Dienstag, 13. September 2022

Game On - J.D.Barker


Wir alle kennen Filme, die man am besten völlig entspannt im Kinosessel sitzend mit Popcorn verbringt. Die Spannung ist derartig hoch, dass man das Gefühl hat, die Zeit ist eingefroren, man ist gefesselt von Szenen und Dialogen. Die Atmosphäre des Films überträgt sich auf die Zuschauer. Manche Filme sind fürs „Kino“ gemacht – doch kann ein Roman, die gleiche nachhaltige Spannung und Atmosphäre rüberbringen?

Die Story von dem vorliegenden Roman „Game On“ ist nicht neu, aber originell erzählt. Und auch wenn der Autor J.D. Barker in seinem Nachwort andeutet sich im Bezug auf aktuelle Themen neutral zu benehmen, so entspricht es nicht einer absoluten Wahrheit.  Handlungen, für die wir uns entscheiden, sei es für uns selbst, oder mit und für andere, können ungeahnte Konsequenzen nach sich ziehen. Selbst Jahre später kann das Schicksal unbarmherzig zuschlagen. Zählt die berufliche Karriere mehr, wie ein glückliches, erfülltes Privatleben? Und beobachten wir die mediale Entwicklung, die Gier nach Ruhm, Anerkennung – die Aufmerksamkeit mit Einschaltquoten und Likes, die Gelder für Werbung versprechen? Sind wir alle käuflich und welchen Preis sind wir bereit dafür zu zahlen?

„Game On“ von J.D.Barker ist ein literarisches Actionfeuerwerk, das Ähnlichkeiten mit „Stirb langsam“ aufweist, nur um wenige Seiten später sich unweigerlich an Szenen wie in „SAW“ zu erinnern.

Worte können zu „Waffen“ werden – sie können verletzen und Existenzen vernichten, sie können aber Hoffnung schenken, Vertrauen geben und Liebe erklären. Die Macht der Stimme kann „Stimmungen“ entwickeln und dabei so effektiv sein, wie eine geladene, bereite Schusswaffe.

Als Officer Cole Hundley das Gebäude des Radiosenders SiriusXM betritt, um der berüchtigten Talkshow-Moderatorin Jordan Briggs einen Strafzettel zu überbringen, ahnt er nicht, dass sein Tag eine tödliche Wendung nehmen wird. Denn als ein Fremder während der Live-Sendung anruft und ein scheinbar harmloses Entweder-Oder-Spiel mit der Moderatorin spielen will, detonieren plötzlich mehrere Bomben rund um New York City. Mit einem Mal befindet sich Hundley inmitten der perfiden Mordpläne des unbekannten Anrufers. Aber wie soll man jemanden aufhalten, der offenbar jedes noch so kleine Detail eingeplant hat? (Verlagsinfo)

„Game On“ ist pure, brachiale Action in Kombination mit einem perfiden psychologischen Kriegsspiel. Es gibt nicht nur Täter und Opfer – die meisten Protagonisten spielen auf beiden Seiten eine zentrale Bedeutung. Das Tempo der Ereignisse ist spektakulär und erbarmungslos schnell. Die Kapitel enden oft mit einem Mini-Cliffhanger – aus der Perspektive der Moderatorin Jordan Briggs, oder dem Officer Cole.

Ihr Gegner ist ein mysteriöser Anrufer, der sich seit Jahren auf dieses „Spiel“ vorbereitet hat. Als Spielleiter ist nicht neutral – er zieht an den Fäden, drückt Köpfe, manipuliert Freund und Feind und versteht es zu töten. Sein Spielfeld ist das fast 50-stöckige Bürogebäude, in dem auch Jordan Briggs am Mikrofon des Radiosenders sitzt. Ihre Rhetorik ist imstande Bürgerkriege zu entfachen – sie hält sich weder an Regeln, noch an Absprachen, noch hört sie ggf. außer auf ihrer Tochter auf sonst jemanden. Sie ist ein medialer Einzelkämpfer, ihr Ziel ein hoher Bekanntheitsgrad, hohe „Einschaltquoten“ – Ihr Einsatz ist gleichbedeutend mit „Alles oder nichts“.

Als Spielfigur macht sie keine besonders gute Figur – Ihre Entscheidungen stehen für Tod oder Tod. Dass nebenbei nicht nur die Leben unschuldiger Menschen von Ihren Entscheidungen abhängt, sondern auch ihr Ex-Mann und ihre Tochter als Zielscheibe fungieren – erhöht den Einsatz um ein Vielfaches.

Officer Cole dagegen spielt gerade die Hauptrolle in „Stirb langsam“ und macht einen auf John McClane und kämpft sich mit allerlei auch improvisierten Waffen durch die Stockwerke.

Die Action überschlägt sich hier und bleibt, hält nicht mal kurz inne. Das ist aber noch nicht alles. J.D.Barker verfügt über besonders viel Humor, besonders dann, wenn die Tochter von Jordan ihre Bühne bekommt. Vorlaut, frech und selbstbewusst ist sie der „entspannende“ Ruhepol in der Handlung.

Sind solche Actionthriller etwas von „Zurück in die Zukunft“?! Der Roman erinnert sehr an das Actionkino der 80er und 90er. Die Rollenverteilungen der Charaktere, das Storyboard, die vielen Explosionen und Schießereien – fehlt noch „Yepi ah yee Schweinebacke“ und fertig ist die Zeitreise.

Der Unterhaltungswert ist dennoch hoch – aber reiht sich nicht im Genre Thriller ein. Es sei denn – wir verwenden die Vokabel „Action“. „Game On“ steht als ein Einzeltitel da obwohl die beiden Hauptpersonen viel Potenzial für etwaige Fortsetzungen haben, ggf. ohne persönlich involviert zu sein.

Die Spannung ist zwar allgegenwärtig, aber entsteht nicht nur über die vielen Kugeln, die durch die Handlung fliegen, sondern auch über die Angst, dass man sich ggf. von interessanten Charakteren trennen muss. Und kommen wir zurück zum Spiel. Was wäre es denn für ein Gesellschaftsspiel, wenn hier nicht getrickst, betrogen, verraten wird? Kommt alles vor – sodass es man über die eine, oder andere Überraschung stolpert?!

Zu vergleichen ist dieser Titel nicht mit seiner „Monkey-Trilogie“. Stil und Ausdruck sind ähnlich, doch das war es dann schon mit verwandtschaftlichen Verhältnissen.

Fazit

„Stirb langsam“ und etwas „SAW. Der vielleicht Action lästigster Thriller auf dem gegenwärtigen Buchmarkt. Zurücklehnen, am Popcorn bedienen und auf geht’s mit Überschallgeschwindigkeit auf der Unterhaltungsspur.

Michael Sterzik

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