Samstag, 28. März 2020

Die Meisterin - Der Beginn - Markus Heitz


Der deutsche Autor Markus Heitz ist eine feste Größe, wenn man sich über Titel im Genre Fantasy unterhalten möchte. Seine Reihe „Die Zwerge“, oder die düstere Serie, die mit „Ritus“ startete, begeistere viele Leser und reanimierte auch die „urbane“ Fantasy, die durchaus manchmal düster wurde.

In diesen Reihen tummelten sich eine Vielzahl von Kreaturen der Nacht – Vampire, Werwölfe, Wandler, Dämonen und viele Wesen aus der Sagen- und Legendenwelt.
Nun hat Markus Heitz den Auftakt zu einer neuen Reihe  veröffentlicht – Die Meisterin – Der Beginn. Das Besondere an dieser Reihe ist, dass der erfolgreiche Autor, die Genre „Historische Romane“ und „Fantasy“ kombiniert. Des weiteren gibt es natürlich auch neben den mystischen Elementen, viel Action und Spannung.

Als Basis seiner Storyline dient eine unsterbliche Henkerstochter, die sich auf die Medizin fokussiert hat, und nicht der alten Familientradition -  möglichst trefflich Verbrechern einen Kopf kürzer zu machen, oder Schmerz und Leid in einer peinlichen Befragung, der Folter zu unterziehen. Die Geschichte spielt primär in der Gegenwart – und wen wundert es noch, als Schauplatz wurde die schöne Stadt Leipzig gewählt. Aber vorsichtig – die muntere Meisterin der Heilkunst kann sich auch verteidigen und Töten, wenn sie dazu gezwungen wird.

Die Berufsgruppe, der Henker, Scharfrichter, Nachrichter umgibt eine mörderische, tödliche Aura. Immer schon und prädestiniert dafür sich neben dem historischen Aspekt, auch in einen Stammplatz in der bunten, vielfältigen Welt der Fantasy zu verschaffen. Der Tod war ihr Geschäft, aber neben dem professionellen Töten verstanden sie ebenfalls für ihre Zeit sehr viel von der Anatomie, der Medizin, und der klassischen Naturmedizin. Ein Balanceakt – der nicht nur dem Henker und seiner Familie viel abverlangte, waren sie doch sowieso schon durch das Töten stigmatisiert und von der Gesellschaft zum größten Teil ausgeschlossen. Es waren keine ungebildeten Menschen und sie verdienten gar nicht schlecht am Töten und verstümmeln, doch psychisch und physisch zerbrachen auch viele an ihrem Beruf.

In Rückblenden schildert Markus Heitz private und berufliche Situationen dieser Henker und gibt dem Leser somit einen kleinen, aber historisch recht genauen Einblick in diesen Berufsstand.

Markus Heitz bedient sich bei „Die Meisterin“ vielen Elementen – selbst die Kirche – der Vatikan, darf an der Story teilnehmen – schließlich sind diese ja die „Guten“. Ein Kreuzzug der Kirche gegen die dunklen Kreaturen der Nacht – man darf gespannt sein, wie das weitergehen mag. Ich persönlich hätte diesen Handlungsstrang stärker ausgebaut.

Seit Jahrhunderten bemüht sich die Heilerin Geneve Cornelius um Neutralität in der ewigen Fehde ihrer Familie mit der Scharfrichter-Dynastie der Bugattis. Doch dann wird ihr Bruder im Hinterhof eines Londoner Pubs brutal enthauptet. Ein Racheakt, der den uralten Zwist zwischen den Scharfrichter-Familien Bugatti und Cornelius anfachen soll – so scheint es zumindest.

Denn zur gleichen Zeit häufen sich in Geneves Heimatstadt Leipzig unheimliche Vorfälle. Die Anderswelt mit ihren mystischen Kreaturen ist in Aufruhr. Die unsterbliche Heilerin ahnt, dass ihr eine Entscheidung bevorsteht: Behält sie ihre Neutralität bei oder nimmt sie gegen all ihre Überzeugungen den Kampf gegen die unbekannte Bedrohung auf und findet dabei vielleicht den Tod? (Verlagsinfo)

Der Mix aus den verschiedenen Genre passt gut. Die Spannung ist fast immer vorhanden, die Personen und Kreaturen betreten abwechselnd die verschiedenen Handlungsstränge – sowie in der Vergangenheit – wie auch in der Gegenwart.

