Sonntag, 28. Januar 2024

Seven Days - Steve Cavanagh


Im Süden der USA gibt es noch die Todesstrafe. Obwohl von Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert, obliegt es den Bundesstaaten selbst, dieses Rechtssystem anzuwenden. Die Akzeptanz der Todesstrafe schwankt zwischen 64% und 80% in der Gesellschaft.

Es gibt durchaus Staatsanwälte, die konsequent und kompromisslos die Todesstrafe fordern. Egal, wie souverän die Pflichtverteidiger versuchen, dem entgegenzuwirken, oder ob es Verfahrensmängel aufgrund von Rassendiskriminierung gibt. Die Macht der Staatsanwälte lädt zu Spekulationen ein. Glaubt man den Statistiken, ist es gar nicht so abwegig, dass viele Unschuldige zum Tode verurteilt wurden und letztlich durch die Hand des Staates ihr Leben verloren haben.

Viele Täter haben nicht die finanziellen Mittel, sich erfahrene Anwälte zu leisten. Diese können auch medialen und politischen Druck ausüben. Die Pflichtverteidigung ist nicht hilflos, aber ggf. nicht besonders motiviert, abgesehen auch von der mangelnden Erfahrung im Umgang mit dieser Situation. Ich habe von der Rassendiskriminierung vor Gericht gesprochen - gerade im Süden der USA ist die Hautfarbe des Angeklagten immer noch ein Kriterium, das ablehnend behandelt wird. Die Geschworenen werden von der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft ausgewählt. Sie sind das entscheidende Gremium, das über Leben und Tod entscheidet.

In diesem Thriller: „Seven Days“ von Steve Cavanagh werden genau diese Themen sehr, sehr spannend umgesetzt.

Man nennt ihn den König der Todeszellen. Randal Korn hat mehr Menschen auf den elektrischen Stuhl geschickt als jeder andere Staatsanwalt in Amerika. Und er liebt es, Hinrichtungen beizuwohnen. Sein nächstes Opfer: Andy Dubois, ein junger Afroamerikaner, der wegen Mordes an einem weißen Mädchen zum Tode verurteilt werden soll. Korn hat bereits alles für einen möglichst kurzen Prozess vorbereitet. Doch er hat die Rechnung ohne Eddie Flynn gemacht. Dem New Yorker Anwalt bleiben sieben Tage, um Andy vor der korrupten Justiz zu retten und den wahren Täter zu finden. Dann soll das Urteil gesprochen werden. Wird Eddie Flynn dann noch leben? (Verlagsinfo)

„Sieben Tage“ ist nicht unbedingt ein klassischer Justizthriller. Die Spannung wird nicht nur im Gerichtssaal erzeugt, obwohl diese Szenen die Höhepunkte der komplexen Geschichte sind. Es gibt auch Actionszenen, aber die Dialoge vor Gericht und nicht zuletzt die verschiedenen Perspektiven der Figuren erzeugen eine atmosphärische Spannung, der man sich nicht entziehen kann.

Das fast Unglaubliche an der Geschichte von „Seven Days“ ist, dass sie realistisch ist. Ein Staatsanwalt, der seine Macht ausnutzt, um sein eigenes Ego zu befriedigen: Dieser Missbrauch ist gar nicht so abwegig. Aber es geht nicht nur um diesen Staatsanwalt, sondern auch um andere manipulative Bedrohungen durch andere Personen oder Interessengruppen.

Die Charaktere in diesem Thriller sind hervorragend in ihrer Gestaltung. Jeder spielt seine Rolle fantastisch. Das Team um den ehemaligen Betrüger und heutigen Rechtsanwalt Eddie Flynn vernetzt sich mit dem Staatsanwalt und dessen Stellvertreter, Polizisten, Zeugen, Opferfamilien etc. Komplex - aber überschaubar. Eine Trennung zwischen Haupt- und Nebenrollen gibt es eigentlich nicht. Es ist nicht nur die Spannung, die diesen Roman so gut macht. Es ist auch die vom Autor gekonnt eingesetzte Sensibilität, die Menschlichkeit - Verletzlichkeit und Schmerz, Hoffnungen und Ängste.

Besonders faszinierend sind die rhetorischen Wortgefechte vor Gericht. Dieser Schlagabtausch zwischen Zeugen, Verteidigung und Staatsanwalt ist filmreif, und man wünscht sich als Leser, selbst in der Reihe der Zuschauer zu sitzen und diesen Prozess zu verfolgen.

Etwas eindimensional wird dargestellt, wie die Gesellschaft in den Südstaaten der USA funktioniert. Obwohl die Südstaaten kulturell ein anderes Erbe tragen als der industrielle Norden, werden hier Vorurteile und Klischees bedient. Auch wenn diese nach wie vor vorhanden sind und wohl auch immer vorhanden sein werden, so war das für mich doch ein wenig zu einseitig.

Das Ende ist anders als erwartet. Das „Recht“ kann auf verschiedene Art und Weise durchgesetzt werden - es hängt ggf. von der Bedrohung ab, der man sich zu stellen hat. Steve Cavanagh spielt nicht nur mit verschiedenen Spannungselementen, er versteht es auch, mit allerlei Wendungen, Cliffhangern eine solche Atmosphäre aufzubauen, der man sich hingeben muss.

Fazit

Ein Anwalt und ehemaliger Trickbetrüger, der spielerisch die Karten aufdeckt, um mit viel Verstand und Gefühl der Justiz seinen Willen aufzuzwingen. So muss ein Thriller sein.

Michael Sterzik 





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