Nachtschrei (Jeffery Deaver)
Jeffery Deaver ist ein Garant für spannende Unterhaltung. Mit seinem Figuren Lincoln Rhyme und Kathryn Dance, die jeweils zwei Reihen fortführen zaubert er spannende und psychologisch ausgereifte Thriller, die immer wieder auf den Bestsellerlisten in den obersten Rängen auftauchen.
In seinem gerade bei Blanvalet erschienen neuen Roman „Nachtschrei“ entführt uns der Autor in ein Katz-und-Maus Spiel, und das in den dunkelsten Wäldern eines Nationalparks in Wisconsin. Diesmal allerdings betritt eine neue „Heldin“ die Bühne und auch mit dieser Protagonistin, beweist der Autor, dass er durchaus seine Wandlungsfähigkeit.
Inhalt
In Lake Mondac ist der Wald vollkommen ruhig, völlige und harmonische Stille, weitab von der zivilisierten und chaotischen Welt einer Großstadt.
Emma Feldmann und ihr Mann Steven entspannten sich hier in ihrem Ferienhaus das inmitten des Nationalparks liegt, als ihr beider Leben, durch wenige Schüsse ausgelöscht wird. Steven letzte Tat ist es allerdings einen Notruf abzusetzen der auch die nächstgelegene Polizeistation erreicht. Doch der Park ist so weitläufig die Besetzung der Station so erbärmlich, dass der Sheriff des dortigen Distrikts sich dazu entschließt seine Kollegin Deputy Brynn McKenzie zu aktivieren, die eigentlich schon ihren dienstfreien Abend genießt.
Als Brynn wenig später den mutmaßlichen Tatort betritt, kann sie nur noch den gewaltsamen Tod des Ehepaars feststellen die brutal exekutiert worden sind. Doch noch am Schauplatz des Doppelmordes gerät die junge Beamtin in tödliche Gefahr. Die beiden Killer sind noch auf dem Grundstück und Brynn folgt ihren Instinkten und ihren durch Seminare und Schulungen erlernten Fähigkeiten. In einen kurzen Schusswechsel reagiert die Polizistin kühl und beherrscht und kann zunächst fliehen. Doch diese Flucht endet mit einem zerschossenen Auto in dem anliegenden See, sie verliert ihre Waffe und ist zudem noch leicht verletzt, als sie eine verängstigte Zeugin trifft. Michelle, eine Freundin von Emma und Steven, konnte aus dem Haus fliehen und zusammen versuchen sie den Killern in dem umliegenden, dichten Wald zu entkommen.
Brynn McKenzie die ihre Vorteile in ihrem Wissen rund um die Geographie des Parks sieht, handelt wie sie es in verschiedenen Überlebenstrainings und taktischen Schulungen erlernt hat. Doch all diese Theorie ist nicht vergleichbar mit der tödlichen Praxis in der sich die beiden jungen Frauen befinden. Ihre Jäger sind Profis, Killer die nicht locker lassen werden um lästige Zeugen zu beseitigen. Besonders Terry Hart, einer der Berufsverbrecher, reagiert völlig anders wie Brynn erwartet. Aber auch Hart wird es schnell klar, dass Brynn clever und durchdacht ihre Chance auf ein Überleben nicht ohne weiteres aufgibt.
Als Brynn und Michelle auf ein Wohnmobil stoßen, glauben sie in Sicherheit zu sein, doch die vermeintlichen Retter nutzen die Einsamkeit des Nationalparks für die Herstellung von Drogen. Vom Regen in die Traufe müssen die beiden Frauen nun an mehreren Fronten um ihr Leben kämpfen, denn die Killer haben die Dealer auch gefunden....Schreie grellen durch die Nacht....
Kritik
Der Titel des Romans „Nachtschrei“ weckt schon eine gewisse Erwartungshaltung bei den Lesern, zudem der Autor Jeffery Deaver sich in der höchsten Liga unter den erstplazierten im Genre „Thriller“ tummelt.
Neben der Spannung in „Nachtschrei“ die wirklich nicht wenig präsent ist, beschreibt der Autor das Duell des Quartetts – Killer und Polizisten + naive Schönheit äußerst packend. Neben viel Action und immer wieder diversen Vorsprüngen der Kontrahenten, messen sich Brynn McKenzie und Terry Hart immer wieder in einem intellektuellen Wettkampf – der Preis ist das Überleben, denn auch das Scheitern der Killer würde Konsequenzen nach sich ziehen, und dieser wäre nicht sehr erfreulich.
Doch auch die beiden Duos unterscheiden sich in ihrem Auftreten. Michelle wird hier beschrieben, als die verzogene Millionärsgattin die mit der rauen Wildnis nun nichts gemein hat, während Brynn praktisch und auf dem Boden der Tatsachen hier scheinbar die Führung übernimmt. Bei den Killern ist es ähnlich: Terry Hart, ein Profi, in seinen Kreisen auch als der „Handwerker“ bekannt, ist weltmännisch, gebildet und kann auch Mitgefühl zeigen, doch alles zu seiner Zeit. Sein Kompagnon „Comp“ ist eher ein kleines Licht, zwar brutal und rücksichtslos, aber in den Händen von Hart sehr manipulierbar, ein Bauernopfer, ein Statist, nicht mehr als ein Helfer für die Drecksarbeit, oder doch gar mehr?!
Jeffery Deaver wechselt nicht nur die Perspektiven seiner Protagonisten, viel mehr spielt er wie in vielen seiner Romanen sein Blatt nicht voll aus. Hier wird getrickst, geblufft und betrogen und immer wieder landen nicht nur seine Figuren auf dem Holzweg. Als Nebenfiguren und Nebenhandlungen werden hier mit dem Ehemann von Brynn private Probleme der beiden Eheleute thematisiert, und auch hier taucht der „Trickser“ wieder auf.
Sämtliche handelnde Protagonisten, egal mit welcher Priorität oder Dringlichkeit diese agieren – komplex konzipiert sind sie wie perfekte Marionetten in dem Spiel integriert.
Okay, ein Katz-und-Maus-Spiel ist im Genre Thriller keine nicht wirklich neue und originelle Idee, aber der erste Blick trügt. Die Atmosphäre ist packend und mit Überraschungen und Wendungen wird hier nicht gespart. Selbst der Killer Terry Hart kommt hier nicht unsympathisch um die Ecke, seine Dialoge mit Brynn sind durchaus fesselnd und Deaver zeigt dem Leser auf, dass Verbrechen aus Leidenschaft, wie auch immer diese aussieht geschehen, und nicht das Geld aus primäre Motivation dient.
Fazit
Perfekte Unterhaltung - ein Duell zwischen „Feinden“ die sich vielleicht sympathisch oder mehr sein könnten! Action und Spannung – Überraschende Wendungen und ein Ende, dass überzeugend nachhallt.
“Nachtschrei“ aus Jeffery Deavers Feder ist ein ganz starker Roman und psychologisch gesehen einer der interessantesten die ich in diesem Jahr gelesen habe.
Jeffery Deaver ist schon längst nicht mehr goldig, sondern wertvoller, einzigartiger und für Leser psychologischer Thriller ein immer wieder erfülltes Versprechen.
Michael Sterzik
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