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Donnerstag, 5. Juni 2025

Vorsehung - Liane Moriarty


Es ist eine unausweichliche Tatsache, dass wir alle eines Tages sterben werden. Es ist uns nicht möglich, dem Tod zu entkommen, noch ihn zu täuschen – selbst wenn wir einen starken Lebenswillen an den Tag legen. Es ist uns bewusst, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist, dennoch agieren und existieren die meisten Menschen nicht entsprechend dieser Tatsache. Es existiert immer ein später Zeitpunkt, ein Morgen, eine nächste Woche oder ein nächstes Jahr. Die Erledigung unangenehmer Aufgaben wird gerne aufgeschoben. Wenn das Leben zu Ende geht, gibt es stets Aspekte, die bedauert werden. Es werden viele Gedanken geäußert, wie zum Beispiel: "Hätte ich doch, oder warum habe ich nicht?" oder "Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte". Doch diese Gedanken sind vergebens, wenn wir uns auf dem Vorposten des Friedhofs wiederfinden.

Welche Konsequenzen hätte es, wenn wir über die Kenntnis unserer eigenen Sterbedaten verfügten? Würden wir eine radikale Änderung unseres Lebens in Erwägung ziehen oder dieser Prophezeiung keinen Glauben schenken und sie ignorieren? Ungeachtet dessen wäre dieses Wissen für uns von Einfluss, sei es bewusst oder unbewusst, und würde uns in höchste Sorge versetzen. Es ist durchaus vorstellbar, dass wir uns für unsterblich halten würden, wenn wir im Alter von 30 Jahren die Kenntnis darüber erhielten, dass wir 70 Jahre später an Altersschwäche versterben werden. Wir möchten das Leben in vollen Zügen genießen und uns vielleicht zu Extremsportarten verleiten lassen, in dem Bewusstsein, dass uns nichts passieren kann.

Liane Moriarty beschreibt diese Thematik in ihrem gerade veröffentlichten Buch: „Vorsehung“. 

Es ist ein ganz gewöhnlicher Flug nach Sydney – bis kurz vor der Landung eine alte Lady von ihrem Platz aufsteht. Langsam geht sie durch die Reihen, bleibt bei jedem einzelnen Passagier stehen und sagt schreckliche Dinge wie: »Dich erwartet einen tödlichen Arbeitsunfall mit 43«, »Dich erwartet Pankreaskrebs mit 66« oder »Dich erwartet Tod durch Ertrinken mit 7«.

Ist sie eine Hellseherin? Oder eine Verrückte? Was, wenn ihre Prophezeiungen tatsächlich eintreffen? Für alle Fluggäste stellen sich ab diesem Moment dieselben existentiellen Fragen: Gibt es ein Schicksal, und was wäre, wenn wir es verändern könnten? Was würde geschehen, wenn wir anfangen würden, unsere Träume tatsächlich zu verwirklichen?

Ob die Death Lady nun ein magisches Geheimnis hat oder nur die Statistik auf ihrer Seite – das Leben der Passagiere gerät bald auf völlig unerwartete Weise für immer aus den Fugen …(Verlagsinfo) 

In der Konsequenz ist diese ältere Dame zur Todesdame geworden und zu einer Agentin des Chaos.

Es steht die Frage im Raum, ob es sich bei der Person um eine wirkliche Todesprophetin handelt oder um eine durchgeknallte Mathematikerin, die sich in den Algorithmen von Wahrscheinlichkeiten und Statistiken wohlfühlt. Die Beantwortung dieser Frage erfolgt schließlich im Rahmen der Schlussfolgerungen des Romans.

Bis zu diesem Zeitpunkt fokussiert sich die Handlung auf die Passagiere des Schicksalsfluges, die sich entweder dem Tod entziehen oder ihn ignorieren. Das Leben der Protagonisten ist durch ein komplexes Chaos und eine Vielzahl von Ausweichmanövern gekennzeichnet, und die Lebensplanung hat sich grundlegend verändert.

