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Montag, 29. Oktober 2018

Gangster Blues - Joe Bausch

Das Leben schreibt doch die besten, die spannendsten Geschichten. Doch was passiert, wenn das Leben hinter vergitterten Türen und verschlossenen Leben seinen Lauf nimmt?! Die Strafanstalten sind kleine Mikrometropole, in der Verbrecher ihre Strafe absitzen. Sie sollen resozialisiert werden, Buße tun für ihre manchmal gewalttätigen Verbrechen. Es gibt (Spiel)Regeln, nicht nur für die inhaftierten, auch für die Angestellten der Justiz und überhaupt für jeden, der durch die letzte Schleuse, die kleine in sich geschlossene Welt betreten.  Doch nicht nur die reglementierten Menschenrechte und Gesetze finden hier ihre praktische Anwendung. Wie in jeder sozialen Struktur, gibt es auch Richtlinien, ungeschriebene Gesetze, eine Hierarchie an der man sich auf Teufel komm raus, besser orientieren sollte. 

Doch wer ist der Mensch, deren Welt nun auf Jahre hin drastisch eingeschränkt ist? Sind das alles rücksichtslose, brutale Menschen, deren sozialer Kompass versagt hat!? Sollen das alle Monster, oder Bestien sein? Hinter jedem Häftling steckt auch ein persönliches Schicksal. Und fast jeder Mensch benötigt einen kommunikativen Austausch, ein vertrauensvoll geführtes, persönliches Gespräch um seine Seele, vielleicht auch sein schlechtes Gewissen zu entlasten. 

Der bekannte Schauspieler und praktizierender Arzt Joe Bausch gibt als  Leitender Regierungsmedizinaldirektoreinen realistischen Einblick in die hellen und dunklen Seelen seiner inhaftierten Patienten. Seit 1986 ist Joe Bausch hauptberuflich als Arzt in der Haftanstalt Werl tätig. In seinem neuesten Buch „Gangster Blues“ erschienen im Ullstein Verlag erzählt der Mediziner von 12 individuellen Schicksalen die nachhaltig berühren. Der Untertitel „Harte Geschichten“ bewahrheitet sich. 

Selbstverständlich hat der Autor diese außergewöhnlichen Geschichten anonymisiert. Diese erzählen eine manchmal laute oder leise Melodie, einen rhythmischen Blues von Gewalt und Entsetzen. Das Wort Schuld, oder auch unschuldig fällt. Doch vielmehr präsentiert sich die Einsamkeit, die sich auf wenige Quadratmeter uferlos ausbreiten kann, von Reue die man empfindet. Die Geschichten erzählen vom Sterben hinter Gittern. Es gibt gefährliche Begegnungen mit Gefangenen, von Seelen die von sich aus nach einer Sicherheitsverwahrung schreien. Jede Seite, jede Taste der Wut und Enttäuschung wird hier angeschlagen. 

Es sind interessante Momentaufnahmen, die uns Joe Bausch präsentiert. Sie zeigen den „Menschen“ hinter dem Gefangenen und diese gehen unter die Haut. Das Echo dieser individuellen Geschichten, klingt noch lange nach. Das Schicksal ist mit Sicherheit ein verdammt mieser Verräter. Joe Bausch prangert und verurteilt seine inhaftierten Gesprächspartner, die sich vertrauensvoll an ihn gewendet haben, nicht-Ohne auf den Seiten sentimental zu werden, spürt man doch, dass die Geschichten auch dem Autor nahegegangen ist. 

Joe Bausch ist ein Mensch mit Profil, ein harter Hund, aber im inneren auch ein hartgekochtes Weichei und das ist nicht despektierlich gemeint. Viele Schicksale, die er täglich hört, kann man nicht hinter Gittern in eine Zelle einschließen und den Schlüssel wegwerfen. Diesen Geschichten gelingt die Flucht in die Welt außerhalb der Haftanstalten. Sie entfalten sich in ruhigen Momenten und wie ein harter Blues, erreichen die Töne die Seele. Die Klangfarben? Hell und Dunkel – alle Schattierungen vertreten. 

„Gangster Blues“ von Joe Bausch ist auch keine offene Anklage an unser Justizsystem. Keine Feinjustierung – aber es gibt auch kritische Laute, die aber nicht vorrangig das Buch formen.  Nein – der Mediziner und Autor schreibt nicht ohne Gefühl, aber er überlässt es auch dem Leser, welche Melodie diesen berührt. Mitleid und Mitgefühl empfindet man, auch bei einzelnen Passagen kann man schmunzeln, wie gesagt – das Leben schreibt die besten (eingesperrten) Geschichten. Das "Böse" - ja es gibt es, aber man kann es nur beschränkt einschließen. 

