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Freitag, 15. November 2024

Akte Nordsee - Das schweigende Dorf - Eva Almstädt


Jeder Mensch hat seine Geheimnisse, seine Leichen im Keller, seine Traumata - die verdrängt, versteckt oder sogar vor sich selbst verleugnet werden können. Jeder von uns hat seine persönliche Vergangenheit und selbst gegenüber dem eigenen Partner oder in der Familie gibt es Grenzen der offenen Kommunikation und der Wahrheiten. 

Schauen wir auf Personengruppen, und damit meine ich nicht politische Gemeinschaften, die schwarze Akten haben, selbst der Vatikan hat in seinen klerikalen Archiven Dokumente, die der Weltöffentlichkeit bewusst vorenthalten werden. Dann gibt es in unserem Alltag kleinere Gruppen, z.B. in der Nachbarschaft, die manchmal eine gesellschaftliche Elite darstellen wollen. Intrigen, Manipulation und Erpressung gehören zum Alltag.

Niemand weiß, wann sich all die aufgestauten Emotionen entladen - und niemand weiß, wer am Ground Zero einer vielleicht brutalen Wahrheit steht. Die Wahrheit hat Reißzähne und sie kommt immer wieder ans Licht - und dann meist zu einem Zeitpunkt, den man nicht erwartet. Danach dreht sich die Welt schneller und nichts ist mehr so, wie es einmal war. Freundschaften implodieren - Feindschaften entstehen und es kann auch lebensgefährlich werden, wenn der moralische Kompass verrückt spielt. 

Schweigen ist Silber, Reden ist Gold. Das kann passen, muss aber nicht. 

Eva Almstädt hat diese Nachbarschaftshilfe in ihrem gerade erschienenen Roman „Das schweigende Dorf“ thematisiert.

Anwältin Fentje Jacobsen, die ihre Kanzlei auf dem Schafshof ihrer Großeltern betreibt, erhält mitten in der Nacht einen Anruf. Der Mann am anderen Ende erklärt, dass er ihre Hilfe brauche, denn er werde demnächst des Mordes verdächtigt werden. Danach legt er auf. Kurz darauf hört Fentje, dass in einem benachbarten Ort zwei Tote gefunden wurden: Ihr neuer Klient ist selbst einem Verbrechen zum Opfer gefallen und wurde auf grausame Weise in seinem Haus stranguliert. Obwohl sie kein gültiges Mandat hat, beginnt Fentje mit dem Journalisten Niklas John Nachforschungen anzustellen. Doch als sie in dem kleinen Dorf zu tief graben, wird es auch für sie lebensgefährlich ...(Verlagsinfo) 

Der vorliegende Band ist der dritte Roman aus der Reihe: „Akte Nordsee“, in der die junge Anwältin Fentje und der Journalist Niklas gemeinsam ermitteln. Man kann, muss aber nicht die Reihe chronologisch lesen, um hier Zusammenhänge besser verstehen zu können. 

Die Beziehungskiste dieser beiden Figuren nimmt für einen Krimi recht viel Raum ein - vielleicht zu viel Raum, denn manchmal ist dieses „Sein oder Nichtsein“ einer Sympathie, eines Schwärmens füreinander für den Leser, der eigentlich Spannung erwartet, sehr, sehr anstrengend. 

Ja - die Spannung ist da - aber leider immer relativ konstant. Es wird zwar viel von den beiden ermittelt - es gibt auch Ergebnisse und Entwicklungen - aber es ist auch sehr langatmig und viele Szenen hätte man entweder weiter ausbauen oder ganz streichen müssen. Das wundert mich - denn Eva Almstädt ist eine begnadete Autorin, die es sehr gut versteht, einen Spannungsbogen systematisch aufzubauen, ohne dass man gleich an ein einfaches Baukastensystem denken muss. 

Realistisch ist die Geschichte trotzdem - bis auf die Tatsache, dass man sich immer wieder fragt, was die Kriminalpolizei mit den Ermittlungen zu tun hat, denn sie taucht überhaupt nicht auf. Der Staatsanwalt schäkert ein wenig mit dem Journalisten Niklas, aber ansonsten bleibt die Polizei im Schatten und scheint überhaupt nicht aktiv zu sein!

Spannung pur - und noch mehr Nebenfiguren geben sich die Klinke in die Hand. Diese nachbarschaftlichen Verflechtungen und die vielen unausgesprochenen, aber hinter vorgehaltener Hand geäußerten Vermutungen, die eine gewisse Eigendynamik entwickeln, halten eben jenen Spannungsbogen konstant. 

So ist „Das schweigende Dorf“ zwar kein Pageturner, aber ein Roman, der gut unterhält und man kann sicher sein, dass Eva Almstädt im nächsten Band die Spannung wieder steigern kann.

