Posts mit dem Label Krmi werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Krmi werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 26. Februar 2025

Schattenwald - Jan-Erik Fjell


Die menschliche Psyche ist immer noch ein großes Rätsel: Wo fängt krankhaftes Verhalten an, wo hört es auf? Was können Auslöser sein - bei denen uns die Sicherungen durchbrennen und wir alle Vernunft ausschalten? Wir sehen rot in einer Momentaufnahme, die unser Leben und das Leben anderer radikal verändern kann - und überschreiten damit eine Grenze, von der es kein Zurück mehr gibt.

Die Begegnung mit dem Tod, in welcher Form auch immer, ist so eine Grenze - danach verändern wir uns. Entweder, weil wir zu viel Schmerz und Grauen erlebt und gesehen haben, oder weil wir selbst getötet haben. Diese Narben auf der Seele verschwinden nie. Man kann mit ihnen leben - aber der Preis dafür kann so hoch sein, dass wir diesen Schmerz und diese Last nicht mehr ertragen können. 

Auch Polizisten oder Soldaten in Kriegseinsätzen werden seelisch verletzt - und diese posttraumatischen Erlebnisse können sie ein Leben lang begleiten. 

Mit diesen Themen beschäftigt sich der norwegische Autor Jan-Erik Fjell im dritten Roman der Reihe um Magnus Torp und Anton Brekke.

Nach einer durchfeierten Nacht verschwindet nahe Oslo die junge Cecilie Olin. Zwei Tage später wird ihre Leiche in einem Waldstück entdeckt, sie wurde entsetzlich misshandelt und erdrosselt, ihr Ehering fehlt. Sofort fällt der Verdacht auf Cecilies Mann, doch dann wird eine weitere Frau vermisst. Der junge Ermittler Magnus Torp sucht Hilfe bei seinem Kollegen und Mentor Anton Brekke, der der Polizei nach einem traumatischen Fall den Rücken gekehrt hat. Zunächst will Anton nichts mit der Sache zu tun haben, zu sehr quälen ihn die Dämonen der Vergangenheit. Doch das Verbrechen lässt ihm keine Ruhe. Anton begibt sich auf die Spur des Mörders und damit erneut in bedrohliche Dunkelheit. (Verlagsinfo) 

Dieser dritte Band ist aus vielen Gründen großartig. Die Beziehungsebene zwischen Torp und Brekke ist interessant, nicht nur, weil sie völlig unterschiedlich ermitteln und ihre Charaktere so verschieden sind, sondern auch, weil sie sich immer weiter entwickelt. Es hat etwas von einem Schüler-Lehrer-Verhältnis, aber auch von einer sehr tiefen und verständnisvollen Freundschaft. 

Bitte nicht irritieren lassen - der vorliegende Band ist der 8. Teil dieser Reihe - die anderen werden, denke ich, nach und nach ebenfalls im Goldmann Verlag erscheinen.

Die Geschichte ist spannend, vielleicht auch deshalb, weil der Perspektivwechsel in die Vergangenheit aus der Sicht des Täters erzählt wird. So wird schnell klar, dass es sich um Serienverbrechen handelt, die in der Vergangenheit begonnen haben. Parallel zu diesem Fall ermittelt Anton Brekke auf eigene Faust. Er hat seinen Job bei der Polizei freiwillig an den Nagel gehängt und ist nun eine Art Sozialarbeiter. Diese Tätigkeit füllt ihn zwar nicht aus - aber er kann ein Verbrechen und gegebenenfalls einen möglichen Täter durch seine Erfahrung und sein Wissen identifizieren. Mit Verdächtigen geht er nicht besonders sensibel um - das muss er auch nicht, wenn er selbst etwas aufklären will. Sein Privatleben wird kaum thematisiert - außer, dass er spielsüchtig ist und sich damit ein wenig finanziert. Insgesamt wirkt er unruhig und seine Freundschaft mit Magnus Torp wird auf eine harte Probe gestellt. 

Magnus Torp hingegen zeigt sich gewohnt pflichtbewusst und übernimmt eine führende Rolle bei den Ermittlungen. Seine Geduld mit Anton Brekke wird auf eine harte Probe gestellt - aber er glaubt und vertraut seinem alten Freund und Mentor fast blind. 

Das letzte Drittel des Romans steigert die Spannung enorm, doch am Ende werden nicht alle Einzelgeschichten aufgelöst und auch das Schicksal der beiden Freunde endet mit einem dramatischen Ereignis, dessen Ausgang allerdings offen bleibt. 

Damit macht der Autor natürlich Lust auf Band 9. Ich empfehle aber auch, die beiden Vorgänger zu lesen: „Nachtjagd“ und „Dunkelwald“, denn die Beziehung und damit die Vorgeschichte von Torp und Brekke ist wichtig, um ihre beiden aktuellen Standpunkte besser verstehen zu können.

Fazit

Der Schatten zwischen Vergangenheit und Zukunft ist dunkel und abgrundtief böse. Ein großartiger Roman - eine großartige Serie, die zu den besten Skandinaviens gehört.

Michael Sterzik