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Mittwoch, 1. Mai 2024

Der Untergang der Wager - David Grann


Das Klischee, der Dienst auf einem europäischen Kriegsschiff sei zwar hart, aber romantisch gewesen, hält sich hartnäckig. Aber dieser kleine Kosmos von mehreren hundert Männern - Matrosen, Soldaten, Handwerkern und Offizieren - war alles andere als romantisch, und schon gar nicht lustig. Der Kapitän hatte mehr Macht über die Mannschaft als der König oder Gott. Die Abläufe an Bord, das Vertrauen in den jeweils anderen an den Segeln, in der Takelage oder im Seegefecht an den Kanonen verlangten Vertrauen. Diese gegenseitige Abhängigkeit erforderte auch ein hohes Maß an Disziplin. Meuterei in der Marine wurde nicht geduldet - die Strafe war drastisch: entweder eine Aussetzung auf einer Insel, oder Erhängen. Trat die Mannschaft diesen Schritt, war das gleichbedeutend mit Piraterie, eine Rückkehr in die Heimat war somit ausgeschlossen.

Wenn man hier recherchiert, und die Quellenlage ist durch Logbücher und Tagebücher gut, dann war ein Menschenleben nichts wert. Die Wahrscheinlichkeit, nach einer vielleicht mehrmonatigen oder gar mehrjährigen Reise seine Familie und Freude in der Heimat wiederzusehen, war äußerst gering. Die gesamte Mannschaft konnte durch Naturkatastrophen, Stürme, Gewitter, Piraten, feindliche Schiffe und nicht zuletzt durch mangelnde Hygiene und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten vernichtet werden. Vom einfachen Matrosen bis zum hochrangigen Offizier. Der Tanz mit dem Tod machte keinen Unterschied.

David Grann erzählt von einem Untergang der Wager, einem leichten englischen Kriegsschiff mit anschließender Meuterei auf einer einsamen Insel und von Verbrechen, die aus Habgier, Rache und Macht geschehen sein mussten. 

„Der Untergang der Wager“ ist eher Fachliteratur, liest sich aber so spannend wie ein Thriller. 

Januar 1742. Ein windschiefes Segelboot strandet an der Küste Brasiliens, an Bord 30 Männer, die einzigen Überlebenden des königlichen Eroberungsschiffs »The Wager«, das in einem Sturm zerschellt ist. Sechs Monate später: Drei Schiffbrüchige werden in Chile an Land gespült und erklären die 30 Männer zu Meuterern, die skrupellos gemordet hätten … Wer lügt, wer sagt die Wahrheit? Das soll ein britisches Kriegsgericht entscheiden. Es geht um Leben oder Tod. David Grann spinnt aus dem Archivmaterial eines historischen Kriminalfalls eine packende und atmosphärisch dichte Abenteuererzählung. Schuld und Unschuld, Treue und Verrat liegen eng beieinander, und am Ende kommt eine schockierende Wahrheit zutage …(Verlagsinfo) 

Das Buch ist im Grunde die Schilderung einer ganzen Reihe von Dramen, und zwar in mehreren Akten. Die Frage, wer letztendlich der Verursacher des Untergangs war, wird nie abschließend geklärt werden können. Das Geschehen auf der Insel und die anschließende Rettung des Schiffes sind jedoch Gegenstand der Schilderung vieler Zeitzeugen. Hunderte von Menschen verloren ihr Leben durch Irrtümer, Fehleinschätzungen, Machtmissbrauch und letztlich durch schlichtes menschliches Versagen.

Schuld und Unschuld - es gibt keine Trennung. Täter und Opfer auch nicht, es waren Extremsituationen, die den verzweifelten Gestrandeten alles abverlangten - auch den eigenen Verrat an der Menschlichkeit. 

Spannend ist diese Tragödie allemal, und die Stimmung ist durchweg düster, aber nicht hoffnungslos, sonst hätte es keine Überlebenden gegeben, die später vor dem Militärgericht angeklagt wurden oder als Zeugen der Ereignisse aussagen mussten. 

Wir werden mit der menschlichen Maschinerie an Bord konfrontiert, die für das Überleben an Bord verantwortlich war. Wir leben und sterben mit diesen Menschen an Bord, die Stürme, Seegefechte und Krankheiten erlebten, die aufgrund der Enge und des Platzmangels an Bord die meisten Todesopfer forderten. Wir begegnen Zimmerleuten und einfachen Fähnrichen, die als Jugendliche innerhalb weniger Monate erwachsen werden mussten.

Wir beginnen die Politik Englands und des verfeindeten Spaniens zu verstehen, die darauf abzielte, Kolonien zu plündern und die Herrschaft über die Ozeane und ihre Handelsrouten zu erlangen. Der Kampf um die Vorherrschaft auf den Meeren wurde grausam und unerbittlich geführt. 

Der „Fluch der Karibik“ waren nicht nur die Piraten, es waren auch die Kriegsschiffe der verschiedenen Nationen, die durch ihre Willkür und Brutalität die Piraterie erst hervorbrachten.

Fazit

Kein Seemannsgarn - sondern eine drastische und transparente Schilderung von Extremsituationen, die den Menschen alles abverlangten. Spannend wie ein historischer Krimi. Nach diesem Buch ist die Seefahrt vielleicht weniger romantisch.


