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Samstag, 31. Dezember 2022

Blutmond - (Harry Hole Band 13) von Jo Nesbo

 


Der 13. Band „Blutmond“ des norwegischen Autors ist im Ullstein Verlag erschienen. Damit geht die Reihe des Kult-Ermittlers Harry Hole weiter. Schon einige Male dachte man, dass die Reihe ein spektakuläres Ende findet, doch totgesagte leben bekanntlich länger. Einer der bekanntesten Titel dieser Reihe – „Schneemann“ wurde verfilmt, allerdings mit mäßigem Erfolg. Als Spielfilm sind die einzelnen Bücher schwer cineastisch zu übersetzen. Als Fernsehserie dagegen mit verschiedenen Staffeln wäre die Reihe bestimmt ein großer Erfolg – nur welcher Schauspieler könnte die Hauptfigur „Harry Hole“ überzeugend und authentisch spielen. Genau das wäre die größte Herausforderung.

Harry Hole ist als Mensch und Polizist selbstzerstörerisch. Am Anfang dieser legendären Reihe ist er Hauptkommissar im Dezernat für Gewaltverbrechen in Oslo. Als einer von wenigen norwegischen Kriminalbeamten durchlief er beim amerikanischen FBI eine Ausbildung im Bereich Verhörmethoden und Schusswaffen und spezialisiere sich dort auf die Methodik von Serienmördern.

Seine brillante Intelligenz hilft ihm zwar beruflich, aber privat zweifelt er immer wieder stark an sich selbst. Als schwerer Alkoholiker kommt er mit Kollegen und Vorgesetzten immer in Konflikte und seine einzelgängerischen und oftmals Disziplinlosigkeit machen den Umgang schwer mit ihm. Seine Fälle und die Konfrontation mit den Tätern nehmen ihn auch physisch mit, psychisch kann er alles mehr oder minder mit dem Alkohol in Kombinationen verarbeiten. Seine Beziehung zu Frauen ist sehr ambivalent und die Juristin Rakel Frauke – die Liebe seines Lebens wird ermordet. Harry Hole kann die Umstände des Mordes aufklären, der Täter richtet sich selbst, sein Ziel allerdings, Harry Hole zu zerstören hat er fast geschafft.

Der Anfang des Romans „Blutmond“ startet in der Stadt der Engel.

Harry Hole hat alle Brücken hinter sich abgebrochen. In Los Angeles trinkt er sich als einer der zahllosen Obdachlosen fast zu Tode. Hin und wieder hilft er Lucille, einer älteren Filmdiva, die einem Drogenkartell eine Million Dollar schuldet.

Zur gleichen Zeit werden in Oslo zwei Mädchen ermordet. Beide feierten auf der Yacht eines stadtbekannten Immobilienmaklers. Kommissarin Katrine Bratt fordert Harry Hole an, doch die Führungsetage der Polizei hat kein Interesse an dem Spezialisten für Mordserien. Der Makler hat weniger Skrupel und bietet Hole als privatem Ermittler ein Vermögen, um seinen Ruf zu schützen.

Hole willigt ein, denn er sieht eine Chance, Lucille freizukaufen, und sucht sich ein Team, bestehend aus einem Kokain-dealendem Schulfreund, einem korrupten Polizisten und einem schwer an Krebs erkrankten Psychologen. Die Zeit läuft, während über Oslo ein Blutmond aufzieht. (Verlagsinfo)

„Blutmond“ ist das Ende einer Ära von Harry Hole, vielleicht ein Meilenstein und schlussendlich könnte es sich als Neuanfang darstellen. Die Story ist originell, vielleicht kann man sie auch als abgefahren bezeichnen. Die Morde sind nicht brutal geschildert, viel skurriler verhält sich der Serienmörder, der merkwürdig und erschreckend mit den Trophäen seiner Opfer kommuniziert. Die Grausamkeit des Täters ist enorm – seine Intelligenz hoch und damit ähnelt er seinem Kontrahenten Harry Hole.

Wie immer spielt als Nebengeschichte Harry Holes Privatleben eine gewisse Rolle und gewährt kurze Rückblicke in die Vergangenheit seiner Person. Genau diese Ereignisse tragen viel dazu bei, dass sich Harry Hole wiederfindet, wenigstens phasenweise. Er gilt als ein sprunghafter Charakter und einen starken Rückhalt kannte er bis dato nur in seiner Beziehung zu Rakel Frauke. Mit ihrem Tod zerschellte seine Seele. Es wird interessant sein, wie sich das ggf. in späteren Romanen auswirken könnte.

Einige Personen aus den vergangenen Titeln sind ebenfalls dabei und ein Nebencharakter stirbt. „Blutmond“ ist spannend, aber gehört nicht zu den stärksten Bänden dieser Reihe. Vielmehr ist er ein Orientierungspunkt, vielleicht ein Neuanfang für Harry Hole dessen Karriere als Ermittler und seine Entwicklungen als Mensch noch genügend Potenzial für weitere Roman geben sollte.

Dass der Roman auch aus der erzählerischen Perspektive des Täters geschildert wird, ist großartig und treibt die Spannung und den Unterhaltungswert an. Damit bekommen auch die Opfer eine Stimme und sind nicht einfach stille anonyme Beteiligte.

Fazit

Eine Serie, die mörderisch spannend ist. Harry Hole ist zurück und reanimiert sich selbst. Ein neuer Orientierungspunkt für den polarisierenden Ermittler und Menschen.

