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Freitag, 9. September 2022

Feindesopfer - Max Seeck


Mit „Feindesopfer“ von Max Seeck, geht die Jessica Niemi – Reihe in den dritten Akt. Die beiden Vorgängerromane „Hexenjäger“ und „Teufelsnetz“ sind wahre Spannungsgaranten. Der finnische Autor Max Seeck überzeugte mit seinem individuellen Stil im Genre Thriller. Teils war die Story mystisch aufgebaut und die Konzeption der Protagonisten umfing ebenfalls eine Aura von Geheimnissen, bzw. verschiedenen Vergangenheiten mit versteckten Leichen im Keller.

In den beiden Titeln vor „Feindesopfer“ war die Handlung alleinig um die Kommissarin Jessica Niemi aufgebaut. Ihre Kollegen spielten zwar souverän ihre Karten aus, und bewegten sich sicher in der zweiten Reihe – doch im vorliegenden Roman dreht sich diese Rollenverteilung.

Auch geht es nun weniger mystisch – aber nicht weniger dramatischer. Ein solider Fall, der flankiert wird von Jessica Niemis posttraumatischen Erlebnissen.

Zettorberg, ein erfolgreicher Geschäftsmann, wird in seinem Haus in Helsinki tot aufgefunden. Er hatte zuvor harte Maßnahmen und Entlassungen angekündigt und sich so unzählige Feinde gemacht. Das Mordmotiv scheint klar, als Jusuf die Ermittlungen übernimmt. Der findet jedoch heraus, dass Zetterborg noch ganz andere Feinde hatte. Auf einem Foto, das man in seinem Haus findet, sind neben dem Ermordeten zwei Männer zu sehen, deren Gesichter vom Täter ausgekratzt wurden. Wer sind diese zwei Männer? Sind sie weitere Opfer? Jusufs Kollegin Jessica Niemi, noch geschwächt von ihrem psychischen Zusammenbruch, wird durch dieses Foto gezwungen, sich erneut den Dämonen der Vergangenheit zu stellen (Verlagsinfo)

Wie schon angedeutet, steht Jessica Niemi in „Feindesopfer“ nicht im Mittelpunkt der Story. Nicht mal unbedingt in der zweiten Reihe. Ihr spezieller Auftritt zeigt sich im überraschenden Finale und zeigt mal wieder ihr Talent für Details, für Spuren und Veränderungen, die ihre ermittelnden Kollegen nicht wahrnehmen. Ihre Kombinationsgabe erinnert sehr an „Sherlock Holmes“. Ebenfalls ihr Talent sich unmittelbar und fast schon selbstverständlich in Lebensgefahr zu bringen – sie ist und bleibt eine unberechenbare Soziopathin.

Genie und Wahnsinn – zeigt sich in ihrem Charakter nicht immer von der besten Seite. Als Kriminalbeamtin ist nicht tragbar – aber ihr Alleinstellungsmerkmal der Kombinationsgabe hebt ihren persona non grata -Status wieder auf.

Das die ehemaligen Nebenfiguren nun zu Hauptfiguren werden, ist von Max Seeck originell aufbereitet. Ihre charakterlichen Schwächen zeichnen sich im Team indessen als „Stärke“ aus. Ohne Kapitän Niemi schwimmen sie sich in den Untiefen eines komplexen Mordfalls, der sich munter multipliziert, frei. Dabei legt der Autor auch viel Wert darauf, ihre verletzliche private Seite zu zeigen. Diese Schaffung von Sympathie ist absolut authentisch und zeigt, dass Max Seeck sich nicht nur auf einen spannenden Kriminalfall konzentriert.

Der Kriminalfall offenbart sich als eine Tragödie mit viel Shakespeare-Potenzial. Wenn der Leser überraschende Wendungen erwartet, wird er tatsächlich überrascht sein – dass Max Seeck das mehr wie nachhaltig erfüllt. Es gibt nicht einen „Showdown“ es gibt gleich mehrere und jedes Mal, wenn man denkt, es ist alles aufgelöst – kommt eine weitere Aha-Szene um die Ecke und man steht erfreut sprachlos dar.

Leider ist diese Tragödie fast schon zu eindimensional beschrieben. Die Vergangenheit wird in Rückblenden aufgearbeitet, doch bleibt dieser Personenkreis in seiner geschlossenen Gegenwart-Vergangenheit unter sich. Schade – dass hätte der Story noch wesentlich mehr tiefe gegeben.

Ist diese Reihe nun beendet? Tja….eigentlich schon und ich hoffe, dass es schlussendlich auch so sein wird.

Fazit

„Feindesopfer“ ist der brillante Abschluss einer Reihe die einfallsreich, originell und anders ist. Max Seecks Romane sind ein Garant für spannende Unterhaltung. Allerdings habe ich das Gefühl, dass er noch nicht all sein Können ausgespielt hat.

 

Michael Sterzik

Samstag, 6. November 2021

Teufelsnetz - Max Seeck


Das Internet vergisst nichts  - Die Informationen verbreiten sich in Sekundenschnelle: Beiträge werden geteilt, verlinkt, kommentiert, lokal gespeichert usw. Das Informationsnetzwerk beschränkt sich nicht mehr auf eine Stadt, oder eine spezielle Region, über Staats- und Ländergrenzen hinweg ist das Internet inzwischen ein globales Dorf geworden. Das kann sich positiv auswirken, diese Transparenz – doch wie bei allem gibt es auch hier eine düstere Seite dieses Informationsspielplatzes.

