Sonntag, 11. Oktober 2020

Blutige Düne - Sabine Weiß


Der vierte Sylt-Krimi der Autorin Sabine Weiß „Blutige Düne“, erschienen im Verlag Lübbe, erzählt recht wenig von der Insel, dafür mehr von Liv Lammers, die Ermittlerin ist auf Sylt aufgewachsen und hat dort noch Familie, mit der sie aber gebrochen hat.

Der Kriminalfall hat nichts mit Liv Lammers privatem Umfeld zu tun, aber beide Ereignisse lassen die Kommissarin diesmal an ihre Grenzen kommen, und darüber mehrere Schritte hinausgehen.

Die Figurenzeichnung finde ich gelungen, besonders in Bezug auf Liv Lammers, die als Mutter einer pubertären Tochter ihre persönlichen Herausforderungen bekommt. Ihre Tochter Sanna erhält Gelegenheit, die Familie ihrer Mutter anders kennenzulernen. Ins besonders ihre Beziehung zu ihrem Großvater wird Spuren bei ihr hinterlassen, die sie auf immer verändern wird. Dieser Handlungsstrang wird sich auch sicherlich in den weiteren Romanen fortsetzen. Für Liv sind diese Ereignisse eine Sprengbombe zu Erinnerungen, die sie entweder vergessen, oder verdrängt hat.

Auch der Partner von Liv – Hennes, der eine tragende Nebenperson ist, aber seine Gewichtung durchaus ausbaut, lässt tiefer in seine Vergangenheit blicken. Und ein sehr distanzierter Gerichtsmediziner, sowie ein leitender Beamter des LKAs könnte man in den nächsten Romanen wiedersehen. Erweckt es nun den Eindruck – als würde sich alles verändern!? Jain. Liv Lammers Figur und deren Möglichkeiten neue Wege zu gehen, bringen viel mit alternativen Veränderungen. Nicht zuletzt durch die verschiedenen Beziehungsebenen, die sich noch offenbaren könnten.

Der lang ersehnte Kurzurlaub von Kommissarin Liv Lammers endet abrupt, als in der Mörderkuhle bei Tinnum ein Toter gefunden wird. "Schuldig" steht mit schwarzem Nagellack auf seiner Haut. Das Opfer: ein Rocker, der für seine Skrupellosigkeit bekannt ist. Liv und ihre Kollegen von der Flensburger Mordkommission denken zunächst an eine Vergeltungsaktion. Doch bald gibt es einen zweiten Mordanschlag auf einen jungen Mann, der als Freiwilliger für eine Meeresschutz-Organisation arbeitet. Die Handschrift des Täters ist dieselbe …(Verlagsinfo)

Der vierte Roman dieser Reihe ist insgesamt sehr gelungen. Allerdings wirkt dieser Fall allzu konstruiert. Diese Story ist im Genre „Krimi“ ein alter Hut, ein Klassiker, der bei aller Spannung, letztlich keine Überraschungen bereithält. Die Handlung – und mit die Ermittlungsarbeit ist sehr authentisch gegliedert, allerdings ist mir der Perspektivwechsel zu eindimensional. Zuviel „Liv“ zu wenig – andere Perspektiven – es wäre bei diesem Klassiker an Handlung interessant gewesen, die Ereignisse und die Motivation des Mörders auch durch dessen Augen und Intellekt darzustellen.

Inhaltlich wirkt die Story manchmal sehr verfahren, auch wenn sie sich wenig später wieder fängt und die Spannung wieder vor der Tür steht. Die Themen derer sich Sabine Weiß bedient sind vielfältig: Prostitution, Drogen, kriminelle Motorrad-Gangs, Immobilienbetrug und der Natur- und Umweltschutz tauchen auch kurz im Geschehen auf.

Konstruiert hin, oder her – Sabine Weiß versteht es einen guten Kriminalroman zu schreiben, der überzeugt. Es fehlt etwas an Originalität, aber ich prophezeie, dass der fünfte Roman ggf. mit einer der stärksten der Reihe werden könnte. Alles deutet darauf hin, nicht zuletzt die Figurenzeichnung und der weitere Ausbau des Personenkreises, der parat steht.

Fazit

„Blutige Düne“ ist ggf. der Prolog für den fünften Band, der uns alle überraschen könnte. Sabine Weiß Kriminalromane werden besser als ihre historischen, sie überholt sich selbst – also volle Fahrt voraus.

Michael Sterzik

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