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Donnerstag, 24. Februar 2022

Nebelopfer - Romy Fölck


Der vorliegende Roman „Nebelopfer“ von Romy Fölck, ist der fünfte Band der erfolgreichen Elbmarsch-Reihe, bzw. die Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Reihe.
Romy Fölck hat als Autorin einen gewissen geografischen Heimvorteil. Die fruchtbare Elbmarsch lebt von der Landwirtschaft und der Viehhaltung. Aber nicht nur die Viehzucht ist hier von einer großen Bedeutung. Seit über 200 Jahre bringt eine blühende Pferdezucht immer wieder erfolgreiche Hannoveraner hervor, also für den Reitsport eine wichtige Adresse. Romy Fölck lässt die Elbmarschen aufleben, die raue Landschaft, die Felder, die Obstplantagen, die kleinen Dörfer und verträumten Höfe. Eine Landschaft, die, auch wenn sie manchmal nicht einladend wirkt, doch einen vielseitigen und tiefen Charakter haben. Die Menschen sind wie das Land selbst, freundlich, bisweilen stur und temperamentvoll, sie haben gelernt, mit der Natur im Einklang zu leben. Ein sprichwörtliches, selbstverständlichen Geben und Nehmen.
Diese Reihe von Romy Fölck überzeugt durch eine vielseitige, absolut authentische Figurenzeichnung. Keine verzweifelten, narzisstischen, einsame Antihelden mit gebrochenen Herzen, die sich eigentlich auf der Couch eines Seelenschraubers wiederfinden sollten. Die beiden Hauptcharaktere bilden fast schon eine stabile Symbiose, eine berufliche und private „Mauer“, zwischen dem kein Blatt passt. Flankiert werden diese von Frida Paulsens Familie, die alle „Herzlich willkommen“ heißen und deren Herzen so weit sind, wie die Elbmarschen selbst.
In den vorherigen vier Bänden spielte das Privatleben, die persönlichen Prüfungen der Figuren eine tragende Rolle. Sie formten die Figuren und schlichen sich damit schnell und nachhaltig in die Köpfe und Herzen der Leser. Diese familiäre „Bande“ als Vereinigung und Gefühl ist nicht nur sinnvoll, sondern auch sinnig erzählt.
Vorab sei schon jetzt zu sagen, dass der fünfte Band mit einer der stärksten dieser Reihe ist und auch als Autorin hat sich das sympathische Nordlicht Romy Fölck autodidaktisch gleich selbst einen Meilenstein gesetzt.
An einem nebligen Februarmorgen wird zwischen den Dörfern der Geest an einem uralten Galgenbaum eine Leiche gefunden. Am Hals des Toten baumelt ein Schild, das Kriminalkommissarin Frida Paulsen Rätsel aufgibt: Ich gestehe, im Prozess gegen Cord Johannsen falsch ausgesagt zu haben. Ihr Kollege Haverkorn erinnert sich sofort an den Fall. Vor vielen Jahren wurde der Bauer Johannsen für den kaltblütigen Mord an seiner Familie verurteilt, seither sitzt er im Gefängnis. Als kurz nach dem Leichenfund in der Geest ein weiterer Zeuge getötet wird, der im Prozess gegen Johannsen aussagte, ahnen die beiden Kommissare: Sie müssen den wahren Täter von damals finden, sonst wird es weitere Opfer geben …(Verlagsinfo)
Im Genre Krimi sind Cold Case Fälle hochaktuell, alte nicht abgeschlossene Fälle, die das LKA und BKA und ihre Kommissare archivieren. Aber auch die Ermittler haben dazu noch offene Fragen, keine Antworten, haben Zweifel am Tatgeschehen, oder schlimmstenfalls zweifeln sie selbst daran alles richtig zu haben.
Romy Fölck kombiniert im vorliegenden Roman, die nebulöse Vergangenheit mit der mörderischen Gegenwart und das funktioniert ungehindert fantastisch. Doch nicht nur die Story funkt mit einer Originalität, sondern auch die Ermittler bekommen durch eine charismatische, neue Figur. Diese ist nicht nur stark konzipiert, sondern hat auch starke Auftritte und auch Bjarne Haverkorn bekommt einen „Neuanfang“ und einen neuen Partner.
Am Ende gibt es neue Grenzen, unerforschtes Land und viele neue Möglichkeiten und Herausforderungen. Ein Scheideweg für die Figuren – und ich hoffe es geht weiter, denn so perfekt, spannend und tiefgründig, wie diese Charaktere in der Handlung agieren, habe ich es selten erlebt.
Der Unterhaltungswert bewegt sich auf höchstem Niveau, das nicht nur wegen der spannenden Atmosphäre, sondern weil einfach das Gesamtbild perfekt ist. Die wechselnden Erzählperspektiven und nicht zuletzt die Überraschungen und Wendungen machen „Nebelopfer“ zu einem der besten Krimis auf dem gegenwärtigen Buchmarkt.
Sehr vorteilhaft ist das Verhältnis von privaten Nebengeschichten und der eigentlichen Story. Ausgewogen und selbst die Nebengeschichten werden aller Voraussicht nach dem Ausgangspunkt für den nächsten Band bilden. Kommissar Zufall hat hier zum Glück keinen großen Auftritt – die Handlung ist authentisch und es gibt auch keine logischen Brüche, sondern nur menschliche Fehler und selbst diese sind verständlich.
Diese Reihe wird bestimmt das Interesse wecken, diese zu verfilmen. Leider, oder auch zum Glück würde ich das nicht empfehlen. Die Reihe besitzt eine erzählerische Seele, die vom Film nicht erfasst und „gelebt“ werden kann.
Es gibt nicht viel zu bemängeln, ggf. dass die Ermittler bei ihren Nachforschungen nicht alles bedacht hatten in der Vergangenheit und der Gegenwart, aber das mindert, oder verärgert überhaupt zu keinem Zeitpunkt das Vergnügen, das Buch zu lesen.
Fazit
Verdammt ist „Nebelopfer“ gut. Ein Buch, das einen die Nacht mit aller Macht durchlesen lässt. So muss ein Krimi sein.
Michael Sterzik

