Protagonist hat so die eine oder andere Fehlfunktion seines moralischen Kompasses. Gerechtigkeit und der eigene Blickwinkel, den der Autor hier beschreibt, sind allerdings sehr schleppend. Viele Nebengeschichten von jeder einzelnen Figur sollen dem Charakter eine gewisse Tiefe verleihen – aber zielführend sind diese zu keinem Zeitpunkt. Die Beziehungsebenen sind authentisch und realistisch und hier wird auch jedes klassische Klischee bedient, dass einem einfällt, wenn man eine „Nachbarschaft“ beschreiben möchte. D

Manchmal wirkt die Story unstrukturiert, überladen und übertrieben. Eine besondere Sympathie, oder überhaupt Mitgefühle entwickelt man hier auch nicht. Ich sprach vorhin von Drama – auch das ist misslungen und ist nur oberflächlich. Es ist insgesamt nicht spannend genug. Die Story fängt einen nicht ein, und selbst die Lösung ist am Ende doch allzu offensichtlich, denn viele Alternativen gibt es schlussendlich auch nicht.

Dabei ist der Stil des Autors sehr gut. Ausdrucksstark, wortgewandt, doch atmosphärisch muss hier noch viel passieren.

 

Fazit

Phasenweise unterhaltsam. Viele inhaltlichen Schwächen. Wenig Struktur im Aufbau. Eine Kurzgeschichte des Themas wäre einprägsamer gewesen

Michael Sterzik 

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