Es gibt kein perfektes Verbrechen – der Versuch z.B. den perfekten Raub oder Diebstahl durchzuführen, scheitert meistens an Details. Die Kriminaltechnik, die moderne Methodik setzt diesen Plänen und dem Aktionismus Grenzen auf. Kleinste Faserspuren, oder DNA, die man aus Hautschuppen, oder Haaren gewinnen kann, können eine Spur zu den Tätern legen. Aber nicht nur die Wissenschaft macht es Berufsverbrechern unheimlich schwer, meist scheitern diese an ihrer eigenen Überheblichkeit, kleinen Fehlern, kleinen Versäumnissen oder einfach schlichtweg an der Dummheit.
Das vorliegende Buch beschreibt den Einbruch und den Raub
der Juwelen im Grünen Gewölbe. Kaltblütig, schnell, gut vorbereitet, wild
durchgeführt, nachlässige Spuren hinterlassen – also weit weg davon als ein
perfektes Verbrechen eingestuft zu werden.
Die Täter sind der Staatsanwaltschaft und der Polizei seit
Jahren wohlbekannt. Ein arabischer Clan, der Berlin seit langem im Griff hat.
Polizeibekannt sind viele Familienangehörige, zum Teil sind sie stolz auf ihre
Taten. In den Datenbanken des BKA sind viele dieser Berufsverbrecher
registriert. Sie haben im Laufe der Jahre aus ihren Fehlern gelernt, sie fühlen
sich manchmal unangreifbar. Auch Verbrecher sind durch Gesetze geschützt, sie
kennen diese Grauzonen, diese kleinen Lücken, die bewusst ausgenutzt werden.
Das Buch erzählt fast schon minutiös die Planung, die
Durchführung des Raubes, die Ermittlungsarbeit und auch die Festnahme der
Täter.
Der Raub des sächsischen Staatsschatzes aus dem Grünen
Gewölbe in Dresden hielt Deutschland jahrelang in Atem. In der Nacht zum 25.
November 2019 verschafften sich sechs schwarz gekleidete Männer Zutritt zu den
Räumen des Dresdner Schlosses, schlugen mit Äxten auf die Vitrinen ein und
entwendeten Schmuck im Versicherungswert von über hundert Millionen Euro. Die
beiden SPIEGEL-Bestseller-Autoren Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer sind wie
gewohnt hautnah dran am Geschehen! Anhand exklusiver Einblicke in die Ermittlungsakten,
zahlreicher Gespräche und Videoanalysen gelingt ihnen nicht nur die minutiöse
Rekonstruktion eines Jahrhundertverbrechens. Sondern auch ein detailgenaues
Portrait deutscher Polizeiarbeit, die am Ende (nur) zu einem Teilerfolg führt.
Verurteilt werden fünf Mitglieder des Rammo-Clans, mit dem sich die Autoren
schon seit Jahren beschäftigen. Dieser Fall steht exemplarisch für die um sich
greifende Clankriminalität und zeigt eindrücklich, wo die Schwierigkeiten bei
der Verfolgung der Verbrechen liegen. True Crime at its best, erzählt am
spektakulärsten und dreistesten Einbruch in der Geschichte der
Bundesrepublik.(Verlagsinfo)
„Der Jahrhundertcoup“ ist ein Sachbuch, aber liest sich wie
ein sehr, sehr guter Kriminalroman. Das Leben erzählt doch die besten
Geschichten. „True Crime“ wird hier in einer erzählerischen Perfektion
umgesetzt. Es ist auch ein spannendes, informatives Zeitzeugnis geworden. Es
zeugt auch von viel Respekt für die SOKO, die brillante Arbeit geleistet hat,
um Sachsens Kunstschätze wiederzubekommen, auch wenn ein Teil noch immer
verschwunden ist, und womöglich gar nicht mehr im Grünen Gewölbe zurückkehrt.
Die Täter wurden gefasst, durch eine Kettenreaktion von
nachlässigen Fehlern. Sie wurden verurteilt, aber es wird den Verbrecherclan
nicht aufhalten, weitere Straftaten zu begehen. Dieser kleine Erfolg hat aber
auch einen nachhaltigen, üblen Beigeschmack. Die Clankriminalität unter
Kontrolle zu bekommen ist wahrscheinlich unmögliche. Die Familie hält zusammen,
die Geschäfte laufen weiter, trotz der juristischen Nadelstiche, die zwar
schmerzen und dem Clan Geld kosten – aber nicht ihr Prestige kosten und inhaftierte
Straftäter werden in diesem kriminellen Netzwerk schnell ersetzt.
„Der Jahrhundertcoup“ ist so spannend und wirft so viele
Fragen auf, dass man einerseits entsetzt ist, andererseits motiviert es den
Leser sich mit dieser Clankriminalität zu beschäftigen. Weiterhin stellen die
Autoren zwischen den Zeilen die richtigen Fragen: „Wie kann man die
Clankriminalität zerschlagen?“ Muss man Gesetze und staatliche Befugnisse
ändern und erweitern? Schon längst bewegen sich diese Clans innerhalb der
Wirtschaft: Korruption und Erpressung sind Werkzeuge, die die Strukturen der
Clan schon lange einsetzen. Wie einflussreich diese sind, darüber lässt sich
spekulieren. Aber das wäre ein Thema für einen nächsten Titel.
Fazit
„True Crime“ in Perfektion. Ein Juwel in diesem Genre. Sehr
gut recherchiert, gute informative Umsetzung und stellt nachhaltig aufrüttelnde
Fragen zu unserem Rechtssystem. Sehr zu empfehlen.
Michael Sterzik