Samstag, 12. Februar 2022

Natrium Chlorid von Jussi Adler Olsen


Das Sonderdezernat Q mit Carl Mørck und Assad bewegt sich nun in seinen neunten, spannenden Kriminalfall. Die Reihe des dänischen Bestsellerautors Jussi Adler Olsen ist ein Spannungsgarant in dem Genre Krimi. Schon längst hat die erfolgreiche Reihe, die sich mit alten Cold Case Fällen beschäftigt, einen gewissen Kultstatus erarbeitet. Selbst die filmische Umsetzung ist bestens gelungen, was nicht selbstverständlich ist. Literatur und Film überzeugen absolut über ihre vielseitigen, und geheimnisvollen und manchmal schrulligen Protagonisten. Das nordische Ensemble ist mit den letzten Titeln gewachsen, und die Figuren reihen sich mühelos in Story und Beziehungsebenen ein.

Der Begriff „Natrium Chlorid“ steht schlicht und ergreifend für „Kochsalz“. In der Story begegnen den Ermittlern auch an vergangenen und gegenwärtigen Tatorten diese Substanzen und schnell wird es klar, dass hier eine gewisse Symbolik eine wegweisende Bedeutung spielt. Das „Salz“ in dieser Tatortsuppe führt das Team zu einem Serienmörder, der schon seit Jahrzehnten effektiv mordet.

