Freitag, 24. August 2018

Vier Tage in Kabul - Anna Tell


Die schwedische Autorin Anna Tell hat mit ihren Erstlingsroman „ Vier Tage in Kabul“ einen brisanten, und auch aktuellen Politthriller veröffentlicht. Die Autorin weiß, wovon sie schreibt. Sie ist Politologin und Kriminalkommissarin und verfügt über zwanzig Jahre an Polizei- und Militärerfahrung. Das in dem vorliegenden Roman: „Vier Tage in Kabul“ ggf. auch autobiografische Elemente einfließen ist logisch. Höchstwahrscheinlich hatte die Autorin es unter anderem bei ihren Einsätzen im Ausland auch sensible Berührungspunkte mit dem eigenen, sowie fremden Nachrichtendiensten.

Ihr Debütroman handelt von einer taffen, schwedischen Kriminalkommissarin – Amanda Lund, die für ein Jahr im weit entfernten Afghanistan lokale Sicherheitskräfte ausbildet. Die Ausbildung verläuft recht praxisnahe und schildert schon im ersten Kapitel ein wildes Feuergefecht, bei dem sie gezwungen ist, einen Angreifer zu töten. Wenig später erhält sie einen offiziell sehr heiklen Auftrag. In Kabul wurde ein schwedisches Diplomatenpaar anscheinend entführt. Die Botschaft setzt die 35 jährige Beamtin als Unterhändlerin ein. Zur etwa gleichen Zeit wird im heimischen Schweden ein Regierungsbeamter ermordet. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass beide Fälle trotz der Entfernung anscheinend zusammenhängen. Als sich der Geheimdienst und auch politische Kreise einschalten, wird es lebensgefährlich – nicht nur für das entführte Diplomatenpaar.

„Vier Tage in Kabul“ ist ein authentischer, sehr reeller Politthriller mit einigen satten Actioneinlagen. Dabei ist es kein lauter Roman, die Spannung baut sich stufenweise, in langsamen Schritten auf. Detailtreu schildert die erfahrene Beamtin und Autorin, die angespannte, politische Lage in einem Krisengebiet wie Afghanistan. Ebenfalls gibt Anna Tell einen Einblick in Strategie und Taktik bei Geiselnahmen, selbst Waffen und Ausrüstungsgegenstände werden anschaulich erklärt. Ein Blick fürs Detail also – aber beeinflusst die Handlung nicht unmittelbar, wirkt aber auch nicht störend.

Spannend ist der Roman allemal – hätte aber deutlich stärker ausfallen können. Kernthemen des Romans sind neben den beiden Kriminalfällen, die Bühne der Diplomatie, die Interessen der Politik und der Justiz – das gilt für beide Länder : Schweden und Afghanistan. Die Dialoge sind zahlreich und inhaltlich wirklich gut strukturiert – der Perspektivwechsel ist angenehmen und die Grundstimmung ist souverän spannend.
Als Debütwerk ist „Vier Tage in Kabul“ absolut gelungen. Inhaltlich muss das Tempo aber angezogen werden und vielleicht die Handlungsbühne bei einem Standort im Fokus stehen!? Die Charakterisierung der Protagonisten, allen voran Amanda Lund ist sehr gut gelungen. Die Autorin zeigt das Privatleben in einer Nebenhandlung und lässt die taffe und selbstbewusste Kriminalbeamtin auch psychisch an ihre Grenzen kommen. Besonders gut interpretiert die Autorin, die politischen Interessen und dazu die Personen, die offensichtlich ihren Einfluss und ihre Position für private Zwecke missbrauchen.

Fazit

Bitte das Tempo anziehen und konzentrierter, vielleicht auch ein wenig Actionlastiger die Fortsetzung aufbauen. Als Debütwerk ist „Vier Tage in Kabul“ absolut überzeugend. Eine realistische Handlung mit den jeder Politologe und Nachrichtendienstler gut leben kann. Prädikat: Gelungen und überzeugend.

