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Mittwoch, 27. Januar 2021

Engelsgrund - Linus Geschke


Der vorliegende Titel „Engelsgrund“ von dem Autor Linus Geschke, ist der dritte und abschließende Band um dessen Hauptfigur Alexander Born. Nach „Tannenstein“ und dem zweiten Band „Finsterthal“ erleben wir ein furioses und brillantes Ende, dieser Trilogie mit der sich Linus Geschke auch schriftstellerisch enorm weiter entwickelt hat. 

Seine Krimireihe um den investigativen Journalisten Jan Römer und seiner Kollegin „Mütze“ ist schon bezeichnend mehr wie gut. Diese beiden Reihen kann man aber miteinander überhaupt nicht vergleichen. Die Trilogie um Alexander Born kategorisiert sich mühelos in das Genre „Harter Thriller“ ein. Die gesamte Storyline dieser fulminanten Thriller-Reihe ist konsequent und kompromisslos sehr hart. Sie ist keineswegs unrealistisch, verfängt sich nicht in ein Netz voller bekannter Klischees, und die Action bewegt sich nicht in einem Raster überspitzter, erzählter Brutalität.

Eine friedliche Gemeinschaft in der Abgeschiedenheit der Ardennen. Zwei tote junge Frauen, brutal ermordet. Eine dritte junge Frau in höchster Gefahr. Eine unheilvolle Allianz zwischen Jäger und Gejagtem.

Höchst alarmiert wendet sich Carla Diaz, Alexander Borns frühere Kollegin bei der Sitte, an den Ex-Polizisten. Zwei junge Frauen, Mitglieder der Sekte ›Cernunnos‹, der auch Carlas Tochter Malin angehört, wurden ermordet aufgefunden. Nun fürchtet Carla um Malins Leben, dringt aber nicht zu ihr durch. Auch Borns Mission scheitert – an Sektenführer Lampert und an Malin selbst. Da schaltet Born seinen alten Gegenspieler Andrej Wolkow ein, der ihm noch einen Gefallen schuldet. Tatsächlich schickt der Russe einen jungen Killer, dem es schnell gelingt, sich bei ›Cernunnos‹ einzuschleichen. Doch Wolkow treibt ein doppeltes Spiel.(Verlagsinfo)

„Engelsgrund“ überzeugt durch eine enorm spannende Atmosphäre, aus gut platzierten Charakteren und noch wichtiger – und fokussiert sich auf den Ansatz zu zeigen, dass das „Böse“ und das „Gute“ nicht nur verwandt, sondern im Grunde auch voneinander abhängig sind. Die Kernbotschaft ist: Um das „Böse“ zu bekämpfen muss man selbst diesen Methoden bedienen?!  Die Figur des Alexander Borns ist nicht der Typus des klassischen Antihelden. Sein Schöpfer Linus Geschke konzipiert ihn als einen Mann, der alles verloren hat, der sich undiszipliniert verhält, seinen eigenen Ethischen und moralischen Kompass kalibriert und stark dabei wirkt. Analysiert man mit etwas Tiefgang diese Figur, offenbart sich eine Verletzlichkeit, eine Verlorenheit im Schatten seiner Vergangenheit und absolut am Rande der Gesellschaft positioniert. Doch und das ist das besondere und exemplarische an dieser Reihe ist, dass die übrigen Charaktere unabhängig ob Haupt- oder Nebenfigur ebenfalls eine brillante, tiefgehende Ausprägung haben.

Es ist auch ein mehr wie würdiger Abschluss, die Story ist dramatisch, dass Tempo hoch, und überraschende Situationen und Konflikte stellen „Engelsgrund“ als einen spannenden, gefährlichen Eisberg in ein kaltes Gewässer dar, dass gefährliche Tiefen zeigt.

Die Idee, eine Sekte schwerpunktmäßig als manipulativ und als verkanntes Paradies darzustellen ist nichts Neues. Doch darum geht es auch gar nicht. Engelsgrund weißt hochgradige, komplexe Beziehungsebenen aus – doch auch hier mit Perspektive auf die Basis – sieht man „Gut“ und „Böse“ bedienen sich mit einer  Motivation der Individualität seiner Figuren. Im Grunde verfolgen alle das gleiche Ziel, aber es gibt extrem viele kleinere und größere Grauzonen.

„Engelsgrund“ ist auch keine Gute-Nacht-Geschichte, kein „Happy End“, der eine heile Welt offenbart. Linus Geschke „lebt“ und „liebt“ sein Storytelling – und auch hier zeigt sich nur eine verschwommene Karikatur von Gut und Böse in der jeder alles sein kann.

Es gibt nicht viel an Kritik. Ich hätte es spannend und innovativ gefunden, wenn es Ableger geben könnte – ohne Born, aber vielleicht mit Carla Diaz – vielleicht mit einer anderen Figur aus dieser Reihe? Potenzial ist allemal vorhanden.

Mit „Engelsgrund“ schließt sich der Kreis um Alexander Born. Ein Ende mit dem jeder leben kann, ein Ende für diesen Charakter und dieser außergewöhnlichen Reihe, die viele Melodien hat – eine davon ist ganz sicher: „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Linus Geschke hat wie schon beschrieben sich mit dieser Trilogie, sehr positiv weiterentwickelt. Enthusiastisch verfolgt er seinen Weg – eine Reihe zu schreiben, die sich von vielen anderen abhebt. Der Erfolg gibt ihm Recht. Mutig sich nicht einen Trend zu bedienen, sondern ggf. diesen gleich selbst zu bauen. Prima Entscheidung.

