Montag, 18. Dezember 2017

Und am Morgen waren sie tot - Linus Geschke

Das „Böse“ wirkt immer faszinierend auf uns, es ist ein Teil von jedem von uns. Manchmal tief versteckt, dringt es nicht aus unserer komplexen Persönlichkeit vor, manchmal allerdings wirkt es wie ein Motor, ein Antrieb aus negativer Energie und bricht aus uns hervor. Bereit etwas, oder jemanden zu vernichten.

Doch wie beschreibt man das Böse? Gibt es Orte, an denen das Böse noch lange Jahre, nach einer mörderischen Tat, über eine dunkle Aura nachklingt, wie ein unheimliches Echo aus der Vergangenheit?  Es ist nicht einfach, das Böse zu charakterisieren und überhaupt – ist es nicht immer individuell aus einer jeweiligen, Perspektive aus zu interpretieren?

Der Kölner Journalist Linus Geschke hat in seinem Roman: „Und am Morgen waren sie tot“ dem „Bösen“ mehrere Gesichter gegeben. Eine ganze Reihe von Masken – grausam und schön, hinter denen sich ganz normale Menschen verbergen. Die Normalität gepachtet, und doch ist das Böse gut getarnt hinter einem Spiegel vorborgen.

Linus Geschke erzählt von einem unaufgeklärten Mordfall in der Eifel. Zwei junge Paare, fast noch Jugendliche zelten im deutsch-belgischen Grenzgebiet – zwei Personen sterben – von zwei weitern verliert sich jede Spur. Jan Römer – Reporter in Köln und seine Kollegin, genannt Mütze beginnen zu recherchieren, und die Suche nach der Wahrheit wird lebensgefährlich.

Atmosphärisch gesehen ist der vorliegende Kriminalroman ein authentischer Pageturner. Die Spannung beginnt schon auf den ersten Seiten und der Autor beherrscht die Kunst, diese elegant aufrechtzuerhalten und mitunter langsam zu steigern. Es bedarf auch keiner detailreichen und überzeichneten Schilderung von blutigen Tötungen, oder kleinlichen Beschreibungen der Opfer – sehr geschickt lässt der Autor das Böse in jedem Kapitel an die Oberfläche. Wie bei einem Eisberg ist die Gefahr allgegenwärtig, sie ist schön, bedrohlich, doch versteckt und unsagbar tief.

Kommen wir zurück zu der Authentizität. „und am Morgen waren sie tot“ – verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart. Dass der Autor dabei auch aktuelle, politische Themen passgenau in die Story einbaut, spricht für ihn. Die Vergangenheit des Dritten Reiches die noch immer Spuren in der Eifel hinterlassen hat, die organisierte Rechte Szene, die sich offenbart und (oder) ein unaufgeklärter, brutaler Mord lassen es nicht zu, dass die Story an Tempo verliert, oder gar ganz zum Stillstand kommt.

Linus Geschke präsentiert uns auch Charaktere, die faktisch in Haupt- und Nebenhandlungen genug Platz finden, um sich zu entfalten. Mit allerlei Ecken und Kanten menscheln sie sich durch die Handlung, überzeugen mit feinen Dialogen, Wortwitz und gut eingefügter Situationskomik. Das wirklich Tolle daran ist, dass der Autor noch viel Platz hat, uns mehr über seine Figuren zu zeigen, in späteren Bänden versteht sich.

Spannung – immer präsent – eine Melodie des Todes mit vielen leisen, aber auch lauten Tönen, die den Kriminalroman zu etwas Besonderen macht. Sehr beachtlich und hervorzuheben ist die feine Zeichnung der Nebenhandlungen, der Wendungen und der jeweiligen erzählerischen Perspektive. Eine Abwechslung der Perspektiven, die uns die Figuren noch näher bringen, als sie ohnehin schon sind und die, die Spannung in leisen, aber wohlüberlegten Schritten auf uns zugehen lassen.

Es gibt nicht viel auszusetzen. Linus Geschke versteht sein journalistisches Handwerk souverän, sehr gut recherchiert, aktuell, ohne großartig polarisierend zu werten. Zwischen den Zeilen, sieht es anders aus – aber dadurch gibt es dann ein paar Sympathiepunkte mehr. Ich hätte mir gewünscht, etwas mehr von der Vergangenheit der Personen zu erfahren, vielleicht wäre es vorteilhaft gewesen in wenigen Passagen die Vergangenheit zu Wort kommen zu lassen.

Fazit

„Und am Morgen waren sie tot“ von Linus Geschke ist ein sehr starker Kriminalroman. Großartiger Spannungsaufbau, faszinierende Charaktere, authentisch, menschlich – alle Zutaten vorhanden und perfekt umgesetzt.

Perfekte Unterhaltung mit spürbar, böser Spannung, die es fast unmöglich machen, den Roman aus der Hand zu legen. Mein erster Roman des Autors – nicht mein Letzter und der Autor steht unter Beobachtung. Die Erwartungshaltung des nächsten Romans – der im Januar nächsten Jahres erscheint, ist groß. So ist das mit der Spannung – es wird nicht langweilig.

Michael Sterzik




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