Michael Sterzik

Samstag, 18. August 2018

Ein todsicherer Plan - Christopher Moore


Nach dem ersten Titel: „Ein todsicherer Job“ von Christopher Moore, ist nun der zweite Band: „Ein Todsicherer Plan“ im Goldmann Verlag erschienen. Allerdings hat es satte 10 Jahre benötigt, bis eine Fortsetzung die Buchhändler und damit auch die Leser erreichte.
Der vorliegende Band setzt ein Jahr nach den Ereignissen in „Ein todsicherer Job“ ein. Der Leser sollte sich bitte dringend die Zeit nehmen, den ersten Band zu lesen, ohne Vorkenntnisse könnten Sie weder die Handlung noch die abgefahrenen Personen inhaltlich begreifen. Außerdem – der erste Band ist deutlich besser und lohnt sich sowieso.

Christopher Moores größtes Talent ist, das kreative konzipieren von abstrakten, skurrilen und zumeist witzigen Charakteren. Viele Charaktere finden sich auch in dem vorliegenden Band wieder; die Gullyhexen sind mit von der Partie, die Höllenhunde ebenfalls, und natürlich auch die Hörnchenmenschen, sowie die menschlichen Hauptcharaktere. Der Autor hat viel Wert darauf gelegt, seine Figuren weiterzuentwickeln und dabei hat er es wahrscheinlich unbewusst ermöglicht, dass die Nebenhandlung, die Haupthandlung weit in den Schatten stellt. 

Die Hörnchenmenschen, mitsamt Wackelcharlie – später genannt WC, posttraumatische Geister, und Lily als Mitarbeiterin in der Selbstmörderhotline, der Golden Gate Bridge werden den Lesern mehr wie nur amüsieren. Der größte Schwachpunkt des Romans, ist die seichte Hauptstory, deren Roter Faden faktisch nicht vorhanden ist.
Trotzdem ist der Roman sehr gut, allerdings nur, wenn man den ersten Band gelesen hat und die geschaffene kleine, aber intelligente Welt des Autors begreift. Die Dialoge sind aberwitzig, flankiert von einer spitzzüngigen Ironie und selbst Themen der Philosophie und der Religion, haben hier eine Daseinsberechtigung.

„Ein todsicherer Plan“ verhält sich manchmal etwas planlos, doch ist dieser durchweg interessant. Als spannend kann man die Story nicht bezeichnen, der Humor, und die satirischen Dialoge überzeugen allerdings Vollendens.  

Es gibt Szenen, die manchmal die Bodenhaftung völlig verlieren und eine Eigendynamik entwickeln, die anstrengend sind, doch ein, zwei Seiten und schon schmunzelt man wieder. Die Nebenfiguren sind brillant – die Banshee, eine neue Figur kommt leider mit ihren theatralischen Aiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiyyyyyyyyy – selten vor, doch ihr Auftritt ist immer ein Grinsen wert.

Fazit

„Ein todsicherer Plan“ von Christopher Moore ist als zweiter Teil, etwas schwächer, als Gesamtwerk mit dem ersten Band eine grandiose Reihe. Ein humoristisches Meisterwerk – und lachen ist garantiert. Prädikat: einfallsreich, abgefahrene, genial intelligente Komik.  Ich hoffe, dass ein dritter Teil kommt, und bitte nicht wieder 10 Jahre warten.

Michael Sterzik







Freitag, 10. August 2018

Augustus - John Williams


Kaiser Augustus – der frühere Octavius, aus dem römischen Geschlecht der adeligen Julier, aus dem auch Julius Cäsar stammt. Octavius erbte nach der Ermordung Cäsers Macht, Finanzen, Titel und einen erheblichen Einfluss.