Damit kommen wir zu den zukünftigen Projekten. Lieber Linus Geschke – die Erwartungshaltung ist soeben gestiegen.

Fazit

„Engelsgrund“ ist im Grunde eine spannende Twilight Zone im Genre „Thriller“. Tonangebend – exemplarisch – und verdammt gut wie gut, dass Böse dargestellt wird. Eine der „Besten Thriller-Reihen“ – die man unbedingt lesen muss. Punkt.

 

Michael Sterzik

Samstag, 22. Februar 2020

Finsterthal - Linus Geschke


Ein Jahr nach dem großen Erfolg des Thrillers „Tannenstein“ von Linus Geschke, ist nun der zweite Teil um den Ex-Polizisten Alexander Born – „Finsterthal“ im Verlag dtv veröffentlicht worden.

In den vielen Genre innerhalb der Belletristik gibt es wie in einem klassischen Kriminalroman, als auch in einem spannenden Thriller zumeist einen soliden, souveränen Abklatsch der Charakterzeichnung. Die Rollenverteilung ist zumeist ein Klischee – hier die Helden – dort die Bösewichter. Einfach, oder?! Zu einfach – was zählt ist die individuelle Perspektive der Protagonisten, deren Vergangenheit, deren Umfeld, deren Motivation und schon ist das „Leben“ alles andere als bloß Schwarz/Weiß. Die Abstufungen und Grauzonen dieser persönlichen Einstellungen lassen es dann zu, dass man als Leser eine emotionale Bindung eingeht, ob nun positiv oder gar negativ ist dann auch egal – aber man kann sich wenig davor nicht einfangen lassen.

Schon in Roman „Tannenstein“ lässt der Kölner Autor Linus Geschke seinen Figuren erheblich viel Raum um sich zu entfalten. Immer wieder Rückblicke, immer wieder erklärt sich in genau diesen Zeitfenstern, die Psychologie der Figur und sein Antrieb. Und siehe da: Es ist kompliziert.

In dem vorliegenden Band „Finsterthal“ ist es noch immer kompliziert. Im Punkto Spannung liegt er mit seinem Vorgänger gleichauf. Allerdings und jetzt wird es interessant – gehen die Figuren über ihre eigenen Grenzen. Rache, Leid, Verrat, Täuschung, Manipulation – wie weit darf man die Hölle betreten, bis der Teufel einem dem Ausweg verbaut und man sowieso die Hitze bevorzugt und der moralische Kompass durchdreht? Kommen wir zu den Wahrheiten und Lügen – jeder hat seine ganz persönliche Wahrheit und Perspektive und entweder belügt er sich am Ende oder die anderen, vielleicht auch gleich alle – sich selbst eingeschlossen!

„Finsterthal“ besitzt eine ganz eigene Atmosphäre. Nicht nur realistisch, sondern zieht die Figuren in eine Eskalationsspirale – am Ende „alles oder nichts“ mit dem Einsatz „All in“. Doch man kann in diesem spannenden Pokerspiel nicht einfach aussteigen. Der Einsatz ist mörderisch – der Preis hoch und mit Geld nicht zu bezahlen.

Wenn der Dunkle kommt, verschwinden Mädchen. Eins in Berlin, eins in Bayern und eins im hessischen Königstein. Nicht alle werden lebend zu ihren Vätern zurückkehren, die durch ein dunkles Geheimnis verbunden sind.
Nur widerwillig nimmt der kriminell gewordene Ex-Polizist Alexander Born die Spur eines Mannes auf, der sich Der Dunkle nennt. Anfangs geht er noch von ganz gewöhnlichen Entführungsfällen aus. Ein Täter, drei Opfer. Doch in diesem Fall ist nichts, wie es scheint, und hinter jeder Wahrheit verbirgt sich eine weitere. (Verlagsinfo)
Die Kunst des spannenden Erzählens hat Linus Geschke für sich in dieser Reihe perfektioniert. Konsequent und Kompromisslos lässt er seine Figuren leben, leiden und sterben. Es werden Opfer gebracht und später ist nichts mehr wie es vorher war. Die Seele ist vielleicht unsterblich – aber nicht unverletzbar – auch das wird Alexander Born zu spüren bekommen.
Einige Figuren aus „Tannenstein“ begegnet man wieder und diese positionieren sich schon für den dritten Teil, der 2021 erscheinen wird. Linus Geschke ist ein Trickser – und jemand der einen komplexen Plan verfolgt und damit stellt er schon jetzt die Weichen für die Fortsetzung. An diesem Punkt muss mal allerdings auch betonen – dass es wenig Sinn macht „Finsterthal“ unabhängig von „Tannenstein“ zu lesen. Zu vielschichtig sind die Beziehungskisten der Charaktere gegliedert.
In „Tannenstein“ war es der „Wanderer“ – in „Finsterthal“ der „Dunkle“. Linus Geschke besticht durch einfache, aber prägnante Namen – in denen eine atmosphärische Dunkelheit agiert und Duelle auf Augenhöhe geschehen.
Fazit
„Finsterthal“ ist ähnlich wie ein Scharfschütze – Tödlich – Passgenau - einschüchternd – ein endlicher Gegner, der Angst bereitet – kein finaler Rettungsschuss im Genre Thriller. Ein hemmungslos, entfesselter Thriller, der zeigt wie vielschichtig und spannend man seine Figuren entwerfen kann. Willkommen auf der dunklen Seite der Macht.
Prädikat: Ein Thriller – eine Reihe der Extraklasse – der sich zielführend bewegt und deren Ideen in naher Zukunft ein Vorbild werden kann. Unbedingt lesen.

Michael Sterzik