Mittwoch, 19. Februar 2020

Interview - Daniel Wolf - Im Zeichen des Löwen


Hallo Herr Lode,

Vielen Dank, dass Sie sich für das Interview etwas Zeit nehmen. Soeben ist Ihr neuester Roman: „Im Zeichen des Löwen“ veröffentlicht worden. Ich bin sehr gespannt auf Ihren neuesten Roman und freue mich ebenfalls was Sie zu erzählen haben.

Nach dem großartigen Erfolg Ihrer historischen Fleury-Saga erscheint nun der erste Band ihrer neuen Reihe – Im Zeichen des Löwen – die Friesen-Saga.
Da der erste Band in zur anfänglichen Blützeit der Hanse 1351 spielt – ist es schon auffallend, dass Sie sich dem „Handel im Mittelalter“ durchaus als einen Mittelpunkt Ihrer Geschichten sehen, oder!?

Handel im Mittelalter spielt in der Fleury-Saga eine wichtige Rolle, in meinem neuen Roman »Im Zeichen des Löwen« ist das Thema eher untergeordnet. Die Hanse bekommt einigen Raum im Buch, aber die politischen Aspekte sind für die Geschichte relevanter als die kaufmännischen. Wie hat es sich auf die Nord- und Ostsee ausgewirkt, dass eine nichtstaatliche Organisation wie die Hanse zu einer Macht aufstieg, dass sie es mit Fürsten und Königen aufnehmen konnte? Das fand ich beim Schreiben sehr spannend.
Und dann ist da natürlich das Thema Seefahrt, das untrennbar mit der Hanse verknüpft ist. Meine Helden sind diesmal keine lothringischen Kaufleute, sondern ostfriesische Schiffsbauer, und sie entwerfen Koggen für hansische Kaufherren. Das ist das zentrale Motiv der Friesensaga.

Die Hansezeit war ein Zeitraum des Seehandels, und schloss mitunter nicht nur die Deutschen Städte ein. Welche Länder wird der Leser ihres neuen Titels, bzw. in den späteren Romanen besuchen dürfen?

»Im Zeichen des Löwen« spielt hauptsächlich in Ostfriesland, in dem fiktiven Hafenort Warfstede, wo die Familie Osinga Schiffe baut. Daneben sind Bremen, Lübeck, Travemünde, Köln, das nordfriesische Rungholt sowie das norwegische Bergen wichtige Stationen der Geschichte. Das Meer ist ein weiterer Schauplatz: Meine Helden bereisen die Nord- und die Ostsee, den Öresund, das Kattegat, den Skagerrak.
Die Hanse wird immer im Schwerpunkt als gut organisierter Innen- und Außenhandel bezeichnet. Doch die Hanse war erheblich mehr als eine Wirtschaftsmacht. Welche Ereignisse werden neben dem Handel, der Politik, die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Städten und Ländern, und auch die Religion und Kultur eine Rolle spielen?

Im Mittelalter prägte das Christentum jeden Bereich des Lebens; es ist also gar nicht möglich, das Thema auszuklammern, wenn man einen Mittelalteroman schreibt. »Im Zeichen des Löwen« streift daher auch diverse religiöse Fragen, etwa die vergleichsweise spät erfolgte Christianisierung Ostfrieslands, der Umgang der Kirche mit Ketzern oder das Alltagsleben der Beginen. Religion steht aber nicht im Vordergrund.
Von der hansischen Geschichte sind insbesondere die sogenannten »Waldemarkriege«, also die militärischen Konflikte der Hanse mit Dänemark, in den Roman eingeflossen. Daneben spielt der Bremer »Bannerlauf« – eine gewalttätige Auseinandersetzung innerhalb der Bremer Bürgerschaft – eine kleine Rolle.


Herr Lode - Sie schreiben unter dem Pseudonym Daniel Wolf „historische Romane“ , haben aber in der Vergangenheit auch über das Genre „Fantasy“ gute Erfolge erzielen können. In welchem Genre fühlen Sie sich nun am wohlsten?

Definitiv im historischen Roman. Ich liebe das Genre und habe fest vor, noch viele Historienromane zu schreiben. Ob ich noch einmal zur Fantasy zurückkehre, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass ich in den kommenden Jahren andere Genres ausprobieren werde. Ein Krimi reizt mich am meisten – daran werde ich mich demnächst versuchen.
Schreiben Sie einfach drauf los – oder haben Sie von Anfang an einen Plan denn konsequent einhalten?!

Ich recherchiere zunächst gründlich für einen Roman und erarbeite ein Storyboard, also eine Zusammenfassung aller Szenen und Kapitel, das außerdem Informationen zu den handelnden Figuren und zu den Schauplätzen enthält. Daran orientiere ich mich beim Schreiben, aber das Storyboard ist keine Vorschrift, die ich sklavisch einhalte – mehr ein Kochrezept. Davon weiche ich beim Schreiben ab, wenn ich merke, dass die spontane Idee besser schmeckt.

Einen historischen Roman schreiben, heißt auch immer sich mit der „Geschichte“ auseinanderzusetzen. Wie recherchieren Sie und erleben Sie dabei auch mal „Überraschungen“ bei der Suche nach Ideen, Ereignissen und historischen Fakten?

