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Montag, 10. März 2025

Die Komplizin – Steve Cavanagh


Wann kennt man seinen Partner wirklich gut? Ab wann kennt man seinen „Lieblingsmenschen“ mit all seinen Facetten - seinen Licht- und Schattenseiten?  Wobei die „dunkle“ Seite manchmal erschreckend abgründig sein kann. Macht Liebe also blind - oder gaukelt man sich eine heile Welt vor, weil man wenig Lust hat, durch Scherben zu laufen? 

Ein geradezu dramatisches Worst-Case-Szenario wäre es, wenn sich herausstellen würde, dass der fürsorgliche, liebende Partner, vielleicht sogar Vater gemeinsamer Kinder, ein Krimineller ist! Vielleicht sogar ein Mörder, der seine dunklen, krankhaften Triebe auslebt? Wie tragisch, wenn der Stimmungsseismograph wild ausschlägt und sich der Frontalangriff auf ein glückliches Leben als Vorposten zum Friedhof entpuppt.

Dieser emotionale Tsunami zerstört dann alles im persönlichen Umfeld und die Wellen der Gewalt sind nicht mehr aufzuhalten. Wird man „mitschuldig“, wenn man die Tat für möglich hält, oder ist man zu feige, vielleicht auch zu ängstlich, um den Partner mit Verdachtsmomenten oder gar Beweisen zu konfrontieren? 

Vielleicht übt die Gewalt aber auch eine morbide Faszination aus und die Partnerschaft nimmt „neue“ Formen an? Ein wahrer Alptraum und wer ist nun Täter und Opfer oder vertauschen/erweitern sich die Rollen? 

Im vorliegenden 7. Band der Eddie-Flynn-Reihe konfrontiert uns der Autor und ehemalige Anwalt Steve Cavanagh mit dieser Thematik.

Carrie Miller ist die meistgehasste Frau Amerikas. Ihr Mann Daniel hat vierzehn Menschen ermordet, bevor er verschwand. Nun steht Carrie als Komplizin des »Sandmanns« vor Gericht. FBI, Staatsanwaltschaft und Medien sind überzeugt, dass sie von den Taten wusste und Daniel gedeckt hat. Für ihren Anwalt Eddie Flynn wird es schwer, allen das Gegenteil zu beweisen. Doch er glaubt Carrie, dass sie keine Ahnung von der dunklen Seite ihres Mannes hatte. Erst im Laufe des Prozesses kommt ihm der Verdacht, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Unterdessen verlässt Daniel sein Versteck, um seine Frau vor einer lebenslangen Haftstrafe zu bewahren. Und jeder, der mit dem Fall zu tun hat, wird zur Zielscheibe...(Verlagsinfo) 

„Die Komplizin“ ist ein spannender Roman, der seine Spannung aus verschiedenen Perspektiven aufbaut. Die Hauptfigur Eddie-Flynn, ein ehemaliger Trickbetrüger und nun erfolgreicher Anwalt, hat den größten Anteil an der Erzählperspektive, aber auch die Ehefrau des vermeintlichen Serienmörders Carrie Miller erklärt sich in Rückblenden mit Tagebuchaufzeichnungen, während der „Sandmann“ selbst über seine Taten spricht. Letzteres leider manchmal zu oberflächlich, ich hätte mir mehr Rückblenden gewünscht, die seinen Charakter und seine Motive etwas transparenter gemacht hätten.

Die offensichtliche Wahrheit über die „Komplizin“ ist dann doch verstörend und überraschend. Erwähnenswert ist auch, dass die Handlung ein hohes Tempo hat, die Ereignisse sich manchmal überschlagen und leider am Ende die Gedankengänge von Eddie Flynn etwas auf der Strecke bleiben. Es wird auch persönlich für Flynns Verteidigungsteam - und vielleicht wird das Team noch um eine Person erweitert - ein ehemaliger FBI-Agent, der erst schießt und sich dann als Staatsanwalt, Richter und Vollstrecker sieht. Eine ausbaufähige Figur. 

