Von 1618 bis 1648 verwüstete der Dreißigjährige Krieg weite Teil Deutschlands. Der Konflikt begann als Religionskrieg in Europa und endete schließlich als Krieg um verschiedene Territorien. Protestanten und die Katholische Liga kämpften verbissen um die Vorherrschaft auf dem Kontinent Europa. Das Heilige Römische Reich, wie auch die protestantische Union führten einen erbarmungslosen Vernichtungskrieg. Ganze Städte und Dörfer wurden ausgelöscht, die Brutalität der marodierenden Söldner, die auch immer wieder die Seiten wechselten, kannte keine Grenzen.
Ein Menschenleben war in dieser Epoche nichts wert. Viele
Menschen wurden in den Anfängen des Krieges geboren und starben inmitten dieser
Zeit. Einen „Frieden“ kannten diese nicht. Das Sterben, die Angst, das Töten,
der Verlust der Familie und Freunde wurden fester Bestandteil manchen kurzen
Lebens. Der Dreißigjährige Krieg ist das Urtrauma der deutschen. Doch auch
„ausländische“ Herrscher trachteten nach Macht und Einfluss: Schweden, Spanien,
Österreich, Niederlande und Dänemark – verwandelten Europa in eine
blutgetränkte Trümmerlandschaft.
Im vorliegenden historischen Roman „Der
Schnitter und der Löwe“ kommt auch eine historische Figur vor: die des
schwedischen Königs - Gustav ll. Adolf, auch genannt, der Löwe aus Mitternacht.
Eine charismatische Figur – ein Anführer, der selbst auf dem Schlachtfeld unter
seinen Soldaten kämpft. „Der Schnitter“ ist ein junger Mann, der einen „Dämon“
in sich trägt und vortrefflich mit seinem Sarazenenschwert auf dem Schlachtfeld
einen Tanz des Todes aufführt. Respektiert und gefürchtet – vergisst er auf dem
Schlachtfeld seine Menschlichkeit und verstümmelt und tötet schnell und
effektiv. Erst nach der Schlacht – gelingt es seiner eigenen Persönlichkeit –
wieder die Oberhand zu gewinnen. Zurückbleibt ein schwer traumatisierter junger
Mann – der sich seiner Taten schämt, aber als Kind des Krieges nichts anderes
kennt als die Gewalt.
Heiliges Römisches Reich, 1631
Man nennt ihn den Schnitter, weil er von einem
Dämon besessen ist. Er ist jung und dennoch bereits eine Legende unter den
Handwerkern des Todes. In den Wirren des Krieges ist der junge Söldner auf der
Jagd nach einem Serienmörder, um zu beweisen, dass nicht sein Dämon die Schuld
daran trägt. Könnte das Mädchen, das er liebt, das nächste Opfer sein?
(Verlagsinfo)
Toni Garber, der sich literarisch in vielen Genres bewegt,
konzentriert sich nun, mit seinem aktuellen Roman, auf den historischen Sektor.
„Der Schnitter und der Löwe“ ist eine höchst temporeiche Geschichte, der die
Leser inmitten des Dreißigjährigen Krieges katapultiert. Toni Garber erzeugt
wenig Spannung in seinem Roman – primär interpretiert stehen hier die
Grausamkeiten des Krieges im Fokus Es wird getötet, verstümmelt und gestorben –
erzählerisch sehr detailreich und auch wenn diese Brutalität auf den Leser
verstörend wirken sollte – die Realität des Lebens und Sterbens in diesem
Vernichtungskrieg, diesen Schrecken kann man mit Worten wahrscheinlich nicht
transportieren.
Dabei versteht es Toni Garber vortrefflich nicht nur vom
Töten zu erzählen, sondern erzählen die Protagonisten von einem Leben vor dem
Krieg, von zerstörten Familien, von Kleinigkeiten in „früheren“ Leben, an die
sich die vernarbten Seelen der Mörder verzweifelt klammern. Es zeigt ein wenig
die Menschlichkeit, die in diesem Konflikt faktisch nur wenig Raum eingenommen
hat.
Unter Mördern einen „Mörder“ zu suchen und zu finden – ist
in etwa so wie eine bestimmte Nadel im Nadelhaufen zu ermitteln. Dieser kleine
Kriminalfall ist aber nicht der Mittelpunkt des Geschehens – sondern eher alte
Rechnungen, Rache und Aufarbeitungen, die letztlich der Tod abschließt.
Der Roman mit einer Seitenstärke von knappen 300 Seiten
lässt nicht viel Raum, um die Figuren eine erzählerische Tiefe zu geben. Schade
– denn genug Potenzial wäre vorhanden. Die Hauptfiguren haben zwar Gelegenheit
sich zu erklären, aber das gelingt nur sehr oberflächlich. Schade -denn Toni
Garber hat großartiges Talent seinen Figuren eine „Seele“ zu geben und auch
eine Geschichte zu erzählen, die perfekte Unterhaltung bietet. Es ist ein wenig
so, als wäre „Der Schnitter und der Löwe“ ein erster Versuch – ein persönlicher
Prototyp, um selbst zu ermitteln, ob er das Genre beherrscht. Toni Garber –
sollte sich ruhig auf dieses Genre konzentrieren und sich weiter ausprobieren.
„Der Schnitter und der Löwe“ ist leider kurzweilig, aber
verdammt gut und sehr, sehr unterhaltsam erzählt. In puncto erzählerische
Qualität hält sich Toni Garber nicht mit Nebensächlichkeiten auf. Seine
bildhafte, kompromisslose und vor allem konsequente Sprache vom Töten, Sterben
und (Über)leben zu schreiben, ist sehr gut.
Neben dem Tod – kommt auch die Liebe und Dramatik nicht zu
kurz, wird aber im Schatten von Gewalt und Angst nicht romantisiert. „Der
Schnitter und der Löwe“ ist als Einzelband gedacht – schade eigentlich, denn
die Figuren würde ich gerne in weiteren Teilen sehen.
Probieren Sie sich bitte weiter aus, Herr Garber. Ihre Art
uns inmitten einer Epoche zu werfen, die Europa geprägt hat, in einer Welt der
Grausamkeiten, aber auch der Hoffnung, konnte mich gut überzeugen. Lassen Sie
also den Schnitter und seine Freunde die Gelegenheit, sich noch mehr als
„Mensch“ zu zeigen – mit allen Risiken und Nebenwirkungen.
Fazit
Ein kurzweiliger, aber sehr, sehr guter Roman – der
beispiellos konzentriert den Dreißigjährigen Krieg präsentiert. Schnell –
brutal – authentisch und hochunterhaltsam. Ein Roman den ich sehr, sehr
empfehlen kann. Unbedingt lesen.
Michael Sterzik