Influencer und Blogger sind die heimlichen „Stars“ im Netz. Sie geben Trends vor, empfehlen Waren, Dienstleistungen usw. Sie verdienen gut damit – und ihre Stimme und Stimmung haben ein gewisses mediales Gewicht. Das kann sich sehr negativ, manipulativ auswirken. Künstliche Kunst – Improvisation, originelle Ideen, Visionen, Vielfältigkeit – können vergänglich, oder nachhaltig sein, es gibt hier keine Zwischenwelten.

Der finnische Autor Max Seeck verarbeitet das Thema „Social media“ in seinem neuesten Roman „Teufelsnetz“. Erinnern wir uns kurz an seinen ersten Roman der Reihe um die eigensinnige und geheimnisvolle Ermittlerin Jessica Niemi – „Hexenjäger“. Mit diesem sehr originellen Roman, ist der erfolgreiche Autor einen sehr selbstbewussten, konsequenten Weg gegangen. Einfallsreich – eine hohe Spannung – tiefgründige Charaktere und wie erwähnt ist die Story fantastisch gut gewählt und erzählt.

Exemplarisch für diese Reihe ist die düstere Atmosphäre, die alles umgibt und durchdringt. Selbst die hellen Momente, die Lichtblicke in der Handlung erscheinen mit einer durchdringenden, dunklen Aura.

Helsinki 2020: Zwei erfolgreiche Blogger sind spurlos verschwunden. Kurz darauf wird deren Tod in den sozialen Medien gemeldet. Ein geschmackloser PR-Gag? Als eine junge Frau, gekleidet wie ein Manga-Mädchen, am Strand tot angespült wird, vermutet die Kriminalpolizei einen Zusammenhang. Jessica Niemi übernimmt die Ermittlungen, und sie kommt schon bald einem skrupellosen Netzwerk auf die Spur, das offenbar Mädchen an Manga-Fetischisten vermittelt. Zum Sex - und zum Töten ...(Verlagsinfo)

Vielleicht ist das Erfolgsgeheimnis des Autors, dass das „Böse“ so allgegenwärtig ist, so selbstverständlich sein Netz spinnt, auch wenn es weiß, dass es ggf. nicht gewinnen kann. Das ist auch nicht wichtig für das „Böse“ – wichtig ist der Weg des Todes, des Schmerzes, der Tränen und der Verzweiflung.

Max Seeck hat auch in der Ausprägung seiner Charaktere großartiges geleistet. Vielschichtig, menschlich abgründig, mysteriös und geheimnisvoll und das nicht nur auf eine Person konzentriert. Jede agierende Person hat hier etwas zu erzählen, und auch im zweiten Band, sind noch längst nicht alle „Leichen“ aus dem Keller zutage gekommen. Auch in dem gut geschilderten Rückblick in eine frühe, oder spätere Vergangenheit bewegen sich die Protagonisten überhaupt nicht orientierungslos. Das Konzept von Max Seeck geht auf – die gute Zusammenarbeit zwischen einer spannenden Handlung und vielfältigen Charakteren ist absolut ausgewogen. Alles spannend – zielgerichtet und zu keinem Zeitpunkt verspürt man auch nur einen Ansatz von Langeweile. Es gibt auch eine überschaubare Anzahl von Nebengeschichten und Schauplätzen, die nicht überflüssig auf den Hauptpart aufgebaut sind.

Natürlich fokussiert sich die Handlung auf die Chefermittlerin Jessica Niemi. Diese hat ein absolutes Talent dafür, sich in ihrem selbstgebastelten, emotionalen Minenfeld in die Luft zu sprengen. Das war im ersten Band so – im zweiten scheint sich die Lernkurve noch lange nicht abgeschlossen zu haben. Von ihrer Vergangenheit erfahren wir nicht viel mehr, wie sonst schon bekannt, aber sie muss sich selbst damit auseinandersetzen, wie sie hier verwende ich den Begriff „künstlich“ sich nicht mehr hinter einer „künstlichen“ Fassade versteckt.

Die Story ist komplex und fassungslos brillant. Das Tempo ist auch linear ansteigend, allerdings gibt es eine überraschende Spannungsexplosion.

„Teufelsnetz“, erzählt nicht viel von den Gefahren und Herausforderungen des „Netzes“ hier bleibt es allzu oberflächlich, was sich nicht negativ als Breakpoint auf den Spannungsbogen auswirkt. Die Handlung bzw. die Verbrechen sind nicht neu und diesen Trend findet man auch wieder in den vielen Neuerscheinungen im Genre Thriller. Max Seeck versteht es sein Spannungsgerüst erdbebensicher zu konstruieren. Stil, Ausdruck uns Sprache sind erstklassig. Und wir das Thema „Realismus „ansprechen –  die Story ist authentisch genug um entweder schon passiert zu sein, oder es noch geschehen zu lassen. Rekapitulierend noch einmal: Das „Böse“ ist immer da, es versteckt sich, es wartet ab – aber wie auch in diesem Roman – es schlägt unbarmherzig zu. Die Atmosphäre ist morbide faszinierend.

Fazit

Das Netz des Bösen – digital, oder menschlich zeigt sich hier hinter vielen Masken. Realistisch, atemberaubend spannend und tolle Figuren, die vielseitig sind und noch viel zu erzählen haben. Damit ist „Teufelsnetz“ einer der stärksten Thriller in diesem Jahr.

Michael Sterzik