Der vorliegende Band ist der 7. dieser Reihe - man kann die Titel unabhängig voneinander lesen, aber das kann ich nicht empfehlen. Viele Charaktereigenschaften, Freundschaften und Feindschaften beziehen sich immer wieder auf die vorherigen Bände. 

Die Verteilung der Haupt- und Nebenfiguren ist ausgewogen - konzentriert sich aber auf Eddie Flynn, der allen, aber auch wirklich allen, immer mindestens drei Schritte voraus ist. Gerade in diesem Band wirkt er manchmal nicht authentisch genug. Besonders interessant und abwechslungsreich ist aber seine persönliche Affinität, Zeugen, Richter und Staatsanwälte zu manipulieren - seine Trickkiste scheint hier keinen doppelten Boden zu haben. An originellen Ideen mangelt es hier also nicht - und flankiert von spannenden Ereignissen und Situationen macht er diese Serie zu einer der besten im Thriller-Genre. 

Auch „Die Komplizin“ ist kein reiner Justizthriller/Krimi. Als Leser nehmen wir zwar im Gerichtssaal Platz, aber leider gibt es dort viel zu wenige Szenen. Die rhetorischen Duelle zwischen den Zeugen oder zwischen Eddie-Flynn und dem Staatsanwalt sind nicht nur spannend, sondern auch eine Momentaufnahme, wie die Justiz und die Geschworenen mit Theatralik und gespielter Dramatik manipuliert werden.

Fazit

Ein raffinierter und origineller Spannungsbogen, der eine gewisse Sogwirkung entfaltet. Ein authentischer Thriller, der manchmal etwas Wildwest-Charakter hat, aber empfehlenswert ist, wenn man über Recht und Gerechtigkeit nachdenkt.

Michael Sterzik 

Dienstag, 1. November 2022

Buchtipp: Blutmond - (ein Harry Hole Roman) von Jo Nesbo


Jo Nesbo hat mit seiner Figur des Kommissars Harry Hole einen sehr polarisierenden, ambivalenten und starken Charakter in das Genre Krimi/Thriller katapultiert. 

Hochintelligent - dabei aber auch menschlich "schwach". Immer auf einem schmalen Grat balancierend zwischen Glück und Tragödie. 

Ende November erscheint ein neuer Titel um diesen Charakterkommissar. 

Harry Hole hat alle Brücken hinter sich abgebrochen. In Los Angeles trinkt er sich als einer der zahllosen Obdachlosen fast zu Tode. Hin und wieder hilft er Lucille, einer älteren Filmdiva, die einem Drogenkartell eine Million Dollar schuldet.

Zur gleichen Zeit werden in Oslo zwei Mädchen ermordet. Beide feierten auf der Yacht eines stadtbekannten Immobilienmaklers. Kommissarin Katrine Bratt fordert Harry Hole an, doch die Führungsetage der Polizei hat kein Interesse an dem Spezialisten für Mordserien. Der Makler hat weniger Skrupel und bietet Hole als privatem Ermittler ein Vermögen, um seinen Ruf zu schützen.

Hole willigt ein, denn er sieht eine Chance, Lucille freizukaufen, und sucht sich ein Team, bestehend aus einem Kokain-dealendem Schulfreund, einem korrupten Polizisten und einem schwer an Krebs erkrankten Psychologen. Die Zeit läuft, während über Oslo ein Blutmond aufzieht. (Verlagsinfo) 


;Michael Sterzik 


  • Kriminalroman Thriller
  • Ullstein Hardcover
  • Hardcover mit Schutzumschlag
  • 560 Seiten
  • Blodmåne
  • Aus dem Norwegischen übersetzt von Günther Frauenlob.
  • ISBN: 9783550201554
  • Erscheint: 24.11.2022
  •  
  • Aus der Reihe "Ein Harry-Hole-Krimi"
  • Band 13


Montag, 17. Juni 2019

Cari Mora - Thomas Harris


Dr. Hannibal Lecter – ist wohl einer der bekanntesten, fiktiven Serienmörder in der Literatur. Thomas Harris – hatte mit seinem Film „Das Schweigen der Lämmer“ und der Buchreihe um den hochintelligenten und charismatischen Dr. der Psychologie einen Riesenerfolg. Dr. Lecter – nicht zuletzt wegen der genialen cineastischen Umsetzung dieser Figur mit Sir Anthony Hopkins im gleichnamigen Film, ist schon längst zu einer Kultfigur geworden.

