Freitag, 9. März 2018

Odins Blutraben - Herrscher des Nordens - Ulf Schiewe

Nach dem ersten Teil der Wikingersaga um dem Norwegischen König Harald Hardrada ist nun auch der zweite Teil: „Odins Blutraben“ von Ulf Schiewe im Münchner Verlag Knaur erschienen.

Erzählte der erste Roman noch vom Fall seiner königlichen Familie und seiner Flucht ins Exil mit einigen seiner Freunde und Krieger, ist nun Harald erwachsen geworden. Bei einem Großfürsten der Rus erkämpfe sich der junge Wikingerfürst den Ruf eines kompetenten Söldnerführers. Mitsamt seinen Nordmännern die außer dem Kriegshandwerk nicht gelernt haben, wird dieser nach Kiew beordert. Die große Stadt befindet sich in enormer Gefahr. Ansässige Steppenreiter, Tausende von ihnen bedrohen die Region und die Stabilität des Reiches. Als der Großfürst wenig später familiäre Bande mit Harald schließen möchte und ihm die Hand seiner Tochter anbietet, treibt den jungen Mann die Gier, nach Reichtümern, ins ferne  Konstantinopel. Ebenfalls als Söldner bekämpft er die Piraten und befriedet das Mittelmeer, doch seine Vergangenheit holt ihn immer wieder ein, und als er als Spielfigur in die Machtkämpfe um den Thron einbezogen wird, findet er sich in einer mörderischen Schlangengrube wieder...

Der erste Teil der Trilogie hatte seine inhaltlichen Schwächen – atmosphärisch überzeugte er mich nicht unbedingt. Der zweite Teil ist neben seinem Hauptprotagonisten erwachsen geworden. Starke positive Entwicklung, keine überzeichneten Charaktere mehr und eine spannende Atmosphäre die nicht abfällt, sondern anhält. Auch wenn der Dreh- und Angelpunkt natürlich der spätere König Harald ist – so ist er seinen frechen Flegeljahren entwachsen und stellt sich seinen Herausforderungen. Ein selbstbewusster starker Anführer einer kleinen, aber effektiven Armee von Nordmännern. „Band of Brothers“ des Nordens.

Stärke hin oder her – auch Harald ist ein verletzbarer Mensch und auch in diesem Roman wird er persönlich leiden und an seine Grenzen stoßen. Betrachten wir die vorherrschenden Charaktere, so sind diese überschaubar positioniert und bilden einen engen Kreis. Allerdings gibt es in „Odins Blutraben“ keine Nebengeschichten – Figuren ja und eine Menge an Statisten, aber Ulf Schiewe konzentriert sich maßgeblich auf zwei Handlungsstränge – die Kämpfe um Kiew und zu guter Letzt die Unruhen in Konstantinopel, die in bürgerkriegsähnliche Zustände eskalieren.

Ein besonderes Verhältnis entsteht allerdings zu seinem Erzfeind und zeitweisen verbündeten Sigurd – dito ein Wikinger, verschlagen, grausam und verdammt unberechenbar. Augenzwinkernd nicht unbedingt der personifizierte Bad Guy, doch interessant und vielschichtig konzipiert. Natürlich darf sich das tragische Rad der Liebe auch mal drehen, aber Romantik sollte man nicht erwarten.

Der Autor befasst sich in diesem Roman nicht intensiv mit der Lebensart der Wikinger. Über die klassische Erwartungshaltung der wilden Männer aus dem Norden kommt man nicht hinaus, also wenige internes über die einflussreichen räuberischen und rauen Gesellen. Man vermisst das allerdings auch zu keinem Zeitpunkt.

Ulf Schiewe wandelt ein wenig auf den Spuren des erfolgreichen britischen Autors Bernard Cornwell, der mit seiner eigenen Wikingersaga Uthred eine Beachtungswerte Reihe erschaffen hat. Atmosphäre und detailreich bei der Darstellung von kriegerischen Auseinandersetzungen wird sich nichts geschenkt. Es geht brutal und blutig zugange – aber das erwartet man ja auch. Packend lässt Ulf Schiewe die Brutalität des Schlachtfeldes aufleben.
Doch es gibt auch ein Gewissen – das Harald und die starken Männer lenkt und antreibt. Als Söldner kämpft und tötet man fürs Geld – aber es gibt noch mehr für das man kämpfen mag. Diese leisen Töne und Dialoge die Ulf Schiewe hier präsentiert sind sehr gut und auch dieser Part ist wie die Verteidigung von Kiew und die Geschehnisse in Konstantinopel historisch mit Quellen belegt.

„Odins Blutraben“ ist ein historischer Roman – natürlich nimmt sich ein Autor immer etwas künstlerische Freiheit heraus, aber Ulf Schiewe hat perfekt anhand vieler Quellen und Überlieferungen recherchiert und geschichtliche Lücken passgenau interpretiert.

Fazit

„Odins Blutraben“ ist ein historischer Roman mit vielen Gesichtern. Außerordentlich gut recherchiert, noch besser erzählt und ungemein spannend, lässt er die rauen Männer auf die Leser los.

Ich freue mich auf den Abschluss der Saga um Harald – der Geschichtsinteressierte Leser wird sich mit seinem Schicksal schon befasst haben, aber der Weg nach Walhalla ist blutig und verlustreich.

Großartiger, spannender Roman. Axt und Schwert werden Odins Blutraben weitere Krieger in die nordischen Hallen schicken müssen.

Michael Sterzik




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