An ihrem 60. Geburtstag begeht eine Frau Selbstmord. Ihr Tod führt zur Wiederaufnahme eines ungeklärten Falls aus dem Jahr 1988, der Marcus Jacobsen mit seinem besten Ermittler Carl Mørck zusammengeführt hat. Carl, Assad, Rose und Gordon ahnen nicht, dass der Fall das Sonderdezernat Q an die Grenzen bringt: Seit drei Jahrzehnten fallen Menschen einem gerissenen Killer zum Opfer, der tötet, ohne dass ihm ein Mord nachgewiesen werden kann. Er wählt Opfer und Todeszeitpunkt mit Bedacht und Präzision. Dreißig Jahre lang konnte niemand ihn stoppen. Und während die Corona-Maßnahmen die Ermittlungsarbeiten zusätzlich erschweren, bewegt der alte Fall sich auf Carl zu wie eine Giftschlange, die Witterung mit ihrer Beute aufgenommen hat …(Verlagsinfo)

Der Mörder präsentiert sich recht schnell in dem vorliegenden Band. Und seine Erzählperspektive ist im Vergleich zu den weiteren erzählenden Personen recht stark ausgeprägt. Die Handlung orientiert sich an einer gewissen Aktualität und damit ist „Corona“ auch hier in dieser Story angekommen. Und das auch nicht gerade wenig. Das Corona auch Polizeibeamten in ihren Dienst, ihn ihren Ermittlungen bremst, ist logisch, doch ich empfand diese Erklärungen und Anspielungen als zu präsent. Es nervte denn letztlich doch sehr und brachte inhaltlich die Story auch überhaupt nicht weiter.

Auch vergangene Situationen und Erlebnisse holen die Beamten des Sonderdezernats Q ein. Assad, der jetzt seine traumatisierte Familie in Dänemark hat, kämpft mit den Mühlsteinen der Bürokratie. Gegen Carl Mørck wird intern ermittelt. Damit sind die Nebengeschichten gesetzt und führen das Team am Ende an einen gewissen Scheideweg, der zwar nicht überrascht, von dem aber die Zukunft dieser Ermittlungseinheit und seinen Personen abhängen wird.

„Natrium Chlorid“ von Jussi Adler Olsen ist ein spannender Roman und vielleicht auch der einzige ohne wirkliches Tempolimit, denn die Ereignisse überschlagen sich.

Eine Tradition setzt sich souverän fort – die Running Gags von Assads „Versprechern“ lassen einen schmunzeln. Was leider etwas untergeht, ist die erzählerische Perspektive von Carl Mørck, auch seine Gedankenmodelle waren immer in den letzten Bänden dieser großartigen Reihe originell.

Originell verwendet Jussi Adler Olsen allerdings aktuelle medialen Themen. Ethik, Moral, Verantwortung, die Schnelllebigkeit und Brisanz von Einschaltquoten, Auflagen usw. Die Popularität hat Ihre Grenzen und tobt sich auch gerne an schwächeren Personen unserer demokratischen Gesellschaft aus. Hier entstehen irreparable Schäden, aber lesen sie am besten selbst.

Die Brücke zur Vergangenheit – zu dem ersten Band ist ausschlaggebend und nicht undramatisch. Aber die Quadratur des Kreises ist noch abgeschlossen und Carl Mørck wird im nächsten Band wohl seinen persönlichsten Cold Case-Fall erleben.

Assad, Rose und Gordon tendieren zwischen Neben- und Hauptfiguren, aber die beiden erstgenannten bekommen nicht ihre alte, bekannte Bühne zurück. Schade.

Fazit

Schnelle Story, dramatische Entwicklungen und ein Ende, dass einen zwingt, den nächsten Roman dieser hervorragenden Reihe lesen zu müssen. Es fehlt ein wenig die Ausgewogenheit – aber noch ist alles im positiven Rahmen.Damit empfehle ich diesen Roman „Natrium Chlorid“ gerne weiter.

Michael Sterzik

 

Freitag, 30. April 2021

Ostseefalle - Eva Almstädt


Cold Case“ ist inzwischen im Genre Krimi/Thriller vielleicht etwas Hype-orientiert und es funktioniert ausgesprochen  gut. Dunkle Geheimnisse, die in der Vergangenheit liegen, alte Beziehungen,  die noch nicht abgeschlossen sind und Ermittler, die sich Jahre oder Jahrzehnte später immer noch fragen, ob sie etwas übersehen haben, an etwas nicht gedacht hatten….eine alte „Schuld“ ist fast unsterblich und ernährt sich von menschlichen Fehlern, oder vielleicht auch von der Raffinesse der Täter.

