Samstag, 16. September 2023

Verderben - Karin Smirnoff nach Stieg Larsson


Der vorliegende Roman „Verderben“ ist der siebte Band der Millennium-Reihe um den investigativen Journalisten Mikael Blomkvist und der hochintelligenten Hackerin Lisbeth Salander. Der verstorbene Journalist und Autor Stieg Larsson ist der Schöpfer dieses ungleichen Ermittlerduos. Die ersten drei Teile sind erfolgreich verfilmt worden. Die Erbengemeinschaft beauftragte den amerikanischen Schriftsteller David Lagercrantz die Reihe fortzuführen. Drei weitere Bände sind unter seiner Feder entstanden und sind auch inhaltlich recht spannend. Stieg Larsson hinterließt viele Skripte und Notizen, sodass diese wohl die Basis nachfolgender Story bildeten. Mikael (Kalle) Blomkvist und Lisbeth Salander sind längst schon Kultikonen im Genre Thriller/Krimi geworden. Das Konzept wurde oftmals von anderen Autoren adaptiert und die Reihe gilt als Meilenstein skandinavischer Kriminalliteratur.

Im Genre Thriller und Krimi werden mitunter nun aktuelle Themen aus der Politik, dem sozialen Umfeld und ganz groß im Kommen scheint das Thema nachhaltiger Umwelt- und Klimaschutz zu werden. Auch in dem vorliegenden Band geht es, um den Trend weitere Windräder regional aufzubauen. Die Interessen und Finanzierungen der Industrie können also durchaus mit dem der Einwohner kollidieren. 

Mikael Blomkvist reist von Stockholm in den hohen Norden zur Hochzeit seiner Tochter. Im Zug erfährt er von Entwicklungen, die den Enthüllungsjournalisten neugierig machen: Abseits des medialen Rampenlichts tobt dort oben ein Kampf internationaler Firmen um natürliche Ressourcen und Billigstrom. Zur selben Zeit begibt sich Lisbeth Salander nach Nordschweden, um ihre Nichte kennenzulernen. Die junge Svala hat sich geschworen, ihre verschwundene Mutter, eine Sami, zu finden und sich endlich gegen ihren Stiefvater zu wehren. Denn wie ihre Tante ist Svala furchtloser und genialer, als sie aussieht. Nach Jahren treffen Salander und Blomkvist wieder aufeinander und befinden sich bald im Auge eines Sturms.(Verlagsinfo)

Die sozialkritischen und industriellen Brennpunkte sind allzu offensichtlich. Allerdings schafft es Karin Smirnoff überhaupt nicht, die spannende Atmosphäre der Trilogie von Stieg Larsson aufzubauen. Ihre Konstruktion der Handlung ist fürchterlich schlecht umgesetzt. Um ihren Schreibstil und ihren Ausdruck zu beschreiben, bedarf es nur ein Wort: Chaos – unstrukturiert, undiszipliniert, inhaltlich viel zu kurze Sätze die so viel Spannung erzeugen wie das abendliche Sandmännchen. Sprunghafte Dialoge denen man schwerlich folgen kann.

Vergleicht man die beiden Handlungsebenen, so liegt der Schwerpunkt bei Lisbeth Salander und ihrer Nichte Salva. Mikael Blomkvist Part ist eher sekundär. Hinzu kommt, dass Karin Smirnoff diesen beiden Figuren zu keinem Zeitpunkt gerecht wird. Charakterlich sind diese nicht tiefgehend erzählt. Es gibt fast keine erzählerischen Brücken in die Vergangenheit, die den Figuren Substanz geben. Ganz anders verhält es sich mit Lisbeths Schützling Salva – die wie ihre Tante selbst hochintelligent ist und einen gefährlichen Aktionismus lebt. Ihr Charakter ist überzeugend.

Analysieren wir die Handlung, so kann gerne die Motivation der Autorin loben, die „Grüne“ aktuelle Themen verwendet und somit auch in gewisser Art und Weise eine politische Botschaft hinterlassen möchte. Korruption, Amtsmissbrauch, Erpressung – willkommen also im Reallife. Trotzdem findet sich hier keine Spannung wieder. Zu kompliziert und in abschnitten geschrieben, zu schlecht verteilt sind die einzelnen Handlungsebenen. Ein instabiles Kartenhaus mit inflationären Optimierungsmöglichkeiten – dass ist die Quintessenz von „Verderben“. Karin Smirnoff Versuch, an dem schriftstellerischen Talent eines Stieg Larsson anzuknüpfen, ist auf allen Ebenen mehr wie nur misslungen.

Fazit

Verderben – ist das mangelhafte, teils ungenügende Ergebnis eines Versuches eine Reihe fortzuführen, um seinen eigenen Anspruch gerecht zu werden. Das ist so schlecht gelungen, dass ich weitere Bücher der Autorin nicht mehr lesen möchte und ich hoffe, dass diese Reihe von Karin Smirnoff nicht weitergeführt wird – denn dann heißt der letzte Band womöglich „Verwüstung“ einer großartigen Reihe.

Michael Sterzik



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