Weiterhin erlangt man beim Lesen des Titels unweigerlich einen Einblick in die reglementierte eingeschränkte Welt eines Gefängnisses, die man besser persönlich nicht kennenlernen möchte. 

Fazit

„Gangster Blues“ von Joe Bausch ist anders, eine Sinfonie, die uns einsperren kann. Spannung ist nicht das richtig angewandte Wort, vielmehr und das ist gut so, zeigt es individuelle, abgefahrene Einzelschicksale, und den Menschen, der dafür nun einstehen muss. Die Einsamkeit und die Angst vor einer Freiheit, die man vielleicht gar nicht mehr kennt – sind die größten Dämonen, die heftigste Bestrafung und ein zweites Mal einsperren? Sorry – Antrag abgelehnt. 

„Gangster Blues“ von Joe Bausch ist schlichtweg verdammt gut. Eingesperrt in ein morbides Lesevergnügen....und der Blues klingt lange nach. Danke Joe Bausch.

Michael Sterzik






Sonntag, 10. Juli 2016

Das Teufelsloch - Antonia Hodgson

Die Autorin Antonia Hodgson hat mit Ihrem Erstlingswerk „Das Teufelsloch“ im Genre „Historischer Roman“, den Spalt zu einen neuem Schauplatz ein wenig geöffnet. Das Setting bildet eine kleine, in sich geschlossene Welt, keine Stadt mit einer bekannten Infrastruktur, kein Landkreis mit herkömmlicher Vegetation – nein, die Bühne der Handlung ist ein berüchtigtes englisches Schuldgefängnis in London im Jahre 1727 „The Marschalsea“.

Ein Mensch im 21 Jahrhundert verbindet mit dem „Gefängnis“ einen düsteren Ort in denen Verbrecher – Mörder, Räuber, Vergewaltiger etc. zu langen Haftstrafen verurteilt, Ihre Strafe ableisten müssen. In unserer zivilisierten Welt allerdings sind selbst die Haftanstalten menschenwürdig und mit einem gewissen Komfort für die Insassen ausgestattet. Willkürliche Morde, Erpressungen und Verbrechen innerhalb dieser kleinen in sich geschlossenen Welt, mag es heutzutage ebenfalls geben, allerdings sind die geschilderten Dimensionen der Gewalt vor knapp 300 Jahren wesentlich brutaler.

Die Autorin Antonia Hodgson lässt die Handlung von „Das Teufelsloch“ in diesem berüchtigten, berühmten Gefängnis spielen. Es ist immer schwer, für einen historischen Roman zu recherchieren. Die Quellen finden sich zumeist in Bibliotheken, Archiven, Museen u.a. natürlich auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Archäologen usw. Diesen Quellen wird sich die Autorin höchstwahrscheinlich bedient haben, doch das wichtigste war wohl das Tagebuch von John Grano, der von 1728 bis 1729 im Marschalsea lebte. Die geschilderten Haftbedingungen, die im Roman verwendet wurden, entspringen demzufolge nicht einer grausamen Fantasie. Die Autorin vermutet, dass die Verhältnisse unter der Willkür des Direktors und der Wächter noch weitaus grausamer gewesen sein dürften.

Antonia Hodgson erzählt das Leiden des jungen Pastorensohnes Tom Hawkins im Marschalsea sehr drastisch. Sein Schicksal ist für die damaligen Verhältnisse realistisch vorgestellt. Das Marschalsea war ein Schuldgefängnis und Tom Hawkins  ausschweifender Lebensstil mitsamt Alkohol, Frauen und Glücksspiel führte ihn letztlich in die Mauern des Gefängnisses. Die inhaftierten Schuldner sind der Willkür und der Geldgier des Direktors ausgesetzt. Für Unterkunft und Verpflegung muss gezahlt werden auf der „Masters Side“  – ansonsten sieht man sich als „mittelloser“ Gentleman in den überfüllten Baracken der „Common Side“ wieder, dass gleichwohl einem Todesurteil gleichkommt. Inmitten von zwielichtigen mitgefangenen und verbrecherischen Aufsehern, bekommt Tom Hawkins den Auftrag einen Mord in den Mauern des Marschalsea aufzuklären, damit wäre er wieder ein freier Mann. Leichter gesagt als getan: absolut unerfahren in der Ermittlungsarbeit und sowieso naiv, gerät er schnell in unmittelbare Lebensgefahr.