Ein polarisierender Charakter – Böse? Nun ja – Dr. Lecter hat seinen ganz eigenen Gerechtigkeitssinn und verabscheut unhöfliche Menschen. Das diese wenige später zu einem leckeren Chianti, ihre Leber ungewollt kredenzen müssen, ist dann das endliche Ergebnis. Inzwischen zur Kultfigur und schon längst im Serienmörderolymp angekommen, erwarten viele Leser nach den letzten Band – „Hannibal Rising“ – eine Fortsetzung mit dem Kannibalen.

Nun ist doch im Heyne Verlag vor kurzen, der neueste Roman von Thomas Harris veröffentlicht worden. Vorab zu sagen – es gibt keine Beziehung und ist keine Fortsetzung dieser erfolgreichen Reihe.

„Cari Mora“ so lautet der Titel des Bestsellerautors und es ist mehr eine Kurzgeschichte, wie ein vollständiger, seitenreicher Roman. Damit ist die Story auch nicht sonderlich tief, die Charaktere bleiben recht im Nebel der Handlung stehen. Charakterlich ausgearbeitet ist dies völlig zur Nebensächlichkeit geworden. Das Konzept des Autors geht hier nicht auf. Zwar ist die Hauptperson – die junge Frau Cari Mora eine imposante, selbstbewusste Einzelkämpferin, die es mit Rambo-Methoden gegen diesen Mörder und seine Bande aufnimmt – doch außer viel Blut, Gemetzel und eine sonstige Grausamkeiten überzeugt die Handlung nicht.

Literarische Verwandtschaft zu den anderen Titeln des Autors. fallen kaum ins Gewicht. Die Atmosphäre insgesamt sehr blass – alle inhaltlichen Komponenten Charakterzeichnung, Storyline, Settings usw. können das letztlich auch nicht mehr retten. Der erzählerischer Stil ähnelt den Vorgängerromanen in gewisser Weise, aber ist Universen entfernt von der zu erwartende Qualität.

Die Story lässt es auch nicht zu, dass mit der Hauptperson „Cari Mora“ ggf. über eine Fortsetzung nachgedacht werden könnte. Der vorliegende Roman ist dafür viel zu mangelhaft. Einzig und allein stimmig ist das Tempo der Story – wenn man den Roman als eine Kurzgeschichte interpretiert. Spannend ja – aber es kein psychologisches, raffiniertes Duell – dass man bei dem Autor mit seiner Vorgeschichte Klassischerweise erwartet.

Der Serienkiller ist zwar wie erwartet „Böse“ – aber das ist auch schon alles. Zielgerichtet erfüllt dieser alle Klischees – und genau diese Elemente enttäuschen dann. Dr. Hannibal Lecter hätte diesen einfach nur getötet und nicht kulinarisch verwendet – er wäre es in seinen Augen nicht wert gewesen. Ein Vergleich dieser beiden Figuren des Schöpfers Thomas Harris hält bei weitem nicht stand.

Der Klappentext besagt vieles – aber führt die Erwartungshaltung in ein Labyrinth ohne positiven Ausgang – man könnte es mit Shakespeares Worten sagen: „Viel Lärm um nichts“.
   
„Cari Mora“ wird wahrscheinlich erfolgreich sein – jedenfalls wird er die Leser begeistern können, die hin und wieder nach kurzweiliger Unterhaltung suchen.

Fazit

„Cari Mora“ ist nichts weiter als eine Kurzgeschichte. Eingeengte Charaktere in einem eingeengten Handlungskosmos. Viel Brutalität – emotional erreicht der Autor mit seinem Roman mich überhaupt nicht. Ja – kurzweilige Unterhaltung – weil Kurzgeschichte.

Ich vermisse hier Protagonisten, die mit ihrer Emotionalität und Intelligenz in den vorherigen Roman überzeugt haben. „Cari Mora“ ist wie ein Regionalexpress  - mit Verspätung – 2. Klasse – WC defekt und froh wenn man das Ziel erreicht hat.