„Die Meisterin“ ist ein wirklich temporeicher Roman, der Spaß macht und eine gute Unterhaltung bietet. Nicht die Handlung – diese Fehde ist der eigentliche Point of Action, sondern die Protagonisten – egal ob nun menschlich, oder unmenschlich – sie faszinieren und schicken die Handlung in die zweite Reihe.

Inhaltlich stark erzählt – finde ich die historische Komponente als leider zu vernachlässigt. Schade – ich hätte es gerne gesehen – wenn die Gegenwart und Vergangenheit zu gleich großen Teilen erzählt worden wäre.

Fazit

„Die Meisterin – Der Beginn“ von Markus Heitz ist ein starker Auftakt zu einer Reihe, die richtig „Groß“ werden könnte. Spannend und vielseitig – ein Mix der überzeugt und viel Lust auf mehr macht.

Michael Sterzik

Freitag, 20. März 2020

Die Wächter - John Grisham


Das amerikanische Justizsystem – viel gelobt und auch stark kritisiert. Wenn Menschen urteilen, können ihnen Fehler unterlaufen. Aber genau diese Fehler können sich auf den Verurteilten dramatisch auswirken, gar den Tod bedeuten, oder noch schlimmer – das lange, quälende Warten auf die Todesspritze, oder einen Aufschub der Hinrichtung. Ist ein verurteilter von Rechts wegen immer schuld?!

In den USA sitzen mehr als 1600 Häftlinge in den Todeszellen und warten manchmal 10 Jahre, oder mehr auf ihre Hinrichtung. Statistisch gesehen könnten davon ca. 4% unschuldig sein. Belegt ist jedenfalls seit 1973 wurden mindestens 340 Menschen hingerichtet, die nachgewiesen unschuldig waren. Erschreckend.

John Grisham ist selbst Anwalt und seit Jahrzehnten ein erfolgreicher Anwalt. In seinen Romanen thematisierte er ganz unterschiedliche, rechtliche Gebiete und verpackte diese spannend und informativ. John Grisham befasst sich in seinem neuesten Titel: „Die Wächter“ mit der Todesstrafe, bzw. potentiellen Justizopfern, die ihre Unschuld beteuern.
In Seabrook, Florida wird der junge Anwalt Keith Russo erschossen. Der Mörder hinterlässt keine Spuren. Es gibt keine Zeugen, keine Verdächtigen, kein Motiv. Trotzdem wird Quincy Miller verhaftet, ein junger Afroamerikaner, der früher zu den Klienten des Anwalts zählte. Miller wird zum Tode verurteilt und sitzt 22 Jahre im Gefängnis. Dann schreibt er einen Brief an die Guardian Ministries, einen Zusammenschluss von Anwälten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, unschuldig Verurteilte zu rehabilitieren. Cullen Post übernimmt seinen Fall. Er ahnt nicht, dass er sich damit in Lebensgefahr begibt. (Verlagsinfo)

Auch wenn dieser Roman mit seiner Handlung, seinen Protagonisten fiktiv ist, so befasst sich John Grisham mit vielen kontrovers diskutierten Themen, die polarisieren. Neben der Frage: „Schuldig oder Unschuldig“ geht es auch um politische Themen, es geht um Rassismus, um einen konservativen, moralischen  Kompass, und um die Manipulation und dem Versagen dieses Rechtssystems.

Erzählt wird die Handlung aus der Sicht des ehemaligen Priesters und jetzigen Anwalts Cullen Post. Ein idealistisch handelnder Mensch der Mitarbeiter der kleinen Kanzlei „The Guardians“ ist.

John Grisham schleudert den Leser mitunter in den Todestrakt, lässt ihn mit Cullen Post Beweise suchen und nimmt an spannenden Dialogen teil, z.B. wenn sich jemand nach Jahrzehnten für seine Falschaussage im Gericht entschuldigt. Wir erfahren viel von den dunklen, trüben Gewässern einer Schuld oder Unschuld.

