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Samstag, 19. August 2023

Puppenblut - Anna Jansson


Puppenblut ist der dritte Band der Krimireihe mit dem Kriminalbeamten Kristoffer Bark. Gemäß dem Motto – die Wahrheit wird eines Tages ans Licht kommen, geht es natürlich auch im vorliegenden Band um einen alten Cold Case Fall, der alte Wunden öffnet und neue Tote in der Gegenwart bringt.

Damit öffnet die Autorin auch ein dunkles Kapitel Schwedens zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die nationalsozialistische Rassenhygiene, die Aussortierung der schwachen, der gebrechlichen, der sozialen Außenseiter – war auch zu der damaligen Zeit ein Thema. Die Wunsch- und Idealvorstellung eines Menschen gab es leider auch in den skandinavischen Ländern bei einigen Interessengruppen.

In Rückblenden, die aus Tagebucheintragungen Marys kommen, wird der Leser mit diesem Kapitel konfrontiert. Gerade dieser Blick in die Vergangenheit bereichert den Roman „Puppenblut“ ganz, ganz stark.

Januar 1967: Ein lebloser Frauenkörper treibt im eiskalten Fluss Svartån, ganz in der Nähe des Schlosses von Örebro. Der Name der Toten ist Mary Billbro, sie lebte in der Nervenheilanstalt von Västra Mark. Die Todesursache bleibt unbekannt. Mehr als 50 Jahre später ist Marys Enkelin Eva auf den Spuren ihrer Familiengeschichte. Sie möchte unbedingt herausfinden, was ihrer Großmutter damals zugestoßen ist. Doch dann bekommt sie selbst Morddrohungen. Für Kristoffer Bark, Schwedens Experten für Cold Cases, ist klar: Das ist ein Fall für ihn! Seine Ermittlungen führen ihn zu den schrecklichen Taten, die einst in Västra Mark geschahen. Kann er Marys Tod aufklären – und reicht das, um Eva zu retten? (Verlagsinfo)

„Puppenblut“ – dessen Story gliedert sich in zwei Ebenen auf. Da gibt es den eigentlichen Handlungsrahmen, der sich wiederum in Vergangenheit und Gegenwart aufteilt und dann noch viele Nebengeschichten, die das Privatleben der Ermittler aufzeigen. Letzteres nimmt allerdings einen so großen Raum ein, dass wenn aufteilen würde, die eigentliche Story zu einer Kurzgeschichte umwandeln würde.

Allerdings ist diese Kurzgeschichte fantastisch gut erzählt. Ein authentischer Rückblick in die Vergangenheit – der unter die Haut geht, wenn man den Aufzeichnungen Marys folgt, die in einer Nervenheilanstalt weggesperrt wurde.

Der schriftstellerische Stil ist sehr, sehr gut – aber die Ausflüge in das Privatleben der Ermittler und weiterer Nebenpersonen bringt die Story weder weiter noch sind diese wirklich interessant. Ja sicherlich, verstärken diese Erklärungen die charakterliche Tiefe, aber sie nehmen auch der Story viel an Substanz und Wirkung.

Fazit

Puppenblut – ist ein unterdurchschnittlicher Kriminalroman. Eher eine Kurzgeschichte, die zwar spannend und gut erzählt wird, aber die persönlichen Herausforderungen der Protagonisten nehmen viel zu viel Raum ein. Nicht zu empfehlen.

Michael Sterzik

Freitag, 12. Oktober 2018

Die Opfer, die man bringt (Ein Fall für Sebastian Bergman) von Hjorth & Rosenfeldt