Der Roman "Vorsehung" hätte das Potenzial gehabt, ein herausragendes literarisches Werk zu werden. Aus philosophischer Perspektive könnte man in diesem Kontext eine Vielzahl an tiefgründigen Narrativen entwickeln. Der vorliegende Roman zeichnet sich durch eine Überfrachtung mit sinnlosen Szenen, Dialogen und Beschreibungen aus, was die Spannung und den Unterhaltungswert des Werks erheblich mindert. Die Relevanz von Nebengeschichten und Nebenfiguren für die Tiefgründigkeit eines Romans wird dabei deutlich. Im vorliegenden Fall manifestiert sich jedoch das Phänomen, dass die Nebengeschichte das gesamte Werk als uninteressant erscheinen lässt.

Die zahlreichen privaten Rückblenden in die Vergangenheit der Todesdame sind jedoch als inakzeptabel zu betrachten. Die Charaktertiefe der Figuren bleibt dabei unangemessen flach und nach jedem Kapitel stellt sich eine gewisse Ratlosigkeit hinsichtlich der weiteren Handlung ein. Diese Analyse trifft gleichermaßen auf die weiteren "Erlebnis-/Überlebensgeschichten der Protagonisten" zu.

Selten wurde eine Geschichte mit derart viel Potenzial für eine ansprechende Erzählung verspielt oder überfrachtet dargestellt. Das Tempo der Handlung erzeugt keine Spannung, sondern lediglich eine gedämpfte Atmosphäre. Ebenso bleibt der Humor, sei er nun intelligent oder emotional, weitgehend aus.

Es sei an dieser Stelle auf den Umstand verwiesen, dass der Begriff "Emotional" im Kontext meteorologischer Vorhersagen eine größere emotionale Wirkung erzielt als der Begriff "Vorsehung".

Fazit

Zeitverschwendung – eine großartige Idee, deren Chancen ignoriert wurden. Trivial, überflüssig und überfrachtet und schlicht und einfach nicht unterhaltsam und zu keinem Zeitpunkt spannend. Nicht zu empfehlen. 

Michael Sterzik

Montag, 14. Februar 2022

Future - Die Zukunft gehört Dir - von Dan Frey


Was bringt uns die Zukunft? Was wird morgen sein, oder übermorgen, nächste Woche, oder in den nächsten Monaten!? Das sind alle Fragen, die wir uns eher mehr, wie weniger ständig fragen, oder! Die Antworten kennen wir nicht – zum Glück, oder würden wir versuchen, die Zukunft zu unseren Gunsten verändern zu wollen? Der Blick in die Zukunft aus technischer, philosophischer, oder moralischen Perspektive ist (noch) nicht möglich. Physikalische Gesetze – das Wissen um das Raum-Zeit-Gefüge, die Ansätze der Quantenmechanik – all das schränkt uns ein, die Landkarten der Zeit zu entdecken und zu bereisen  !?

Das unentdeckte Land – Die Zukunft ist sicherlich komplexer als wir es uns mit unserem Verständnis und unserer Intelligenz vorstellen können. Jede Handlung, oder auch das Verweigern, entwickelt Wellen, die wir weder aufhalten noch manipulieren können. Ist damit unser Schicksal schon festgeschrieben und wir haben nicht die Möglichkeit auszubrechen und gemäß einem freien Willen zu handeln? Nun betreten wir die Landkarte der Philosophie und würden uns durch Jahrhundertealte Diskussionen, ohne ein plausibles und zufriedenstellendes Ende bewegen.

Und technisch gesehen? Die Quantenmechanik steckt noch in den Kindergartenschuhen und unser Verständnis für dieses Thema gleich mit. Ist unser Geist reif, das Universum mit Raum und Zeit gänzlich zu verstehen!?