Ich lese für die Recherche viele Fachbücher und -artikel. Darüber hinaus besuche ich nach Möglichkeit die Schauplätze und spreche mit Fachleuten über Detailfragen. Für »Im Zeichen des Löwen« beispielsweise war mein wichtigster Experte ein Namenforscher, der mich zu altfriesischen Personennamen beraten hat. Bei der Arbeit an der Fleury-Saga hat mich ein Spezialist für mittelalterliche Stadtgeschichte unterstützt.
Auf überraschende Fakten und spannende historische Details stoße ich ständig, das macht das Schreiben eines historischen Romans so interessant. Als ich für »Im Zeichen des Löwen« recherchierte, fand ich beispielsweise durch Zufall heraus, dass der päpstliche Inquisitor Walter Kerlinger zur Zeit der Romanhandlung Bremen besuchte. Dadurch ergaben sich für meinen Plot ganz neue Möglichkeiten.

Es gibt natürlich immer wieder Helden und Antihelden  - die „Guten“ und die „Bösen“ in einer immerwährenden Konfrontation. Gibt es bei den Charakteren in der neuen Reihe, die beides beinhalten?

Natürlich gibt es auch »Im Zeichen des Löwen« Gute und Böse, aber ich glaube, dass die Figuren insgesamt recht vielschichtig geraten sind und man viele Charaktere nur schwer in ein simples Gut/Böse-Schema einordnen kann. Ich bin gespannt, wie die Leser*innen das wahrnehmen.
Waren Sie als Schüler im Fach „Geschichte“ gut?

Ich war kein Überflieger, aber ich war ganz gut. Eine solide Zwei war meistens drin. Dass es selten für eine Eins gereicht hat, lag daran, dass – wie ich leider zugeben muss – meine Leidenschaft nur ausgewählten historischen Epochen galt. Das Altertum fand ich spannend, die römische Antike, den Ersten Weltkrieg, die NS-Zeit und natürlich das Mittelalter. Bei der Französische Revolution und beim 19. Jahrhundert dagegen ließ meine Begeisterung merklich nach ...

Werden Sie aktuelle Themen der Gegenwart in den nächsten Teilen Ihrer Reihe aufgreifen – die sich vielleicht vor Jahrhunderten ähnlich abgespielt haben? Verschiedene Geschäftsprozesse und Interessen? Militärische Ambitionen? Religiöser Fanatismus, dass Zusammenspiel und Leben anderer Kulturen? Lassen Sie solche Themen generell mit einfließen?

Das bleibt nicht aus. Ich beschäftige mich intensiv mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, sodass meine Ansichten dazu auch in die Romane einfließen – mal unbewusst, mal absichtsvoll. Aber immer dezent und zwischen den Zeilen, ich will die Leute schließlich unterhalten, nicht belehren.
Daneben finde ich es erstaunlich (und mitunter erschreckend), wie oft sich Geschichte wiederholt. Nehmen wir beispielsweise die Judenpogrome zur Pestzeit im 14. Jahrhundert und die aktuell grassierende Fremdenfeindlichkeit, die rassistische Gewalt in Deutschland und den Aufstieg extrem rechter Parteien: In beiden Fällen sind dieselben gesellschaftlichen Mechanismen am Werk. Diese Parallelen habe ich in meinem Buch »Die Gabe des Himmels« thematisiert.
Der neue historische Roman »Im Zeichen des Löwen« hat ebenfalls aktuelle Bezüge, aber diesmal sind sie indirekter, weniger offensichtlich. Es sei meinen Leser*innen überlassen, ihnen nachzuspüren.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Schreiben Sie jeden Tag und kann es passieren, dass Sie ganze Passagen einfach neu schreiben, weil die Figuren ggf. einfach nicht so reagieren, wie Sie eigentlich wollten?

Ich schreibe jeden Werktag, bis ich mein Pensum von mindestens 1500 Wörtern erreicht habe. Dafür brauche ich mal vier Stunden, mal acht. Das Wochenende ist frei – es sei denn, die Deadline dräut. Dann arbeite ich mitunter auch samstags und sonntags sowie länger an den Werktagen. Das ist zum Glück aber nur in der heißen Schlussphase eines Buches der Fall.

Ich gebe mich nie mit der ersten Fassung eines Textes zufrieden, ich überarbeite viel. Manchmal schreibe ich auch ganze Passagen neu, wenn die erste Version nicht funktioniert hat.

Die Schifffahrt und die Handelswege waren der Grundstein für den Erfolg der Hanse. Wie haben Sie sich auf den Roman vorbereitet? Haben Sie weitere Hansestädte besucht?

Zur Recherche habe ich mehrere Reisen unternommen. Ich war mehrmals in Ost- und Nordfriesland, in Bremen, in Lübeck und in Travemünde. In Wismar habe ich eine Fahrt auf der »Wissemara« mitgemacht. Die Wissemara ist ein originalgetreuer Nachbau einer spätmittelalterlichen Kogge, genauer gesagt ein Nachbau der vermutlich aus dem 14. Jahrhundert stammenden Poeler Kogge, die man 1999 bei der Insel Poel gefunden hat. Da der mittelalterliche Schiffsbau ein zentrales Thema des Romans ist, habe ich mir von der Fahrt nützliche Informationen über Koggen versprochen. Ich wurde nicht enttäuscht: Die Wissemara ist nicht nur sehr sehenswert. Die nette Crew hat außerdem meine Fragen zu mittelalterlichen Schiffen geduldig und kompetent beantwortet.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Eine Rezension zu Ihrem Titel werde in den nächsten Tagen veröffentlichten. 


Ich habe zu danken!

Michael Sterzik



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