Der amerikanische Autor John Williams hat diesen Roman schon 1971 verfasst. Jahrzehnte wurde dieses Werk vergessen und nun von  dem dtv Verlag erneut veröffentlicht. Kaiser Augustus gehört mit zu den favorisierten Lichtgestalten der römischen Epoche. Die aktuelle Forschung weiß erstaunlich vieles zu berichten. Wie jeder Herrscher, ist Augustus ein vielschichtiger Charakter. John Williams erzählt in seinem Roman „Augustus“, die Lebensgeschichte dieses Mannes, der Rom gedient hat, der weise und zugleich skrupellos sein konnte, oder auch sein musste. Ein intelligenter, sensibler Mann, der tiefe Spuren in der Geschichte hinterlassen hat.

John Williams legt mit seinem Buch keine weitere, wissenschaftliche Analyse der Person des Augustus vor. Ebenfalls ist es keine umfassende Biografie, und selbst als historischen Roman betitelt – ist er es nicht. Der Autor verfasst einen Briefroman des Menschen und Kaisers Augustus. Leider sind diese Briefe hauptsächlich als fiktional zu betrachten. Es gibt noch eine große Anzahl von Tagebucheinträgen, Protokollen des Senats, Militärdepeschen und natürlich auch Propagandaschriften. Chronologisch sind diese allerdings nicht aufgestellt. Aus dieser eindrucksvollen Sammlung entwirft der Autor ein „historisches“ Porträt. Interessant sind die ganz verschiedenen Perspektiven der historischen Personen, z.B. Marc Anton, Cicero, usw. An viele Ereignisse wird man sich nicht zuletzt durch die Darstellung im Film erinnern können. Auch diese ist weniger chronologisch dargestellt, wie es eigentlich sein sollte.

Der Schreibstil des Autors ist gemessen an der jetzigen Zeit allzu blumig und ausschweifend. Eine feine Sprache – Stil und Ausdruck ebenfalls – allerdings bleibt der Unterhaltungswert irgendwo in den Startlöchern und selbst die historische Komponente bleibt aufgrund dieses Briefromans allzu fragwürdig. Für geschichtsinteressierte Leser, die sich mit der Person und dem Herrscher Augustus schon befasst haben, ist dieser Roman absolut überflüssig, fast schon ärgerlich. Für die Nicht-Historiker mag der Roman allerdings anspruchsvoll und interessant sein.

Der strukturierte Aufbau ist klassisch eingerahmt zwischen Pro- und Epilog. Natürlich interpretiert der Autor John Williams die Machtkämpfe nach dem Tode Cäsers und dem Aufstieg des Octavian zum Kaiser Augustus. Politische Intrigen, Strategie und taktisches Verhalten verschiedener historischer Persönlichkeiten werden thematisiert. Die historischen Ereignisse stelle ich hier und jetzt nicht dar. John Williams beschreibt in „Augustus“ auch die Privatperson und seine Beziehungen.

Am Ende des Romans gibt es eine Aufstellung der historischen Persönlichkeiten, denen man in diesem Buch begegnet. Natürlich kommt auch der Name „Cleopatra“ vor. In der historischen, römischen Geschichte keinesfalls eine dramatische Fußnote.
Fazit
„Augustus“ von John Williams ist ein überschätztes Werk. Befasst man sich mit der historischen Persönlichkeit des Kaisers, so ist dieser Roman absolut überflüssig. Spannung – ist hier nicht gegeben. Es gibt amüsante Passagen innerhalb der Briefe, wenn diese allzu flapsig dargestellt sind. Der Unterhaltungswert ist faktisch nicht anwesend. Die gesamte Atmosphäre sehr spröde und teilnahmslos.
Absolut nicht zu empfehlen. Weder mit einer Historischen, noch mit einer unterhaltsamen Komponente versehen.