Fazit

Spannende Nachbarschaftshilfe mit einigen inhaltlichen Längen und zu vielen persönlichen Herausforderungen, die leider überflüssig und hemmend wirken.

Michael Sterzik

Samstag, 23. April 2022

Ostseekreuz - Eva Almstädt


Der 17. Fall der Kommissarin Pia Korittki schließt mit seiner Handlung unmittelbar an den vorherigen „Ostseefalle“ an. Dieser war ja für Pia sehr, sehr persönlich – und ihre Schöpferin Eva Almstädt verfrachtet ihre Figur kurzerhand für eine kurze Auszeit in ein selbstauferlegtes kurzes Sabbatical hinter Klostermauern. Fast ausgebrannt und mit den Nerven am Ende versucht die junge Kommissarin und Mutter Abstand von ihrer Gefangenschaft und der Konfrontation mit ihrem Erzfeind zu finden.

Ein Krimi hinter Klostermauern? Ist ja nichts Neues – aber Eva Almstädt öffnet in diesem klerikalen Krimi recht originell ein paar gut platzierte Sünden. Und auch ohne göttlichen Beistand findet sie unter den „Heiligen“ und den Besuchern des Klosters den Mörder und verfrachtet diesen ins Fegefeuer-Gefängnis. Das der Mörder überführt und gefunden wird, ist ja logisch – der Weg dahin, aber ist interessant.

Und bevor dies passiert und Pia ein paar Pluspunkte auf ihr Karmakonto bekommt, gestaltet sich die Story durchweg spannend. Eine Nebenstory befasst sich dann mit der Suche nach ihrem Erzfeind, der sich ins Ausland abgesetzt hat – hier kann sich Pia allerdings zurücklehnen und sich von einem Kollegen über den Status Q informieren lassen.

Kommissarin Pia Korittki nimmt sich eine Auszeit in einem Ostsee-Kloster. Das ruhige, beschauliche Leben mit den Mönchen und einigen wenigen Gästen soll ihr helfen, sich von einem traumatischen Erlebnis zu erholen. Doch die Ruhe wird jäh durch das Läuten der Totenglocke gestört. Ein Novize hat einen der Mönche leblos in der Kirchenbank kniend gefunden. Schnell ist klar, dass Bruder Zacharias ermordet wurde. Pia will sich aus den Ermittlungen heraushalten, doch als auch noch ein Gast spurlos verschwindet, muss sie handeln - und macht in einem Kellerraum eine schreckliche Entdeckung ...(Verlagsinfo)

Der 17. Fall ist ruhiger – weniger dramatisch für alle Protagonisten. Ein Atemholen für alle, auch wenn man nicht gerade hinter Klostermauern nach sich selbst sucht. Die Atmosphäre ist ruhiger, aber nicht weniger spannend. Das bringt wahrscheinlich auch das Kloster mit sich, dass sich natürlich an der Ostsee befindet. Wer das Kloster Cismar kennt, dass die Autorin als Vorlage genommen hat, wird die Atmosphäre der Story spüren können. Nebenbei bemerkt – absolut sehenswert.

Neben der Spannung erzählt Eva Almstädt noch ein wenig vom alltäglichen Klosterleben der Mönche. Diese Interna ist interessant, aber leider etwas zu oberflächlich. Vielleicht hätte man hier die „Nebengeschichte“ einfach ausgelassen und sich mehr auf die Hauptstory konzentriert.

Alles in allem war dieser Roman aber auch notwendig, um den Nachfolgebänden eine Bühne zu geben. Alles auf „0“ – alles abgeschlossen und es gibt keinen Cliffhanger. Somit kann Pia beruflich und privat andere, neue und sicherlich auch entscheidende Wege beschreiten, die nicht nur ihre Figur weiter vervollständigen können. Das ist genau die Stärke dieser Reihe – das Menschliche in allen Abstufungen und die privaten, menschlichen Beziehungen und Konflikte, ihr Sohn usw. machen das Bild zwar nicht rund, aber genau diese Ecken und Kanten lassen die Figuren „leben“.

Die Protagonisten – Mönche und Besucher sind authentisch aufgestellt. Souverän und sicher nehmen sie ihre Rolle an.

Diese Reihe überzeugt aber auch über die Region. Lübeck – die Ostsee, eine raue und abwechslungsreiche Landschaft, mit interessanten Menschen und einer historischen Geschichte und Stadtbildern, die man auch gesehen haben sollte. Für alle, die wie ich diese Region kennen und lieben – für genau diese Leser ist die Reihe ein Heimspiel, ein nach Hause kommen, ein spannender Wohlfühlfaktor.

Insgesamt ist die Nebenstory, der einzige Kritikpunkt, denn diese Erzfeindschaft entwickelt sich zum Ende hin zu unspektakulär, erstmal….wer weiß, was durch ein eventuelles Hintertürchen noch auf Pia zukommt.