Michael Sterzik


Montag, 10. Juni 2019

So finster der Zorn - Alex Thomas


Ist das „Böse“ in uns von vornerein ein fester Bestandteil unserer Neurologie? Liegt der Schlüssel zum Bösen in einer kryptischen Verkettung innerhalb unserer DNA? Welche sozialen Muster und genetischen Risikofaktoren sind bei Trieb- und Serienmördern analysiert worden um vielleicht die Auslöser zu erkennen und ggf. abschalten zu können?

Ist das Böse die Summe von insgesamt dramatischen Traumata und schrecklichen Erlebnissen, die in uns die Tür zur dunklen Seite öffnen? Heilbar – oder gibt es schlichtweg keine medizinischen Möglichkeiten in Form von Therapien, oder neurochirurgischen Operationen, die das Böse ausknipsen können!?

Interessante Gedanken, oder?! Doch dies ist keine Fiktion, kein Science Fiction – die Wissenschaft forscht schon relativ lange auf diesem Gebiet und noch immer dringt diese in Bereiche vor, die uns noch völlig hilflos und mit vielen Fragezeichen dastehen lassen.

Warum faszinieren uns gewissenslose und grundlose systematische mordende Menschen so sehr? Können wir ggf. auch Sympathien für diese „Monster“ entwickeln, wenn diese „Bestie“ ihresgleichen jagt?

Im Genre „Thriller“ tummeln sich viele Serienmörder – viele davon haben realistische Vorbilder, die inzwischen zum Kulturgut in der Literatur und Film gehören.

Das in Bremen lebende Schriftstellerehepaar „Alex Thomas“ beschreibt in ihrem neuesten Roman : „So finster der Zorn“ das „Böse“ in nicht abstoßendem Auftreten. Im Gegenteil – auch wenn deren Hauptfigur: Paula Tennant, Agentin der fiktiven Behörde ISA den Serientäter „Ghost“ jagt, so kann diese nicht ihr Gewissen abschalten. Selbstjustiz eines Mörders, der seinesgleichen foltert und brutal exekutiert – Die Waage der Gerechtigkeit und der Vergeltung wechselt immer mal wieder die Gewichtung und Paula Tennants moralischer Kompass verfängt sich in einem anziehenden und erbitternden Bereich, der sie selbst ängstigt.

Dieser dritte Band mit der Hauptfigur Paula Tennant und dem „Gost“ ist ein komplexer, hochspannender Pageturner. Ihre mörderische Beziehungskiste ist salonfähig und das Autorenehepaar katapultiert die Figur des „Ghosts“ in den Hochadel der Serienmörder. Selten hat man in der Literatur mit einem Serienmörder sympathisiert – in der sogenannten Todeszone zwischen Gut und Böse, kann man schon mal in einem emotionalen Minenfeld hochgehen.

Die Spannung in dem Titel: „So finster der Zorn“ in omnipräsent – sehr lobenswert allerdings ist der Stil des Autorenehepaars, die für sie ganz selbstverständlich Faktion und Fiktion auf wissenschaftlicher Art locker in einem spannenden Roman einbauen. Gar nicht überfrachtet, oder völlig übertrieben – sondern immer schön auf den Boden der Tatsachen bleiben. Der Leser wird nicht nur die Identität des „Ghost“ kennenlernen, sondern auch an seiner Vergangenheit teilhaben können. Damit verwischen sich die internen Grenzziehungen und Paula Tennant verläuft sich in einem Nebel ihren Gewissens und ihrer beruflichen Pflicht. Ein „Exit“ aus dieser nicht unbequemen Situation möchte sie sich anscheinend nicht unbedingt nähern. 

Die bestehende Trilogie ist komplex, aber nicht irreführend – es gibt ggf. mehrere Ausgänge und wenn nicht – Paula Tennant könnte in ihrem emotionalen Dschungel neue Wege bahnen – diese könnten aber verdammt „endlich“ werden.