Michael Sterzik


Samstag, 28. Juli 2018

Das Labyrinth des Blutes - Alex Thomas


Der Feind meines Feindes ist mein Freund?! Stimmt diese These? Sind Mörder von Serientätern, von Kinderschändern „kriminell“ ? Vor der Justiz in jedem Fall - Staatsanwalt, Richter und Henker in einer Person zu sein, ist gesetzlich nicht akzeptabel. Allerdings wie verhält es sich mit der Moral in diesem Fall? Ist der Gerechtigkeit damit genüge getan, dass kriminelle Subjekte endgültig von einem Rächer beseitigt werden? Wo fängt die Gerechtigkeit an, wo gerät sie an ihre gesellschaftlichen und ethischen und moralischen Grenzen? Die Begrifflichkeiten der Worte „Gut“ und „Böse“ vermengen sich und wie interpretiert man das entstandene „Delta“?

Schon längst faszinieren uns in der Literatur und im Film, die Bösewichter, die Einzelgänger, die Figuren, die in ihrem persönlichen Gut-Böse-Labyrinth irgendwie den Ausgang verpasst haben?! Sie personifizieren mitunter eine Stärke, nicht nur physisch, sondern auch psychisch, die beeindruckt. Doch so ganz einfach, ist das nun auch wieder nicht. „Gut“ und „Böse“ sind nicht einfach festen Gesetzen zuzuordnen – die Perspektive, die Motive sind mitunter und auch nur ein erklärendes Argument.

Das Autorenduo Alex Thomas thematisiert diese Brisanz in ihrem neuesten Titel: „Das Labyrinth des Blutes“ erschienen im Verlag Edition M. Nach dem ersten Roman: „Die Tränen der Kinder“ bekommt es nun die ISA Agentin Paula Tennant mit dem Serienkiller „Ghost“ zu tun, der als Richter und Henker, Kinderschänder ihrem Schöpfer näherbringt. Eine blutige Spur, die quer durch Europa, nun die Metropole London erreicht hat.  
Auch der zweite Teil, dieser neuen Reihe überzeugt. Die Spannungsmomente sind gut bis zum Showdown verteilt, die Figuren verdammt gut positioniert. Timing und Prozesse der Erzählkunst in einer faszinierenden Kombination. Allerdings muss ich sagen; ist die charakterliche Zeichnung des „Ghost“ und die Figur des Robert Bernstein ungemein tiefer, als die von der eigentlichen Hauptfigur, die manchmal etwas in einer Nebenrolle abdriftet. Das ist aber gar nicht schlimm, sondern ausgesprochen genial und fördert ohnehin die vorhandene, spannende Grundstimmung.

Es liegt auf der Hand, dass das Universum in dem sich Paula Tennant bewegt und ermittelt, komplex aufgestellt ist. Einzelne erzählerische Elemente des ersten Bandes  und die jüngste, traumatische Vergangenheit der jungen und exzentrischen Agentin finden hier einen festen inhaltlichen Platz. 

Der Bezug zur Realität ist auch gegeben. Das Ermittlungsorgan der ISA gibt es nicht, wohl aber übergeordnete, europäische Vereinigungen der Polizeibehörden, die länderübergreifend Daten austauschen und kommunizieren. Wie effektiv das allerdings ist, mag ich nicht zu bewerten. Ebenfalls ist das thematisierte DarkNet keine Fiktion, sondern grausame Realität. Im Darknet werden unsere schlimmsten Ängste und Triebe mit digitalisierter Unterstützung zu reellen Albträumen. Menschen- und Waffenhandel, Drogen, Mordaufträge, Kinderschänder, Okkultismus und vieles mehr. All das wird dort gehandelt, ge- und verkauft. Die Anonymität schützt – und längst vermutet man, dass hochrangige Politiker und Wirtschaftsbosse, ggf. die Kirche hier involviert ist. Eine Loge des „Bösen“, eine Elite des Grauens, mehr Fakt als Fiktion.

Das Autorenduo Alex Thomas, dass sich sowieso gerne mit Mythen, Verschwörungen und was-wäre-wenn-thesen befasst, hat mit dem zweiten Band: „Das Labyrinth des Blutes“ einen hochklassigen Spannungsroman verfasst.