Fazit

„Ostseekreuz“ ist ein spannender Roman, der alles auf „0“ setzt. Ein bisschen „Zurück in die Zukunft“ für Pia und Co. Einer der besten, deutschen Krimireihen – ever.

Michael Sterzik 

 

 

Freitag, 30. April 2021

Ostseefalle - Eva Almstädt


Cold Case“ ist inzwischen im Genre Krimi/Thriller vielleicht etwas Hype-orientiert und es funktioniert ausgesprochen  gut. Dunkle Geheimnisse, die in der Vergangenheit liegen, alte Beziehungen,  die noch nicht abgeschlossen sind und Ermittler, die sich Jahre oder Jahrzehnte später immer noch fragen, ob sie etwas übersehen haben, an etwas nicht gedacht hatten….eine alte „Schuld“ ist fast unsterblich und ernährt sich von menschlichen Fehlern, oder vielleicht auch von der Raffinesse der Täter.

Eva Almstädts Reihe um die Lübecker Kriminalbeamtin Pia Korittki ist einer der besten im Genre Krimi. Regionale Krimis liegen ja eh im Fokus – bekanntlich kann man sich also auch an Tatorten ganz wie zu Hause fühlen. Die Bühne zeigt die „Ostsee“ – mit Lübeck als frühere Königin der Hanse - als Stadt, ein hervorragendes Ambiente. Nicht nur als Urlaubsland, oder als kulturelle Reise bietet Schleswig-Holstein viele Möglichkeiten und die verschiedenen Städte, Gemeinden und Regionen, die in dieser Reihe vorkommen,  sind auch ein unterhaltsamer Reiseführer.

Die Reihe überzeugt aber nicht nur durch die charmante Ostsee, sondern vielmehr durch die starke Figurenzeichnung. Pia Korittkis berufliche Laufbahn, auch ihre Liebesgeschichten, die eine gewisse dramatische Komponente aufweisen, lassen die Figur uns realistisch nahekommen. Als erfolgreiche Beamtin, als selbstständige Frau, und auch als eine phasenweise, alleinerziehende Mutter. Geschickt – Glaubwürdig und auch spannend in Szene gesetzt.

Bei der Sanierung eines Bauernhauses entdecken die Bewohner im Keller einen skelettierten Schädel. Kommissarin Pia Korittki leitet die Ermittlungen. Sie stößt auf den Fall einer vor neun Jahren verschwundenen jungen Frau. Der damals Hauptverdächtige lebt noch immer in dem kleinen Ort. Doch all das wird nebensächlich, als Pia die Nachricht erhält, dass ihr Sohn Felix einen schweren Unfall hatte. Zu spät erkennt sie, dass es eine Falle war – und dass der Cold Case, in dem sie ermittelt, alles andere als "kalt" ist ...Ein Fall, der Pia Korittki in tödliche Gefahr bringt…(Verlagsinfo)

Alte Liebe rostet nicht – alte Feindschaften aber ebenso wenig. „Ostseefalle“ ist als Mehrteiler konzipiert. Leser, die die Reihe kennen werden alten Bekannten begegnen – aus „alt“ wird „neu“ und es wirkt auch gar nicht künstlich aufgesetzt. „Ostseefalle“ von Eva Almstädt verfügt bis zur Mitte etwa über eine sich langsam, aufbauende Spannung, explodiert aber dann in einem sehr persönlichen Duell.

Authentisch wirkt das Storytelling allemal, wenn man auch manchmal darüber nachdenkt, ob es etwas überstrapaziert ist. Die Autorin überlässt hier wenig, bis gar nichts dem Kollegen Kommissar Zufall. Sehr schlau und mitunter sehr gut konstruiert macht „Ostseefalle“ einfach eine Menge Spaß und überzeugt ebenfalls durch ein gesundes Tempo.

Eva Allstädt baut hier einen kleinen Cliffhanger ein – und motiviert, nein zwingt den Leser dazu den nächsten Teil kaum erwarten zu können. Rache kann auch zweischneidig sein – und aus einer Hoffnung heraus – kann man auch zurückschlagen um wiederrum später eine Rückkehr zu feiern.

Es gibt nicht viel auszusetzen. „Ostseefalle“ ist und wird zu einer persönlichen Vendetta. Für alle zukünftigen Bände sollte man den Punkt: „Persönliche Fehde“ ein für alle Mal abhaken. Alles andere wäre kontraproduktiv.

Fazit

Fallen Sie auf den Titel „Ostseefalle“ bitte rein. Gehen Sie alten Feind- und Freundschaften ruhig auf dem Leim. Sie werden begeistert sein, wie manipulativ Eva Almstädt mit Ängsten und Hoffnungen spielt.

Sehr zu empfehlen.

Michael Sterzik