Weiterhin eröffnet sich dem Leser ein völlig neues Handlungsfeld, dass auch in dem vierten Band weiter ausgebaut werden dürfte – die Wissenschaftlichen Thesen und medizinischen Möglichkeiten die Psyche zu kontrollieren? Ob nun mit neurochirurgischen Operationsbesteck, oder der traditionellen Couch beim Therapeuten bleibt noch offen. Informativ und innovativ allemal – Großartiger Schlenker.

„So finster der Zorn“ auch sein mag – er ist hochspannend, tolle Charakterzeichnung und toll wissenschaftlich mit einigen Fakten durchsetzt. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der „Ghost“ mehr erzählerisches Volumen bekommen hätte. Vielleicht lässt sich ja mal über eine Vorgeschichte nachdenken?

Stellenweise bedienen sich die Autoren aus dem Fundus anderer Ideen, die schon in anderen Titeln, ggf. leicht abgewandelt erfolgreich eingesetzt wurden, aber größtenteils verwirklichen sie ihren eigenen Stil. Bravo – weitermachen J

Wir werden beim lesen diesen Titels in einem imaginären Wartesaal zwischen den traditionellen Ein- und Ausgängen zwischen Gut und Böse sitzengelassen. Man wird nachhaltig dazu aufgefordert, sich zu fragen: „Wie würde ich ggf. an Paula Tennants Stelle reagieren? Das Böse mit dem Bösen zu bekämpfen – ist das eine Alternative, oder eine Verzweiflungstat!? Was passiert wenn man der Legalität ausweichen muss, um die Ausfahrt zur Gerechtigkeit nicht zu verpassen!?

Fazit

„So finster der Zorn“ handelt von einem Serienmörder, der, der nette böse Mann von Nebenan sein könnte (es aber nicht ist). Eine Figur, die wenn wann sie noch weiter ausbaut in den literarisch-kulturellen Hochadel berufen sein könnte.

Hochspannender Pageturner – Wissenschaftlich interessant – Grenzüberscheitende Emotionales Minenfeld. Perfekte Unterhaltung.

Michael Sterzik


Montag, 15. Oktober 2018

Die Elemente des Todes - Axel Petermann und Claus Cornelius Fiscer

In der offenen Reihe „True Crime“ im Verlag Knaur wurde vor kurzem der Titel: „Die Elemente des Todes“ von dem ehemaligen Kommissar und Profiler Axel Petermann und dem Autor Claus Cornelius Fischer veröffentlicht. 

Das Genre „True Crime“ ist erfolgreich im Münchner Verlagshaus. Ein bisschen frischer Wind im belletristischen Genre Krimi/Thriller. Das Angesicht des Todes kann schon recht verschieden demonstriert werden, und dass „Böse“ versteckt sich ja immer mal gerne hinter einer Maskerade der Normalität, oder der Harmlosigkeit. Doch dunkle Wasser sind tief – und das „Böse“ wirkt allzu sehr reizend auf uns. 

Lesen wir einen spannenden Krimi, oder einen actiongeladenen Thriller, so haben wir ein perfektes Alibi für unser Gewissen – alles nur Fiktion, ist nicht passiert, wie kann man sich so etwas nur ausdenken. Im Genre „True Crime“ schauen wir allerdings Ermittlern, Tätern und auch den Opfern als Voyeure über die Schulter und hier klettert dann die Realität verstohlen auf die Bühne. 

Der vorliegende Roman: „Die Elemente des Todes“ ist auf der Basis eines wahren Kriminalfalles geschrieben. Namen, einzelne Szenen wurden zum Schutz der Opfer, der Angehörigen und der Beamten verändert. Authentisch bleiben die Beschreibungen der Morde – und die Aura des „Bösen“. 

Den beiden Autoren ist es eindrucksvoll gelungen, nicht nur eine spannende Geschichte zu erzählen, sondern auch diese durch die verschiedenen Perspektiven der handelnden Personen zu schildern. Die perversen Fantasien der Täter, ihre Motivation, ihre Planung und Ausführung werden ebenso detailreich erzählt, wie die Ermittlungen der Kriminalbeamten. Der Leser wird den Druck auf die Beamten selbst empfinden, einmal den seelischen – den man sich nicht entziehen kann, wenn man das „Böse“ bekämpft, sondern auch die Herausforderung die Täter möglichst schnell stoppen zu können, damit der Bodycount nicht noch mehr steigt. Jeder Fehler bei einer Ermittlung, ein Zögern kann womöglich den Tod des nächsten Opfers nicht aufhalten. Wer möchte dann noch sagen können, oder daran erinnert werden: Hätte ich doch, warum habe ich nicht, wieso habe ich nicht daran gedacht!? Diese Emotionen spiegeln die Autoren realistisch. 