Es gibt aber auch ein paar wenige Kritikpunkte. Es wäre interessant gewesen, wenn der Ghost selbst in der Handlung persönlich zu Wort gekommen wäre. Auch die Symbolik – Alpha und Omega – und die Vereinigung, die zweifelsfrei dahintersteckt, hätte man mehr Einfluss geben können. Der Grundgedanke, das Fundament birgt so viel Potenzial – über alle Grenzen Europas und der Gesellschaftsschichten hinweg interpretiert, eine interessante Spielwiese, die gar nicht so fiktiv sein mag.

Fazit

„Das Labyrinth des Blutes“ von Alex Thomas ist ein hochklassiger, geistreicher Pageturner. Er hätte ruhig noch 200 Seiten stärker ausfallen können. Fakten und Fiktion mit einer verschwörerischen Note in Kombination, versprechen spannende Stunden. Prädikat: exzellent – und bitte mehr.

Michael Sterzik

Freitag, 27. Juli 2018

Der Tag X - von Titus Müller


Titus Müller beschreibt den „Tag X“ – der 17. Juni 1953 außerordentlich bewegt und nachhaltig. Jetzt 65 Jahre später, kann die jetzige Generation es nur beschwerlich begreifen, dass Deutschland geteilt war, dass acht Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg unsere Republik aufgeteilt war, und uns die Besatzungsmächte Amerika, Frankreich, England und Russland kontrollierten. Ebenfalls schützen und unterstützen sie uns im Wiederaufbau. Auch das sollte man keinesfalls vergessen. Es war auch eine Zeit der charismatischen Politiker: Adenauer, Churchill, Beria und Chruschtschow. Letztere kämpften um das Erbe von Stalin, bzw. versuchten die Trümmer seiner Herrschaft aufzuräumen.

Die DDR entstand 1949. Berlin war aufgeteilt in Besatzungszonen – der Osten wurde praktisch durch den Kreml regiert. Die westliche Region stand unter dem Schutz der drei übrigen Alliierten

Der Tag X gehört zur jüngeren deutschen Geschichte. Titus Müller nimmt den Leser mit in eine Vergangenheit, die wir kaum für möglich halten. Surreal, unglaubwürdig, erschreckend – so könnte man das Leben und Sterben in der damaligen DDR bezeichnen. Ein Regime des organisierten, staatlichen Terrors, aufgezwungene Lebensbedingungen und dann der Versuch am 17. Juni 1953 gemeinsam aufzustehen und es gewaltsam zu ändern.

Der Autor Titus Müller beschreibt in seinem Titel: „Der Tag X“ – die politischen und gesellschaftlichen Strukturen, die dann zu Unruhen führten. Brillant lässt der Autor dieses schmale Zeitfenster aus der Perspektive von unterschiedlichen Figuren spielen. Nelly Findeisen, ihr Vater, ein Wissenschaftler – verschleppt um für Russland zu forschen und zu entwickeln, hat es schwer im Alltag. Aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einer kirchlich orientierten Jugendorganisation, wird sie kurz vor dem Abitur, der Schule verwiesen. Das Regime der DDR kennt keine Gnade, hat kein Verständnis und regiert durch Einschüchterung, Verfolgung, Folter und später auch Mord.

Titus Müller nimmt sich ebenfalls viel Zeit für die große und internationale Politik. Das Erbe Stalins und die späteren Machtkämpfe thematisierte er eindrucksvoll. Er spiegelt den Einfluss der damaligen UDSSR auf die ostdeutsche Regierung wieder. Er lädt uns ein, die Gedankenwelt in Momentaufnahmen von Konrad Adenauer zu begleiten. Absolut spannend ist zu lesen, wie der russische Geheimdienst operierte. Faszinierend wie einfallsreich und teilweise Morbide diese ihre technischen Möglichkeiten einsetze und auch die Liquidation von „verbrecherischen“ Elementen , als eine Selbstverständlichkeit ausübte.

Die größtmögliche Intensität ist das vom Autor das beschriebene Alltagsleben der Bürger der DDR. Erschreckend dabei auch, die Propaganda, die instrumentalisiert eine ganz andere Wahrheit zeigen soll. Schwer zu glauben, dass Menschen wirklich so etwas als tatsächliche Realität empfunden haben. Wenige Hunderte von Metern entfernt in westlichen Bereichen gab es eine andere Welt, die sich krass anders darstellte. Für  viele Bewohner das Paradies, für die Bewohner der DDR eine kapitalistische Hölle und das personifizierte Böse. Dieser fanatische Idealismus ist erschreckend. Das Regime der UDSSR , der die DDR mit harter Hand steuert, um die Anzahl der in den Westen Flüchtender Personen gegenhalten möchte. Die manipulative Aggressivität der Stasi um die Einwohner linientreu einzuschwören, ist stark erzählt.

Titus Müller gibt keine Bewertung ab, seine Figuren sind auch nicht einfach in einem schwarz/weiß Raster einzuordnen. Motive, Ideale, Überzeugungen – in Kombination mit einer verletzbaren Menschlichkeit erzählt der Autor des Titels: „Der Tag X“ vorbildlich und äußerst trefflich.

Fazit

„Der Tag X“ ist ein großartiger Roman, der wie ein helles und nachhaltiges Echo, die jüngste Vergangenheit reanimiert. Nicht nur unheimlich spannend und mitreißend, sondern auch eine sinnbildliche Prägung darüber nachzudenken, was am Tag des 17. Juni 1953 stattgefunden hat. Ein Denkmal für die mutigen Menschen – ein Mahnmal und eine Mahnung für die Freiheit einzustehen.

Michael Sterzik



Samstag, 21. Juli 2018

Die Macht des Präsidenten - Tom Clancy - von Mark Greaney

Im Kalten Krieg gab es das immer mal wieder gefährdete und instabile „Gleichgewicht“ der Supermächte USA und UDSSR . Es gab Stellvertreterkriege, und die Lieferung damaliger hochmoderner Waffen an verschiedene Staaten, war ein lukratives Geschäft. Die Händler des Todes wurden reich – und nicht wenige profitierten wirtschaftlich und sowie politisch von den Kriegen auf ganz anderen Kontinenten. 

Gehen wir ein paar Schritte in der Zeitrechnung weiter. Die Weltpolitik und der Frieden stehen aktuell auf Messers Schneide. Politische Auseinandersetzungen könnten durchaus zu Kriegen führen. Gibt es ein Gleichgewicht zwischen den Supermächten der Vereinigten Staaten und Russland? Wie würde sich die Nato verhalten, sollte Russland sein Einflussgebiet mit militärischer Gewalt versuchen zu vergrößern? Über den Osten – über Litauen vielleicht, oder über den Balkan würde sich der russische Militärapparat aggressiv bewegen? 

Die Romane des verstorbenen Autors Tom Clancy waren fast schon prophetisch. Der Autor hat politische und militärische Szenarien beschrieben, die manchmal von der Realität eingeholt worden sind. Nach seinem Tod – geht die Reihe um die berühmteste Figur von Clancy – Jack Ryan weiter. Das schriftstellerische Erbe liegt nur bei dem amerikanischen Autor Mark Greaney, ebenfalls ein militärischer und politischer Experte. 

„Die Macht des Präsidenten“ von Mark Greaney ist der zwanzigste Roman aus dem Jack Ryan Universum. Wie schon bei Tom Clancy lässt der Autor auch in dem vorliegenden Band, die aktuelle Weltpolitik auf einer ganz realistischen Bühne spielen. 

Es ist leider aber auch nicht verwunderlich, dass der Autor sich eines klassischen Klischees bedient. Die guten Vereinigten Staaten von Amerika gegen den bösen, östlichen Widersacher Russland. Okay, die Grenzen sind damit klar gesteckt.

Die Handlung ist relativ fix erklärt. Der amtierende, russische Präsident ist im Zugzwang –  das Vermögen seine Gönner und Förderer ist durch westliche Sanktionen quasi eingefroren. Das regimetreue Volk ist unruhig, also müssen Erfolge her – wirtschaftliche und militärische am besten und die russische Welt erstrahlt im neuen selbstbewussten Licht. Ganz so einfach ist das nicht. Es gibt da noch die Schattenwelt der Geheimdienste, dann noch dubiose finanzpolitische Situationen, bevor alles in einen kriegerischen Schlagabtausch endet. 

„Die Macht des Präsidenten“ ist ein Actionthriller, mit satter Unterstützung von intriganten, politischen Machtspielchen. Ein direktes Duell der Präsidenten auch auf dem medialen Schlachtfeld. Im Krieg ist eben alles erlaubt – und hier werden alle Karten ausgespielt, ein Poker anmutendes Schachspiel. 

Die Story splittet sich in mehrere Ebenen auf, dass erhöht die Spannung ungemein. Der Leser wird sowieso das Gefühl haben, dass er auf einem Pulverfass platzgenommen hat – die Atmosphäre ist drastisch spannend. Die bekannten Charaktere sind sowieso mit an Bord – hier gibt es keine Überraschungen. Die Person des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika: Jach Ryan – ist diesmal in Höchstform. Ich hoffe, dass dieser Charakter in den kommenden Romanen viel mehr an Gewichtung erreicht. Diese ständigen geheimdienstlichen Abenteuer seines Sohnes sind oft ermüdend und sind  immer nach dem gleichen Schema gestrickt. Hier muss und sollte bald mal etwas Abwechslung stattfinden. 
Okay – die Handlung ist allzu realistisch, dass wissen wir ja bereits, doch auch die Protagonisten des Romans haben aktuell noch lebende Vorbilder. Der Russische Präsident hat eine sehr, sehr ähnliche Vita, wie sein tatsächlicher Akteur – Wladimir Putin. Frech, frech Herr Greaney – aber verdammt gut gelungen. Überhaupt spiegelt die Handlung, dass jetzige Russland auf politischer Ebene gut wieder. 

Das ist mit Sicherheit auch so gewollt – ein überzeichnetes Spiegelbild, leicht verzerrt, aber deutlich erkennbar. 

„Fazit“

„Die Macht des Präsidenten – Tom Clancy“ von Mark Greaney ist nicht der beste seiner Reihe, aber überzeugt voll und ganz. Es ist an der Zeit – die Action ein wenig einzudämmen und diese erzählerischen Elemente in einer politisch geprägten Handlung auszubauen. 

Jack Ryan zeigt sich in diesem Roman – als konsequenter, laut und direkt agierender Präsident. Hochintelligent – etwas impulsiv und einige Amerikaner werden sich beim lesen diesem Titels ein Wechsel der realen Präsidentschaft wünschen. J

„Die Macht des Präsidenten“ ist einer der spannungsreichsten Thriller in diesem Jahr. Ein Thriller den man gelesen haben muss. 

Michael Sterzik 




Freitag, 13. Juli 2018

Die 7 Kreise der Hölle - Uwe Wilhelm


Menschenhandel – Prostitution – Versklavung – Folter – immer noch aktuelle, grausame Themen in manchen Regionen unserer Welt, die eigentlich zivilisierter sein sollte. Jedenfalls behauptet man das immer mal wieder. Es sind die kriminellen Parallelwelten, die immer Mal wieder die gesellschaftliche Oberfläche erreichen. Es gibt sie und mitunter verbergen sich Charaktere aus der Politik, der Wirtschaft und der Religion. Getrieben von urbanen, brutalen Ideen, ein Bedürfnis seine Ängste, die Wut zu kanalisieren, sind solchen Menschen alle Mittel Recht.

