Donnerstag, 13. Oktober 2016

Sind Tote immer leichenblass ? Michael Tsokos

In unserer Medienlandschaft – bzw. gehen wir doch gleich auf die verschiedenen Krimiserien im Fernsehen ein, gibt es diverse Klischees, oder der Einfachheit halber – es gibt viele Irrtümer über rechtsmedizinische Themen.  Autopsie, Obduktion, Gerichtsmediziner, Forensik und vieles mehr an Fachbegriffen, deren sich Drehbuchautoren und Regisseure recht frei bedienen.

Wir kennen Sie alle – Quincy, CSI – Den Tätern auf der Spur, Bones – Die Knochenjägerin und nicht zuletzt die etwas verschrobene Tatortfigur des Prof. Dr. Karl-Friedrich Boerne. Alle Figuren sind im Fernsehen garantierte Quotenbringer – doch sind diese wirklich alles Profis in ihrem „Toten“ Geschäftsbereich? Können diese fiktiven Charaktere ein professionelles Spiegelbild der wirklich faktischen Rechtsmediziner sein?

Todsicher – ein kristallklares „Nein“. Der derzeitige Boom in der Kriminalliteratur und ebenfalls in Kino- und Fernsehfilmen ist absolut präsent und scheint noch kein Ende zu haben. Dass sich dabei die Drehbuchautoren und Regisseure sich die künstlerische Freiheit nehmen, den Ablauf eines Arbeitsalltags in der Rechtsmedizin recht frei interpretiert zu zeigen, lässt bestimmt einige professionelle und vor allem reale Rechtsmediziner entweder laut auflachen, oder verzweifelt den Kopf schütteln.

In den letzten beiden Jahrzehnten reihen sich somit zahlreiche Klischees höchst lebendig durch die fiktiven Säle der Rechtsmedizin.

Michael Tsokos, Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner und Professor ist ein anerkannter Experte auf dem Gebiet der Forensik. Seit 2007 leitet er in Berlin – am Charité, das Institut der Rechtsmedizin und das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin. Mit seinem neuesten Titel: „Sind Tote immer leichenblass“ – räumt er unter den bizarrsten und fest verankerten Klischees und Irrtümer über die Rechtsmedizin auf.

Natürlich sollte es dem Leser des Buches bekannt sein, dass höchstwahrscheinlich die Realität in der Rechtsmedizin evtl. eine andere ist, doch natürlich bedienen sich die Filmemacher gerne theatralischen und dramaturgisch wichtigen Elementen.  Michael Tsokos erzählt von den groben Fehlern der fiktiven Doktoren und Professoren, wenn diese eine Leiche öffnen, die Sterbeursache identifizieren , mit Angehörigen und der Polizei sprechen usw. Das Michael Tsokos manchmal etwas schnippisch die Drehbuchautoren und ihren fiktiven Blick auf die Rechtsmedizin kommentiert, sei ihm verziehen. Es ist aber ebenfalls sehr witzig, wenn er mit dem Irrtum Nr. 16 „Rechtsmediziner sind chronisch schlecht gelaunte Zyniker“ aufräumt, dieses Vorurteil kann er allerdings leicht eingeschränkt bestätigen. Aber das einem sehr ironischen Humor – der selbst den Leser laut auflachen lässt. Also so knochentrocken ist das Buch, dann doch nicht. Im Gegenteil – es ist unterhaltsam. Lehrreich und deckt so manches auf, von dem wir alle gedacht haben: Oh, dass stimmt ja doch nicht.

Michael Tsokos nimmt sich die Zeit kurz und prägnant mit 40 Irrtümern aufzuräumen und die Welt der Rechtsmediziner etwas gerade zur rücken. Dass es dabei immer mal wieder ein „Seitenhieb“ auf die Filmindustrie hagelt, soll nur dazu dienen – dem Leser begreiflich zu machen, dass die wirklichen „Aufschneider“ wahre Profis ihres Standes sind. Spannung bietet das Buch allemal, und ebenso kommt der immer wieder in Anekdoten geschilderte offensichtliche Humor des Autors zum Vorschein.

Sehr liebevoll sind die Karikaturen zwischen den Kapiteln gezeichnet, die natürlich stark überzeichnet einzelne Situation und Abläufe darstellen.

Fazit

„Sind Tote immer leichenblass ?“ ist eine spannende und messerscharfe Analyse mit Irrtümern spannend und höchst lebendig aufzuräumen. Sie werden die fiktive Filmwelt der Rechtsmediziner mit etwas anderen Augen sehen, gar nicht schlecht oder!?

Doch hinter jeder Legende, hinter jeder Fabel – steckt auch ein wenig Wirklichkeit – so unterhaltsam, spannend und witzig wie Michael Tsokos es erzählt ist empfehlenswert und nicht zuletzt, bietet er auch für Drehbuchautoren und lebendige Dramaqueens neue Ideen für die filmische Darstellung.

Beste Unterhaltung – Todsicher.

Michael Sterzik



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