Aber auch die Opfer kommen zu Wort. Ihre emotionale Abhängigkeit gegenüber ihren späteren Mördern, wird thematisiert. Eine Droge – die tödlich endet und deren Beschreibung beim Leser noch lange nachklingen wird.

„Die Elemente des Todes“ von Petermann und Fischer ist kein Märchen, kein fiktionales Werk und das erzählte Grauen ist der Türöffner zum eigentlichen „Bösen“. Was dann auch die Frage aufwirft, aber letztlich nicht final beantworten kann: Wie wird man zum Mörder?  Psychologische Hintergründe in der Kindheit, oder ist das Böse in der DNA als festes Element eingebaut? Es gibt Studien, Wahrscheinlichkeiten, Ableitungen – aber keine ultimative Wahrheit. 

Durch diese drei Perspektiven eröffnet sich letztlich ein spannendes Gesamtkonstrukt, die Charaktere sind der passende Schlüssel. Die Spannung ist immer on air – der Leser dreht sich quasi mir Eskalationsspirale mit, dass mit hohem Tempo, ohne viel inhaltliche Pausen. 

Überhaupt – „Die Elemente des Bösen“ wirkt überzeugend über den detailgetreuen Emotionsdschungel. Die Wahrheit, schreibt die besten Geschichten. In diesem Fall die tödlichsten, aber manchmal fragt man sich ja doch wie naiv Angehörige von Opfern und Tätern sein können. Oder blenden sie im stressigen Alltag diese merkwürdigen Verhaltensweisen Ihrer „Lieben“ einfach aus!?

Für den aufmerksamen Leser eröffnen sich ebendiese in der Handlung, die wir auch nicht begreifen wollen, oder können. 

Sehr interessant und absolut packend dagegen sind die rhetorischen Duelle zwischen dem leitenden Kommissar und den Verdächtigten. Ein langsames, aber spannendes „Mensch ärgere Dich nicht“. Perfekt erzählt. 

Zu jedem Zeitpunkt der Handlung wird der Leser merken, dass den Kriminologen Axel Petermann als erfahrenen Autoren zeigt. Viele Details, ein kleiner, aber intensiver Einblick ist die gute und professionelle Ermittlungsarbeit. 

Es gibt wenig zu kritisierende Schwachpunkte. Bei den Autoren scheint es  eine musische Ausprägung zu geben und der verstorbenen Künstler „Falco“ erlebt hier seine Auferstehung. Es gibt einfach etwas zu viele Anspielungen von Musikstücken, die innerhalb der Handlung einfach mal vorrücken. Nicht wirklich störend, aber auffällig. Weiterhin wird in Nebengeschichten, dass Privatleben des Chefermittlers intensiv aufgegriffen – hier wäre es vorteilhaft gewesen, den Mördern ebenfalls diesen Raum zuzusprechen.

Fazit 

„Die Elemente des Todes“ reiht sich in Perfektion in die Reihe „True Crime“ ein. Spannende Abgründe in die Seelenwelt von Mörder. Sensible Charakterisierung der Opfer und ihre Abhängigkeiten. Grundlegender und sehr gelungener Blick in die Gefühlswelt eines leitenden Beamten. 

„Die Elemente des Todes“ ist böse authentisch. Ein Abstieg in menschliche Abgründe – der Spannungsbogen hält. Perfekt und sehr empfehlenswert.

Michael Sterzik


#Truecrime #Axelpetermann #DieElementedesTodes 






Samstag, 27. Januar 2018

Ragdoll - Daniel Cole

Ein Debütroman steht immer zwischen einem himmelhoch jauchzend und zum Tode betrübt Gefühl. Natürlich hat es den Vorteil, dass es keine großartige Erwartungshaltung gibt und der Leser vorurteilsfrei den Roman zur Hand nimmt.