Michael Sterzik

Sonntag, 7. August 2016

Der Pirat - Mac P. Lorne



Piraten – Raubritter der Meere faszinieren mit ihrem blutrünstigen Abenteuern und melodramatischen Auftritten noch immer Leser und Cineasten. Raue Männer, die „Frei“ und uneingeschränkt die Herren der sieben Meere waren. Romantisiert, ehrenvoll, mutig, galant, gefährlich und ein wenig Sex and Crime – wundervolle Rezeptur für kunstvoll ausgeschmückte Geschichten, die mit der Realität nichts zu tun hatten.

Ja, sie waren oftmals ein wirklicher „Fluch der Karibik“ und es gab auch historische Piratenpersönlichkeiten, die einem Gentleman recht nahekamen. In der Geschichte der Seefahrt tummeln sich viele Legenden und Sagen – daraus ist nicht selten ein Mythos um die Person entstanden.

Neben „Blackbeart, „Henry Morgan“, „Charles Vane“ und vielen anderen historischen Freibeutern, gab es noch die schillernde Figur „Sir Francis Drake“ – Der Pirat.

Im Goldenen Zeitalter Englands und der Regentschaft der jungfräulichen Königin Elisabeth I. war Spanien eine Weltmacht und unter der Herrschaft von König Philip, ein erzkonservativer Katholik, eine Bedrohung.

Der deutsche Autor Mac P. Lorne gibt mit seinem neuesten Buch – „Der Pirat“ der historischen Gestalt Francis Drake, ein unterhaltsames und gut recherchiertes Bild. Francis Drake war nicht der romantisierte Herr der sieben Meere – er war weithin mehr: Entdecker, Weltumsegler, Vizeadmiral und ein erfolgreicher Pirat. Letzteres, so stellt es auch der Autor in seinem Roman dar, war er immer – seine Motive waren vermögend zu werden und zu Ruhm und Ansehen zu gelangen. Da er eher in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, ein plausibler Grund.

„Der Pirat“ schildert die chronologische Lebensgeschichte Drakes, allerdings startet die Geschichte nach seiner Weltumseglung und der Ankunft im heimischen England. Francis Drakes Erfolge und seine reichliche Beute, imponieren Königin Elisabeth, die seine nächsten Unternehmungen, wenn auch nicht offiziell unterstützt und billigt. Seine Erzfeindschaft gegenüber dem Königreich Spanien, ist ebenfalls die ihre.

Mac P. Lorne stellt den Günstling und Piraten Francis Drake sehr authentisch da, oftmals allerdings in einem zu sympathischen Auftreten. Befasst sich der Leser mit der historischen Figur „Drakes“, so wird ihm ein ganz anderer Pirat präsentiert. Er soll rechthaberisch, egoistisch und aufbrausend gewesen sein und nicht der Menschenfreund, wie es der Autor darstellt. Doch der Autor sagt selbst: „Francis Drake“ war ein Kind seiner Zeit. Wer also so erfolgreich auf den Meeren segelte und raubt, muss eine gewisse Führungspersönlichkeit gewesen sein, tja und damit sind alle demokratischen Entscheidungen auf See inakzeptabel. Auf hoher See war Drake „Alleinherrscher“.  

„Der Pirat“ ist eine spannende Räuberpistole, ein sehr unterhaltsamer Roman ohne Seemannsgarn oder romantisierte Heroisierung. Der Autor baut sein großes Fachwissen um nautische Aktivitäten, Strategie und Taktik in Seegefechten ein. Doch auch auf dem Festland schildert der Autor die politischen Ränkespiele der Königin, sowie Spionage und Liebeleien am königlichen Hofe.
Francis Drake Privatleben ist ebenfalls Teil seiner Geschichte. Primär verlagert sich die Handlung auf die imposant geschilderten Seegefechte mit viel Kanonendonner, Gewalt und Tod. Duelle mit dem Rapier, tödlicher Enterkämpfe, aber auch ehrenvolle Rettung und Gnade gegenüber besiegten Feinden, sind die größten Elemente der Geschichte. Selten konnte sich der Leser näher in einem Seegefecht wiederfinden.

Die Handlung wird fast immer aus der Perspektive Drake erzählt, obwohl hier auch die Spanier ihre Sicht der Situationen schildern und dem Leser ein sehr umfassendes Bild dieser Ereignisse.

Mac P. Lorne gibt dem Roman eine grandiose Atmosphäre und gibt der Figur eines Francis Drake, eine sehr individuelle, aber plausible Note. Es gibt nur sehr wenig zu kritisieren. Die Charakter Zeichnung von Drake ist schlichtweg eindimensional – einfach zu ehrenhaft, zu glatt konzipiert. Obwohl sein Handeln plausibel ist, vermute ich, dass Drake als Seemann alter Schule, weniger ehrenhaft und rücksichtsvoll war, als es der Autor schildert. Doch das ist ganz alleine meine Meinung und spiegelt nicht die Meinung des Autors wieder.

Fazit

„Der Pirat“ ist ein fulminanter Seekriegsroman mit allem Drum und Dran. Präsentes Kopfkino mitsamt Kanonendonner, klirrender Säbel und lauten Befehlen, katapultieren den Leser inmitten der Seegefechte.

Sehr empfehlenswerter, historischer Abenteuerroman, ich hoffe, es gibt weitere Piratengeschichten aus der Feder des Autors, es gibt genug berühmt-berüchtigte Piraten.

Ohne Seemannsgarn – stattdessen schlachtrufend Piraten hi ho...

Michael Sterzik

06.08.16