Linus Geschke ist seit den drei Kriminalromanen um den
investigativen Journalisten Jan Römer und seiner Kollegin „Mütze“ inzwischen
bekannt geworden. Seine Bücher sind feine, sehr durchdachte und komplexe
Kriminalgeschichten. Authentische Atmosphäre umgeben die feinfühlige Handlung,
die Protagonisten sind ebenfalls realistisch aufgestellt – die Storyline
besitzt einen souveränen Spannungsbogen.
Wir gehen als Leser immer davon aus, dass sich die Figuren
einer Romanreihe weiterentwickeln, dass muss es auch – alles andere wäre absurd
und würde jegliche nachhaltige Atmosphäre in Folgebänden faktisch
einäschern.
Doch wie ergeht es dem Autor? Bleibt er intellektuell in
einem Standby-Modus, ein Talent, dass er besitzt, aber es nicht ausschöpft?
Sind die späteren Romane inhaltlich thematisch exakt im gleichen Stil erzählt
und wie mit einer Schablone gezeichnet? Natürlich kommt dies in der
Belletristik in vielen Genres vor – im vorliegenden Roman „Tannenstein“ von
Linus Geschke, geht der erfolgreiche Autor nun neue Wege.
„Tannenstein“ ist der erste Band einer neuen Thriller-Reihe,
es gibt neue Figuren, neue Handlungen, eine völlig neue Atmosphäre – alles komponiert
von Linus Geschke, und um es vorab schon zu sagen, bevor ich enger darauf
eingehe – ein brillanter Entwicklungsschritt.
Inhaltsangabe
Wenn
der Wanderer kommt, sterben Menschen. Elf in Tannenstein, einem abgelegenen Ort
nahe der tschechischen Grenze. Ein Tankwart im Harz, eine Immobilienmaklerin
aus dem Allgäu. Der Killer kommt aus dem Nichts, tötet ohne Vorwarnung und
verschwindet spurlos.
Der
Einzige, der sich ihm in den Weg stellt, ist Alexander Born: ein Ex-Polizist
mit besten Kontakten zur Russenmafia. Einst hatte der Wanderer seine Geliebte
getötet, jetzt will Born Rache – und wird Teil einer Hetzjagd, die dort endet,
wo alles begann: Tannenstein. (Auszug- Verlagsinfo)
Der Prolog von „Tannenstein“ ist schon ein kleines
Feuerwerk. Eine derartige starke Atmosphäre die sich hier explosionsartig mit
intensiven Wellen durch die gesamte Story bewegt, ist mehr wie eindrucksvoll
erzählt. Die Spannung und das ist kristallklar zeichnet sich auch durch eine
realistisch erzählte Brutalität aus, nichts für zarte Nerven und Gemüter. Der
düstere Ort Tannenstein ist zwar fiktiv, doch insgesamt ist die Handlung
realistisch.
Die Figur des „Wanderers“ ist absolut hochklassig, ein
Rächer, Killer, Mörder – ein Berufspsychopath!? Er ist vieles – von allem etwas
und doch bleibt er mysteriös. Er ist eine Nebenfigur – aber mal ehrlich – er
stiehlt allen Protagonisten sämtliche Auftritte und Gagen und seine Präsenz
stellt die Hauptfiguren in die zweite Reihe.
Sein Gegenspieler Alexander Born – ehemaliger
Kriminalbeamter, der auf dem schmalen Grat einen Schritt zu viel in Richtung
Abgrund gegangen ist. Er hat für seine Taten gebüßt, er war in Haft und nun
jenseits der Mauern des Gefängnisses giert er nach Rache – der Wanderer hat
seine Freundin getötet….
Unterstützt wird er bei seinem Rachefeldzug von einer
jungen Kriminalbeamtin. Natürlich entwickelt sich eine Liebesgeschichte usw.
Manche traditionellen Elemente muss man einfach spielen. Auch die formale
Selbstjustiz ist ein Teil davon.
„Tannenstein“ ist hochspannend – intensive Atmosphäre –
Authentische Handlung – gute Charaktere. Alexander Borns Charakterzeichnung ist
in einem effektvollen Schwebezustand zwischen Himmel und Hölle angesiedelt und
ja, auch die klassischen Klischees werden hier bedient. Alexander Born hat
keine weiße Weste, seine kriminelle Vergangenheit, seine Kontakte zur
Russenmafia und sein zerstörerischer Glaube an Rache bilden den Dreh- und
Angelpunkt. Als Anti-Held gesetzt – erfüllt er seine Stellenbeschreibung recht
gut…Probezeit bestanden. Negativ gezeichnet und versehen mit den typischen
Merkmalen, kann man den Charakter symphytisch finden, oder auch nicht. Für mich
– allzu hervorsehbar – allzu einer Schablone entsprungen und mit und der
einzige Schwachpunkt bei diesem Titel.
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich ein Faible für
Nebencharaktere habe. Linus Geschke erzeugt und das ist fantastisch – kein
offensives Schwarz/Weiß-Bild – kein in Schubladen gestecktes Klassensystem in
„Gut“ und „Böse“ unterteilt. Und kommen wir nun zur der Personalie des
„Wanderers“ – absolut TOP – die Aura
eines geheimnisvollen Todesengels – der seinen Job professionell gelernt haben
muss. Zack – Trommelwirbel – Der Wanderer kommt und die Spannung erzeugt eine
Eruption, die faktisch alles überrollt.
Und es zeigt sich auch, dass „Gut“ und „Böse“ immer wieder
aus einer individueller Perspektive aufgehen. Linus Geschke erzählerischer Stil
ist weitaus konsequenter und kompromissloser als wie man ihn über die
Jan-Römer-Reihe kennengelernt hat.
Mit „Tannenstein“ beweist er, dass sein Talent noch lange
nicht ausgeschöpft ist. Beide Reihen kann mich nicht miteinander vergleichen. Linus
Geschke hat sich weiterentwickelt – Stil, Ausdruck, Sprache haben einen großen
Schritt nach vorne gemacht. Auch in der Beschreibung der Emotionen wirkt der
Autor reifer, gesetzter und überhaupt ist „Tannenstein“ strukturierter als
alles was ich bisher gelesen habe.
Ich bin gespannt, wie Band 2 sein wird – persönlich
empfehle ich, mich von Alexander Born zu trennen und ebenfalls von der
helfenden Figur der jungen Kriminalbeamtin. Beide Charaktere sind austauschbar
– der „Wanderer“ – eine derartige Figur polarisiert – aber überzeugt um einiges
mehr.
„Fazit“
„Tannenstein“ ist ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss, der bei
dem Leser mit einer starken Atmosphäre einschlägt. Nachhaltige Spannung – Action und Authentisch.
Brillante Umsetzung. Prädikat: Pageturner.
Michael Sterzik
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