Im Genre Thriller tummeln sich ja relativ viele
Serienmörder. Deren Charakter ist meistens relativ gleich beschrieben: Sie
töten aus einem innerem Zwang heraus, zur Belustigung anderer, sie töten
willkürlich, sie töten methodisch..usw. Meist handelt es dabei um
hochintelligente Straftäter, die den polizeilichen Behörden immer mal wieder
ein Schnippchen schlagen können. Also im Grunde nix neues – deren Typus kennt
man also zur genüge – meint man ggf. wenn man zu einem neuen Thriller greift.
Doch inzwischen konzipieren viele Autoren ihre
Bad Boys mehrdimensionaler, keine veralteten Klischees, keine psychischen oder
physischen Kurzschlüsse...! Die guten alten Serienmörder verabschieden sich aus
der Literatur – die nächste Generation ist allerdings noch böser, aber sie
polarisieren auch vehement. Die Schere zwischen „good“ und „evil“ öffnet sich
manchmal bis zur Sollbruchstelle.
Der amerikanische Autor J.D. Barker hat mit
seinem Thriller „The Fourth Monkey – Geboren um zu töten“ einen großen
nationalen und internationalen Erfolg. Ein wahnsinnig gut konstruierter
Thriller mit ausgereiften Charakteren, einer verdammt eindrucksvollen und
hochspannender Atmosphäre. Ein Jäger und Gendarm Spiel auf dem allerhöchsten
Niveau.
Nun ist im deutschen Buchhandel, der zweite
Band aus dieser Reihe erschienen: „The Fourth Monkey – Das Mädchen im Eis.
Seit Monaten herrschen in Chicago Minustemperaturen, als die
Leiche der jungen Ella Reynolds eingefroren im See gefunden wird. Sie wurde vor
drei Wochen vermisst gemeldet – der See ist seit Monaten zugefroren. Die Medien
beschuldigen den berüchtigten Four Monkey Killer Anson Bishop, aber Detective
Sam Porter will nicht glauben, dass er damit etwas zu tun hat. Er kennt den
Serienkiller gut, denn er hat ihn geschnappt und laufen lassen, und er hat noch
eine Rechnung mit ihm offen. Porter hat sich auf ein gefährliches Spiel
eingelassen, währenddessen verschwindet ein Mädchen nach dem anderen
…(Verlagsinfo)
Das Duell auf Augenhöhe zwischen dem Killer
Anson Bishop und Detective Sam Porter geht in die zweite Runde. Der Autor J.D.
Barker hat mit der Figur des „Fourth Monkey Killers“ eine multilaterale
Persönlichkeit ausgeheckt. Klar – einige Klischees konnte man nicht aus dem Weg
gehen: hochintelligent, psychologische Verhaltensstörungen aus der Kindheit,
eigene Interpretation von Gut und Böse. Und letzteres ist genau der Mittelpunkt
seiner Persönlichkeit. Die Kinder von Verbrechern foltern und töten – als
Strafe gedacht und um den größtmöglichen Schmerz explodieren zu lassen?! Etwas
übermotiviert und ambitioniert. Das gute alte Motto der Bibel: Auge um Auge –
Zahn für Zahn – etwas ausgeufert die Methodik des „Fourth Monkey Killers“.
Konnte man im ersten Band noch verfolgen, wie
sich dieser in seiner Kindheit/Jugend entwickelt hat – so ist dieser im zweiten
Band weniger präsent. Unsichtbar – aber sein „böses“ Charisma verfolgt die
Ermittler immer noch. Neue Morde – wieder junge Frauen, aber ist er wirklich
der Mörder? Sam Porter dementiert es und steht weniger später alleine vor
vielen offenen Fragen und auf der Suche nach dem Täter....
Ich habe es selten gelesen, dass sich der Autor
dermaßen auf die Struktur seiner Protagonisten konzentriert hat. Genau dieses
ist die übergroße Stärke dieser Reihe. Der Täter, die Opfer, die ermittelnden
Polizeibeamten, die Überlebenden, die Nebenfiguren – sind allesamt komplex und inhaltlich
überragend konzipiert.
„The Fourth Monkey Killer“ übt eine faszinierende
Präsenz aus. Sympathisiert man nun mit einem Killer der Verbrecher läutern
möchte, oder verurteilt man ihn als „Monster“. Keine einfache Frage – keine
abschließende Antwort meinerseits. Jedenfalls stellt dieser Charakter alle
weiteren konsequent in die zweite Reihe.
„Das Mädchen im Eis“ ist so hochkomplex, dass
man den ersten Band unbedingt vorher gelesen haben muss. Und es ist kein Buch,
dass über ein schnelles Tempo verfügt. Die Storyline ist lang, aber so
durchdacht, dass alles Sinn ergibt, so abwegig wie es auch im ersten Augenblick
ausschauen mag.
Ein relativ großer Minuspunkt ist allerdings
Detective Sam Porter. Hier wurden alle Klischees via Checkliste verarbeitet.
Innerhalb der Story bewegt er sich wie eine noch nicht abgeschlossene
entworfene Nebenfigur.
Ansonsten ist „Das Mädchen im Eis“ ein
hochklassiger Thriller. Tolle Atmosphärische Dichte – komplexe Entwicklungen
und Erwartungen, die im nächsten Augenblick ad acta sind, da die Story sich
überraschend und plötzlich wendet. Was bleibt – Viele offene Kinnladen, viele „Aha“
oder „Oh mein Gott“.
Fazit
„The Fourth Monkey – Das Mädchen im Eis“ ist
einer der stärksten Thriller des Jahres. Erschütternd – Erschreckend –
Ernüchternd – und Hochspannend. Eine Reihe dies man gelesen haben muss – wenn man
sich der Spannungsliteratur verbunden fühlt.
Michael Sterzik
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen