Totengrund (Tess Gerritsen)
Dr. Maura Isles, eine Ärztin und führende Wissenschaftlerin am Pathologischen Institut in Boston ist im Grunde eine einsame Frau. Ihre Ehe wurde geschieden und obwohl sie in ihrem Beruf eine anerkannte und bekannte Persönlichkeit ist, so ist sie im privaten Leben eher zurückgezogen und einsam. Detective Jane Rizzoli ist eine ihrer wenigen, aber vielleicht die engste Freundin die sie hat.
Maura Isles ist unzufrieden mit ihrer Situation, besonders mit ihrem Freund Daniel Brophy, einen Priester der ist noch nicht geschafft, sich nach zwei Jahren für sie zu entscheiden. Sein Berufung scheint die Kirche zu sein, die ihm bis jetzt so viel Schutz und Sicherheit geboten hat. In einem offenen Gespräch wissen beide, dass es so nicht weitergehen kann, doch zu einer finalen Entscheidung, wie immer diese auch auszusehen hat, fehlt anscheinend beiden der Mut.
Auf einer Fachtagung im winterlichen Wyoming kommt Maura auch nicht wirklich innerlich zur Ruhe, doch auf ihrer Konferenz trifft sie auf einem alten Studienkollegen Doug Comley. Ein Sunnyboy und ein fürchterlich idealistischer , überoptimistischer Mann, der Maura einlädt, zusammen mit ihm seiner Tochter und einem befreundeten Pärchen einen Skiausflug zu begleiten. Nach kurzer Überlegungszeit willigt Maura doch noch ein und zu fünft machen sich sie auf den Weg in Berge. Maura fühlt sich indessen wie das letzte Rad am Wagen. Doug Comley ist der unumstrittener Anführer dieser Gruppe.
Doch der Ausflug wird zur Tragödie als der Geländewagen vom Weg abkommt und sich im Schnee festfährt. Besiegt von den Gewalten der Natur führt die kleine Gruppe den Weg zu Fuß fort. In der Hoffnung Hilfe zu finden, folgen sie einen kleinen Weg der sie in ein abgelegenes Dorf führt. In dieser Unwirtlichen Landschaft wirken die Häuser merkwürdig deplaziert und noch mysteriöser wird es, als die Gruppe mit Maura feststellt, dass hier offensichtlich niemand mehr lebt. Doch die Spuren die sie finden weisen daraufhin, dass hier noch vor kurzen Menschen gelebt haben müssen. Die Küchentische sind gedeckt und selbst die Speisen liegen noch auf den Teller, als wären die Bewohner nur kurz oder plötzlich aus dem Haus gegangen. In den benachbarten Häusern sieht es nicht anders aus, aber hier gibt es am Fuße einer Treppe Blutflecken und sie finden auch den Kadaver eines verendeten deutschen Schäferhundes, der keine offensichtliche Wunden aufzeigt.
Wo und vor allem was ist den Einwohnern hier passiert? Als bei einem Versuch das Auto zu bergen, der Freund von Doug schwer verletzt ist und droht zu sterben, versucht Doug ganz alleine, in die dreißig Kilometer entfernte nächste Siedlung zu gelangen. Maura bleibt zusammen mit Dougs Tochter, dem verletzten Arlo und seiner Freundin in dem verlassenen Dorf zurück.
Inzwischen sorgt sich Mauras Freund Daniel um seine Partnerin die nicht wie erwartet nach Boston zurückgekehrt ist. Telefonisch ist Maura ebenfalls nicht zu erreichen und auf die Nachrichten auf ihrer Mailbox reagiert sie nicht. Verzweifelt und voller Sorge, sucht er Hilfe und Rat bei Mauras Kollegin und Freundin Jane Rizzoli und ihrem Mann Gabriel der beim FBI tätig ist. Zusammen finden sie schnell heraus, dass der Mietwagen von Maura nicht zurückgegeben wurde. Als wenig später ein ausgebrannter Wagen in einer Schlucht gefunden wird, deren Insassen nur noch verbrannt geborgen werden können, findet der Bergungstrupp unter den Trümmern auch Teile von Mauras Gepäck und eine der Toten ist eine Frau im Alter von Maura...
Kritik
Der 8.Fall des Duos Isle/Rizzoli ist ein recht persönlicher und in „Totengrund“ ist eindeutig die Pathologin Dr. Maura Isle die Person um die sich alles dreht und wendet. Auch in ihrem privaten Umfeld kriselt es. Sie hat genug im Schatten der Kirche zu stehen und darauf zu hoffen, dass sich ihr Freund letzten Endes für sie entscheidet.
