Regionale Krimis sind wahrscheinlich einer der neuesten
Trends in der Thriller/Krimiliteratur in Deutschland, und das funktioniert
ausgesprochen gut. Eigentlich logisch – die Leser kennen ggf. die Region, den
Landkreis, die Stadt, oder das Dorf. Vielleicht sind sie die gleichen Straßen
wie das Opfer oder der Täter lang gelaufen. Ein morbider bis faszinierender
Gedanke, der aber verdammt gut funktioniert. Eine Verbundenheit bis in den Tod.
Besonders einladend sind die Küstenorte in unserer Republik. An der idyllischen
Ost- oder auch Nordseeküste wird
anscheinend gerne gemordet. Also Romantik hin oder her – die Spannung ist dort
genauso ansässig, wie dunkle, geheimnisvolle Dörfer mit verschrobenen
Bewohnern, die munter vor sich hin morden.
Der vorliegende Band: „Ostseerache“ von Eva Almstädt ist
der dreizehnte der „Pia Korittki-Reihe. Schauplatz/Tatort der Reihe ist die
Ostseeregion mit Mittelpunkt, einer der schönsten norddeutschen Städte – Lübeck
– Die Königin der Hanse. Die Handlung spielt an einem kleinen Küstenort, eine
junge Frau wird ermordet aufgefunden – vergiftet. Gleichzeitig taucht eine
junge Frau in dem Dorf auf, die für
einen Unfall mit Todesfolge die Verantwortung trägt. Alte Wunden der
Vergangenheit werden aufgerissen und auch Rache und der stille, manchmal laute
Schrei nach Vergeltung kommen an die Oberfläche.
Die Autorin Eva Almstädt lässt ihre Ermittlerin Pia
Korittki alle beruflichen wie auch privaten Register ziehen. Neben den
Ermittlungen spielt auch die persönliche Entwicklung ihrer Person eine große
Rolle. Anfang wirkt der Roman wie der Beginn eines schönen Sonnentages, doch
dunkle Wolken und ein heftiger Sturm erreichen die junge Kommissarin –
unbeständig halt wie die Ostsee. Der Kriminalfall steht allerdings im Fokus und
hier bedient sich die Autorin alter, aber traditioneller Klischees. Rache und
Vergeltung waren immer schon die besten Motive. Ebenfalls ist das Setting allzu
offensichtlich. Ein Dorf voller Menschen, die auf engsten Raum ihre Ängste,
Geheimnisse und Hoffnungen miteinander teilen. Abhängigkeiten, Intrigen,
Liebeleien, freundschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen sind ein
großartiges Geflecht für einen spannenden Background.
Eva Almstädt fokussiert sich auf die Vergangenheit und
die tragische Gegenwart. Ein alter Todesfall, eine traumatisierte Täterin, die
sich an vieles nicht erinnern kann und der ein Giftmord. Man muss nicht
Sherlock Holmes sein, um schnell zu begreifen, dass es hier eine Verbindung
geben muss. Im Grunde nichts Neues, aber die Autorin schafft eine spannende
Atmosphäre. Stil, Ausdruck, Sprache und die Dialoge sind perfekt in Szenen
verarbeitet. Geschickt spannt Eva Almstädt ein Netz voller möglicher Täter und wahrscheinlicher
Motive.
Auch die Charaktere sind klassisch in Szene gesetzt – mal
abgesehen von dem privaten Nebenschauplatz von Pia Korittki gibt es auch hier
keine neuen Ideen. Eine Nebenhandlung – die Bedrohung eines inhaftierten
Täters, der psychologisch Druck auf Pia ausübt, kommt leider viel zu kurz.
„Ostseerache“ ist durchweg ein Klassiker, aber spannend
inszeniert, wenn auch ohne Höhepunkte versehen.
Eva Almstädt erzählerischer Stil ist allerdings
großartig. Prägnant, auf den Punkt gebracht, die Spannung per Tempomat immer
online, die Charaktere fein ausgearbeitet.
Die Ermittlerin Pia Korittki ist reif für den nächsten
Entwicklungsschritt. Eine Mordserie über mehrere Bücher hinweg wäre
vorteilhaft.
Fazit
„Ostseerache“ ist klassischer Kriminalroman. Überzeugt
allerdings durch seine Figuren. Spannend allemal – und ich hoffe, dass der 14.
Ausflug an die Ostseeküste für Pia Korittki persönlicher wird. Die Weichen sind
ja gestellt. Ein perfekter Roman für herbstliche Besuche an der Küste. Empfehlenswerte
Ostseemorde.
Michael Sterzik
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