Das Internet vergisst nichts - Die Informationen verbreiten sich in Sekundenschnelle: Beiträge werden geteilt, verlinkt, kommentiert, lokal gespeichert usw. Das Informationsnetzwerk beschränkt sich nicht mehr auf eine Stadt, oder eine spezielle Region, über Staats- und Ländergrenzen hinweg ist das Internet inzwischen ein globales Dorf geworden. Das kann sich positiv auswirken, diese Transparenz – doch wie bei allem gibt es auch hier eine düstere Seite dieses Informationsspielplatzes.
Influencer und Blogger sind die heimlichen „Stars“ im
Netz. Sie geben Trends vor, empfehlen Waren, Dienstleistungen usw. Sie
verdienen gut damit – und ihre Stimme und Stimmung haben ein gewisses mediales
Gewicht. Das kann sich sehr negativ, manipulativ auswirken. Künstliche Kunst –
Improvisation, originelle Ideen, Visionen, Vielfältigkeit – können vergänglich,
oder nachhaltig sein, es gibt hier keine Zwischenwelten.
Der finnische Autor Max Seeck verarbeitet das Thema
„Social media“ in seinem neuesten Roman „Teufelsnetz“. Erinnern wir uns kurz an
seinen ersten Roman der Reihe um die eigensinnige und geheimnisvolle
Ermittlerin Jessica Niemi – „Hexenjäger“. Mit diesem sehr originellen Roman,
ist der erfolgreiche Autor einen sehr selbstbewussten, konsequenten Weg
gegangen. Einfallsreich – eine hohe Spannung – tiefgründige Charaktere und wie
erwähnt ist die Story fantastisch gut gewählt und erzählt.
Exemplarisch für diese Reihe ist die düstere Atmosphäre,
die alles umgibt und durchdringt. Selbst die hellen Momente, die Lichtblicke in
der Handlung erscheinen mit einer durchdringenden, dunklen Aura.
Helsinki 2020: Zwei erfolgreiche Blogger sind spurlos
verschwunden. Kurz darauf wird deren Tod in den sozialen Medien gemeldet. Ein
geschmackloser PR-Gag? Als eine junge Frau, gekleidet wie ein Manga-Mädchen, am
Strand tot angespült wird, vermutet die Kriminalpolizei einen Zusammenhang.
Jessica Niemi übernimmt die Ermittlungen, und sie kommt schon bald einem
skrupellosen Netzwerk auf die Spur, das offenbar Mädchen an Manga-Fetischisten
vermittelt. Zum Sex - und zum Töten ...(Verlagsinfo)
Vielleicht ist das Erfolgsgeheimnis des Autors, dass das
„Böse“ so allgegenwärtig ist, so selbstverständlich sein Netz spinnt, auch wenn
es weiß, dass es ggf. nicht gewinnen kann. Das ist auch nicht wichtig für das
„Böse“ – wichtig ist der Weg des Todes, des Schmerzes, der Tränen und der
Verzweiflung.
Max Seeck hat auch in der Ausprägung seiner Charaktere
großartiges geleistet. Vielschichtig, menschlich abgründig, mysteriös und
geheimnisvoll und das nicht nur auf eine Person konzentriert. Jede agierende
Person hat hier etwas zu erzählen, und auch im zweiten Band, sind noch längst
nicht alle „Leichen“ aus dem Keller zutage gekommen. Auch in dem gut
geschilderten Rückblick in eine frühe, oder spätere Vergangenheit bewegen sich
die Protagonisten überhaupt nicht orientierungslos. Das Konzept von Max Seeck
geht auf – die gute Zusammenarbeit zwischen einer spannenden Handlung und
vielfältigen Charakteren ist absolut ausgewogen. Alles spannend – zielgerichtet
und zu keinem Zeitpunkt verspürt man auch nur einen Ansatz von Langeweile. Es
gibt auch eine überschaubare Anzahl von Nebengeschichten und Schauplätzen, die
nicht überflüssig auf den Hauptpart aufgebaut sind.
Natürlich fokussiert sich die Handlung auf die
Chefermittlerin Jessica Niemi. Diese hat ein absolutes Talent dafür, sich in
ihrem selbstgebastelten, emotionalen Minenfeld in die Luft zu sprengen. Das war
im ersten Band so – im zweiten scheint sich die Lernkurve noch lange nicht
abgeschlossen zu haben. Von ihrer Vergangenheit erfahren wir nicht viel mehr,
wie sonst schon bekannt, aber sie muss sich selbst damit auseinandersetzen, wie
sie hier verwende ich den Begriff „künstlich“ sich nicht mehr hinter einer
„künstlichen“ Fassade versteckt.
Die Story ist komplex und fassungslos brillant. Das Tempo
ist auch linear ansteigend, allerdings gibt es eine überraschende
Spannungsexplosion.
„Teufelsnetz“, erzählt nicht viel von den Gefahren und
Herausforderungen des „Netzes“ hier bleibt es allzu oberflächlich, was sich
nicht negativ als Breakpoint auf den Spannungsbogen auswirkt. Die Handlung bzw.
die Verbrechen sind nicht neu und diesen Trend findet man auch wieder in den
vielen Neuerscheinungen im Genre Thriller. Max Seeck versteht es sein
Spannungsgerüst erdbebensicher zu konstruieren. Stil, Ausdruck uns Sprache sind
erstklassig. Und wir das Thema „Realismus „ansprechen – die Story ist authentisch genug um entweder
schon passiert zu sein, oder es noch geschehen zu lassen. Rekapitulierend noch
einmal: Das „Böse“ ist immer da, es versteckt sich, es wartet ab – aber wie
auch in diesem Roman – es schlägt unbarmherzig zu. Die Atmosphäre ist morbide
faszinierend.
Fazit
Das Netz des Bösen – digital, oder menschlich zeigt sich
hier hinter vielen Masken. Realistisch, atemberaubend spannend und tolle Figuren,
die vielseitig sind und noch viel zu erzählen haben. Damit ist „Teufelsnetz“
einer der stärksten Thriller in diesem Jahr.
Michael Sterzik