„Ragdoll“ ist der Debütroman des Briten Daniel Cole. Der erste Teil einer geplanten Thriller-Reihe um die Ermittlungen bei dem altehrwürdigen Scotland Yard.

Detective William Oliver Layton-Fawkes, genannt „Wolf“, bekommt bei einer Gerichtsverhandlung um einen verdächtigen Serienmörder einen gewaltsamen Wutanfall und verletzt den Angeklagten schwer. In psychologischer, stationärer Behandlung und sowieso vom Dienst suspendiert, dauert es ein wenig, bis er seinen Dienst wieder antreten kann. Seine Frau hat sich getrennt, sein Leben in Scherben. Sein nächster Fall wird sein persönlichster: Eine Leiche wird gefunden, bzw. sechs Körperteile von verschiedenen Personen, die aneinander genäht wurden....! Die Jagd beginnt – schnell begreifen die Beamten, dass sie es sind, die gejagt werden. Der Killer präsentiert eine Todesliste, darauf vermerkt: die Namen und das Datum ihres Todes....

Wer sich im Genre Thriller auskennt, wird schnell feststellen, dass der Plot eigentlich nichts Neues ist. Doch es kommt darauf an, wie der Autor seine Handlung formt. Das ist Daniel Cole hervorragend gelungen. „Ragdoll“ ist spannend und legt ein hohes Tempo vor. Die Todesliste, sowie die Leichteile des „Ragdoll“ eine Flickenpuppe sind die Dreh- und Angelpunkte der gesamten Handlung. Ungewöhnlich ist, dass die Geschichte ohne Nebengeschichten, ohne Nebencharaktere auskommt. Das erhöht natürlich die Geschwindigkeit immens und fokussiert sich nur auf die Geschehnisse rund um den perfiden Plan des Killers. Dieser verhöhnt und provoziert, die Ermittler, die tatenlos mit ansehen müssen, dass die Zeit mit auch ihr größer Feind ist.
Die Nebengeschichten sind die Beziehungsebenen der Figuren, und die sind mitunter reichlich kompliziert. „Wolfs“ Kollegin Baxter, ist sein nebeliges Spiegelbild, ebenfalls jähzornig und eigensinnig, verkompliziert sie alles, was sie anfasst oder wem sie begegnet. Wolf dagegen ist ein typischer Antiheld, zerbrochen, dadurch psychisch nicht unbedingt stabil, jähzornig, hart zu sich selbst und durchweg ein Einzelgänger.

Die Handlung ist durchweg spannend, wenn auch manchmal im Ton leiser. Es gibt einige logische Fehler und die Handlungen der Protagonisten sind manchmal nicht nachvollziehbar. Doch trotz all dieser wenigen Kritikpunkte, gibt es große Stärken, die den Roman absolut empfehlenswert machen. Die Zwischentöne und die authentische Charakterisierung, die sich immer zwischen: Rache und Vergeltung, Schuld und Sühne und Hoffnung und Verzweiflung bewegt, sind es den Leser überzeugen.

Wer blutig-grausame Szenen erwarten mag, die gibt es wenig und das ist gut. Ein Thriller muss nicht durch Brutalität überzeugen, sondern über eine stilistische Spannung, und das gelingt Daniel Cole hervorragend. Für die Charaktere empfindet, man wenig Mitgefühl, oder Sympathie, es gibt hier keine Person, die durchgängig mit positiv, eingestellten Heiligenschein emphatisch handelt.


Fazit

„Ragdoll“ ist für einen Debütroman sehr gut gelungen. Inhaltliche Schwächen, logische Fehler, und die Ausprägung der Charaktere müssen deutlich besser werden.

Der Unterhaltungswert ist allerdings trotzdem sehr hoch, dadurch wird die Erwartungshaltung, für die kommende Fortsetzung hoch. Daniel Cole ist jedenfalls ein Autor, den man sich merken sollte, denn das Potenzial ist überaus hoch.

Michael Sterzik