Der vorliegende Titel „Engelsgrund“ von dem Autor Linus Geschke, ist der dritte und abschließende Band um dessen Hauptfigur Alexander Born. Nach „Tannenstein“ und dem zweiten Band „Finsterthal“ erleben wir ein furioses und brillantes Ende, dieser Trilogie mit der sich Linus Geschke auch schriftstellerisch enorm weiter entwickelt hat.
Seine Krimireihe um den investigativen Journalisten Jan
Römer und seiner Kollegin „Mütze“ ist schon bezeichnend mehr wie gut. Diese
beiden Reihen kann man aber miteinander überhaupt nicht vergleichen. Die
Trilogie um Alexander Born kategorisiert sich mühelos in das Genre „Harter
Thriller“ ein. Die gesamte Storyline dieser fulminanten Thriller-Reihe ist
konsequent und kompromisslos sehr hart. Sie ist keineswegs unrealistisch,
verfängt sich nicht in ein Netz voller bekannter Klischees, und die Action
bewegt sich nicht in einem Raster überspitzter, erzählter Brutalität.
Eine friedliche Gemeinschaft in der
Abgeschiedenheit der Ardennen. Zwei tote junge Frauen, brutal ermordet. Eine
dritte junge Frau in höchster Gefahr. Eine unheilvolle Allianz zwischen Jäger
und Gejagtem.
Höchst alarmiert wendet sich Carla Diaz,
Alexander Borns frühere Kollegin bei der Sitte, an den Ex-Polizisten. Zwei
junge Frauen, Mitglieder der Sekte ›Cernunnos‹, der auch Carlas Tochter Malin
angehört, wurden ermordet aufgefunden. Nun fürchtet Carla um Malins Leben,
dringt aber nicht zu ihr durch. Auch Borns Mission scheitert – an Sektenführer
Lampert und an Malin selbst. Da schaltet Born seinen alten Gegenspieler Andrej
Wolkow ein, der ihm noch einen Gefallen schuldet. Tatsächlich schickt der Russe
einen jungen Killer, dem es schnell gelingt, sich bei ›Cernunnos‹
einzuschleichen. Doch Wolkow treibt ein doppeltes Spiel.(Verlagsinfo)
„Engelsgrund“ überzeugt durch eine enorm spannende
Atmosphäre, aus gut platzierten Charakteren und noch wichtiger – und fokussiert
sich auf den Ansatz zu zeigen, dass das „Böse“ und das „Gute“ nicht nur
verwandt, sondern im Grunde auch voneinander abhängig sind. Die Kernbotschaft
ist: Um das „Böse“ zu bekämpfen muss man selbst diesen Methoden bedienen?! Die Figur des Alexander Borns ist nicht der
Typus des klassischen Antihelden. Sein Schöpfer Linus Geschke konzipiert ihn
als einen Mann, der alles verloren hat, der sich undiszipliniert verhält,
seinen eigenen Ethischen und moralischen Kompass kalibriert und stark dabei
wirkt. Analysiert man mit etwas Tiefgang diese Figur, offenbart sich eine
Verletzlichkeit, eine Verlorenheit im Schatten seiner Vergangenheit und absolut
am Rande der Gesellschaft positioniert. Doch und das ist das besondere und exemplarische
an dieser Reihe ist, dass die übrigen Charaktere unabhängig ob Haupt- oder
Nebenfigur ebenfalls eine brillante, tiefgehende Ausprägung haben.
Es ist auch ein mehr wie würdiger Abschluss, die Story
ist dramatisch, dass Tempo hoch, und überraschende Situationen und Konflikte
stellen „Engelsgrund“ als einen spannenden, gefährlichen Eisberg in ein kaltes
Gewässer dar, dass gefährliche Tiefen zeigt.
Die Idee, eine Sekte schwerpunktmäßig als manipulativ und
als verkanntes Paradies darzustellen ist nichts Neues. Doch darum geht es auch
gar nicht. Engelsgrund weißt hochgradige, komplexe Beziehungsebenen aus – doch auch
hier mit Perspektive auf die Basis – sieht man „Gut“ und „Böse“ bedienen sich
mit einer Motivation der Individualität
seiner Figuren. Im Grunde verfolgen alle das gleiche Ziel, aber es gibt extrem viele
kleinere und größere Grauzonen.
„Engelsgrund“ ist auch keine Gute-Nacht-Geschichte, kein „Happy
End“, der eine heile Welt offenbart. Linus Geschke „lebt“ und „liebt“ sein
Storytelling – und auch hier zeigt sich nur eine verschwommene Karikatur von
Gut und Böse in der jeder alles sein kann.
Es gibt nicht viel an Kritik. Ich hätte es spannend und
innovativ gefunden, wenn es Ableger geben könnte – ohne Born, aber vielleicht
mit Carla Diaz – vielleicht mit einer anderen Figur aus dieser Reihe? Potenzial
ist allemal vorhanden.
Mit „Engelsgrund“ schließt sich der Kreis um Alexander
Born. Ein Ende mit dem jeder leben kann, ein Ende für diesen Charakter und
dieser außergewöhnlichen Reihe, die viele Melodien hat – eine davon ist ganz
sicher: „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Linus Geschke hat wie schon beschrieben sich mit dieser
Trilogie, sehr positiv weiterentwickelt. Enthusiastisch verfolgt er seinen Weg –
eine Reihe zu schreiben, die sich von vielen anderen abhebt. Der Erfolg gibt
ihm Recht. Mutig sich nicht einen Trend zu bedienen, sondern ggf. diesen gleich
selbst zu bauen. Prima Entscheidung.
Damit kommen wir zu den zukünftigen Projekten. Lieber
Linus Geschke – die Erwartungshaltung ist soeben gestiegen.
Fazit
„Engelsgrund“ ist im Grunde eine spannende Twilight Zone im
Genre „Thriller“. Tonangebend – exemplarisch – und verdammt gut wie gut, dass
Böse dargestellt wird. Eine der „Besten Thriller-Reihen“ – die man unbedingt
lesen muss. Punkt.
Michael Sterzik