Samstag, 17. Juni 2023

Finsternebel von Camilla Läckberg und Henrik Fexeus


Mentalisten sind Zauberkünstler im entfernten Sinne. Es sind keine traditionellen Bühnenmagier, sie praktizieren eher mit psychologischen Tricks, ihrer Intuition, ihrer geschulten Wahrnehmungsfähigkeiten und manche von Ihnen erkennen Symbole, Muster und Botschaften. Man kann diese Fähigkeiten erlernen – aber zum größten Teil müssen diese Fähigkeiten schon vorhanden sein, um dessen Wirkung beim Publikum entfalten zu können. Viele sind Hypnotiseure, einige haben sicherlich ein Talent für die Mathematik – fasst man alles zusammen – so sind es also weniger die Taschenspielertricks, sondern geistige Manipulation und verschärfte Wahrnehmung.

Menschenleser – wäre auch ein Ausdruck. Cold Reading – Beobachtung und die Wahrnehmung in Gesprächen, Muster, Wahrscheinlichkeiten usw. sehr schnell zu verarbeiten. Das gezielte Führen des Gespräches, die Beobachtung von Gestik, Mimik, der Stimmfarbe u.ä. lassen oftmals den Eindruck zu, dass der Mentalist hellseherische Fähigkeiten besitzt. Ein Trugschluss – und auch hier wieder die Kombination von Talent und angelernten Methoden.

Schon der erste Band „Schwarzlicht“ des Autorenduos war überaus „Originell“. Das Duo einer introvertierten, geheimnisvollen Polizistin und einem Mentalisten, der mit seinem Autismus eine außergewöhnliche Wahrnehmung für Muster und Symbolik besitzt – war erfrischend im Genre Thriller.

Nun ist im Verlag Knaur mit „Finsternebel“ der zweite Band dieser Reihe veröffentlicht worden.

Unter Hochdruck ermitteln die Stockholmer Kommissarin Mina Dabiri und ihr Team im Fall einer Kindesentführung – es gab bereits einen ähnlichen Vorfall, und der endete drei Tage später in einer Tragödie. Doch auch diesmal können sie das Kind nicht retten. 

Als Mina auf einen dritten Fall stößt, ahnt sie, dass etwas Großes, Dunkles im Gange ist: Menschenhandel, ein Pädophilenring, gar eine Sekte? Da jede Spur in eine Sackgasse zu führen scheint, wendet sich Mina erneut an den genialen Mentalisten Vincent Walder. Nur gemeinsam kann es dem ungewöhnlichen Duo gelingen, das Rätsel hinter den Fällen zu entschlüsseln. Aber die Uhr tickt …(Verlagsinfo)

Die Welt ist voller Symbole, versteckten Botschaften, zweideutigen Aussagen, von Mustern und Geheimnissen – und doch die meisten erkennen wir nicht. Vielleicht weil wir uns damit nicht befassen, weil uns die Zeit fehlt, weil wir nicht daran glauben. Alles richtig, doch die Faszinationen zeigt sich, wenn wir darauf aufmerksam werden.

Serienmörder folgen einem Muster. Erkennt man dies, kann man ggf. die Mordserie beenden und den Täter fassen – doch die Zeit kann sich als die größte Herausforderung herausstellen.

Die Handlung von „Finsternebel“ befasst sich mit einer Mordserie an Kindern. Erschreckend, denn gerade sie sind es doch, die das Leben noch vor sich haben. Die unschuldig sind und die wir beschützen sollten. Zwangsläufig ist also jeder Ermittler stärker involviert – da er selbst Vater oder Mutter ist.

Die persönlichen Nebengeschichten der Figuren sind im vorliegenden Band sehr, sehr stark ausgeprägt, bis an die Grenze des zumutbaren. Ja, die Charaktere sind tiefgründiger, vielleicht sympathischer gezeichnet, aber vieles davon war leider auch zu viel und drängte damit die eigentliche Handlung ins Abseits. Besonders die persönlichen Herausforderungen von Mina und Vincent wiederholen sich immer und immer wieder. Wer Band 1 gelesen hat, dem wird diese unweigerlich auffallen, dass hier der Bogen überspannt wurde.

Die unterhaltsame Spannung allerdings bleibt bestehen. Besonders in der zweiten Hälfte des Romans intensiviert sich mit dem Auftritt des Mentalisten Vincent Walder die Spannung. Mathematik, versteckte Botschaften, Symbolik, Hypnose – all diese Details transportieren einen so hohen Unterhaltungswert, dass das Schicksal der Kinder ebenfalls abgedrängt wird.

Manipulation des menschlichen Geistes spielt ebenfalls auf dieser Bühne mit. Eine Sekte, deren Motto „Schmerz wirkt reinigend“ klingt nicht unbedingt vertrauensvoll und damit ist dann auch relativ fix klar, aus welchem Kreis der Hölle die, oder der Täter kommt.

Wie realistisch es ist, dass Serienmörder kryptische Botschaften verstecken, um ein Muster zu erschaffen – ist schwerlich nachvollziehbar, doch ist es gegenüber anderen Romanen eine originelle und tolle Abwechslung.

Fazit

Der Zauber dieses Buches zeigt sich durch die Symbolik, der Mathematik, die versteckten Botschaften innerhalb der Handlung. Eine systematische Unterhaltung, die ein großartiges Kopfkino erzeugt. Ein Mentalist – der hoffentlich noch in vielen weiteren Bänden auf und hinter der Bühne eine Rolle spielen wird.

Sehr starker zweiter Band – der auch wieder überzeugt.

Michael Sterzik



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