Tess Gerritsen wählt als Handlungsort, dass verschneite und unwirtliche Wyoming und lässt Maura unter Lebensgefahr ein Abenteuer bestehen, dass in dieser Reihe einzigartig bleiben wird. In der Handlung wird Maura immer wieder vor einer Wahl gestellt und sie muß sich behaupten, gegen die Naturgewalten, gegen ihr alter Ego, all das führt sie an ihre psychischen wie auch physischen Grenzen.
Auch wenn die Spannung sich auf den knapp 415 Seiten von Kapitel zu Kapitel steigert, so ist das Finale leider allzu offensichtlich. Nein, dass ist keine Kritik, denn die Atmosphäre des Romans ist eine besondere, und ganz sicher auch durch das Gespensterdorf mit all seinen Rätseln eine willkommene Abwechslung.
Die Autorin lässt den Leser mit einer beklemmenden Stimmung beim lesen des Buches zurück. Das Maura als Hauptdarstellerin in diesen Drama natürlich Opferschutz hat, versteht sich von selbst, aber das Quartett ihrer Mitreisenden steht ständig unter „Beschuss“ und wie selbst im Mittelpunkt des Geschehen. Das zwischenmenschliche Konflikte innerhalb dieser nicht einfachen Gruppe aufkommen, und sich die Lage immer wieder bühnengerecht präsentiert, ist für die Handlung nicht von Interesse, allerdings werden damit den Figuren ein „Hauch“ von Leben gegeben.
Als wirklich Kritik kann ich nur sagen, dass mir das Schicksal der vier Mitreisenden in „Totengrund“ als nicht wirklich aufgearbeitet darstellt. Diese wirklich monströse Klippe lässt Tess Gerritsen einfach stehen und zwischen Leben und Tod schwebend, ist mir der Übergang dann doch zu schnell erfolgt. Auch Dougs aufopfernder Alleingang endet so plötzlich wie er ihn angefangen hat. Hier wäre es viel vorteilhafter gewesen, wenn man nach dem Splitting dieser Gruppe die jeweiligen Perspektiven besser beschrieben hätte, als sie einfach fallen zu lassen.
Das Jane Rizzoli hier erst im zweiten Teil auftritt, ist nicht weiter verwunderlich oder gar spektakulär, zu sehr wird der Leser von Mauras Gefühls- und Schneewelt eingenommen werden. Das allerdings die eine nicht ohne die andere kann, ist der Reihe geschuldet und vielleicht dreht sich das Universum der beiden starken Frau in den nächsten Band!?
Fazit
„Totengrund“ von Tess Gerritsen ist ein starker Titel mit einer lebendigen und einer sehr abwechslungsreichen Handlung die durch Überraschungen und Wendungen zu überzeugen versteht.
Irgendwas hat man ja immer zu bemängeln, nicht an der Handlung sondern wäre es vielleicht mal außer der Reihe positiv gewesen, wenn der Roman an Volumen deutlich ausgeprägter gewesen wäre. Genug Handlungsspielraum gab es zur Genüge.
Geschickt allerdings von Tess Gerritsen das sie es hier versteht in der Handlung Haken zu schlagen, quasi vom Weg abzugehen und per Abzweigung einen völlig neuen Handlungsstrang komplett mit Lösung zu übergeben!
Der nächste Roman aus der Reihe könnte auf „Totengrund“ aufbauen, doch gewiss nur, wenn sich die Autorin dazu entschließt das Privat- und Liebesleben Maura Isle weiter auszubauen und evtl. mit der Haupthandlung zu kombinieren.
Es wird viele Möglichkeiten geben, einige Alternativen und man darf gespannt sein, wie es weitergeht.
„Totengrund“ von Tess Gerritsen ist ein Garant für den vorbildlichen und plastischen Aufbau einer komplexen Handlung die durch Originalität und Spannung zu überzeugen weiß.
In jedem Fall ist „Totengrund“ eine Steigerung gemessen an den letzten beiden Titeln der Autorin.
1 Kommentar:
Wow, so eine lange Rezension hab ich noch nie hin bekommen, selbst nicht, als ich noch für die Histo-Couch geschrieben habe.
Aber gut durchdacht.
Ich bin wahrscheinlich kein so kritischer Mensch, mir ist Vieles gar nicht so bewusst aufgefallen, das du hier aufführst, aber du hast nicht Unrecht.
Auf jeden Fall ist die Reihe um Maura Isles eine wirklich lesenswerte. Spannung ist vorprogrammiert, auch wenn manches vorhersehbar ist.
Hab vielen Dank für diese Rezension!
Liebe Grüße und schon mal eine gesegnete Weihnacht!
Sunsy
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