Mittwoch, 29. November 2023

Der Silberbaum - die siebente Tugend - Sabine Ebert


Das Hochmittelalter ist mit dem neuesten Roman von Sabine Ebert wieder präsent. Schon mit der sehr erfolgreichen Serie „Schwert und Krone“ hat uns die sympathische in Dresden lebende Autorin, in eine literarische Zeitreise geschickt. Geschichte kann spannend sein – und die historischen Romane von Sabine Ebert sind ein Garant für eine exklusive, qualitative Unterhaltung, die uns durch viele, viele Facetten unserer Vergangenheit führt.
Das Mittelalter war keine dunkle Epoche, jedenfalls nicht nur. Für viele Menschen bedeutete diese Zeitlinie manchmal ein täglicher Kampf um das Überleben. Unzählige Grafschaften, Königreiche, Baronien in Europa usw. regierten die einfachen Menschen, die in Dörfern und langsam wachsenden Städten versuchten ihr manchmal kurzes Leben einen Sinn zu geben. Handwerker, Kaufleute, Bauern, der Hochadel und die Kirche – sie waren alle mehr oder wenige voneinander abhängig.
Die Politik konnte mitunter sehr kompliziert sein, die Thronfolge, oder einfach, die Erben der großen, aber auch kleineren Adelsgeschlechter versuchten ihre Macht auszubauen. Eine bunte, manchmal erbarmungslose Heiratspolitik konnte mit strategischem Kalkül durchaus den eigenen Einfluss immens verstärken. Dagegen standen die blaublütigen Alphamännchen, die allzu gerne zum Schwert griffen, um mit kompromissloser Eroberungsgewalt versuchten, ihr Herrschaftsgebiet weiter auszubauen. Jeder Weg war mit Risiken verbunden, es gab keine Garantie dafür, die erkämpfte Macht innerhalb der Familie zu behalten. Abhängig von der Gunst des Kaisers, oder des Königs konnte man unheimlich schnell alles, aber wirklich alles an Besitz, Macht und Einfluss verlieren und in eine Bedeutungslosigkeit zu versinken, um später ggf. nur noch eine Randnotiz in historischen Quellen zu werden.
Doch die Politik war nicht nur sehr kompliziert. Es war ein großflächiges Schachspiel – dass Spiel der Könige – und dieses manchmal willkürliche Spiel konnte auch schnell tödlich ausgehen. Hatte das Herrschaftshaus keinen legitimen Erben, so wurde man schnell schachmatt gesetzt. War der Erbe noch nicht volljährig, wurde es kompliziert und benachbarte Herrschaftshäuser waren überhaupt nicht abgeneigt zum Schwert zu greifen, oder heimtückisch Gift einzusetzen, um sich mit Gewalt an Ländereien, und deren ggf. ertragreichen Bodenschätzen zu bereichern.
Für Leser der „Hebammen-Reihe“ dürfte das Buch wie ein nach Hause kommen sein.
Er war der vielleicht strahlendste Fürst seiner Zeit, ein Förderer der Städte, Minnedichter und Ausrichter glänzender Turniere: Heinrich der Erlauchte, Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen. Doch zu Beginn der Geschichte ist ungewiss, ob er die Herrschaft je antreten wird. Sein Vater stirbt, als Heinrich drei Jahre ist. Sein Oheim Ludwig von Thüringen, der gerade die ungarische Königstochter Elisabeth geheiratet hat, wird sein Vormund. Bewahrt er dem Neffen das Erbe oder will er es an sich reißen? In ihrer Not ruft die Markgräfinwitwe Jutta Lukas aus Freiberg zu sich. Ihn hatte sie einst vom Hof geschickt, denn seine Stieftochter Clara war die große Liebe ihres Mannes. Lukas schart Getreue um sich und ruft Marthes ältesten Sohn Thomas aus dem Heiligen Land nach Meißen. Marthes Enkelin Änne verschlägt es derweil nach Thüringen, wo sie verstörende Begegnungen mit der später heiliggesprochene Elisabeth und deren erbarmungslosem Beichtvater hat, dem fanatischen Kreuzzugsprediger und Ketzerverfolger Konrad von Marburg. (Verlagsinfo)
Für Sabine Ebert ist dieser Roman so etwas wie „Zurück in die Zukunft“ – Es ist ihre Epoche, als Autorin ist, sie eine Zeitreisende, die es versteht, historische Geschichte wie fast keine andere so bildgewaltig und emotional in die Vorstellungskraft des Lesers zu transportieren.
Bekannt für ihre akribische Recherche und das ohne sich inhaltlich festzufahren lässt sie uns teilhaben an ein kleines „Game of thrones“. Die Politik und die Religion mitsamt allen extremistischen Ausprägungen sind die Basis der Geschichte. Die Sorge einer Witwe ihren Sohn und Erben der Markgrafschaft zu verlieren – damit fängt die Geschichte an und setzt sich weiter fort bis zur der Figur Elisabeth von Thüringen, die mit ihrem radikalen Verständnis für Nächstenliebe und Glaubenssätzen sehr polarisiert.
Der vorliegende erste Band erzählt von der Kindheit und Jugend Heinrich III. Markgraf von Meißen. Er wird von vielen Personen beschützt, erzogen und findet seine persönlichen Ideale, nach denen er später regieren wird. Sein Talent und seine Verantwortung als adelige Führungskraft beinhaltete viele Facetten, eine davon war sicherlich die vielfältige Kunst, dazu gehört Literatur und Musik – aber auch war er mit Sicherheit ein Förderer von Wissenschaft, was damals eher eine Insellösung gleichkam.
Auch in diesem vorliegenden Buch spielen die Kreuzzüge und der Fanatismus der Kirche eine Rolle. Noch immer ist die Operation heiliges Grab, die Befreiung von Jerusalem in den Köpfen der Kirchenfürsten, auch wenn nach vielen vergangenen Kreuzzügen, die Skepsis einzelner Ritter und Fürsten größer geworden ist.
„Der Silberbaum – die siebente Tugend“ ist nicht nur ein spannender Roman, der eine hochklassige Unterhaltung bietet, er ist auch sehr emotional und das mal gar nicht auf die romantische Liebe reduziert. Ja, darum geht es auch – aber es geht ebenfalls um Leidenschaft für eine Sache, eine Person, ein Ideal und um einer Vision einzustehen, es geht um Verantwortung und Respekt, sowie Toleranz. Liebe ist so ein großes Wort – hier zeigt sie sich so vielfältig und nicht zuletzt in einer kompromisslosen Menschlichkeit, die zwar einen gesunden Egoismus beinhaltet, aber längst nicht eindimensional daherkommt.
Sabine Ebert ist das kleine Wikipedia des deutschen Hochmittelalters– allerdings sehr unterhaltsam und auch mit feinem Humor und emotionaler Intelligenz versehen.
Abschließend lässt uns die Autorin teilhaben, an Stammbäumen, einem Personenverzeichnis, Karten usw. – die professionell jeden Geschichtsinteressierten ein Lächeln hervorzaubern werden.
Fazit
„Der Silberbaum – die siebente Tugend“ ist ein kleiner literarischer Goldschatz.
Emotional – spannend – informativ – und ein Geschenk für jeden Leser der sich für unterhaltsame Geschichte interessiert. Ein Buch, das man unbedingt lesen sollte.

Michael Sterzik





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