Als des „Teufels Advokat“ kann man Cullen nicht bezeichnen, aber auch er interpretiert die Suche nach Beweisen für die Unschuld seiner Mandanten sehr grenzwertig. Nichtsdestotrotz ist ein Kampf auf Leben und Tod – und manchmal wird es halt auch sehr zeitkritisch. In „Die Wächter“ können wir ebenfalls einen intensiven Blick auf die Prozesslandschaft werfen: Zuständigkeiten, die Argumentation von Staatsanwälten und ehemaligen Verteidigern, Berufungen um ein Wiederaufnahmeverfahren einzusteuern und vieles mehr.

Cullen Post ist vielleicht das einzige Element in der Handlung, dass man etwas kritisieren kann. Zu typisch aufgesetzt – zu idealistisch dargestellt – aber im Grunde auch nicht unglaubwürdig. Er hat ein wenig von dem Ritter in einer traurigen Gestalt. Das macht ihn weder sympathisch, noch abstoßend – er ist da ….ja und!?

Vielmehr faszinierend aufgezeigt und das sehr spannend, sind die Schwach- und Sollbruchstellen im Justizsystem der Vereinigten Staaten. Und Fakt ist – der Fehler in diesem System ist der Mensch – der nun mal fehlbar ist. Sehr emotional wird auch geschildert, was der mutmaßliche Täter erdulden musste, sei es vor Gericht der Willkür von korrupten Polizeibeamten standzuhalten, oder von der eigenen Familie verraten und verkauft worden zu sein. Spannend – traurig und lässt einen oft nachdenken über ein Pro- und Contra dieses Justizsystems. Selbst am Ende des Romans – mag ich mir hier kein Urteil bilden wollen.

Die Handlung ist atmosphärisch fesselnd und insgesamt sehr, sehr spannend. John Grisham ist bekannt dafür, dass die Bühne für seine Handlung, auch wenn sie fiktiv sein mag, sehr realistisch überzeugt.

Die Hauptrolle in dem Roman spielen nicht die menschlichen Protagonisten, sondern Justitia – eine spröde, manchmal langweilige, aber letztlich endliche Göttin des Rechts. Aber auch „Götter“ werden von Menschen gelenkt und manipuliert.

Fazit

„Die Wächter“ ist einer der spannendsten und stärksten Bände von John Grisham. Fragen aufwerfend – Ergreifend inszeniert – mit guten und vielschichtigen Dialogen und einer Aura, die überzeugt. Ganz starker Titel. Unbedingt lesen.

