Dienstag, 19. Februar 2019

Vespasian - Der gefallene Adler - Robert Fabbri


Historisch betrachtet war Kaiser Vespasian ein „guter“ Imperator des Weltreiches Rom. Eigentlich aus einfachen Verhältnissen stammende spätere Kaiser, wurde dieser zu einem großartigen, römischen Herrscher. Er entstammt nicht wie üblich aus der Senatsaristokratie, sein Vater war ein einfacher Steuereinnehmer, doch seine anfängliche militärische Laufbahn führte ihn geradewegs in die Politik Roms. Die Schlachtfelder die der junge Mann mit seinen Legionen betrat, waren ähnlich gefährlich wie die intriganten, politischen Spiele am Hofe. Die flavische Dynastie, die er begründete tat sich hervor durch eine Politik der Bürgernähe, eine reale Politik die er unter anderen finanziell geschickt führte. Seine Erfahrungen als Heerführer der römischen Legionen waren überlebensnotwendig, zweifelsfrei konnte Vespasian in der Außenpolitik viel Positives erreichen und als bodenständigen Kaiser etablierte er eine positive Steuerpolitik, die die Staatsschulden begleichen konnte.

Doch wie wurde dieser junge Mann geformt? Was zeichnete ihn aus? Welche Erfahrungen konnte er im militärischen und politischen Bereichen sammeln? Wie war er ggf. als Mensch? Robert Fabbri findet in seiner historischen Romanreihe „Vespasian“ antworten auf diese Fragen. Doch diese Reihe hebt sich nicht mit fiktionalen Szenen, oder Charakteren hervor – im Gegenteil. Der Autor stützt sich auf historische Quellen und Schriften von Sueoton, Tacitus und Cassius Dio.

Im vierten Band dieser großartigen Reihe – „Der gefallene Adler“ entsendet der Nachfolger des dekadenten und wahnsinnigen Kaisers Caligua – Claudius – die beiden flavischen Brüder Vespasian und Sabinus nach Germanien. Die ungleichen Brüder sollen die letzte, verbliebene Standarte der massakrierten Legionen unter Varus im Teutoburger Wald finden. Ein Himmelfahrtskommando - für einen Kaiser, der mit diesem Symbol die römischen Legionen dazu animieren möchte – Britannien ins Weltreich Rom einzugliedern. Ein blutiger Eroberungskrieg steht den Legionen bevor.

Die Grundstory klingt allzu fantastisch, ist aber nicht fiktiv. Ob nun Vespasian und sein Bruder dabei war, lässt sich nicht zweifelsfrei bestätigen, allerdings nahm der spätere Kaiser mit großer Wahrscheinlichkeit an der blutigen Invasion der britischen Insel teil. „Vespasian – der gefallene Adler“ splittet sich in zwei Handlungsebenen auf – Die Suche nach dem symbolischen Feldzeichen und wenig später, dann die brachiale Schlacht in Britannien. Waren die vorherigen Bände noch viel von politischen Ränkespielen und Intrigen geprägt, so konzentriert sich der Autor diesmal auf die Beschreibung von Roms militärischer Eroberungspolitik.

Es gibt viele Beschreibungen in Büchern und sehenswerte cineastische Darstellungen von der militärischen und disziplinarischen Methodik der Weltmacht Roms. Eine Kriegsmaschinerie – eine Bestie die von der Leine gelassen, aber zielgerichtet erobert und tötet. Robert Fabbri allerdings beschreibt die offene Feldschlacht zwischen den römischen Legionen und den britischen Kriegern, so intensiv, wie ich sie bisher noch nicht gelesen habe. Unglaublich wie atmosphärisch dicht und packend der Autor, die Aufstellungen, die Taktik, die Strategie und nicht zuletzt das fast schon methodische Töten der römischen Legionen erzählt. Schlichtweg faszinierend und bedrohlich wie hier Disziplin, Ausbildung, Ausrüstung und die Erkenntnisse der Offiziere thematisch dargelegt werden. Eine römische Legion war nicht unschlagbar, aber zeitweise das effektivste, tödliche militärische System der damaligen Epoche. Robert Fabbri erzählt es sehr plakativ, man meint das Geräusch von tausenden auftretenden, genagelten Sandalen römischer Legionäre zu hören, die harten Befehle der Offiziere, dass Zusammenprallen der Schilde und die Geräusche und Schreie der sterbenden Briten.

Breitbandkino in literarischer Form – so atmosphärisch packend, dass diese einen völlig vereinnahmt und atemlos macht. Emotional vielleicht etwas einseitig – da hier der einfache Soldat keine Stimme hat – aber Robert Fabbri gelingt, dass töten, sterben und das Überleben so dramatisch und spannend zu schildern, wovor man wirklich eine Hochachtung haben kann.

Charakterliche Beschreibungen – vor allem die der historischen Persönlichkeiten sind außerordentlich gut gelungen. Auffällig ist, dass hier keine Klischees bedient werden – der Autor verweist den Leser auf die unterschiedlichsten Motivationsperspektiven. Die Hauptfigur wird hier nicht heroisch emporgehoben, sondern Vespasian macht auch Fehler, kleinere, größere, mal mutig, mal naiv, usw.

Roms Politik untermauert vom amtierenden, römischen Kaiser Claudius wird nur wenig Raum geboten – reicht aber völlig aus, denn in den nachfolgenden Bänden sollte noch so wie Entwicklungsraum gegeben sein, dass man es durchaus verschieben kann.  
Robert Fabbri ist einer der wenigen Autoren, die sich entlang einer historischen Zeitlinie der Ereignisse bewegen, ohne zu stolpern, oder sich zu verlaufen. Großartig – immer unter dem Aspekt zu sehen, dass er Rom wieder „erblühen“ lässt. Der Leser kann viel aus dieser Reihe mitnehmen: soziale Strukturen und Stände, Politik und Militär, Religion und Fanatismus, Alltag und Traditionen – alles absolut ergreifend dargestellt.
Wer sich mit literarisch und unterhaltsam mit Roms Epoche beschäftigen möchte, wird mit dieser Reihe belohnt werden. Einer der besten, historischen Reihen, die zur Zeit veröffentlicht sind.

Fazit

„Vespasian – Der gefallene Adler“ von Robert Fabbri lässt die Legionen Roms auferstehen. Brillante Unterhaltung – allgegenwärtige Spannung, die einen einfängt. Legendäre Unterhaltung – ganz stark.

Michael Sterzik

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