Was unterscheidet einen Kriminalroman von einem Thriller? Sind es die Spannungselemente, die Grausamkeit der Morde, die Psychologie des Täters, oder sind es die klassischen Actionszenen die den Unterhaltungswert steigern?
„Finsterhaus“ ist der zweite Band der Hanna Duncker-Reihe – Autorin ist die schwedische Journalistin und Autorin Johanna Mo. Der erste Band „Nachttod“, ein Kriminalroman, wie der vorliegende auch, überzeugte durch eine spannende, sehr tragische Story. Die Autorin hat dem „Bösen“ die Zähne gezogen und gezeigt, dass jeder zum Mörder werden kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die Verzweiflung erdrückend ist, eine Tat im Affekt durchführt, oder man einfach zu einem schlechten Zeitpunkt – an einem schlechten Ort ist. Johanna Mo zeigt auf, dass „Mörder“ auch der nette Nachbar sein kann, der langjährige Freund, ein Bekannter usw. Jeder von uns könnte zum Opfer, oder Täter werden, vielleicht auch beides sein, denn die Grenze kann harmonisch sein.
Auch im zweiten Band „Finsterhaus“ erzählt die Autorin eine Story, die absolut authentisch ist. Gerade weil die Emotionen, unsere Wut, unsere Angst, und unsere Liebe uns zu dramatischen Handlungen, zum Mörder machen kann.
Das Besondere an diesen beiden Buchtiteln ist, dass die Perspektive des Opfers in Rückblicken erzählt wird. Die Motivation des „Täters“ und wie es zu dieser Tötung, zu diesem Mord gekommen ist, bleibt bis zur Letzt im dunklen und darauf auch nicht näher eingegangen.
Hanna Duncker ist noch völlig vertieft in die Ermittlungsakte ihres Vaters, als sie der verzweifelte Anruf von Jenny Ahlström erreicht: Jennys Mann und ihr vierzehn Monate alter Sohn sind spurlos verschwunden. Ganz Öland beteiligt sich an einer groß angelegten Suchaktion, während Hanna und ihr Kollege Erik Lindgren nach einem Motiv im Leben des vermissten Vaters fahnden. Eine Spur führt schließlich in ein leerstehendes Haus. Liegt hier der Schlüssel zum Fall? Für Hanna beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Und es gibt noch ein Rätsel, das sie lösen muss: Warum versucht jemand mit aller Macht zu verhindern, dass sie endlich die Wahrheit über ihren eigenen Vater herausfindet? (Verlagsinfo)
„Finsterhaus“ von Johanna Mo ist leider wenig spannend. Es erinnert einen an einen deutschen Fernsehkrimi, der ungefähr 60min geht und bei dem zwei Kommissare methodisch, altklug und souverän ermitteln. Actionszenen mit wilden Schusswechseln, dramatischen Rettungsversuchen, usw. gibt es bei diesem Titel nicht. Auch Hanna Dunckers persönlicher Kreuzzug – die Schuld – oder die Unschuld ihres Vaters zu beweisen, dümpelt so still vor sich hin, ohne sich auch nur etwas nach vorne zu bewegen. Diese Nebengeschichte steht also völlig neben sich.
Selbst die geschilderte Ermittlungsarbeit ist spannungsarm und absolut überdimensioniert, da nicht wirklich viel passiert. Weder etwas Überraschendes – noch etwas Spektakuläres und selbst Kommissar Zufall hatte wohl zufällig etwas anderes zu tun, als hier aufzutreten. Damit erübrigt sich dann bedauerlicherweise auch eine Entwicklung der Figuren, denn auch diese könnte man hier zur Fahndung ausrufen. Auch in Formung der Charaktere gibt es hier nur ein mangelhaft, denn von Hanna und Erik erfährt der Leser viel zu wenig, um die Figur greifbarer zu machen.
Damit bleiben dann eine Menge Sympathiepunkte auf der Strecke. Einzig und allein zum Opfer, und ggf. zu dem einen oder anderen Verdächtigen könnte man unter Anstrengung etwas empfinden. Die Beziehungen unter den Protagonisten sind interessant – ausgeschlossen dabei sind die Ermittlungsbeamten, die noch immer im Nebulös wirken.
Hauptfiguren dieses Krimis sind die Emotionen – Angst, Liebe, Vertrauen, Neid, Rache usw. betreten oftmals die Bühne, aber ohne wirklich laut zu sein. „Finsterhaus“ ist ein stiller, ein viel zu ruhiger Krimi, dessen Unterhaltungswert faktisch ebenso leise ist.
Das ist alles in allen sehr, sehr schade, da die Autorin absolut talentiert ist, aber sich selbst im Weg steht. Man hat das Gefühl, sie spielt ihr „Können“ nicht aus. Es wird noch einen dritten Band geben, „ Dunkelwald“ – März nächsten Jahres. Die Erwartungshaltung ist definitiv gesunken, aber dennoch muss ich wissen, wie es mit ihr weitergeht.
Michael Sterzik