Michael Sterzik

Samstag, 14. März 2020

Im Zeichen des Löwen - Daniel Wolf


Die Friesen ein germanischer Volksstamm im Norden von Deutschland und den Niederlanden. An der rauen Nordsee haben die bodenständigen Menschen im Laufe der Jahrhunderte gelernt mit den Gezeiten und mit immer wiederkehrenden, brachialen Sturmfluten zu leben. Bis zum Aufstieg der Hanse waren die Friesen erfolgreiche Händler und verstanden viel vom Schiffsbau und der Seefahrt.
Sie waren freie Männer, kein König regierte dieses selbstbewusste Volksgrüppchen.
Aus den eigenen Reihen wählten sie einen der ihren zum Richter. Also so etwas wie einen Adel gab es zwar, aber letztlich waren sie unabhängig, wie die Nordsee. Sie waren Christen, zollten aber ihren alten „Göttern“ noch Respekt und Achtung Der Fischfang, der Handel mit Salz und Bernstein, aber auch Ackerbau und Viehzucht hinter dem schützenden Deich, sicherten ihre Versorgung.
Christoph Lode hat unter seinem Pseudonym Daniel Wolf einen historischen Roman geschrieben – Im Zeichen des Löwen . Es ist der Auftakt zu einer neuen Reihe – der „Friesen Saga“. Bekannt wurde „Daniel Wolf“ mit seiner historischen „Fleury-Saga“, die noch immer sehr erfolgreich ist und sich im Genre „Historischer Roman“ einen Namen machte.
Die Erwartungshaltung ist hoch. Ja -. Ein Mittelalterlicher Roman – aber offensichtlich ohne das klassische Rittertum, ohne Kriege und andere Klischees!? Die Bühne ist vorbereitet für die Friesen, für den Handel, der Seefahrt und der Geburtsstunde der einflussreichen Hanse. Kann das spannend werden? Packend? Erfolgreich?
Friesland 1351: Schiffe zu bauen – das war schon immer der Traum des junge Zimmermanns Jann Wilken. Mit seinen genialen Ideen will er die Seefahrt revolutionieren und sich in den Häfen der Hanse einen Namen machen. Aber Jann hat es nicht leicht. Er ist der uneheliche Sohn des mächtigen Wilke Tammen Osinga, der den Bastard verabscheut und täglich erniedrigt. Der jähzornige Wilke führt eine Blutfehde gegen seinen Erzfeind Enne Rycken und zieht seine Söhne in den Konflikt hinein. Jann ist seit langem heimlich in seine Jugendfreundin Jorien verliebt. Doch als er ihr endlich seine Gefühle gestehen will, wird sein Dorf von Enne angegriffen, und es kommt zur Katastrophe ...(Verlagsinfo)
Christoph Lode – Daniel Wolf, hat vor der Fleury-Saga „Fantasy-Romane geschrieben, doch nun ist er literarisch gewachsen, sein Talent für den „Historischen Roman“ ist nicht nur allzu offensichtlich - mit „Im Zeichen des Löwen“ katapultiert er sich in den Olymp der deutschen Autoren, die sich diesem Genre verschworen haben.
„Im Zeichen des Löwen“ zeichnet sich nicht nur durch eine imposante, anhaltende Spannung aus, sondern überzeugt mittels so vielen überraschenden Wendungen, die den Roman atmosphärisch und selbstbewusst emporheben. Es ist natürlich auch eine Familiensaga, in der die klassischen Elemente nicht fehlen dürfen. Doch trotzdem hebt sich „Im Zeichen des Löwen“ von vielen anderen Romanen ab. Daniel Wolf erzählerischer Stil ist souveräner, bestimmter und selbstbewusster geworden. Das ist auch gut so – denn nur so gelingt es Spannung zu transportieren die zu fesseln vermag.
Familienfehden hin oder her – die Charaktere sind allesamt großartig. Der Wechsel der handelnden Charaktere ist gut strukturiert. Die Nebenfiguren stehen nicht weitab im Schatten, sondern unterstützen wo sie nur können. Liebe –Action – Freud und Leid – dürfen nicht fehlen und sind ebenfalls gut eingefügt.
Die Anzahl der Hauptfiguren ist übersichtlich und wirkt konzentriert. Neben dem Handel spielt natürlich an der Küste – die Seefahrt und der Bau der großen Handelsschiffe – der Koggen eine wichtige Rolle.
Der Roman spielt in den Anfängen des Hansebundes – aber konzentriert sich nicht auf die Städte und Regionen die maßgeblich dafür stehen. Mittelpunkt sind die Friesen – ihre Kämpfe untereinander, aber auch ihren Kampf gegen die Elemente, die immer wieder ihre Existenz überfluten können.
Der fast 1000seitige starke Band ist eine literarische Droge, die eine Abhängigkeit schnell herbeiführt. Um mich noch einmal zu wiederholen. Selten habe ich einen Roman gelesen – dessen Handlung mich phasenweise sehr überraschte, weil ich mit etwas völlig anderen gerechnet habe.
Doch es gibt auch einige Ansätze, die man hätte starker ausbauen können. Die Seefahrt – die Hanse – den Handel. Die Fehde zwischen den beiden friesischen Familien ist der „Point of Action“. Ich hätte gerne noch mehr über die Seefahrt und den Handel erfahren, aber das ist meine nur ganz persönliche Meinung.
Daniel Wolf hat sich als Autor weiterentwickelt – ist bereit etwas auszuprobieren und löst sich von den klassischen Elementen, die dem Vielleser fast schon inflationär in den Romanen rund ums Mittelalter begegnen.
Fazit
„Im Zeichen des Löwen“ geht Daniel Wolf nicht nur mit der Seefahrt neue Wege. Die Friesen sind ein bisschen, dass unentdeckte Land, dass man erforschen möchte. Schon jetzt gehört „Im Zeichen des Löwen“ zu einem der Romane, die man 2020 lesen sollte.
Auf zu neuen Ufern Herr Wolf. Brillante Wendungen – tolles Seeting – es geht vielleicht noch ein wenig besser – aber viel fehlt nicht mehr zum Perfektionismus
Michael Sterzik