Die Kriminalliteratur in
Deutschland entwickelt sich zur zeit recht stabil, geradezu tendenziell positiv
ansteigend. Doch gibt es neben der Quantität an „Krimis“, noch immer hohe
qualitative Unterschiede bei den veröffentlichten Titeln. Längst schon gibt es
eine hohe Konzentration an regionalen Krimis und gerade die Städte und Dörfer
an der Nord- und Ostsee sind nicht nur landschaftlich und touristisch
interessant. Die Menschen die man gerne auch als Nordlichter bezeichnet, die
rund um die Hansestädte Hamburg und Lübeck leben, die Elbmarschen und die
kleineren Küstenorte, romantisch, verträumt und so tun, als wäre alles
harmlos....! Doch neben viel Licht, gibt es auch Schatten, die uns faszinieren.
Geschichten, Storys, Legenden, wahre Begebenheiten in Krimis die uns zu fesseln
vermögen und mal flugs den Schlüssel wegschmeißen.
In einer abgelegenen Deichmühle wird die
Leiche eines alten Mannes gefunden, der als starrköpfiger Eigenbrötler bekannt
war. Als Polizistin Frida Paulsen
in der Mühle auf eine verdeckte Bodenklappe stößt, ist sie zutiefst
erschüttert, denn die Tür führt zu einer Kammer, die wie ein Gefängnis
anmutet. Ihr Kollege Bjarne Haverkorn erinnert sich an eine junge
Frau, die vor Jahren spurlos in der Marsch verschwand. Alles deutet darauf hin,
dass die Entführte in der Kammer gefangen gehalten wurde ...(Verlagsinfo)
Die Autorin Romy Fölck lebt
in den Elbmarschen, nahe Hamburg und hat im Verlag Lübbe, ihren dritten
Kriminalroman: „Sterbekammer“ veröffentlicht. Nach den Erfolgen mit ihren
beiden Titeln: „Totenweg“ und „Bluthaus“ setzt sie nun die Reihe mit den beiden
Ermittlern Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn fort.
Bei dem vorliegenden Titel
„Sterbekammer“ merkt man, dass Romy Fölck sich als Autorin positiv
weiterentwickelt hat. Dieses Buch besitzt eine spannende Seele, eine
Atmosphäre, in der die Region „Elbmarschen“ völlig eingefangen wird und die
Figuren, egal ob Haupt- oder Nebencharaktere mit einer erzählerischen Tiefe
erzählt werden, die mich völlig überzeugen können.
Romy Fölck baut ihr kleines
Elbmarschuniversum weiter aus – und genau, dass ist die große Stärke ihrer
Titel. Die Qualität eine Story zu erzählen und schlichtweg immer fokussiert zu
bleiben. Immer wieder tauchen Nebenfiguren und Tiere aus den beiden
vorhergehenden Titeln auf, nicht überflüssig – sondern vielmehr unterstützend.
Viele kleine, feine Nebensächlichkeiten, die so nachhaltig eingebaut sind, dass
sie wie eine helle Lichtquelle in diesem dramatischen Todesfall sind. Ein
kleines Luftholen, durchatmen und weiter geht´s.
Der Boden der Tatsachen ist
mörderisch – die vegetative Region mit Feldern und Apfelbäumen gesäumt, lädt
ein um sich zu erden – dort sind die sozialen und beruflichen Wurzeln der
beiden Kriminalbeamten Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. Agilität und Neugier
treffen auf Ruhe und Erfahrung.
Die Story ist authentisch,
brutal und erschreckend erzählt. Wenn es in die Abgründe dieser „Sterbekammer“
geht, überlässt die Autorin nichts dem Zufall. Sie beherrscht die Klaviatur der
Spannung und der Emotionen. Perfekte Konstruktion – dass ein starkes Fundament
besitzt, nicht zuletzt durch die erzählerische dichte wenn es um das Privatleben
der beiden so unterschiedlichen Figuren geht. Auch das erzählt die Autorin
aufbauend, nicht zu schnell, keine logischen Fehler, keine Widersprüche. Ihre
Figuren sind „Menschen“ – fehlerhaft - und überraschenderweise keine Antihelden
mit einer Vergangenheit der traumatischen Erlebnisse, alkoholischen Altlasten
und destruktiven Persönlichkeitsstörungen.
Die Autorin Romy Fölck
präsentiert uns aber auch einige neue Figuren, die toll und vielversprechend,
hoffentlich auch in den nächsten Bänden vorkommen. Frida Paulsen inzwischen bei
der Mordkommission hat einen neuen Vorgesetzten – dieser Part könnte
interessant werden – da er genau, dass Gegenteil dieser extrovertierten
Kriminalbeamtin ist. Ein Karrierist – ein helles Köpfchen – der „gute“ Geist,
oder der „dunkle“ Lord? Es wird in jedem Fall interessant werden.
Das Setting der Story – die
Elbmarschen ist perfekt erzählt. Wer die Region schon kennt, weiß wovon ich
spreche. Rau und schön, hell aber bei Regen und Unwetter bedrohlich und immer
eine Atmosphäre, als würden die Geheimnisse in Wäldern und Feldern, in
verfallenen Höfen, an den Ufern kleinerer Seen nur darauf warten entdeckt zu
werden.
Romy Fölck hat sich zu einer
der besten Autorinnen im Genre nationaler „Krimi“ entwickelt. Stil, Ausdruck
und Sprache haben sich deutlich nach vorne entwickelt.
Der Tempomat „Spannung“
verhält sich im erzählerischen Verkehr unfallfrei und die Autorin erzählt ihre
Story konzeptionell so stark, dass sie inzwischen zu einer „Größe“ in diesem
Genre werden kann. Psychologisch raffiniert spielt sich mit unseren Urängsten:
Verlust, Schmerz, Dunkelheit, Beklemmungen usw. Das Grauen findet also mehr in
unseren Köpfen statt. Wir begegnen hier keinen wilden Schießereien, keine
physische Folter, keinerlei Art von Verstümmlungen bei denen das Blut mal
schnell einen Raum eine völlig neue Farbe geben kann. Muss auch nicht – den
Schrecken, den die Autorin hier präsentiert klingt noch lange nach.
Es ist der dritte „Cold
Case-Fall“ und es ist an der Zeit sich vielleicht demnächst mit einem aktuellen
Verbrechen zu befassen – einer aktuellen Bedrohung für eine der beiden Figuren.
Das wäre für mich der nächste Schritt J
Auch wenn „Sterbekammer“ alleine gelesen
werden, kann ohne die vorherigen Bände zu kennen – empfehlen kann ich das aus
besagten Gründen nicht. Ich hoffe, dass wir auch die eine oder andere Person im
vierten Band der Reihe wiedersehen werden.
Fazit
Die Kammer des Schreckens – die Sterbekammer
von Romy Fölck ist weit geöffnet und präsentiert eine tödliche Spannung. In der
Dunkelheit der Kammer versteckten sich Angst und Verzweiflung – und nicht
zuletzt auch ein Stückchen Hoffnung.
So muss ein Krimi sein – atmosphärisch hochklassig.
Einer der stärksten Kriminalromane – und vielleicht noch besser wie ihr erster
Band: „Totenweg“. Ich bin gespannt auf
die nächsten Werke von Romy Fölck
Romy Fölck – Meisterlich – Bitte weitere Titel
und das schnell.
Michael Sterzik