Der vorliegende Titel: „Tief in der Erde“, erschienen im Goldmann Verlag, basiert auf einer tatsächlichen Entführung mit anschließendem Tod der zehnjährigen Ursula Herrmann. Das kleine Mädchen konnte nur tot geborgen werden, vergraben in einer Holzkiste, erstickt tief in der Erde – in einem Waldstück zwischen Schondorf und Eching am Ammersee. In einem Indizienprozess wurde fast 30 Jahre später ein Mann aus der Nachbarschaft zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt
1981, ein Dorf
in Oberbayern. Die zehnjährige Annika Schön ist mit dem Fahrrad auf dem Heimweg
von einer Freundin, doch sie kommt nie zu Hause an. Tage des qualvollen Wartens
verstreichen, bis die Polizei einen erschütternden Fund macht – eine Kiste,
vergraben im Wald, darin die Leiche des Mädchens, das dort erstickt ist. Eine
mögliche Spur in das nahe gelegene Internat wird nur halbherzig verfolgt. Jahre
später verurteilt man einen Verdächtigen, doch es bestehen Zweifel an seiner
Täterschaft. Basierend auf dieser wahren Geschichte und ihren eigenen
Recherchen hat Christa von Bernuth, selbst ehemalige Internatsschülerin, einen
Roman geschrieben, der den alten Fall neu aufrollt – auf der Suche nach der
Wahrheit, was damals wirklich geschah. (Verlagsinfo)
Die Autorin Christa von Bernuth hat diesen True Crime
Thriller, den o.g. Kriminalfall eine Seele gegeben. Die hoch qualitative
Spannung wirkt überzeugend, doch es gibt noch mehr was diesen Roman neben einer
natürlichen, authentischen Atmosphäre auszeichnet. Man fühlt und spürt die
Emotionen der Eltern, die Verzweiflung, die Ängste und auch die Hoffnung, dass die
Tochter lebt. Christa von Bernuth schreibt mit einen brillanten, emotionalen
Hammer – mit Schwung und einer fulminanten Durchschlagskraft überträgt sie
genau diese Emotionen auf die Leser.
Es ist vom Vorteil, wenn man sich ggf. vor dem Leser, mit
dem historischen Kriminalfall beschäftigt. Es gibt genug Quellen im Internet,
die Dokumente, Berichte und auch Fotos liefern. Es geht nicht nur tief unter
die Erde, es geht auch tief unter die Haut.
Auch dort wird man lesen, dass der Verurteilte, auch ein
Justizopfer sein könnte. Indizien – sind keine Beweise und folgt man den
historischen Fakten stellt sich heraus, dass Pleiten, Pech und Pannen dafür
verantwortlich sind – neben dem persönlichen Versagen einzelner
Ermittlungsbeamten - dass man diesen
grausamen Kriminalfall nicht eher aufgeklärt hat. Zeugen sind verstorben –
Dokumente nicht mehr auffindbar – Erinnerungen ausgelöscht, oder Menschen, die
nichts mehr erzählen wollen.
Auch das wird von Christ von Bernuth im Roman verwendet. „Tief
in der Erde“ hebt sich ein wenig von den gängigen True Crime Thrillern ab,
nicht durch die Spannung sondern über eine sehr gefühlsbetonte erzählerische
Qualität. Ihr Stil in diesem Roman ist ganz, ganz stark ausgeprägt.
Doch nicht nur die Eltern, und einer der Brüder finden
sich auf der Bühne der Handlung wieder, auch die Beamten lassen sich etwas in
die Seele blicken. Im Nachhinein wird sich der Leser erschrecken, dass die
Polizei fast schon dilettantisch die Ermittlungen führte. Wurden sie von
anderen gedeckt, gesteuert, manipuliert? Man wird diese letztlich nicht mehr
aufklären können.
Die Vergangenheit hat hier deutlich mehr dazu beigetragen
eine Spannung zu entwickeln und die Atmosphäre aufzubauen. Die Gegenwart
befasst sich mit dem Indizienprozess und ist fast schon nebensächlich zu
betrachten.
Doch es gibt auch Schwachpunkte. Die Zeit danach – nach dem
Auffinden der Leiche des Mädchens, die Emotionen der Angehörigen wie auch die
der Ermittlungsbeamten werden kaum erzählt. Unweigerlich schade.
Das Ende des Romans ist schwach – die Fragen, die Pleiten
und Pannen, die hier offenbart wurden -. Schwingen erschöpfend mit.
Fazit
„Tief in der Erde“ von Christa von Bernuth geht „tief
unter die Haut. Ein nachhaltiges Echo, dass das noch 30 Jahre später ein Grauen
erzeugt. Die Autorin sollte man sich gut merken – Stil, Ausdruck und Sprache
hochklassig. Ich hoffe, dass wir weitere True Crime Thriller von ihr lesen
können.
Michael Sterzik
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