Hallo Herr Lode,
Vielen Dank, dass Sie sich für das Interview etwas Zeit
nehmen. Soeben ist Ihr neuester Roman: „Im Zeichen des Löwen“ veröffentlicht
worden. Ich bin sehr gespannt auf Ihren neuesten Roman und freue mich ebenfalls
was Sie zu erzählen haben.
Nach dem großartigen Erfolg Ihrer
historischen Fleury-Saga erscheint nun der erste Band ihrer neuen Reihe – Im
Zeichen des Löwen – die Friesen-Saga.
Da der erste Band in zur anfänglichen
Blützeit der Hanse 1351 spielt – ist es schon auffallend, dass Sie sich dem
„Handel im Mittelalter“ durchaus als einen Mittelpunkt Ihrer Geschichten sehen,
oder!?
Handel im Mittelalter spielt in der Fleury-Saga eine
wichtige Rolle, in meinem neuen Roman »Im Zeichen des Löwen« ist das Thema eher
untergeordnet. Die Hanse bekommt einigen Raum im Buch, aber die politischen
Aspekte sind für die Geschichte relevanter als die kaufmännischen. Wie hat es
sich auf die Nord- und Ostsee ausgewirkt, dass eine nichtstaatliche
Organisation wie die Hanse zu einer Macht aufstieg, dass sie es mit Fürsten und
Königen aufnehmen konnte? Das fand ich beim Schreiben sehr spannend.
Und dann ist da natürlich das Thema Seefahrt, das
untrennbar mit der Hanse verknüpft ist. Meine Helden sind diesmal keine
lothringischen Kaufleute, sondern ostfriesische Schiffsbauer, und sie entwerfen
Koggen für hansische Kaufherren. Das ist das zentrale Motiv der Friesensaga.
Die Hansezeit war ein Zeitraum des
Seehandels, und schloss mitunter nicht nur die Deutschen Städte ein. Welche
Länder wird der Leser ihres neuen Titels, bzw. in den späteren Romanen besuchen
dürfen?
»Im Zeichen des Löwen« spielt hauptsächlich in
Ostfriesland, in dem fiktiven Hafenort Warfstede, wo die Familie Osinga Schiffe
baut. Daneben sind Bremen, Lübeck, Travemünde, Köln, das nordfriesische
Rungholt sowie das norwegische Bergen wichtige Stationen der Geschichte. Das
Meer ist ein weiterer Schauplatz: Meine Helden bereisen die Nord- und die
Ostsee, den Öresund, das Kattegat, den Skagerrak.
Die Hanse wird immer im Schwerpunkt als gut
organisierter Innen- und Außenhandel bezeichnet. Doch die Hanse war erheblich
mehr als eine Wirtschaftsmacht. Welche Ereignisse werden neben dem Handel, der
Politik, die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Städten und
Ländern, und auch die Religion und Kultur eine Rolle spielen?
Im Mittelalter prägte das Christentum jeden Bereich des
Lebens; es ist also gar nicht möglich, das Thema auszuklammern, wenn man einen
Mittelalteroman schreibt. »Im Zeichen des Löwen« streift daher auch diverse
religiöse Fragen, etwa die vergleichsweise spät erfolgte Christianisierung
Ostfrieslands, der Umgang der Kirche mit Ketzern oder das Alltagsleben der
Beginen. Religion steht aber nicht im Vordergrund.
Von der hansischen Geschichte sind insbesondere die
sogenannten »Waldemarkriege«, also die militärischen Konflikte der Hanse mit
Dänemark, in den Roman eingeflossen. Daneben spielt der Bremer »Bannerlauf« –
eine gewalttätige Auseinandersetzung innerhalb der Bremer Bürgerschaft – eine
kleine Rolle.
Herr Lode - Sie schreiben unter dem Pseudonym
Daniel Wolf „historische Romane“ , haben aber in der Vergangenheit auch über
das Genre „Fantasy“ gute Erfolge erzielen können. In welchem Genre fühlen Sie
sich nun am wohlsten?
Definitiv im historischen Roman. Ich liebe das Genre und
habe fest vor, noch viele Historienromane zu schreiben. Ob ich noch einmal zur
Fantasy zurückkehre, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass ich in den
kommenden Jahren andere Genres ausprobieren werde. Ein Krimi reizt mich am
meisten – daran werde ich mich demnächst versuchen.
Schreiben Sie einfach drauf los – oder haben
Sie von Anfang an einen Plan denn konsequent einhalten?!
Ich recherchiere zunächst gründlich für einen Roman und
erarbeite ein Storyboard, also eine Zusammenfassung aller Szenen und Kapitel,
das außerdem Informationen zu den handelnden Figuren und zu den Schauplätzen
enthält. Daran orientiere ich mich beim Schreiben, aber das Storyboard ist
keine Vorschrift, die ich sklavisch einhalte – mehr ein Kochrezept. Davon
weiche ich beim Schreiben ab, wenn ich merke, dass die spontane Idee besser
schmeckt.
Einen historischen Roman schreiben, heißt
auch immer sich mit der „Geschichte“ auseinanderzusetzen. Wie recherchieren Sie
und erleben Sie dabei auch mal „Überraschungen“ bei der Suche nach Ideen,
Ereignissen und historischen Fakten?
