Der 13. Band „Blutmond“ des norwegischen Autors ist im Ullstein Verlag erschienen. Damit geht die Reihe des Kult-Ermittlers Harry Hole weiter. Schon einige Male dachte man, dass die Reihe ein spektakuläres Ende findet, doch totgesagte leben bekanntlich länger. Einer der bekanntesten Titel dieser Reihe – „Schneemann“ wurde verfilmt, allerdings mit mäßigem Erfolg. Als Spielfilm sind die einzelnen Bücher schwer cineastisch zu übersetzen. Als Fernsehserie dagegen mit verschiedenen Staffeln wäre die Reihe bestimmt ein großer Erfolg – nur welcher Schauspieler könnte die Hauptfigur „Harry Hole“ überzeugend und authentisch spielen. Genau das wäre die größte Herausforderung.
Harry Hole ist als Mensch und Polizist selbstzerstörerisch.
Am Anfang dieser legendären Reihe ist er Hauptkommissar im Dezernat für
Gewaltverbrechen in Oslo. Als einer von wenigen norwegischen Kriminalbeamten
durchlief er beim amerikanischen FBI eine Ausbildung im Bereich Verhörmethoden
und Schusswaffen und spezialisiere sich dort auf die Methodik von
Serienmördern.
Seine brillante Intelligenz hilft ihm zwar beruflich, aber
privat zweifelt er immer wieder stark an sich selbst. Als schwerer Alkoholiker
kommt er mit Kollegen und Vorgesetzten immer in Konflikte und seine
einzelgängerischen und oftmals Disziplinlosigkeit machen den Umgang schwer mit
ihm. Seine Fälle und die Konfrontation mit den Tätern nehmen ihn auch physisch
mit, psychisch kann er alles mehr oder minder mit dem Alkohol in Kombinationen
verarbeiten. Seine Beziehung zu Frauen ist sehr ambivalent und die Juristin Rakel Frauke – die Liebe seines Lebens wird ermordet. Harry Hole kann die
Umstände des Mordes aufklären, der Täter richtet sich selbst, sein Ziel
allerdings, Harry Hole zu zerstören hat er fast geschafft.
Der Anfang des Romans „Blutmond“ startet in der Stadt der
Engel.
Harry Hole hat alle Brücken hinter sich abgebrochen. In Los
Angeles trinkt er sich als einer der zahllosen Obdachlosen fast zu Tode. Hin
und wieder hilft er Lucille, einer älteren Filmdiva, die einem Drogenkartell
eine Million Dollar schuldet.
Zur gleichen Zeit werden in Oslo zwei Mädchen ermordet.
Beide feierten auf der Yacht eines stadtbekannten Immobilienmaklers.
Kommissarin Katrine Bratt fordert Harry Hole an, doch die Führungsetage der
Polizei hat kein Interesse an dem Spezialisten für Mordserien. Der Makler hat
weniger Skrupel und bietet Hole als privatem Ermittler ein Vermögen, um seinen
Ruf zu schützen.
Hole willigt ein, denn er sieht eine Chance, Lucille
freizukaufen, und sucht sich ein Team, bestehend aus einem Kokain-dealendem
Schulfreund, einem korrupten Polizisten und einem schwer an Krebs erkrankten
Psychologen. Die Zeit läuft, während über Oslo ein Blutmond aufzieht. (Verlagsinfo)
„Blutmond“ ist das Ende einer Ära von Harry Hole,
vielleicht ein Meilenstein und schlussendlich könnte es sich als Neuanfang
darstellen. Die Story ist originell, vielleicht kann man sie auch als abgefahren
bezeichnen. Die Morde sind nicht brutal geschildert, viel skurriler verhält
sich der Serienmörder, der merkwürdig und erschreckend mit den Trophäen seiner
Opfer kommuniziert. Die Grausamkeit des Täters ist enorm – seine Intelligenz
hoch und damit ähnelt er seinem Kontrahenten Harry Hole.
Wie immer spielt als Nebengeschichte Harry Holes
Privatleben eine gewisse Rolle und gewährt kurze Rückblicke in die
Vergangenheit seiner Person. Genau diese Ereignisse tragen viel dazu bei, dass
sich Harry Hole wiederfindet, wenigstens phasenweise. Er gilt als ein
sprunghafter Charakter und einen starken Rückhalt kannte er bis dato nur in
seiner Beziehung zu Rakel Frauke. Mit ihrem Tod zerschellte seine Seele. Es
wird interessant sein, wie sich das ggf. in späteren Romanen auswirken könnte.
Einige Personen aus den vergangenen Titeln sind ebenfalls
dabei und ein Nebencharakter stirbt. „Blutmond“ ist spannend, aber gehört nicht
zu den stärksten Bänden dieser Reihe. Vielmehr ist er ein Orientierungspunkt,
vielleicht ein Neuanfang für Harry Hole dessen Karriere als Ermittler und seine
Entwicklungen als Mensch noch genügend Potenzial für weitere Roman geben
sollte.
Dass der Roman auch aus der erzählerischen Perspektive des
Täters geschildert wird, ist großartig und treibt die Spannung und den
Unterhaltungswert an. Damit bekommen auch die Opfer eine Stimme und sind nicht einfach stille anonyme Beteiligte.
Fazit
Eine Serie, die mörderisch spannend ist. Harry Hole ist
zurück und reanimiert sich selbst. Ein neuer Orientierungspunkt für den
polarisierenden Ermittler und Menschen.
Michael Sterzik