Samstag, 24. April 2021

Die Kobra von Kreuzberg - Michel Decar

 


Meisterdiebe und Ganoven haben in der belletristischen Literatur immer schon einen besonderen Stellenwert. Diese edle Robin-Hood Ideologie hat neben etwas romantisch-verruchten, auch eine gewisse unabhängige Freiheit in der diese Diebe und Räuber leben. Nicht unbedingt böse – aber halt Individualisten, die sich mit ihrer eigenen Lebenseinstellung über Wasser halten.

Der Schriftsteller Michel Decar greift dieses Thema in seinem neuesten Roman „Die Kobra von Kreuzberg“ auf. Das Buch ist eine trashige Räuberpistole, eine herbe, derbe Sprache, viel Situationskomik und eine völlig überdrehte rhetorische Dialoge, mit netten Anspielungen und Andeutungen. Ein Roman der sich selbst nicht ernst nimmt – eine Geschichte , die durchaus faszinierend unterhaltsame Züge aufweist.

Alleine schon der Storyplot ist abgefahren, wer kommt schon auf die Idee, die Quadriga auf dem Brandenburger Tor zu stehlen!? Es gibt dabei unzählige Argumente genau, dieses nicht zu tun, es nicht zu versuchen und vor allem, wer will das Wahrzeichen überhaupt später kaufen?

Die junge Diebin Beverley Kaczmarek, deren Familie sich traditionell, beruflich interpretiert in Verbrecherkreisen bewegt, und schon eine Menge Unfug angestellt hat, sieht sich  mit ihren Brüdern in einer wirklich ernst zu nehmenden Challenge, höher, schneller, weiter, auffälliger, berühmter…ein aberwitziges Rennen um mediale Beachtung. Michel Decar verwendet in seinem Roman, eine ganze Menge von klassischen Vorurteilen und Klischees, aber bekanntlich sind diese zwar übertrieben, aber im Kern steckt dann doch eine gewisse Wahrheit.

Für Beverly Kaczmarek läuft es überhaupt nicht. Eigentlich ist sie nach Berlin gekommen, um im großen Stil Museen und Juweliere auszuräumen, doch so richtig wollen ihre Pläne nicht zünden. Denn während ihre Brüder Fabergé-Eier aus der St. Petersburger Eremitage entwenden und es damit in die internationale Presse schaffen, ärgert sich über ihre mittelmäßige Ausbeute. Also beschließt sie einen Coup zu landen, der an Logistik und Tollkühnheit neue Standards setzen wird, und etwas wirklich Großes zu stehlen: die Quadriga auf dem Brandenburger Tor.(Verlagsinfo)

Ein Roman in einer Pop- und Gesellschaftskultur angesiedelt – völlig überzeichnet, ironisch und sarkastisch geprägt. „Die Kobra von Kreuzberg“ wirkt polarisierend und ist schwer einzuordnen. Je nachdem über welchen Humor der Leser sich angesprochen fühlt, wird er viel lachen und schmunzeln können, aber es wird auch Stimmen geben, die mit diesem vorliegenden Roman überhaupt nichts anfangen können.

Michel Decar schreibt mit einer gewissen Leichtigkeit, die einen anspricht. Originell in jedem Fall – frech und spritzig.

Fazit

„Die Kobra von Kreuzberg“ schlängelt sich mit aberwitzigen Ideen, überspitzten Dialogen und schafft es dennoch, eine gewisse ernsthafte Note zu geben, über die man nicht nur lachen, sondern auch nachdenken kann.

Ein Roman, wie ein schöner Strandtag mit verschiedenen Wetterkrisen – gut zu empfehlen.

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