Auf überraschende Fakten und spannende historische
Details stoße ich ständig, das macht das Schreiben eines historischen Romans so
interessant. Als ich für »Im Zeichen des Löwen« recherchierte, fand ich
beispielsweise durch Zufall heraus, dass der päpstliche Inquisitor Walter
Kerlinger zur Zeit der Romanhandlung Bremen besuchte. Dadurch ergaben sich für
meinen Plot ganz neue Möglichkeiten.
Es gibt natürlich immer wieder Helden und
Antihelden - die „Guten“ und die „Bösen“
in einer immerwährenden Konfrontation. Gibt es bei den Charakteren in der neuen
Reihe, die beides beinhalten?
Natürlich gibt es auch »Im Zeichen des Löwen« Gute und
Böse, aber ich glaube, dass die Figuren insgesamt recht vielschichtig geraten
sind und man viele Charaktere nur schwer in ein simples Gut/Böse-Schema
einordnen kann. Ich bin gespannt, wie die Leser*innen das wahrnehmen.
Waren Sie als Schüler im Fach „Geschichte“
gut?
Ich war kein Überflieger, aber ich war ganz gut. Eine
solide Zwei war meistens drin. Dass es selten für eine Eins gereicht hat, lag
daran, dass – wie ich leider zugeben muss – meine Leidenschaft nur ausgewählten
historischen Epochen galt. Das Altertum fand ich spannend, die römische Antike,
den Ersten Weltkrieg, die NS-Zeit und natürlich das Mittelalter. Bei der
Französische Revolution und beim 19. Jahrhundert dagegen ließ meine
Begeisterung merklich nach ...
Werden Sie aktuelle Themen der Gegenwart in
den nächsten Teilen Ihrer Reihe aufgreifen – die sich vielleicht vor
Jahrhunderten ähnlich abgespielt haben? Verschiedene Geschäftsprozesse und
Interessen? Militärische Ambitionen? Religiöser Fanatismus, dass Zusammenspiel
und Leben anderer Kulturen? Lassen Sie solche Themen generell mit einfließen?
Das bleibt nicht aus. Ich beschäftige mich intensiv mit
aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, sodass meine
Ansichten dazu auch in die Romane einfließen – mal unbewusst, mal absichtsvoll.
Aber immer dezent und zwischen den Zeilen, ich will die Leute schließlich
unterhalten, nicht belehren.
Daneben finde ich es erstaunlich (und mitunter
erschreckend), wie oft sich Geschichte wiederholt. Nehmen wir beispielsweise
die Judenpogrome zur Pestzeit im 14. Jahrhundert und die aktuell grassierende
Fremdenfeindlichkeit, die rassistische Gewalt in Deutschland und den Aufstieg
extrem rechter Parteien: In beiden Fällen sind dieselben gesellschaftlichen Mechanismen
am Werk. Diese Parallelen habe ich in meinem Buch »Die Gabe des Himmels«
thematisiert.
Der neue historische Roman »Im Zeichen des Löwen« hat
ebenfalls aktuelle Bezüge, aber diesmal sind sie indirekter, weniger
offensichtlich. Es sei meinen Leser*innen überlassen, ihnen nachzuspüren.
Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Schreiben Sie
jeden Tag und kann es passieren, dass Sie ganze Passagen einfach neu schreiben,
weil die Figuren ggf. einfach nicht so reagieren, wie Sie eigentlich wollten?
Ich schreibe jeden Werktag, bis ich mein Pensum von
mindestens 1500 Wörtern erreicht habe. Dafür brauche ich mal vier Stunden, mal
acht. Das Wochenende ist frei – es sei denn, die Deadline dräut. Dann arbeite
ich mitunter auch samstags und sonntags sowie länger an den Werktagen. Das ist
zum Glück aber nur in der heißen Schlussphase eines Buches der Fall.
Ich gebe mich nie mit der ersten Fassung eines Textes
zufrieden, ich überarbeite viel. Manchmal schreibe ich auch ganze Passagen neu,
wenn die erste Version nicht funktioniert hat.
Die Schifffahrt und die Handelswege waren der
Grundstein für den Erfolg der Hanse. Wie haben Sie sich auf den Roman
vorbereitet? Haben Sie weitere Hansestädte besucht?
Zur Recherche habe ich mehrere Reisen unternommen. Ich
war mehrmals in Ost- und Nordfriesland, in Bremen, in Lübeck und in Travemünde.
In Wismar habe ich eine Fahrt auf der »Wissemara« mitgemacht. Die Wissemara ist ein originalgetreuer
Nachbau einer spätmittelalterlichen Kogge, genauer gesagt ein Nachbau der vermutlich
aus dem 14. Jahrhundert stammenden Poeler Kogge, die man 1999 bei der Insel
Poel gefunden hat. Da der mittelalterliche Schiffsbau ein zentrales Thema des
Romans ist, habe ich mir von der Fahrt nützliche Informationen über Koggen
versprochen. Ich wurde nicht enttäuscht: Die Wissemara ist nicht nur sehr
sehenswert. Die nette Crew hat außerdem meine Fragen zu mittelalterlichen
Schiffen geduldig und kompetent beantwortet.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Eine Rezension zu Ihrem Titel werde in den nächsten Tagen veröffentlichten.
Ich habe zu danken!
Michael Sterzik
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