Der amerikanische Drehbuchautor Dan Frey vermengt wissenschaftliche,  technische und philosophische Ansatzpunkte in seinen neuesten Roman: „Future – Die Zukunft gehört Dir“.

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen könnten, würden Sie es tun? Für Ben Boyce und Adhi Chaudry lautet die Antwort auf diese Frage eindeutig Ja. Sie gründen ein Start-up, um ihren Quantencomputer zu vermarkten, der auf das Internet, wie es in einem Jahr sein wird, zugreifen kann. Das ist super, wenn man wissen will, wen man daten wird, und lukrativ, wenn man sein Geld in Aktien anlegen will. Schnell finden sie Kunden, die große Summen in diese digitale Kristallkugel investieren. Ben und Adhi glauben sich auf dem Gipfel des Erfolges, doch dann bemerken sie, dass die Zukunft nicht ganz so rosig ist, wie es scheint. Etwas wird passieren, das das Internet – und möglicherweise die Menschheit selbst – vernichtet. Und nur Ben und Adhi sind in der Lage, die Katastrophe zu verhindern (Verlagsinfo)


Der Stil des Romans ist origineller und sicherlich schneller dargestellt, als wir es ggf. erwarten. Die Dialoge sind eine Aneinanderreihung von Email- und Textnachrichten, von Blogeinträgen, Kommentaren und Mitschnitten einer Kongressanhörung. Diese Art der Kommunikation entwickelt ein hohes Tempo und lässt keine Nebengeschichten zu. Der Roman ist auch nicht der klassischen Science-Fiction zuzuordnen. Vielmehr befasst sich die Story mit philosophischen Fragestellungen, die uns nachdenken lassen, aber schlussendlich wenig aussagefähig sind. Die Gefahr, dass wir die Zukunft beeinflussen wollen, aber es ggf. nicht können – ist für mich der Dreh- und Angelpunkt – und weckt die alles umfassende Frage: „Haben wir einen eigenen Willen? Und wenn nicht – welch größere Macht lenkt und steuert und beeinflusst uns? Hängen wir alle an den unsichtbaren Ketten eines, oder mehrere Universen und sind Marionetten in einem kosmischen Drama? 

Was ebenfalls vom Autor beschrieben wird, ist die Beziehung der beiden Hauptfiguren. Ist es eine Freundschaft, oder eine gewagte Koexistenz, die nur ein Mittel zum Zweck ist? Daraus wird man nicht ganz schlau. Vielleicht ist es und gehört es ggf. auch zur Strategie des Autors uns in heftigen: Was wäre wenn? – Spekulationen zu treiben!?  Neben der Freundschaft gibt es dann auch die treibende Kraft des Ruhms, des Geldes und des Profits – die natürlich auch Klippen darstellen, an der eine Freundschaft, oder was auch immer man es bezeichnen möchte – zerschellen kann.

„Future – Die Zukunft gehört Dir – ist mit Sicherheit auch ein provokanter Roman, der uns dazu animiert über den Rand unseres eigenen, persönlichen Universums zu blicken. Die Verantwortung trägt man also nicht nur für sich selbst – denn jede Entscheidung eröffnet eine Gleichung mit einer Schnittmenge von vielen unbekannten Faktoren, die die Grenzen unserer Mathematik und unser Wissen von Raum und Zeit auf die Probe stellen.

Unterhaltsam ist der vorliegende Roman allemal. Das Wort „Spannung“ verwende ich nicht, da es sich hier um keine klassische Story handelt.

Fazit

Ein Zukunftsroman, der uns mit einer gegenwärtigen Botschaft daran erinnert, darüber nachzudenken – dass wir die Vergangenheit nicht mehr verändern können, aber die Gegenwart zu beeinflussen, um die Zukunft zu gestalten.

Kein Roman für zwischendurch – dafür geht er, wenn man es denn zulässt, philosophisch zu tief.

Michael Sterzik