Michael Sterzik

Montag, 1. Oktober 2018

Macbeth - Jo Nesbo

Der englische Dramatiker Shakespeare verstand es das Publikum im 15./16. Jahrhundert mit Tragödien zu unterhalten. Und jetzt knappe 500 Jahre später, werden seine Werke noch immer von jeder Generation interpretiert und gerne als Film, Buch, Oper oder Musical adaptiert. Auch der norwegische Autor Job Nesbo hat für ein Projekt – „The Hogarth Press“, dass von Virginia und Leonard Wolf gegründet wurde, um in alter Tradition Shakespeare Werke zeitgenössisch zu interpretieren, dass Werk „Macbeth“ neu erzählt. 

Es ist ein ambitionierter Titel, der wahrscheinlich entweder begeistert, oder über den man sich ärgern mag. Der Autor wird auf ewig mit seiner Figur „Harry Hole“ verbunden sein. Diese literarische Bindung aufzubrechen und sich von einem integren, moralischen Ermittler zu lösen, um dann einen Charakter wie Macbeth zu begegnen ist schwer. In seinem Thriller „Macbeth“ hält sich der Autor grundlegend gut an die Charakterisierung der Figur Shakespeare. Macbeth ist ein Mörder, kein moralischer Mensch, seine haltlose Gier nach Macht ist sein dramatischer Untergang. 

Der Untertitel „Blut wird mit Blut“ bezahlt, zeigt schon sehr genau wo es hingeht. Es wird blutig, der Bodycount summiert sich recht schnell und unschuldig ist sowieso keiner. Wer Shakespeares Stück schon kennt, wird die Handlung und die Figuren sehr schnell wiedererkennen. Den sprichwörtlichen Weg des Schicksals  und der Rahmenhandlung, hat der norwegische Bestsellerautor fast identisch übernommen. 

Die Handlung spielt nicht in unserer Zeit – „Macbeth“ Bühnenshow spielt in den 1970er Jahren in einer Stadt – Capitol, der sehr an Frank Millers „Sin City“ erinnert. Eine immerwährende Dunkelheit, ein Großstadtdschungel dessen Atmosphäre alles   Licht und alles „Gute“ einfängt. Es geht auch nicht um ein Spiel um schottische Throne, die es zu erobern gilt. Der Thron ist hier das Amt des Chief Commisioners, oder später auch das des Bürgermeisters. Beide Ämter sind natürlich besetzt und beide Inhaber, denken gar nicht daran diese aufzugeben. Aber es gibt natürlich brachiale Eroberungsmöglichkeiten und genau darum geht es um. Die Gier nach Macht und Einfluss machen aus den moralischen und netten Menschen Macbeth, der hier Leiter einer polizeilichen Spezialeinheit ist, ein mordendes Monster, dessen moralischer Kompass absolut am Durchdrehen ist. Seine Frau – nennen wir sie ruhig „Lady Macbeth“ ist die Motivationsspritze, eine durchgeknallte drogenabhängige Casinobesitzerin. Derer Spiel wird ein Roulette des Todes sein. 
„Macbeth“ von Jo Nesbo ist eine Sammlung von Massakern, die nicht harmlos in Szene gesetzt wurden. Erschreckend dabei ist es, dass es bei den Charakteren kaum unschuldige gibt. Aus Polizisten die eigentlich Gesetz und Ordnung symbolisieren werden kaltblütige Mörder, die für ihren persönlichen Vorteil morden. Die unschuldigen Menschen, die im Wege stehen, die Liebe und Familie symbolisieren, sind die Bauernopfer, die einbezogenen, kalkulierten Opfer. 
Warum all diese Morde? Es ist die Liebe – die uns umbringt – entweder schnell oder langsam. In „Macbeth“ außerordentlich schnell. Die Täter empfinden eine perverse Liebe. Eine vertrauensvolle Zuneigung für ihre Vorgesetzten, ihre Familie und ihre ehemaligen Freunde. Verrat – ist ein zusätzlicher Motor. Shakespeare hat auch romantische Liebesgeschichten verfasst. „Macbeth“ ist eine „Liebesgeschichte“, allerdings ohne Romantik, dafür viel Tragik und Dramatik. Shakespeare hatte es halt drauf.  

„Macbeth“ von Jo Nesbo ist kein spannender Pageturner. Auch keine Liebesgeschichte wie „Romeo und Julia“, kein „Sommernachtstraum“, oder „Viel Lärm um nichts“, obwohl es an Ecken und Kanten innerhalb der Handlung knallt. 
Der Roman überzeugt durch eine Sinfonie des Todes – keiner ist unschuldig und am Ende interessiert nur noch, wer überlebt dieses Drama. 
Inhaltlich gibt es manche Längen, auf die man sich einstellen muss, aber auch spannende Actionszenen, die den Roman retten. Die Dialoge spiegeln das Gesamtbild wider: Liebe, Macht und was ist man bereit dafür zu tun, und welche Opfer sind nötig!?
„Macbeth“ ist ein abgeschlossenes Buch und somit kann man sich entspannt zurücklehnen bis der 12 Band von „Harry Hole“ kommt. Der Titel: Das Messer.

Fazit
„Macbeth“ von Jo Nesbo ist ein blutiges Stück Shakespeare. Ein kleines, brutales „Game of Thrones“ im Genre Thriller. Empfehlenswert – denn am Ende gilt nur die Frage: Wer überlebt es?!

Michael Sterzik