Die Reihe um den Kriminalpsychologen Sebastian Bergmann wird nun bei Rowohlt mit dem sechsten Band: „Die Opfer, die man bringt“ fortgesetzt. Es gibt wenige Kriminalpsychologen in der Belletristik – Genre „Thriller/Krimi“ die solch ein soziopathisches Auftreten besitzen. 
Sebastian Bergman ist hochintelligent, er manipuliert seine Mitmenschen um an seine persönlichen Ziele zu gelangen, dass ggf. andere Personen dadurch Probleme bekommen, interessiert ihn erst einmal nicht. Später kommt dann die Reue in Form eines Hammerschlages, aber dann ist es meistens zu spät. Die Figur dieses Psychologen ist faszinierend. Sympathisch nicht unbedingt, niemand möchte eine soziale Atombombe in seinem Umfeld hochgehen lassen. Der Charakter ist ambivalent und polarisiert – aber er ist genial konzipiert. 
Wir erinnern uns an den letzten Band. Sebastian Bergman gehört nicht mehr zum Team der Reichsmordkommission. Sein Leben und damit auch sein soziales Umfeld gibt es faktisch nicht. Ein Buchprojekt hält seinen intellektuellen Geist wach und manchmal hält er Vorträge, dass alles füllt ihn allerdings nicht aus. Seine Gedanken kreisen ums seine Tochter Vanja, die allerdings verständlicherweise keinerlei Kontakt zu ihrem leiblichen Vater haben möchte. Als eine Vergewaltigungsserie in Uppsala eskaliert und die erste Tote gefunden wird, wird Sebastian Bergman durch die regionale Kriminalbehörde reaktiviert und die Reichsmordkommission wird ebenfalls eingeschaltet. Das „alte“ Team kommt damit wieder zusammen und ebenfalls werden alte Konflikte eingeschaltet und eskalieren...
Es ist unbedingt notwendig, dass man die vorherigen Bände chronologisch liest. Den vorliegenden Band: „Die Opfer, die man bringt“, ohne das Vorwissen zu lesen, ist absolut sinnlos. Das Beziehungsnetz der Personen ist zu komplex, und die Anspielungen, bzw. die Charakterlichen Veränderungen, kann man sonst keinesfalls begreifen. 
Der aktuelle Titel ist ein Pageturner, eine vielschichtige Spannung, die sich präsentiert. Allerdings geht die Spannung weniger von dem Kriminalfall aus, die persönlichen Nebengeschichten der Teammitglieder formen die Story und geben dem Roman die inhaltliche Seele. Die Vergewaltigungsserie ist ein erzählerisches und notwendiges Nebenprodukt. Klar ist diese auch spannend, aber ich vermute, dass diese primären Nebengeschichten, die Vorbereitung für den siebten Band sind und dieser könnte dramatisch ausfallen. Gerade die Story um Billy, aber auch die Beziehung von Sebastian zu seiner Tochter Vanja, bilden die Grundlage für den nächsten Fall. 
„Die Opfer, die man bringt“ von Hjorth & Rosenfeldt ist anders, aber nicht schlechter als die letzten Bände. Es ist der Anfang, der Prolog, für den siebten Band, die ggf. das Team der Reichsmordkommission auf immer verändern wird. 
Analysiert man die eigentliche Haupthandlung – die Vergewaltigungsserie, so werden hier aktuelle, gesellschaftliche Themen aufgegriffen, über die man manchmal laut und leise diskutieren mag. 
Fazit 
Storytelling hin oder her – „Die Opfer, die man bringt“ von Hjorth & Rosenfelt ist ein Pageturner. Brillantes Spiel der Akteure – ein Feuerwerk an persönlichen Befindlichkeiten und Eskalationen. 
Die beiden schwedischen Autoren kommen übrigens zu dem 12. Krimifestival in Hamburg, das vom 6. bis 10. November 2018 stattfindet. 
Dienstag, 6. November 2018
Kriminelle Eröffnung
In den dunklen Straßen von Stockholm
Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt
Musik: Sebastian Knauer
19.30 Uhr | K6
Kampnagel
Ich freue mich auf den nächsten Band mit Sebastian Bergman – die Reihe ist einer der besten Kriminalreihen in den letzten 15 Jahren. Prädikat: Muss man einfach lesen.
Michael Sterzik






Freitag, 4. Dezember 2015

Verschwörung - Millennium Reihe 4 - David Lagercrantz

Zehn Jahre nach Veröffentlichung des ersten Bandes der „Millenium“ Reihe um den Journalisten Mikael Blomkvist  und der geheimnisvollen Hackerin Lisbeth Salander, geht nun die welterfolgreiche Reihe, mit dem aktuellen Titel „Verschwörung“ weiter. Allerdings ist der Autor nicht Stieg Larsson, der 2004 plötzlich an den Folgen eines Herzinfarktes starb, sondern der Journalist David Lagercrantz.

2013 wurde bekannt, dass Stieg Larssons schwedischer Verlag den Schriftsteller David Lagercrantz beauftragt hat, die Reihe fortzuführen. Larsson Vater und Bruder setzten sich für eine Fortsetzung ein. Viele Kritiker und Leser sprechen von einer „Grabschändung“, einem Sakrileg und es wäre nicht im Sinne des verstorbenen Autors. Man kann und darf debattieren, aber es ändert nun mal nichts an der Veröffentlichung.  Und wenn wir ehrlich sind: Es werden inzwischen einige Roman- Reihen bekannter und verstorbener Autoren fortgesetzt. Sicherlich spielt der Umsatz ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle und wirkt motivierend.

