Historisch betrachtet war Kaiser Vespasian ein „guter“
Imperator des Weltreiches Rom. Eigentlich aus einfachen Verhältnissen stammende
spätere Kaiser, wurde dieser zu einem großartigen, römischen Herrscher. Er
entstammt nicht wie üblich aus der Senatsaristokratie, sein Vater war ein
einfacher Steuereinnehmer, doch seine anfängliche militärische Laufbahn führte
ihn geradewegs in die Politik Roms. Die Schlachtfelder die der junge Mann mit
seinen Legionen betrat, waren ähnlich gefährlich wie die intriganten,
politischen Spiele am Hofe. Die flavische Dynastie, die er begründete tat sich
hervor durch eine Politik der Bürgernähe, eine reale Politik die er unter
anderen finanziell geschickt führte. Seine Erfahrungen als Heerführer der
römischen Legionen waren überlebensnotwendig, zweifelsfrei konnte Vespasian in
der Außenpolitik viel Positives erreichen und als bodenständigen Kaiser
etablierte er eine positive Steuerpolitik, die die Staatsschulden begleichen
konnte.
Doch wie wurde dieser junge Mann geformt? Was zeichnete ihn
aus? Welche Erfahrungen konnte er im militärischen und politischen Bereichen
sammeln? Wie war er ggf. als Mensch? Robert Fabbri findet in seiner
historischen Romanreihe „Vespasian“ antworten auf diese Fragen. Doch diese
Reihe hebt sich nicht mit fiktionalen Szenen, oder Charakteren hervor – im
Gegenteil. Der Autor stützt sich auf historische Quellen und Schriften von
Sueoton, Tacitus und Cassius Dio.
Im vierten Band dieser großartigen Reihe – „Der gefallene
Adler“ entsendet der Nachfolger des dekadenten und wahnsinnigen Kaisers Caligua
– Claudius – die beiden flavischen Brüder Vespasian und Sabinus nach Germanien.
Die ungleichen Brüder sollen die letzte, verbliebene Standarte der massakrierten
Legionen unter Varus im Teutoburger Wald finden. Ein Himmelfahrtskommando - für
einen Kaiser, der mit diesem Symbol die römischen Legionen dazu animieren
möchte – Britannien ins Weltreich Rom einzugliedern. Ein blutiger
Eroberungskrieg steht den Legionen bevor.
Die Grundstory klingt allzu fantastisch, ist aber nicht
fiktiv. Ob nun Vespasian und sein Bruder dabei war, lässt sich nicht zweifelsfrei
bestätigen, allerdings nahm der spätere Kaiser mit großer Wahrscheinlichkeit an
der blutigen Invasion der britischen Insel teil. „Vespasian – der gefallene
Adler“ splittet sich in zwei Handlungsebenen auf – Die Suche nach dem symbolischen
Feldzeichen und wenig später, dann die brachiale Schlacht in Britannien. Waren
die vorherigen Bände noch viel von politischen Ränkespielen und Intrigen
geprägt, so konzentriert sich der Autor diesmal auf die Beschreibung von Roms
militärischer Eroberungspolitik.
Es gibt viele Beschreibungen in Büchern und sehenswerte
cineastische Darstellungen von der militärischen und disziplinarischen Methodik
der Weltmacht Roms. Eine Kriegsmaschinerie – eine Bestie die von der Leine
gelassen, aber zielgerichtet erobert und tötet. Robert Fabbri allerdings
beschreibt die offene Feldschlacht zwischen den römischen Legionen und den
britischen Kriegern, so intensiv, wie ich sie bisher noch nicht gelesen habe. Unglaublich
wie atmosphärisch dicht und packend der Autor, die Aufstellungen, die Taktik,
die Strategie und nicht zuletzt das fast schon methodische Töten der römischen
Legionen erzählt. Schlichtweg faszinierend und bedrohlich wie hier Disziplin,
Ausbildung, Ausrüstung und die Erkenntnisse der Offiziere thematisch dargelegt
werden. Eine römische Legion war nicht unschlagbar, aber zeitweise das
effektivste, tödliche militärische System der damaligen Epoche. Robert Fabbri
erzählt es sehr plakativ, man meint das Geräusch von tausenden auftretenden,
genagelten Sandalen römischer Legionäre zu hören, die harten Befehle der
Offiziere, dass Zusammenprallen der Schilde und die Geräusche und Schreie der
sterbenden Briten.
Breitbandkino in literarischer Form – so atmosphärisch
packend, dass diese einen völlig vereinnahmt und atemlos macht. Emotional
vielleicht etwas einseitig – da hier der einfache Soldat keine Stimme hat –
aber Robert Fabbri gelingt, dass töten, sterben und das Überleben so dramatisch
und spannend zu schildern, wovor man wirklich eine Hochachtung haben kann.
Charakterliche Beschreibungen – vor allem die der
historischen Persönlichkeiten sind außerordentlich gut gelungen. Auffällig ist,
dass hier keine Klischees bedient werden – der Autor verweist den Leser auf die
unterschiedlichsten Motivationsperspektiven. Die Hauptfigur wird hier nicht
heroisch emporgehoben, sondern Vespasian macht auch Fehler, kleinere, größere,
mal mutig, mal naiv, usw.
Roms Politik untermauert vom amtierenden, römischen Kaiser
Claudius wird nur wenig Raum geboten – reicht aber völlig aus, denn in den nachfolgenden
Bänden sollte noch so wie Entwicklungsraum gegeben sein, dass man es durchaus
verschieben kann.
Robert Fabbri ist einer der wenigen Autoren, die sich
entlang einer historischen Zeitlinie der Ereignisse bewegen, ohne zu stolpern,
oder sich zu verlaufen. Großartig – immer unter dem Aspekt zu sehen, dass er
Rom wieder „erblühen“ lässt. Der Leser kann viel aus dieser Reihe mitnehmen:
soziale Strukturen und Stände, Politik und Militär, Religion und Fanatismus,
Alltag und Traditionen – alles absolut ergreifend dargestellt.
Wer sich mit literarisch und unterhaltsam mit Roms Epoche
beschäftigen möchte, wird mit dieser Reihe belohnt werden. Einer der besten,
historischen Reihen, die zur Zeit veröffentlicht sind.
Fazit
„Vespasian – Der gefallene Adler“ von Robert Fabbri lässt
die Legionen Roms auferstehen. Brillante Unterhaltung – allgegenwärtige
Spannung, die einen einfängt. Legendäre Unterhaltung – ganz stark.
Michael Sterzik
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