Der vierte Sylt-Krimi der Autorin Sabine Weiß „Blutige Düne“, erschienen im Verlag Lübbe, erzählt recht wenig von der Insel, dafür mehr von Liv Lammers, die Ermittlerin ist auf Sylt aufgewachsen und hat dort noch Familie, mit der sie aber gebrochen hat.
Der Kriminalfall hat nichts mit Liv Lammers privatem
Umfeld zu tun, aber beide Ereignisse lassen die Kommissarin diesmal an ihre
Grenzen kommen, und darüber mehrere Schritte hinausgehen.
Die Figurenzeichnung finde ich gelungen, besonders in Bezug
auf Liv Lammers, die als Mutter einer pubertären Tochter ihre persönlichen
Herausforderungen bekommt. Ihre Tochter Sanna erhält Gelegenheit, die Familie
ihrer Mutter anders kennenzulernen. Ins besonders ihre Beziehung zu ihrem
Großvater wird Spuren bei ihr hinterlassen, die sie auf immer verändern wird. Dieser
Handlungsstrang wird sich auch sicherlich in den weiteren Romanen fortsetzen. Für
Liv sind diese Ereignisse eine Sprengbombe zu Erinnerungen, die sie entweder
vergessen, oder verdrängt hat.
Auch der Partner von Liv – Hennes, der eine tragende
Nebenperson ist, aber seine Gewichtung durchaus ausbaut, lässt tiefer in seine Vergangenheit
blicken. Und ein sehr distanzierter Gerichtsmediziner, sowie ein leitender Beamter
des LKAs könnte man in den nächsten Romanen wiedersehen. Erweckt es nun den
Eindruck – als würde sich alles verändern!? Jain. Liv Lammers Figur und deren
Möglichkeiten neue Wege zu gehen, bringen viel mit alternativen Veränderungen. Nicht
zuletzt durch die verschiedenen Beziehungsebenen, die sich noch offenbaren
könnten.
Der lang ersehnte Kurzurlaub von Kommissarin Liv Lammers
endet abrupt, als in der Mörderkuhle bei Tinnum ein Toter gefunden wird.
"Schuldig" steht mit schwarzem Nagellack auf seiner Haut. Das Opfer:
ein Rocker, der für seine Skrupellosigkeit bekannt ist. Liv und ihre Kollegen
von der Flensburger Mordkommission denken zunächst an eine Vergeltungsaktion.
Doch bald gibt es einen zweiten Mordanschlag auf einen jungen Mann, der als
Freiwilliger für eine Meeresschutz-Organisation arbeitet. Die Handschrift des Täters
ist dieselbe …(Verlagsinfo)
Der vierte Roman dieser Reihe ist insgesamt sehr gelungen.
Allerdings wirkt dieser Fall allzu konstruiert. Diese Story ist im Genre „Krimi“
ein alter Hut, ein Klassiker, der bei aller Spannung, letztlich keine
Überraschungen bereithält. Die Handlung – und mit die Ermittlungsarbeit ist
sehr authentisch gegliedert, allerdings ist mir der Perspektivwechsel zu
eindimensional. Zuviel „Liv“ zu wenig – andere Perspektiven – es wäre bei
diesem Klassiker an Handlung interessant gewesen, die Ereignisse und die
Motivation des Mörders auch durch dessen Augen und Intellekt darzustellen.
Inhaltlich wirkt die Story manchmal sehr verfahren, auch
wenn sie sich wenig später wieder fängt und die Spannung wieder vor der Tür
steht. Die Themen derer sich Sabine Weiß bedient sind vielfältig: Prostitution,
Drogen, kriminelle Motorrad-Gangs, Immobilienbetrug und der Natur- und Umweltschutz
tauchen auch kurz im Geschehen auf.
Konstruiert hin, oder her – Sabine Weiß versteht es einen
guten Kriminalroman zu schreiben, der überzeugt. Es fehlt etwas an Originalität,
aber ich prophezeie, dass der fünfte Roman ggf. mit einer der stärksten der
Reihe werden könnte. Alles deutet darauf hin, nicht zuletzt die Figurenzeichnung
und der weitere Ausbau des Personenkreises, der parat steht.
Fazit
„Blutige Düne“ ist ggf. der Prolog für den fünften Band,
der uns alle überraschen könnte. Sabine Weiß Kriminalromane werden besser als
ihre historischen, sie überholt sich selbst – also volle Fahrt voraus.
Michael Sterzik
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