Rechtsmediziner Paul Herzfeld findet im Kopf
einer monströs zugerichteten Leiche die Telefonnummer seiner Tochter. Hannah
wurde verschleppt und für Herzfeld beginnt eine perverse Schnitzeljagd. Denn
der psychopathische Entführer hat eine weitere Leiche auf Helgoland mit
Hinweisen präpariert.
Herzfeld hat jedoch keine Chance, an die
Informationen zu kommen. Die Hochseeinsel ist durch einen Orkan vom Festland
abgeschnitten, die Bevölkerung bereits evakuiert. Unter den wenigen Menschen,
die geblieben sind, ist die Comiczeichnerin Linda, die den Toten am Strand
gefunden hat. Verzweifelt versucht Herzfeld sie zu überreden, die Obduktion
nach seinen telefonischen Anweisungen durchzuführen. Doch Linda hat noch nie ein
Skalpell berührt. Geschweige denn einen Menschen seziert (Verlagsinfo).
Kritik
„Abgeschnitten“ von Sebastian Fitzek und
Michael Tsokos ist der neueste Thriller aus der Feder der beiden, jeder auf
seinem Fachgebiet – Experten.
Der vorliegende Roman „Abgeschnitten“ unterscheidet
sich im Grunde von vielen anderen veröffentlichten Büchern von Sebastian
Fitzek. Nicht nur alleine, weil er einen Co-Autor hat, der ihn aus
medizinischer, bzw. pathologischer Perspektive unterstützt hat. Nein, der
erfahrene Autor greift zwar auf seine altbewährte Struktur zu, doch ist dieser
sozialkritischer und wirft dabei eine gerechtfertigte Kritik unseres
Rechtssystems auf die Bühne.
Wird „Mord“ als Kapitalverbrechen milder
bestraft wie z.B. Betrug, Diebstahl, oder Steuerhinterziehung? Es sind Fragen,
mit denen die Autoren den Leser immer wieder konfrontieren. Noch vor dem Prolog
werden zwei Urteile gegenübergestellt, die zu Diskussionen führen, zumindest
wird der aufmerksame und nicht unsensible Leser zum Nachdenken animiert.
Trotzdem ist dieser Roman ein Thriller, ein
Unterhaltungsroman und er wird seine Leser davon abhalten, sich auf irgendetwas
anderes zu konzentrieren, als auf die Story. Diese ist gegliedert in einzelne,
aber überschaubare Nebengeschichten, die wie ein Puzzle später, eine Einheit –
ein Motiv zeigen.
Das Tempo ist in wahrstem Sinne des Wortes
„mörderisch“, die Spannung allgegenwärtig und der Roman liest sich so gut, als
würde man gebannt einen Film schauen. Mit psychologischer Raffinesse gelingt es
den Autoren eine Story zu konstruieren, denen man sich nicht entziehen kann.
Alleine schon aus dem Grund, weil die Hauptperson, der Rechtsmediziner Paul
Herzfeld unzähligen Hinweisen folgen muss und wie Hänsel via Brotkrumen seine
Gretel – seine Tochter finden muss, die entführt wurde. Nicht minder spannend,
sind die Ängste der noch recht jungen Linda, die auf Helgoland ihre
traumatischen Erlebnisse mit ihren Ex-Freund, der sie scheinbar noch immer
bedroht, verarbeiten möchte.
Aus Film und Fernsehen kennt man schon viel
Rechtsmediziner, die in der Pathologie an der Leiche eines Opfers die
Todesursache ermitteln. In „Abgeschnitten“ und das ist Michael Tsokos zu
verdanken, wird kühl, sachlich und nüchtern, eine Obduktion durchgeführt, die
weder dramatisiert noch unrealistisch über die Seiten erzählt wird. Doch auch
ohne diese Dramatik ist es interessant und vor allem spannend erzählt. Die
quasi durchgeführten Schritte einer Obduktion die Linda per Telefon an der
Leiche befolgen muss, sind detailliert geschildert und kombiniert mit der
Vorsicht, dem Ekel, aber auch der Faszination Lindas höchst spektakulär.
Die Autoren spielen mit den Ängsten ihrer
Protagonisten Schach, jeder Schritt oder auch das nicht beachten eines
Hinweises, zieht Reaktionen auf sich. Zug für Zug entwickelt sich die Story,
bis der oder die Täter oder das oder die Opfer schachmatt und aus dem Spiel
sind.
Die Stärke der Autoren sind vor allem die
überwiegenden, realistischen Momente, in denen die Protagonisten katapultiert
werden. Der Leser, wird unterschwellig
motiviert sich selbst Gedanken und Vermutungen über den Tathergang zu machen,
auch wenn man immer wieder böse zu einer gezwungenen Kehrtwendung aufgefordert
wird.
Die Dialoge der Protagonisten konzentrieren
sich ebenso auf das Wesentliche. Die Autoren konzentrieren sich auf ihre
Spannung und verlassen sich nicht darauf den Leser abzulenken und auch jeder
scheinbar unwichtiger Punkt hat dennoch seine Bedeutung.
Fazit
„Abgeschnitten“ gleicht einer hellen Explosion
in dunkler Nacht.
Der Leser lebt und leidet mit, denn nicht nur
körperliche Schmerzen, sondern gerade seelische Grausamkeit und
Hoffnungslosigkeit denen sich die Charaktere stellen müssen, lassen diese
authentisch wirken.
Die Atmosphäre des Buches ist atemberaubend und
exzellent. An Kritikpunkten gibt es nicht viel, dass Ende des Romans ist, gut
plausibel und ich denke, dass sich die Autoren ein Hintertürchen auflassen,
denn die Charaktere, allen voran der Pathologe Paul Herzfeld, sowie sein
sympathischer „Assistent“ und ebenso
Linda, haben viel Potenzial für neue, faszinierende Geschichten.
„Abgeschnitten“ ist dicker wie Blut und
schneller als Wasser“. Unbedingt lesen.
Michael Sterzik
Die Autoren
Sebastian Fitzek wurde 1971 in Berlin geboren.
Gleich sein erster Psychothriller "Die Therapie" eroberte die
Taschenbuch-Bestsellerliste, wurde als bestes Debüt für den
Friedrich-Glauser-Preis nominiert und begeisterte Kritiker wie Leser gleichermaßen.
Mit den darauf folgenden Bestsellern "Amokspiel", "Das
Kind", "Der Seelenbrecher", "Splitter" und "Der
Augensammler" festigte er seinen Ruf als DER deutsche Star des
Psychothrillers. Seine Bücher werden in über zwanzig Sprachen übersetzt. Als
einer der wenigen deutschen Thrillerautoren erscheint Sebastian Fitzek auch in
den USA und England, der Heimat des Spannungsromans.
Michael Tsokos, geboren 1967 in Kiel, ist
Professor für Rechtsmedizin an der Berliner Charité. Er leitet das Institut für
Rechtsmedizin der Charité und das Landesinstitut für gerichtliche und soziale
Medizin in Berlin.
Er ist der bekannteste deutsche Rechtsmediziner
und regelmäßig als Experte im In- und Ausland tätig, beispielsweise für die UN
zur Identifizierung ziviler Opfer in Kriegsgebieten.
Seine spektakulären Fallsammlungen "Dem
Tod auf der Spur" und "Der Totenleser" wurden 2009 und 2010 zu
Bestsellern und hielten sich monatelang auf der Spiegel-Online-Bestsellerliste.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen