Donnerstag, 24. Oktober 2019

Die Diagramm des Bösen - Axel Petermann und Claus Cornelius Fischer


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Was, oder wer verkörpert das „Böse“? Werden wir zu Killern, zu Mördern durch traumatische Erlebnisse in unserer Kindheit, vielleicht auch über unsere Erziehung – wenn wir wenig Liebe empfangen, sondern nur Hass, Gewalt und die daraus resultierende Angst kennenlernen!? Werden wir schon „böse“ geboren – sind die Erbanlagen, unsere DNA für eine solche Programmierung verantwortlich?! Es gibt inflationäre Forschungsergebnisse und Gutachten, zu solchen Themen. Psychologen, Neurologen sind schon lange auf der Suche nach Auslösern und Botschaftsträgern die den Täter ggf. plötzlich durchknallen lassen, oder  warum sich das „Böse“ in uns, sich seit Kindheitstagen mit entwickelt.

Es gibt keine grundlegenden Wahrheiten dazu – es gibt Wahrscheinlichkeitsrechnungen, Statistiken und wissenschaftliche Interpretationen. Doch es sind die „Bösen“ – die mörderischen Taten die einen Menschen zu einer Bestie machen können.

Im Verlag Knaur haben die beiden Autoren: Axel Petermann und Claus Cornelius Fischer ihren zweiten True-Crime-Thriller – Die Diagramme des Todes“ veröffentlicht.

Du bemerkst mich nicht – dabei habe ich dich längst auserwählt: Ich beobachte dich. Ich sehe nachts durch dein Fenster. Ich folge dir auf der Straße. In die Tiefgarage. In den Fahrstuhl. Ich kann einfach nicht anders; ich muss dir nahe sein. Wenn meine Fantasien nach dir rufen, muss ich nicht einmal an deiner Tür klingeln. Denn dann habe ich bereits aufgehört, dir zu folgen. Ich gehe einfach in deine Wohnung, lege mich in dein Bett, rieche an deiner Wäsche, esse aus deinem Kühlschrank. Ich bin bereits da, wenn du nach Hause kommst. Ich bin da, um dir meine Träume zu schenken – immer wieder, bis du alles willst, was ich auch will. Weil du sonst zu früh sterben musst, doch das weißt du noch nicht. Erst ganz am Ende musst du sterben, weil ich dich töten werde ...«

In seinem zweiten True-Crime-Fall bekommt es Hauptkommissar Kiefer Larsen mit einem perfiden Serienmörder zu tun, der exakte Diagramme vom Realisieren seiner Fantasien zeichnet, um die Emotionen bei seinen Morden immer wieder erleben zu können und seine Lust am Töten maximal zu steigern.(Verlagsinfo)

Wie schon im ersten Band dieser außergewöhnlichen guten Thriller-Reihe haben die Autoren, die Namen der Opfer und des Täters verfremdet, doch die geschilderten Ereignisse haben in den 90er Jahren tatsächlich in Bremen stattgefunden.

„Die Diagramme des Todes“ ist ein hochspannender True-Crime-Thriller. Authentisch – eine beklemmende Atmosphäre, die die Story trägt und eine außerordentlich gute Charakterzeichnung.

Der Leser des Titels wird zwar sofort damit konfrontiert wer der Täter ist, allerdings trägt sich Story über die immer heftigeren Morde in einem überschaubaren Zeitfenster und über die Emotionen und Perspektiven der erzählenden Personen. Gerade dieser Wechsel der Perspektive – Täter – Opfer – Kriminalkommissar erhöhen die Spannung immens.

Der Täter erzählt; von seinen Empfindungen, seiner Lust zu töten, schildern den Aufbau seiner mörderischen Fantasien, dem Realitätsverlust der schließlich eskaliert. Seine eigene Persönlichkeitsanalyse ist erschreckend, seinen inneren Schrei nach Geltung und Aufmerksamkeit, und vor allem nach Liebe – und trotzdem hat er sich darauf programmiert, brutal zu töten und zu verstümmeln.
Ebenfalls kommen die Opfer zu Wort – wenige Minuten bevor sie ihren Mörder begegnen und schließlich schildern sie ihre Angst und ihr eigenes sterben....

Diese beiden Parts – Täter und Opfer sind in aller Konsequenz und im Detail erzählt. Nicht um den Leser vor Abscheu das Buch wegzulegen, sondern um das Böse – so eiskalt und grausam darzulegen. Wir erinnern uns – wir sprechen hier von einem True-Crime-Thriller – und die Fakten sind manchmal grausamer als jegliche erdachte Fiktion. Trotzdem geht es an die Substanz – es ist hart und brutal – kompromisslos demaskiert sich das „Böse“ und ja, es wird den Leser erschrecken.

Doch auch die Kriminalpolizei – hier Kommissar Kiefer Larsen – lassen uns einen Blick in dessen Gedankenpalast und in deren Seele werfen. Auch hier ist Wahrheit alles andere als leicht zu ertragen. Die beiden Autoren und das finde ich außerordentlich gut gelungen, konfrontieren den Leser mit der Angst, dem erlebten Grauen, dem internen und äußeren Druck den Täter zu finden, um die Serie zu stoppen. Das „Böse“ hinterlässt Spuren auch in den Seelen der Ermittler und diese finden immer einen kleinen Spalt zum Privatleben des „Menschen“.

Die beiden Autoren beschreiben alle handelnden Personen als „Menschen“ – nicht als glänzender Held, oder verzweifelter Antiheld, nicht als ein klischeebehafteter Mörder und die Opfer sind auch nicht nur „Material“, dass man der Spannung wegen aufgestellt und beseitigt hat.

Handlung und Figuren sind somit perfekt in Szene gesetzt und verteilen die Spannung auf mehrere Schultern.

„Die Diagramme des Todes“ ist ein spannender Thriller – ein emotionaler Kriminalfall, der viel durch die vielfältigen Erzählperspektiven überzeugt.

Fazit

Ein harter, kompromissloser True-Crime-Thriller, der das „Böse“ zu erklären versucht und konsequent bei jeder Person Spuren hinterlassen wird. „Die Diagramme des Todes“ ist nach dem ersten Band: „Die Elemente des Todes“ eine Steigerung.

Stil – Ausdruck und Sprache haben sich in der Zusammenarbeit der Autoren gefestigt. Die psychologische, erzählerische Wucht ist brutal offensiv gewählt.

Einer der besten Pageturner im Genre –„True Crime-Thriller“.

Michael Sterzik






Montag, 21. Oktober 2019

Die geteilten Jahre - Matthias Lisse


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Im November dieses Jahres schauen wir einmal 30 Jahre zurück auf das Jahr 1989.

Der Fall der Mauer – die Auflösung der DDR, der Anfang vom Ende einer deutsch-deutschen Trennung und der erste Schritte zu einer Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Ein historisches Datum.

Ein Jahr später – 3.10.1990 die Wiedervereinigung.

Die Vergangenheit ist allerdings gar nicht so weit entfernt von uns. Was sind schon 30 Jahre? Nur die nun schon älteren Menschen denken in diesen Tagen, rückblickend an die Ereignisse in Berlin und Prag. Die Öffnung der Grenzen – ein emotionaler Moment für Menschen, die jahrzehntelang voneinander durch eine Mauer, Selbstschussanlagen, Stacheldraht, Mienen und einem Schießbefehl getrennt worden sind. Familien, Freunde, die wenige Möglichkeiten hatten über die Grenze zu kommunizieren, und wenn dann nur unter der Zensur einer sogenannten sozialistischen DDR. Wir erinnern uns an Tränen des Glücks, an die Rufe, an diese verzweifelten Schreie nach Freiheit und den kompromisslosen Willen friedlich einer „Zukunft“ entgegenblicken zu können.  

Was wissen unsere Kinder, oder schon junge Erwachsene, über das damalige Leben im Osten Deutschlands? Es gibt nun keine Grenzen mehr, es gibt keine staatliche Willkürlichkeit mehr, keine Denunziation von Regimekritischen Menschen, keine Todesstrafe und keine Beschneidung von Menschenrechten. Unserem Land geht es gut – wir leben in einem Sozialen System, dass auch die schwachen und verlorenen Menschen auffängt, wir konsumieren – wir importieren und exportieren....ein Überfluss, ein Überangebot das sich uns präsentiert. Aber wissen wir all das auch zu schätzen?

Erzählen wir unseren Kindern von diesem staatlichen Gefängnis hinter einer Mauer, in der  zwar auch deutsch gesprochen aber anders gedacht wurde?! Eine Mauer, die nicht nur Menschen einschloss, sondern auch Ideen, Visionen und Träume einengte. Ein staatliches, kriminelles System, dass unzählige Menschen den Tod brachte, weil sie „frei“ sein wollten, oder offen Kritik äußersten. Schwer vorstellbar – nicht fassbar.  

Berlin 13. August 1961
Der Traum vom „Arbeiter- und Bauernparadies“ ist ausgeträumt, und wie viele andere haben Wolfgang Leipold und seine Frau nur ein Ziel: die DDR, zusammen mit ihrem kleinen Sohn Marcus, so schnell wie möglich zu verlassen. Doch ihr Entschluss kommt zu spät, denn mit der Errichtung der Mauer ist ihnen der Weg in die Freiheit versperrt und jeder Gedanke an eine Flucht aus der DDR so gut wie unmöglich. Jahre später träumt Marcus, inzwischen verheiratet und Vater einer Tochter, ebenfalls davon, in den Westen zu gehen, doch zunächst gelingt es nur ihm, diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Wie aber soll er es schaffen, seine Frau Imke und die kleine Jessica zu sich zu holen?

Neue Hoffnung keimt auf, als im September 89 Tausende DDR-Flüchtlinge die Prager Botschaft stürmen – darunter auch Imke und ihre Tochter …(Verlagsinfo)

Matthias Lisse hat in seinem autobiographischen Roman: „Die geteilten Jahre“ – die Erlebnisse seiner Familie und seiner Person selbst dokumentiert. Der Autor sagt von sich aus, dass er diesen Roman eigentlich nie schreiben wollte -  zu viel Erinnerungen an Schmerzen, Angst und Verlust...nachvollziehbar wenn man den Roman gelesen hat.

Die geteilten Jahren ist ein wichtiges Stück „Zeitgeschichte“ – dass vom einfachen und unbequemen Leben berichtet, in der das „Leben“ unter Willkürlichkeit, Angst, Drohungen und Lügen jeden Tag offensiv fortgelebt wurde.

Matthias Lisse demaskiert die DDR – eine Offenbarung, in der „Lügen“ unter dem Deckmantel des Sozialismus, den einfachen Menschen Grenzen setzte. Ein Minikosmos in der die Wahrheit nicht zählte, in der die Angst vor der privaten und beruflichen Vernichtung vorherrschte. Mängel in der Versorgung der Bevölkerung, mit Waren und Dienstleistungen, die für uns immer selbstverständlich waren und sind. Ein Konstrukt – aus Lügen und Manipulation und Selbstbetrug, sodass man beim Lesen dieses Titels noch immer eine Gänsehaut bekommt. Spannend ist der Titel allemal. Informativ und aufwühlend, ehrlich und ohne Theater...

Matthias Lisse erzählt von seinem Schrei nach Freiheit, einem inneren Widerstand, der sein Leben auch nach außen hin, immer wieder Grenzen setzt. Doch der Mut seiner Frau, seiner Tochter und ihn, lassen ihn alle Mauern überwinden. Die einer Botschaft in Prag, die der eigenen Grenzen und die einer staatlichen Bevormundung.

Chronologisch schildert der Autor, ganz ohne wilde Spekulationen und Halbwahrheiten seine erlebten „Fakten der Vergangenheit“. Vom Aufbau einer Mauer, bis zu der Kapitulation und dem Zusammenbruch des Arbeiter- und Bauernparadieses.

„Die geteilten Jahre“ sind eine dramatische Zeugenaussage, ein Zeitzeugnis, dass man unbedingt lesen, oder vielleicht auch einfach mal in der Schule vorlesen sollte. Wir Menschen haben leider das Talent vieles verdrängen zu wollen – doch gerade jetzt in dieser Zeit, mit einer aktuellen, politischen und sozialen Unruhe, sollten sich gerade die Mitbürger aus dem Osten Gedanken, zu Ihrer Vergangenheit machen.

Matthias Lisses: „Die geteilten Jahre“ ist eines der wichtigsten Bücher in diesem Jahr. Nicht nur weil wir bald einen historischen Jahrestag haben – sondern weil es auch ein interpretiertes „Fingerpointing“ sein kann.

Haben wir alle schon vergessen, warum Menschen unter Lebensgefahr flüchten wollten, einem Regime den Rücken kehrten der Gesetz und Recht nur willkürlich durchsetzte. In dem die Bewohner eines Staates zu Gefangenen wurden, zu Geiseln einer Misswirtschaft, der von den Devisen des Klassenfeindes überleben konnte!?

Lesen Sie bitte „Die geteilten Jahre“ von Matthias Lisse und werden sich bewusst woher viele von uns kommen, welche Ängste das Leben prägte, welche Entbehrungen es im täglichen Leben gab...usw.

Was ich vermisste, war das Nachwort des Autors – ich würde empfehlen, dieses bei einer der nächsten Auflagen, nachzuholen. Es wäre wichtig. J

Fazit

„Die geteilten Jahre“ von Matthias Lisse vereint die Vergangenheit und die Gegenwart eines Staates der Menschen getrennt hat. Ein Offenbarungseid, ein Hosen-runter-lassen, dass emotional bewegt. Ein Zeitzeugnis, in dem wir uns selbst erkennen können. Eine Warnung, dass Widerstand nötig ist um Grenzen einzureißen. Ein Schrei nach Freiheit – dessen Echo man nach dem Lesen noch immer hört.

Michael Sterzik

Samstag, 19. Oktober 2019

Zimmer 19 - Marc Raabe


Der vorliegende und aktuelle Band „Zimmer 19“ von Marc Raabe, ist der zweite Thriller aus der „Tom Babylon Reihe“.

Wie auch schon im ersten Teil: „Schlüssel 17“ sind die Kriminalbeamte allen voran Kommissar Tom Babylon in die Geschehnisse bis über beide Ohren involviert. Dieses Storytelling setzt sich dann im Folgeband nahtlos fort. Spannend allemal – aber zu unrealistisch konzipiert. Abgesehen davon, dass nach Tom Babylon, nun auch die Polizeipsychologin Sita Johanns involviert ist. Natürlich gibt es „Kommissar Zufall“ – aber der Autor Marc Raabe übertreibt es maßlos. Zum einen reißt die Suche nach seiner vermissten Schwester Viola immer noch nicht an, und noch immer kommuniziert er mit ihrem imaginären Geist. Diese erzählerische Passage beginnt dann irgendwann arg zu nerven. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass neben Sita, nun auch einer der besten Freunde von Babylon etwas mit dem aktuellen Fall zu tun hat.

Sorry, dass wird mir dann etwas zu fantastisch und zu künstlich konstruiert.

Auf der Eröffnungsveranstaltung der Berlinale wird zum Entsetzen aller ein Snuff-Film gezeigt. Das Opfer: die Tochter des Bürgermeisters Otto Keller.
Tom Babylon vom LKA und die Psychologin Sita Johanns ermitteln unter Hochdruck. Doch eine Gruppe von Prominenten um Keller mauert. Was hat der Bürgermeister zu verbergen? Und wer ist die Zeugin, die aussieht wie Tom Babylons vor Jahren verschwundene Schwester? Die Ereignisse überschlagen sich, als ein weiterer Mord passiert. Plötzlich stellt Sita Johanns fest, es gibt eine Verbindung zwischen ihr und den Opfern: Ein furchtbares Ereignis in ihrer Jugend - und die Zahl Neunzehn. (Verlagsinfo)

Der Roman „Zimmer 19“ erzählt sich aus zwei Perspektiven. Einmal die der Gegenwart und die Vergangenheit von Sita Johanns. Die Rückblenden in die Vergangenheit sind allerdings atmosphärisch spannender und interessanter erzählt.

Marc Raabe hat im Grunde eine tolle Grundstory gefunden, verrennt sich allerdings in die abgefahrenen, nicht aufgelösten posttraumatischen Erlebnissen seiner beider Hauptfiguren. Sehr schade, dann der Plot hätte mehr wie großartig ausfallen können. Dadurch wird der Roman: „Zimmer 19“ zu einer unrealistischen Räuberpistole mit einigen logischen Löchern und Figuren, die eigentlich auf die Couch eines Psychologen gehören und nicht an Ermittlungen teilnehmen dürften.

Fakten vs. Fiktion: Ergebnis 5:1 für die Fiktion. Der Unterhaltungswert ist allerdings recht hoch, auch wenn es erzählerische Längen gibt. Ich bin mal gespannt auf den dritten Band, der hoffentlich diese Reihe abschließen wird. Im abschließenden wird es sicherlich noch weitere „Leichen im Keller“ der Protagonisten geben – der Phantasie sind ja keine Grenzen gesetzt.

Fazit

Schade – Chancen vertan – trotzdem lesenswert, wenn man mal kurz die Logik und Vernunft ausschaltet.

„Zimmer 19“ von Marc Raabe ist ein spannender Thriller. Zuviel gezwungene auferlegte Dramatik für die Figuren. Zuviel Theatralik – viel zu unrealistisch.

Michael Sterzik


Freitag, 11. Oktober 2019

Vespasian - Roms verlorener Sohn von Robert Fabbri


Die Reihe um den Aufstieg des flavischen Kaisers Vespasian, setzt sich nun auch im 6. Band fort – Roms verlorener Sohn.

Der vorliegende Band schließt erzählerisch allerdings eine Lücke im Lebenslauf des zukünftigen Kaisers Vespasian. Eine Lücke von 12 Jahren, in den der Autor Robert Fabbri sehr viel interpretativen Spielraum lässt. Wie auch – wenn die Quellenlage mehr wie dürftig ausfällt?!

Entstanden ist dennoch ein spannender Abenteuerroman, der sich jetzt schon darauf konzentriert Vespasians Einfluss auf die römische Politik zu erhöhen. Noch immer herrscht Kaiser Claudius über das römische Imperium, doch seine Regentschaft neigt sich dem Ende zu. Schon längst spielen sich im Hintergrund Intrigen und Machtspiele ab, um Nero die Nachfolge zu sichern und den Rivalen Britannicus zu verdrängen.

Als zweiter und primärer Erzählungsstrang werden die Unruhen in Armenien viel Raum gegeben. Roms Erzfeind – das Parther Reich stiften im Osten an den Grenzen starke Unruhe. Es könnte früher, oder später zum Krieg dieser beiden Reiche kommen, die klugerweise allerdings auch wissen, dass ein Sieg über das jeweilige andere Land, den eigenen Untergang einläuten würde. Zu groß und unüberschaubar um sich zu verwalten um einen stabilen Frieden zu gewährleisten. Also etwas kalter Krieg und ein paar Scharmützel und Stellvertreterkriege um sich in den Fokus zu rücken und um selbstbewusste Stärke gegenüber seinen Untertanen zu zeigen. The Show must go on – und Vespasian mittendrin und somit kaltgestellt....

Die Reihe „Vespasian“ überzeugt nicht nur durch eine qualitativ hochspannende Story, sondern wird sehr personenbezogen erzählt. Natürlich dreht sich alles um „Vespasian“, doch neben dem militärischen und politischen Parkett, gibt es immer ein Wiedersehen von alten Freunden und Feinden. Vespasians Frau und Geliebte, seine heranwachsenden Kinder kommen ebenfalls zu Wort und sind charakterlich wirklich gut ausgebaut.

Doch nun ist auch an der Zeit, dass sich Vespasian ggf. seiner Bestimmung vergegenwärtigt. Er weiß, dass sich Nero nicht lange auf den römischen Thron halten wird. Zu viele Feinde – zu viele Neider – zu viel Wahnsinn in seiner Person, die sich schon jetzt ganz offen reflektiert. Vespasian der nach Jahren auf Schlachtfeldern und der Politik verschiedene Ämter innehatte, sieht nun seine Zeit gekommen. Lasst die Spiele beginnen – muss er sich denken und nun spielt er in im römischen „Game of Thrones“ mit.

Robert Fabbri stellt seinen „Helden“ Vespasian nicht in einem strahlenden Licht da. Im Gegenteil – charakterlich sehr kontrovers wirkt Vespasian nun nicht mehr naiv und unbeholfen, sondern wird sich seinen Stärken und seinen Einfluss bewusst. Kalt, berechenbar und manipulativ überschreitet er auch moralische und ethische Grenzen um seine Vorteile durchzusetzen.

Im letzten drittel des Romans, eskaliert das politische Geschehen und es kommt zum Anfang vom Ende einer Dynastie. Roms Politik und auch die Religion des Christentums wird thematisiert, sehr interessant und gut verständlich.

Fazit

„Vespasian – Roms verlorener Sohn“ von Robert Fabbri ist hochspannend. Hochspekulativ schließt er eine chronologische Lücke – aber durchaus logisch. Er stützt sich dabei auf Ereignisse, die zwar nichts mit der Person des späteren Kaisers zu tun haben, aber weder verbiegt er dabei die Fakten der Geschichte, noch „spinnt“ er sich irgendwas zusammen.

Nicht der stärkste Roman dieser Reihe – aber hochklassig erzählt.

Michael Sterzik