Freitag, 16. November 2018

Totenliste - Harald Gilbers

Der deutsche Autor Harald Gilbers, lässt in seinem neuesten Roman, seine Titelfigur Richard Oppenheimer erneut ermitteln. Schauplatz dieser Story ist das Ende des dritten Reiches – Berlin im Dezember 1946. Die Stadt ist in vier Besatzungszonen aufgeteilt – die alliierten Siegermächte: Amerikaner, Engländer, Briten und Franzosen geben einen zerstörten Deutschland ein Stück Hoffnung. Doch nach Hitlers großem Krieg – liegen die Großstädte im ehemaligen Nazideutschland in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau ist ebenfalls eine Zeit der Anstrengungen, des Mangels, des Hungers und des Elends. Ruinen in einem zerbombten Berlin, lange Schlangen vor Geschäften, florierender Schwarzmarkt, eine desillusionierte Bevölkerung. Wo bleibt da der Wille weiterzumachen, neu anzufangen? Wo beginnt auch das Vergeben und Vergessen, wann endet die Angst und wann entzündet sich der Funke zu einer kleinen Hoffnung auf ein besseres, neues Leben!? Doch es gibt auch die Schattenseiten in der Gesellschaft – der elementare Drang nach Vergeltung und Rache....

Wir können es in unserer aktuellen Komfortzone nur schwerlich begreifen, welche existenziellen Sorgen und Nöte unsere Urgroßeltern erlebt haben. Von Glanz und Gloria – nach dem Schrei für einen totalen Krieg – bleiben nur noch Staub und Schatten und eine Schuld, die man nicht wegdiskutieren kann. 

Harald Gilbers schildert in seinem neuesten Roman „Totenliste“, eine finstere kompromisslose Atmosphäre, die den Leser auch nachhaltig wie ein dichter Nebel umfängt. „Totenliste“ ist ein Kriminalroman – aber ebenfalls ein Stück deutscher, historischer Geschichte. Der vierte Band um den jüdischen Ex-Kommissar Richard Oppenheimer handelt von Rachegedanken – Der oder die Täter rechnen kompromisslos mit ihrer Vergangenheit ab. Die Morde sind brutal, die Symbolik identisch – die Täter grausam. Richard Oppenheimer beginnt mit seinen Ermittlungen in einem zerstörten Berlin – finden wird er „zerstörte“ Seelen...

Das realistische Bild von der jüngsten Nachkriegszeit und dem Wiederaufbau wird von Harald Gilbers perfekt projiziert. Das ist zwar unheimlich gut gelungen, allerdings versteckt sich die Spannung hinter diesem historischen Vorhang und kommt auch nur bedingt hervor. Die Story ist derartig zäh strukturiert und künstlich mit vielen Dialogen durchsetzt, dass es schwer ist einen Spannungsbogen zu folgen. 

Befasst man sich mit den Protagonisten, so gibt es davon eine Menge aus den drei vorherigen Titeln. Es sind zwar nur Nebenfiguren, aber dennoch sind diese phasenweise deutlich interessanter aufgestellt, wie die eigentliche Hauptperson „Oppenheimer“ selbst. Der alltägliche Wahnsinn und das Überleben der Bevölkerung sind die fokussierten Themen, die den Roman wirklich inhaltlich tragen. 

„Totenliste“ ist wie gesagt der vierte Band, dieser offenen Reihe und mit viel Abstand der schwächste. Vielleicht ist es auch an der Zeit aufzuhören und sich neuen Themen zu widmen. Ich glaube nicht, dass die Figur des Richard Oppenheimer strukturell und auch inhaltlich, noch viel neue Ideen parat hat. 

Insgesamt ist die Reihe außerordentlich gut – wer sich für diese Epoche interessiert, wird begeistert sein, wie Harald Gilbers nachhaltig eine authentische Stimmung schafft, die uns zeigt, woher wir kommen und welche Verantwortung wir tragen und auch in die nächsten Generationen transportieren sollten. 

Fazit

„Totenliste“ ist der schwächste Band dieser starken Reihe. Ein Kriminalroman ohne wirkliche Spannung – dafür mit einer historischen Wahrheit, die lange nachklingt. 

Michael Sterzik 



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