Die Autorin Christine Brand weiß, wovon sie schreibt – es sind keine fiktiven Geschichten, über die sie schreibt. Als Journalistin hat sie die Prozesse vor Gericht begleitet, hat sich mit den Verbrechen auseinandergesetzt, recherchiert, mit Opfern und Polizisten gesprochen – so tief in das „Böse“ eingetaucht und damit in finstere, dunkelste Abgründe gesehen.
Das Leben schreibt die spannendsten und originellsten Geschichten und diese sechs Geschichten, die von Christine Brand erzählt sind nicht nur spannend, sondern vermitteln auch eine Botschaft, über die man sich Gedanken machen muss.
Ein Thema, auf das die Autorin hier eingeht, ist das Justizsystem – ist das Rechtssystem in der Schweiz und Deutschland fehlerfrei und objektiv genug, um damit wirklich „Recht“ zu sprechen, um der Gerechtigkeit zu entsprechen. Es bleiben eine Menge Fragen offen – Fehler in den Ermittlungen führen dazu, dass „Täter“ geschützt werden können, das ist leider auch keine Fiktion. Ein weiteres Faktum ist leider auch, dass unverhältnismäßig und bei offensichtlichen Unregelmäßigkeiten weggeschaut wird – und nicht nur das, über Monate hinweg werden diese merkwürdigen Ereignisse, die jegliche Statistik und Vernunft einfach einäschern, verdrängt und ignoriert. Das Ergebnis davon ist mörderisch. Es hätten mehrere Leben gerettet werden können, und viele Angehörige hätten sich unendliches Leid erspart.
Ein unauffälliges Ehepaar wird zum tödlichen Duo – mit einem absurden Motiv. Ein Mann gesteht den Mord an seiner Frau und wird doch freigesprochen. Ein kleines Dorf wird von einer unvorstellbaren Tat erschüttert. Christine Brand, Autorin des Bestsellers »Blind« und weiterer Kriminalromane um ein Schweizer Ermittlerduo, war als Gerichtsreporterin bei den Prozessen zu diesen und anderen Fällen hautnah dabei und hat Einblicke in die Geschichten von Tätern, Opfern und Publikum wie kaum jemand sonst. Sie erzählt von den Verbrechen, spannender und oft unglaublicher als jeder Krimi, und davon, wie es ist, im Gerichtssaal zu sitzen und in die tiefsten Abgründe der Menschen zu blicken.(Verlagsinfo)
„Wahre Verbrechen“ von Christine Brand geht tief unter die Haut. Erschreckend, verstörend, beängstigend und es entwickelt sich auch eine gewisse Verärgerung. Die Kriminalfälle sind abgeschlossen – soweit so gut, aber das Leid für die Angehörigen ist allerdings ein Lebenslänglich. Stellt sich die Frage – was passiert mit diesen Angehörigen, wird ihnen geholfen, haben sie eine Begleitung in der schweren Zeit, damit meine ich keine finanzielle Unterstützung, es bringt die Toten nicht zurück?!
Der Blick hinter dem Spiegel des Verbrechens – diese Perspektive, die uns Christine Brand beschreibt, ist authentisch und spannend. Dass diese auch eine faszinierende Unterhaltung ist, steht außer Frage – doch lassen die Geschichten den Leser nicht los. Das Echo der Gewalt, der Wut und des Schreckens hallen noch länger nach.
Die Motive der Täter sind beängstigend – ein Blick in deren psychologischer grausamen Welt ist verstörend. Die Täter sind keine „Monster“ – man sieht und merkt es ihnen nicht an, dass diese ggf. krankhaft veranlagt sind. Es könnte jeder von uns sein, der Nachbar, der Freund, der Bekannte – eine Person, die man meint zu kennen, aber gefährliche Soziopathen sind.
Christine Brand versucht zu erklären, welche Motive diese Straftäter hatten, welche Vorgehensweise sie gewählt haben, um Menschen bewusst zu töten. Sie erzählt von deren Auftritt vor Gericht, von dem Strafmaß und lässt auch das Leid der Angehörigen wirken. Genau das macht das Buch „Wahre Verbrechen“ zu einem wirklich hervorragenden Titel. Der Gesamtblick auf das Verbrechen – aus verschiedenen Perspektiven – keine dramatischen Momentaufnahmen, die in ein theatralisches Licht gesetzt werden.
Wer mehr über diese Fälle wissen möchte, dem wird es einfach gemacht über das Internet zu recherchieren. Christine Brand gibt es in ihrem Buch selbst ein Stimme – sie erzählt von ihren eigenen Emotionen, von Wut, einer Traurigkeit, von Mitgefühl – es ist auch eine persönliche Aufarbeitung von diesen Fällen, die sie als Journalistin vor Gericht begleitet hat. Völlig loslassen, sich nach dem Verlassen des Gerichtsgebäudes auf den Alltag einzulassen, ich vermute, dass das schwer war und nicht wirklich gut funktioniert.
Fazit
„Wahre Verbrechen“ von Cristina Brand ist exzellent erzählt. Der Schrecken, die Wut –alle Emotionen, die man empfindet, sich „wahr“ – das Echo der Gewalttaten klingt nach. Die Wut und die Verzweiflung der Angehörigen wird ein Podium geschaffen. Es bleiben kritische Fragen übrig, die zwar nicht beantwortet werden – aber die aufrüttelnd sind. Ein sehr, sehr starker Titel aus dem Genre „True Crime“. Prädikat: Unbedingt lesen.
Michael Sterzik