Mittwoch, 27. Juni 2018

Legenden des Krieges - Der grosse Sturm - David Gilman

Der britische Autor David Gilman veröffentlichte nun im Verlag Rowohlt den neuesten Titel um seinen Helden Thomas Blackstone. Es ist der vierte Teil einer noch nicht abgeschlossen Reihe. 

Der 100jährige Krieg zwischen den Erzfeinden der beiden Königreiche England und Frankreich geht in die nächste unerbittliche Runde. David Gilman spricht eine allzu deutliche Sprache und er rechnet ab – mit vielen Vorurteilen und Klischees, die wir aus Film und Fernsehen kennen. Die Ritter – meist stolze, edle Recken getrieben von moralischen Werten, gesteuert von Ehre, manchmal sogar mit Verstand – in seiner Reihe interpretiert er die Ritterlichkeit authentisch. Die edlen Recken sind bei dem Autor nichts anderes als egozentrische, brutale und rücksichtslose Kämpfer. Getrieben von der Gier nach Beute und der Aussicht mit dem Ruhme und der Ehre ganz nebenbei sich bei ihrem König zu profilieren. Vielleicht gibt es ja noch einen netten Adelstitel und ein Stück Land, dass man auspressen kann. 

Ich will nicht sagen, dass alle Ritter so wunderbare, sozial eingestellte Kämpfer waren. Sicherlich gab es auch Männer, die den Ehrenkodex etwas mehr lebten und diesen nicht in Richtlinien interpretierten. David Gilman gibt dem Krieg eine brutale Fratze. Auch Gewinner einer Schlacht können rücksichtslos sein und den Schrecken und das Elend der Zivilbevölkerung eher verschlimmern. Nach unseren Maßstäben können wir Entscheidungen und Motive nur sehr schwerlich nachvollziehen. 

David Gilman verwendet manchmal auch eine herbe Sprache, aber die ist der Situation und ihren Protagonisten angemessen. Überhaupt und sowieso legt der Autor viel Wert auf die Entwicklung seiner Charaktere. Thomas Blackstone – ist nach dem gewaltsamen Tod seiner Tochter und seiner Frau kalt und unberechenbar geworden. Sein Charakter wurde mit Blut, Tränen und einer verdammten Wut in den Schlachten geschmiedet. Relativ rhetorisch unbewaffnet hat er auch wenig Talent für die Diplomatie und  so stößt er jedem vor dem Kopf, auch gerne gekrönten Häuptern. 

In „Der große Sturm“ wird ebenfalls auch gerne wiederholt auf das Leben und Sterben der Zivilbevölkerung eingegangen. Auch diese waren nicht immer Unschuldslämmer und nahmen sich gerne, was sie kriegen konnten, selbst wenn es das denunzieren von Heilkundigen war. Der Glaube an schwarze Magie und teuflische Hexerei ist einer der Nebenhandlungen in dem vorliegenden Roman. 

Es gibt wenige Autoren – die den Verlauf einer Schlacht so authentisch, und sprichwörtlich gewaltig wiedergeben können. Sein Kollege Bernard Cornwell ist einer dieser Autoren – David Gilman allerdings toppt das manchmal. Trotz all dieser blutigen und brutalen Szenarien, driftet der Autor nicht in überzeichnete Schilderungen ab. Immer wieder blitzt die Menschlichkeit und der Verstand auf, immer wieder klopft das Gewissen an. Diese Abwechslungen geben der Handlung den besonderen Flair, die besondere Stimmung, der man sich nicht entziehen kann. 

Historisch betrachtet macht David Gilman alles richtig. So wie es auch sein muss – verwendet der Autor historische Ereignisse und baut diese passgenau und unterstützt mit fiktiven Personen ein.

Man kann sicherlich noch weitere vier Bände und mehr schreiben und Thomas Blackstone den 100jährigen Krieg ausleben lassen. Doch hoffentlich wird dies nicht geschehen. Thomas Blackstone ist „erwachsen“ geworden, seine Seele dürfte in mehr wie ein Teil gesplittert sein. So hoffe ich doch, dass diese Reihe zeitnahe ein Ende finden wird. Gerne mit einem grandiosen Schrecken – aber immer noch besser, als wenn der Protagonist sich selbst und die Spannung überholt. 

Im September 2018 geht es mit dem Titel: „Das zerrissene Land“ weiter. Wir dürfen also weiterhin gerne beobachten wie Thomas Blackstone und seine posttraumatischen Wunden nicht behandelt werden und sein Wolfsschwert Tod und Verderben bringt. 

Fazit

„Legenden des Krieges – Der große Sturm“ von David Gilman ist ein brutal, gutes Buch. Rücksichtslos spannend und emotional wie ein Richtschwert. Trotz allem ein Pageturner. 

Michael Sterzik






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