Die Handlung geht in dem sehr realistisch erzählten Grauen des Marschelsea`s unter. Willkürliche Auspeitschungen durch den Direkter, Erpressung, Mord, Krankheit und Hunger und selbst von barbarischer Folter – die Autorin Antonia Hodgson nimmt kein Blatt vor dem Mund. Da der Schauplatz der Handlung recht übersichtlich ist, ist die Anzahl der Haupt- und Nebencharaktere ebenfalls eingeschränkt. Das schränkt allerdings die spannende Handlung nicht ein, wenn diese sich auch wie schon erwähnt auf das Grauen konzentriert. Die Atmosphäre ist wie erwartet dunkel und fürchterlich beklemmend und manchmal verliert sich die Autorin in ausufernden Dialogen. Für einen Debütroman ist „Das Teufelsloch“ allerdings sehr stark, eine Fortsetzung erscheint am 2.11.2016 mit dem vielversprechenden Titel: „Der Galgenvogel“.

Fazit

„Das Teufelsloch“ überzeugt durch eine anhaltend beklemmende Atmosphäre mit einem überzeugendenden Tom Hawkins und seinem Talent, immer wieder ins sprichwörtliche Fettnäpfchen zu treten.

Antonia Hodgson beweist viel Talent und Geschick spannende historische Fakten, noch ein Stückchen spannender zu beschreiben. Perfekte Unterhaltung garantiert.


Michael Sterzik

Sonntag, 12. Juli 2015

That Night - Schuldig für immer - Chevy Stevens


Wenn Du Sie nicht getötet hast, wer dann?
Sie haben dich verurteilt. Wegen Mordes an deiner Schwester. Du weißt nicht, was in jener Nacht geschehen ist. Aber du weißt, dass der wahre Mörder irgendwo dort draußen sein muss. Und jetzt kommst du frei.
Als die rebellische Toni achtzehn Jahre alt ist, wird ihre jüngere Schwester Nicole am See ermordet. Man verurteilt Toni und ihren Freund Ryan dafür. Jahre später wird Toni auf Bewährung entlassen. Sie will nur eines: ein neues Leben beginnen. Doch was damals geschehen ist, ist noch lange nicht vorbei …(Verlagsinfo)

Kritik

Der vierte Roman von Chevy Stevens ist mehr als ein Spannungsroman. Die Story beinhaltet ein dramatisches Ensemble voll innerfamiliären Spannungen und den daraus entstehenden Eskalation. Das die junge Toni überfordert durch die ständigen Auseinandersetzungen ist, verschlimmert ihre psychische Situation nur noch. Ebenso multiplizieren sich diese Schwierigkeiten im Freundeskreis und der Schule. Chevy Stevens beschreibt die soziale Härte, Mobbing unter den sich heranwachsenden Schülern. Die Stärke des Romans sind genau diese Momente, die jeder Leser durchaus nachvollziehen kann. Manchmal kann es ein Psychogramm des sozialen Terrors in der Pubertät sein. Das dabei Toni nicht immer ganz unschuldig ist, liegt auf der Hand. Unerfahren und manchmal durch Freunde und Familie im Stich gelassen verschlingt sie eine Spirale der Gewalt und schleudert sie wenig später in die Arme der Justiz. Perfekter einleitender Handlungsablauf.

„That Night“ Schuldig für immer – wird in mehreren Zeitzonen erzählt, aber immer aus der Perspektive Toni. In der Pubertät, im Gefängnisalltag und in dem Versuch nach der Haftstrafe wieder Fuß zu fassen. Die Stärke des Romans ist der pure Realismus und der pragmatische Ansatz der Hauptfigur, wieder ein Leben aufzubauen. Das der Fluch der Vergangenheit immer wieder an die Oberfläche tritt gehört zum Plan des Buches. Dieser Spannungsbogen bleibt konstant erhalten, und auch wenn manchmal zu offensichtlich ist, wer der Mörder sein könnte, ist der Weg zum Ziel, der Mittelpunkt  der ganzen Handlung.

Fazit

„That Night – Schuldig für immer“ ist hochkarätig und garantiert einen spannendes Leseerlebnis.


Michael Sterzik