Gab es Verbrechen in der ehemaligen DDR?
Natürlich – es gab ja auch Menschen dort einerseits, andererseits ließ es die
Führung nicht zu, dass Verbrechen – Morde, Vergewaltigungen, Drogendelikte in
der „treuen“ Bevölkerung publik gemacht wurde. Das „Böse“ gab es nur hinter der
Mauer – im kapitalistischen verseuchten Westen.
Insbesondere verfügte das Staatsministerium für
Sicherheit (Stasi) über eine enorme fast „gottgleiche“ Macht, und auch das
gezielt über ein systematischen denunzieren, an der Bevölkerung nicht
unschuldig war. Macht korrumpiert – unabhängig von Berufsgruppen, sozialen
Ständen, Politik und Wirtschaft.
Nach dem Fall der Mauer, präsentieren sich der
Justiz und dem Bundeskriminalamt, sicherlich eine ganze Reihe von
„Cold-Case“-Kriminalfällen. Diese ungelösten Fälle sind aller
Wahrscheinlichkeit noch immer ohne abschließendes Ergebnis.
Der Kölner Autor Linus Geschke hat vor kurzem
im Ullstein Verlag seinen neuesten Kriminalroman „Im Wald der Wölfe“ veröffentlicht.
Es ist der vierte, und wahrscheinlich abschließende Titel der erfolgreichen „Jan Römer Reihe“.
Mitten in der Nacht steht eine blutüberströmte Frau vor der Tür von
Jan Römers Waldhütte, und schlagartig ist es mit seinem Erholungsurlaub vorbei.
Die Frau, Hannah Wozniak, wirkt verängstigt, behauptet aber, nur beim Joggen
gestolpert zu sein. Jan Römer lässt sich von ihr überzeugen, horcht aber auf,
als sie ihm vom "Wald der Wölfe" erzählt, ein nahe gelegenes
Waldstück, in dem schon früher Morde geschehen sind. Alle Opfer trugen
Brandzeichen, einen Wolfskopf. Am nächsten Morgen ist Hannah verschwunden, und
Jan Römer beginnt zu recherchieren. Schnell zeigt sich, dass die Morde in einem
Zusammenhang stehen, der bis tief in die deutsche Vergangenheit hineinreicht.
Und als Jan Römer selbst in die Schusslinie gerät, wird ihm klar, dass die
Geschichte noch nicht zu Ende ist. (Verlagsinfo)
Linus Geschke bewegt seine Hauptfiguren auf
bekannten Wegen. Jan Römer, seine Kollegin „Mütze“ und sein türkischer Freund
und sportlicher Sparringspartner Arslan spielen in „Im Wald der Wölfe“ eine
tragende Rolle. An seiner Seite ermitteln sie auf Augenhöhe mit dem
investigativen Journalisten.
Man merkt schon nach wenigen Kapiteln, dass man
sich mit den Figuren auf ein „Ende“ zubewegt. Nicht schnell – aber konsequent.
Jan Römer überdenkt sein Leben, seine berufliche Orientierung als Journalist,
sein Verhältnis zu seiner Kollegin Mütze. Eine emotionale Achterbahn von
Verstand und Gefühl.
Der vorliegende Roman ist spannend, allerdings
insgesamt der schwächste dieser Reihe. Das liegt nicht an dem
schriftstellerischen Talent des Autors Linus Geschke. Wie auch seine Figur „Jan
Römer“ überdenkt er sicherlich seine kommenden Literaturprojekte. Heißt es
nicht, eine Tür geht zu – damit sich eine andere öffnen kann!? Wir dürfen also gespannt sein, was uns der
Kölner Jung so in naher Zukunft präsentieren mag.
Inhaltlich schwächer ist er, da man sehr wohl
merkt, dass man zum „Schluss“ kommen muss. Sehr gestört haben mich an diesem
Band die arg langen und vielen Rückblenden in die Vergangenheit. Dagegen ist
der Sprung zurück in die Gegenwart, oder Zukunft alles andere als langweilig
erzählt.
Die Basis von „Im Wald der Wölfe“ bilden Morde,
die auch nach Jahren noch immer als ungelöst gelten. Nur durch Zufall wird Jan
Römer involviert – aber diesmal wird die Vergangenheit zur gegenwärtigen
Lebensgefahr.
Linus Geschke nimmt genau diese „Lebensgefahr“
für seinen Protagonisten um dessen Leben auf die sogenannte Goldwaage zu legen
und um damit den logischen, aber kompromissbereiten Exit-Korridor zu betreten.
Die Reihe endet hochdramatisch – überschlägt sich
einem actionreichen Tempo, dass emotional und spannend ist. Bei diesen Kapiteln
merkt man auch sehr, dass sich der Autor Linus Geschke erzählerisch
weiterentwickelt hat. Das meine ich deutlich positiv – gerade die dramatischen,
actionreichen Elemente – jongliert er inzwischen ohne Netz und doppelten Boden.
Absolut souverän – stilistisch einwandfrei.
Die Beziehungsebenen der drei Freunde werden
durch sie selbst analysiert und auch diese finden einen „Abschluss“. Was ich
sehr lobenswert bewerte ist, dass Linus Geschke den Nebenfiguren ein intensives
Leben gibt, eine Vergangenheit, eine Zukunft die plausibel und interessant
sind. Sie sind keine Figuren – die Jan Römer als Statisten zur Verfügung
stehen. Ohne „Mütze“ und dem Boxer Arslan –wäre die Reihe nicht so erfolgreich
gewesen.
Ein Ende mit Schrecken – aber auch die
Möglichkeit vielleicht in späteren Jahren, die Figuren zu reanimieren. Ein
Comeback mag ich nicht ausschließen.
Fazit
„Im Wald der Wölfe“ von Linus Geschke geht es
tödlich zu. Es wird eng bis zum Exit. Eine spannende Atmosphäre und um es mit
dem Worten von James Bond auszudrücken „Sag niemals Nie“. Ein toller (Ab)Schluss
der Reihe – Tolle Entwicklung. Let`s go.
Michael Sterzik