Sonntag, 22. Oktober 2023

Attika - Die Verteidiger Athens - Conn Iggulden

 

Die alten Griechen – die Wiege der Demokratie, gleichbedeutend mit dem Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Gewissenhafte und ambitionierte Ziele, die bis in unsere heutige Epoche ihren Weg gefunden haben, allerdings mal mehr – mal weniger gut umgesetzt. Der Streubereich dieser Wahrheit ist weit ausgebreitet.

Das persische Reich unter dem Großkönig Xerxes versuchte Griechenland mit brutaler Waffengewalt zu erobern. Eine Schneise der Verwüstung flutete mit den Truppen durch das Festland und die vielen Inseln. Es galt das Gebot der Abschreckung und dem Willen unter allen Umständen Griechenland ins Reich der Perser zu holen.

Griechenland war nicht unbedingt als „Nation“ geeint, die politischen Interessen und auch die militärische Stärke waren oftmals sehr unterschiedlich. Und gemäß ihrem moralischen Kompass, aber auch in ihrer Souveränität wurden Vorurteile gegenüber anderen Stämmen erstmal in die zweite Reihe geschickt. Es galt, die Invasoren abzuwehren. Der Preis war hoch und der Dank an die Menschen, die einen großen Anteil an dem Erfolg und der späteren Blütezeit Griechenlands war, verräterisch gering. Doch dazu später mehr.

Nur um Haaresbreite ist Athen 480 vor Christus einer Katastrophe entgangen – dank der Todesmutigen. Krieger aus Sparta, die den Pass bei den Thermopylen lange genug gehalten hatten, um die Stadt zu evakuieren.
Doch die persische Übermacht unter dem Großkönig Xerxes I. ist nach wie vor entschlossen, Griechenland endgültig in die Knie zu zwingen. Und der griechische Feldherr Themistokles wird zwar vom Volk verehrt – der Adel begegnet ihm jedoch immer wieder mit Misstrauen und Ablehnung. Mit nur 300 griechischen Schiffen stellt Themistokles sich schließlich in der Meerenge von Salamis den 1.200 Kriegsschiffen der Perser entgegen …(Verlagsinfo)

Conn Iggulden ist ein Meister der Erzählkunst und auch hier zeigt sich sein schriftstellerisches Talent von seiner besten, auch qualitativen Seite. Historisch gesehen und die Quellenlage ist nicht einfach, ist der vorliegende Roman gut aufgebaut. „Die Verteidiger Athens“ ist bisweilen eine griechische Tragödie. Die Story wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt – die Griechische, wie auch die persische Perspektive hat ihre Berechtigung. Und wer meint – hier wird nur gekämpft, getötet und gestorben – hat sich geirrt, denn der Autor lässt auch viel Politische Konfrontation und Diskussion zu. Conn Iggulden erklärt und nicht die griechische Philosophie, doch beschreibt er sehr genau das politische System und die schwierigen Bündnisse mit Sparta, die der Lebensart der übrigen Griechen eher distanziert begegnet.

Genau diese Elemente in der Handlung sind es dem Roman Substanz vermitteln und langweilig sind diese überhaupt nicht. Persönliche Fehden, abwechselnde Sympathien und Antipathien bei den Protagonisten zeigen die menschliche Fehlbarkeit mit ihren Erfolgen und Verlusten. Ja, es wird auch emotional und das auch nicht nur untergeordnet.

Eindimensional ist die Geschichte allemal – Gut und böse sind hier national eingeteilt. Die Perser werden einstimmig als erbarmungslos, machtbesessen und mordend dargestellt – vielleicht war es auch so. Doch auch in wenigen Parts werden die Ängste des Großkönigs thematisiert, der letztlich flieht und den Befehlt an einen General weitergibt. Auf dessen Schultern lastet dann auch das Versagen der Perser. Leider wird im späteren Teil nicht viel über die weitere Eroberungspolitik von Xerxes zu lesen sein.

Die Geschichte wird von Siegern geschrieben, allerdings mit einem bitteren Nachgeschmack. Ganz stark widmet sich Conn Iggulden der Schicksale von Politikern und späteren Feldherrn, die alles und viele dafür gaben, dass Griechenland die Invasion der Perser abwehren konnte. Demokratie hin und oder her, aber auch vor mehreren tausenden von Jahren gab es Neid, Missgunst und Eifersucht – es gab manipulative Spielchen, um Menschen zu diskreditieren und persönlich fertigzumachen. Unabhängig davon, welche Erfolge diese Männer auf den Schlachtfeldern erzielten – und unabhängig von deren persönlichen Einsatz und Verlusten. Diese Emotionalität, die der Autor hier sehr intensiv beschreibt, ist großartig.

Die Abwechslung innerhalb der Handlung, zwischen den Schlachten, den politischen Auseinandersetzungen und der Lebensart der verschiedenen Stämme ist spannend und hervorragend umgesetzt. Diese Reihe ist also mit dem zweiten Band auch als abgeschlossen zu betrachten.

Fazit

Eine griechische Tragödie – ein Schlachtengemälde – ein Drama in mehreren Akten. Spannende Auseinandersetzung mit dieser Epoche und dem alten Griechenland – neu interpretiert und absolut lesenswert.

Michael Sterzik



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