Eva Almstädts Reihe um die Lübecker Kriminalbeamtin Pia Korittki ist einer der besten im Genre Krimi. Regionale Krimis liegen ja eh im Fokus – bekanntlich kann man sich also auch an Tatorten ganz wie zu Hause fühlen. Die Bühne zeigt die „Ostsee“ – mit Lübeck als frühere Königin der Hanse - als Stadt, ein hervorragendes Ambiente. Nicht nur als Urlaubsland, oder als kulturelle Reise bietet Schleswig-Holstein viele Möglichkeiten und die verschiedenen Städte, Gemeinden und Regionen, die in dieser Reihe vorkommen,  sind auch ein unterhaltsamer Reiseführer.

Die Reihe überzeugt aber nicht nur durch die charmante Ostsee, sondern vielmehr durch die starke Figurenzeichnung. Pia Korittkis berufliche Laufbahn, auch ihre Liebesgeschichten, die eine gewisse dramatische Komponente aufweisen, lassen die Figur uns realistisch nahekommen. Als erfolgreiche Beamtin, als selbstständige Frau, und auch als eine phasenweise, alleinerziehende Mutter. Geschickt – Glaubwürdig und auch spannend in Szene gesetzt.

Bei der Sanierung eines Bauernhauses entdecken die Bewohner im Keller einen skelettierten Schädel. Kommissarin Pia Korittki leitet die Ermittlungen. Sie stößt auf den Fall einer vor neun Jahren verschwundenen jungen Frau. Der damals Hauptverdächtige lebt noch immer in dem kleinen Ort. Doch all das wird nebensächlich, als Pia die Nachricht erhält, dass ihr Sohn Felix einen schweren Unfall hatte. Zu spät erkennt sie, dass es eine Falle war – und dass der Cold Case, in dem sie ermittelt, alles andere als "kalt" ist ...Ein Fall, der Pia Korittki in tödliche Gefahr bringt…(Verlagsinfo)

Alte Liebe rostet nicht – alte Feindschaften aber ebenso wenig. „Ostseefalle“ ist als Mehrteiler konzipiert. Leser, die die Reihe kennen werden alten Bekannten begegnen – aus „alt“ wird „neu“ und es wirkt auch gar nicht künstlich aufgesetzt. „Ostseefalle“ von Eva Almstädt verfügt bis zur Mitte etwa über eine sich langsam, aufbauende Spannung, explodiert aber dann in einem sehr persönlichen Duell.

Authentisch wirkt das Storytelling allemal, wenn man auch manchmal darüber nachdenkt, ob es etwas überstrapaziert ist. Die Autorin überlässt hier wenig, bis gar nichts dem Kollegen Kommissar Zufall. Sehr schlau und mitunter sehr gut konstruiert macht „Ostseefalle“ einfach eine Menge Spaß und überzeugt ebenfalls durch ein gesundes Tempo.

Eva Allstädt baut hier einen kleinen Cliffhanger ein – und motiviert, nein zwingt den Leser dazu den nächsten Teil kaum erwarten zu können. Rache kann auch zweischneidig sein – und aus einer Hoffnung heraus – kann man auch zurückschlagen um wiederrum später eine Rückkehr zu feiern.

Es gibt nicht viel auszusetzen. „Ostseefalle“ ist und wird zu einer persönlichen Vendetta. Für alle zukünftigen Bände sollte man den Punkt: „Persönliche Fehde“ ein für alle Mal abhaken. Alles andere wäre kontraproduktiv.

Fazit

Fallen Sie auf den Titel „Ostseefalle“ bitte rein. Gehen Sie alten Feind- und Freundschaften ruhig auf dem Leim. Sie werden begeistert sein, wie manipulativ Eva Almstädt mit Ängsten und Hoffnungen spielt.

Sehr zu empfehlen.

Michael Sterzik