Uwe Wilhelm greift diese Thematik in seinem neuesten Buch: „Die 7 Kreise der Hölle“ auf. Nach dem ersten Teil: „Die 7 Farben des Blutes“ geht es nun mit der Protagonistin – die Figur der Staatsanwältin Helene Faber weiter.

Der Autor lässt Helene Faber und ihren Ex-Mann Robert in abgrundtiefe, grausame Höllen hinabsteigen. Ja es wird persönlich und Frau Faber sieht Rot – und lässt die Göttin des Rechts - Justitia hilflos stehen. Selbstjustiz – und das getrennte Ehepaar jagen gemeinsam, die Entführer ihrer Töchter. Ankläger – Richter – Henker – das Ehepaar ist rücksichtslos und verfolgt die Rettung ihrer Kinder konsequent und mit allen Mitteln. Das sie dabei ebenfalls zu Mördern werden, dass sie sich der Folter bedienen, lässt sie dabei nicht unbedingt sympathisch erscheinen.

Auch psychologisch gesehen, verlangt „Die 7 Kreise der Hölle“ den Leser einiges. Thematisch sowieso am Rande des Erträglichen, gibt es radikale Gewaltexzesse und die erzählerische Perspektive des Martyriums der entführten Töchter, ist psychologisch gesehen, nachhaltig effektiv. Die Grundidee einer verschworenen Gemeinschaft, mit Personen des öffentlichen Lebens aus vielen sozialen und beruflichen Schichten unseres Sozialsystems, ist nichts Neues. „Der Club der Humanisten“ wie dieser hier genannt ist, bleibt in einer Schattenwelt verborgen. Schade, denn über eine Organisation und über die Motive der Mitglieder wäre dies ein spannendes Thema gewesen. Hauptsächlich handelt es sich bei der Story um eine actionreiche Schnitzeljagd, eine Blut- und Leichenspur. „Die durch die Hölle“ gehen wird zu einem Mantra für Helena und Robert Faber. Aber nicht nur Leichen pflastern ihren Weg – auf der Strecke bleiben auch die Vernunft, die Moral, die Ethik und das Vertrauen und realistischer wird die Story dadurch auch nicht. Eine respektable Realität, eine authentisch-glaubhafte Story beinhaltet „Die 7 Kreis der Hölle“ nicht. Plakative Gewalt in Kombination mit psychologischem Terror und Simsalabim fertig ist der Bestseller?

Die Spannung verliert sich in einem Irrgarten der Gewalt – schade. Vielleicht etwas mehr Handlung, weniger ungeschickte aggressive Verhandlungen mit Schusswaffen wären hier vonnöten gewesen. Es gab auch wenige Charaktere, die tiefsinnig konzipiert wurden – einzig und alleine die Figur von Rashid Gibran, leider nur ein blasser Nebencharakter hatte die Möglichkeit hier wirklich zu faszinieren. Doch dieser blieb jenseits aller Chancen.
„Die 7 Kreise der Hölle“ endet allerdings höllisch logisch. Allerdings sind die Kreise noch nicht gänzlich geschlossen. Dieser Part ist erstaunlicherweise überraschend gut gelungen – und „Good“ und „Evil“ zeigen sich mit vielen Schattenseiten. Atmosphärisch absolut stark beschrieben und das der Autor Uwe Wilhelm eine nicht erwartete Ausfahrt nimmt, kommt einen geplanten dritten Teil sehr gelegen.

Fazit

„Die 7 Kreise der Hölle“ von Uwe Wilhelm ist der Eingang zu  einer höllischen Odyssee. Zwar nicht 10 Jahre – aber mindestens 10 Stunden spannender Unterhaltung, die durchaus noch hätte besser sein können. Wir hoffen mal auf mehr Handlung, etwas weniger Blut und einen wirklich intelligenten Widersacher.

Michael Sterzik