David Lagercrantz befasst sich in „Verschwörung“ mit sehr aktuellen Themen unserer Zeit. Wie wirkt sich der Journalismus aus, wenn der Staat Kontroll- und Überwachungsmechanismen installiert? Sind Journalisten noch als die letzten, idealistischen Kreuzritter anzusehen? Welche Macht und Einfluss haben die Geheimdienste derzeit?

Aller Anfang eines Romans ist schwer und Mikael Blomkvist  „Stern“ ist am verblassen. Der ehemals erfolgreiche und unabhängige Journalist befindet sich in einer Sinn- und Schaffenskrise. Der Erfolg der letzten Jahre, lässt sich nicht fortführen. Seine Zeitschrift „Millennium“ kann nicht an die Erfolgszahlen anknüpfen und somit setzt der wirtschaftliche Druck zunehmend ein. Das bleibt Konkurrenten nicht verborgen und konsequenter Weise übt ein großer Medienverlag großen Druck auf den „kleineren“ aus. „Millennium“ steht damit an einem Scheideweg.

Als Blomkvist von einem Wissenschaftler – Frans Balder -  erfährt, der sich in Gefahr befindet, wird er aufmerksam und erwacht aus seiner Lethargie. Als sich herausstellt, dass der schwedischer Wissenschaftler der renommierteste und berühmteste seines Berufszweiges ist und sich mit dem Thema „KI – Künstliche Intelligenz beschäftigt, ist sein Interesse geweckt. Doch ehe er persönlich den Wissenschaftler treffen kann, gerät der Journalist zwischen die Fronten und wird Zeuge eines gewaltsamen, professionellen Mordes. Balders Sohn überlebt das Attentat muss aber in Sicherheit gebracht werden. Schwer autistisch ist dieser auf unmittelbare Betreuung angewiesen und nicht zuletzt als „Einziger Zeuge“ enorm von Bedeutung.

Auch Lisbeth Salander, schwerreich und fürchterlich gelangweilt befindet sich auf ihrem idealistischen Kreuzzug. Ihr Ziel – den Geheimdienst NSA zu infiltrieren und deren Schwachstellen zu finden. Ein überaus gefährliches Spiel, aber für die exzentrische, junge Hackerin als Ziel faszinierend. Als Blomkvist Kontakt zu ihr sucht, wird sie neugierig und nach wenigen, typischen lisbethischen Recherchen befindet sie sich schnell in höchster Gefahr.

„Verschwörung“ als Titel und Pseudonym der Handlung ist klug gewählt.  Von den aktuellen Themen einmal abgesehen, werden gute alte Elemente aus bekannten Thrillern einfach aber prägnant eingebaut. „Der einzige Zeuge“ ist ein Rain Man – und verfügt über eine besondere „Gabe“. Dieser Plot ist im Grunde nichts Neues, doch ermöglicht der Autor es, die Story mitsamt seinen Nebengeschichten den Leser zu überzeugen.  

Die Spannung so durchschnittlich sie auch sein mag, ist absolut präsent. Die handelnden Personen kommen dem Leser vor, wie die bekannten Nachbarn von nebenan. Man steigt somit schnell in die Geschichte ein und selbst die Charakterisierung der Figuren wirkt wie ein alter aber guter Anzug, den man aus dem Schrank nimmt.

David Lagercrantz hat sich wirkliche Mühe gegeben, den erzählerischen Stil Stieg Larssons fortzusetzen. Das ist ihm mit „Verschwörung“ fürs erste gute gelungen. Die nächsten Teile werden darüber entscheiden, ob er nun als erfolgreich oder gescheitert zu kategorisieren ist.

Als einen großen Kritikpunkt empfinde ich, dass die tragische Familiengeschichte von Lisbeth Salander immer noch nicht zu Ende erzählt ist. Es geht weiter –  Wie? Lesen Sie selbst.

„Verschwörung“ ist ein starker und würdevoller Thriller der die hohe Erwartungshaltung bedingt erfüllt. Spannend, realistisch, unterhaltsam allemal –und perfekt dafür geeignet unter dem einen oder anderen Weihnachtsbaum verpackt als Geschenk zu dienen. Ich freue mich auf ein weiteres Abenteuer mit Fucking Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander.

Michael Sterzik


Dezember 2015