Das „Böse“ wirkt immer
faszinierend auf uns, es ist ein Teil von jedem von uns. Manchmal tief
versteckt, dringt es nicht aus unserer komplexen Persönlichkeit vor, manchmal
allerdings wirkt es wie ein Motor, ein Antrieb aus negativer Energie und bricht
aus uns hervor. Bereit etwas, oder jemanden zu vernichten.
Doch wie beschreibt man das
Böse? Gibt es Orte, an denen das Böse noch lange Jahre, nach einer mörderischen
Tat, über eine dunkle Aura nachklingt, wie ein unheimliches Echo aus der
Vergangenheit? Es ist nicht einfach, das
Böse zu charakterisieren und überhaupt – ist es nicht immer individuell aus einer
jeweiligen, Perspektive aus zu interpretieren?
Der Kölner Journalist Linus
Geschke hat in seinem Roman: „Und am Morgen waren sie tot“ dem „Bösen“ mehrere
Gesichter gegeben. Eine ganze Reihe von Masken – grausam und schön, hinter
denen sich ganz normale Menschen verbergen. Die Normalität gepachtet, und doch
ist das Böse gut getarnt hinter einem Spiegel vorborgen.
Linus Geschke erzählt von
einem unaufgeklärten Mordfall in der Eifel. Zwei junge Paare, fast noch
Jugendliche zelten im deutsch-belgischen Grenzgebiet – zwei Personen sterben –
von zwei weitern verliert sich jede Spur. Jan Römer – Reporter in Köln und
seine Kollegin, genannt Mütze beginnen zu recherchieren, und die Suche nach der
Wahrheit wird lebensgefährlich.
Atmosphärisch gesehen ist
der vorliegende Kriminalroman ein authentischer Pageturner. Die Spannung
beginnt schon auf den ersten Seiten und der Autor beherrscht die Kunst, diese elegant
aufrechtzuerhalten und mitunter langsam zu steigern. Es bedarf auch keiner
detailreichen und überzeichneten Schilderung von blutigen Tötungen, oder
kleinlichen Beschreibungen der Opfer – sehr geschickt lässt der Autor das Böse
in jedem Kapitel an die Oberfläche. Wie bei einem Eisberg ist die Gefahr
allgegenwärtig, sie ist schön, bedrohlich, doch versteckt und unsagbar tief.
Kommen wir zurück zu der Authentizität.
„und am Morgen waren sie tot“ – verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart.
Dass der Autor dabei auch aktuelle, politische Themen passgenau in die Story
einbaut, spricht für ihn. Die Vergangenheit des Dritten Reiches die noch immer
Spuren in der Eifel hinterlassen hat, die organisierte Rechte Szene, die sich
offenbart und (oder) ein unaufgeklärter, brutaler Mord lassen es nicht zu, dass
die Story an Tempo verliert, oder gar ganz zum Stillstand kommt.
Linus Geschke präsentiert
uns auch Charaktere, die faktisch in Haupt- und Nebenhandlungen genug Platz
finden, um sich zu entfalten. Mit allerlei Ecken und Kanten menscheln sie sich
durch die Handlung, überzeugen mit feinen Dialogen, Wortwitz und gut eingefügter
Situationskomik. Das wirklich Tolle daran ist, dass der Autor noch viel Platz
hat, uns mehr über seine Figuren zu zeigen, in späteren Bänden versteht sich.
Spannung – immer präsent –
eine Melodie des Todes mit vielen leisen, aber auch lauten Tönen, die den
Kriminalroman zu etwas Besonderen macht. Sehr beachtlich und hervorzuheben ist
die feine Zeichnung der Nebenhandlungen, der Wendungen und der jeweiligen
erzählerischen Perspektive. Eine Abwechslung der Perspektiven, die uns die
Figuren noch näher bringen, als sie ohnehin schon sind und die, die Spannung in
leisen, aber wohlüberlegten Schritten auf uns zugehen lassen.
Es gibt nicht viel
auszusetzen. Linus Geschke versteht sein journalistisches Handwerk souverän,
sehr gut recherchiert, aktuell, ohne großartig polarisierend zu werten.
Zwischen den Zeilen, sieht es anders aus – aber dadurch gibt es dann ein paar
Sympathiepunkte mehr. Ich hätte mir gewünscht, etwas mehr von der Vergangenheit
der Personen zu erfahren, vielleicht wäre es vorteilhaft gewesen in wenigen
Passagen die Vergangenheit zu Wort kommen zu lassen.
Fazit
„Und am Morgen waren sie
tot“ von Linus Geschke ist ein sehr starker Kriminalroman. Großartiger
Spannungsaufbau, faszinierende Charaktere, authentisch, menschlich – alle
Zutaten vorhanden und perfekt umgesetzt.
Perfekte Unterhaltung mit
spürbar, böser Spannung, die es fast unmöglich machen, den Roman aus der Hand
zu legen. Mein erster Roman des Autors – nicht mein Letzter und der Autor steht
unter Beobachtung. Die Erwartungshaltung des nächsten Romans – der im Januar
nächsten Jahres erscheint, ist groß. So ist das mit der Spannung – es wird
nicht langweilig.
Michael Sterzik
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