Rezensionen zu aktuellen Büchern. Vorstellungen, Interviews mit Autoren und vieles mehr.
Donnerstag, 24. Februar 2022
Nebelopfer - Romy Fölck
Samstag, 12. Februar 2022
Natrium Chlorid von Jussi Adler Olsen
Das Sonderdezernat Q mit Carl Mørck und Assad bewegt sich nun in seinen neunten, spannenden Kriminalfall. Die Reihe des dänischen Bestsellerautors Jussi Adler Olsen ist ein Spannungsgarant in dem Genre Krimi. Schon längst hat die erfolgreiche Reihe, die sich mit alten Cold Case Fällen beschäftigt, einen gewissen Kultstatus erarbeitet. Selbst die filmische Umsetzung ist bestens gelungen, was nicht selbstverständlich ist. Literatur und Film überzeugen absolut über ihre vielseitigen, und geheimnisvollen und manchmal schrulligen Protagonisten. Das nordische Ensemble ist mit den letzten Titeln gewachsen, und die Figuren reihen sich mühelos in Story und Beziehungsebenen ein.
Der Begriff „Natrium Chlorid“ steht schlicht und ergreifend
für „Kochsalz“. In der Story begegnen den Ermittlern auch an vergangenen und
gegenwärtigen Tatorten diese Substanzen und schnell wird es klar, dass hier
eine gewisse Symbolik eine wegweisende Bedeutung spielt. Das „Salz“ in dieser
Tatortsuppe führt das Team zu einem Serienmörder, der schon seit Jahrzehnten
effektiv mordet.
An ihrem 60. Geburtstag begeht eine Frau Selbstmord. Ihr
Tod führt zur Wiederaufnahme eines ungeklärten Falls aus dem Jahr 1988, der
Marcus Jacobsen mit seinem besten Ermittler Carl Mørck zusammengeführt hat.
Carl, Assad, Rose und Gordon ahnen nicht, dass der Fall das Sonderdezernat Q an
die Grenzen bringt: Seit drei Jahrzehnten fallen Menschen einem gerissenen
Killer zum Opfer, der tötet, ohne dass ihm ein Mord nachgewiesen werden kann.
Er wählt Opfer und Todeszeitpunkt mit Bedacht und Präzision. Dreißig Jahre lang
konnte niemand ihn stoppen. Und während die Corona-Maßnahmen die Ermittlungsarbeiten
zusätzlich erschweren, bewegt der alte Fall sich auf Carl zu wie eine
Giftschlange, die Witterung mit ihrer Beute aufgenommen hat …(Verlagsinfo)
Der Mörder präsentiert sich recht schnell in dem
vorliegenden Band. Und seine Erzählperspektive ist im Vergleich zu den weiteren
erzählenden Personen recht stark ausgeprägt. Die Handlung orientiert sich an
einer gewissen Aktualität und damit ist „Corona“ auch hier in dieser Story
angekommen. Und das auch nicht gerade wenig. Das Corona auch Polizeibeamten in
ihren Dienst, ihn ihren Ermittlungen bremst, ist logisch, doch ich empfand
diese Erklärungen und Anspielungen als zu präsent. Es nervte denn letztlich
doch sehr und brachte inhaltlich die Story auch überhaupt nicht weiter.
Auch vergangene Situationen und Erlebnisse holen die
Beamten des Sonderdezernats Q ein. Assad, der jetzt seine traumatisierte
Familie in Dänemark hat, kämpft mit den Mühlsteinen der Bürokratie. Gegen Carl
Mørck wird intern ermittelt. Damit sind die Nebengeschichten gesetzt und führen
das Team am Ende an einen gewissen Scheideweg, der zwar nicht überrascht, von
dem aber die Zukunft dieser Ermittlungseinheit und seinen Personen abhängen
wird.
„Natrium Chlorid“ von Jussi Adler Olsen ist ein spannender
Roman und vielleicht auch der einzige ohne wirkliches Tempolimit, denn die
Ereignisse überschlagen sich.
Eine Tradition setzt sich souverän fort – die Running Gags
von Assads „Versprechern“ lassen einen schmunzeln. Was leider etwas untergeht,
ist die erzählerische Perspektive von Carl Mørck, auch seine Gedankenmodelle
waren immer in den letzten Bänden dieser großartigen Reihe originell.
Originell verwendet Jussi Adler Olsen allerdings aktuelle
medialen Themen. Ethik, Moral, Verantwortung, die Schnelllebigkeit und Brisanz
von Einschaltquoten, Auflagen usw. Die Popularität hat Ihre Grenzen und tobt
sich auch gerne an schwächeren Personen unserer demokratischen Gesellschaft
aus. Hier entstehen irreparable Schäden, aber lesen sie am besten selbst.
Die Brücke zur Vergangenheit – zu dem ersten Band ist
ausschlaggebend und nicht undramatisch. Aber die Quadratur des Kreises ist noch
abgeschlossen und Carl Mørck wird im nächsten Band wohl seinen persönlichsten
Cold Case-Fall erleben.
Assad, Rose und Gordon tendieren zwischen Neben- und Hauptfiguren,
aber die beiden erstgenannten bekommen nicht ihre alte, bekannte Bühne zurück.
Schade.
Fazit
Schnelle Story, dramatische Entwicklungen und ein Ende,
dass einen zwingt, den nächsten Roman dieser hervorragenden Reihe lesen zu
müssen. Es fehlt ein wenig die Ausgewogenheit – aber noch ist alles im
positiven Rahmen.Damit empfehle ich diesen Roman „Natrium Chlorid“ gerne
weiter.
Michael Sterzik
Freitag, 30. April 2021
Ostseefalle - Eva Almstädt
Cold Case“ ist inzwischen im Genre Krimi/Thriller vielleicht etwas Hype-orientiert und es funktioniert ausgesprochen gut. Dunkle Geheimnisse, die in der Vergangenheit liegen, alte Beziehungen, die noch nicht abgeschlossen sind und Ermittler, die sich Jahre oder Jahrzehnte später immer noch fragen, ob sie etwas übersehen haben, an etwas nicht gedacht hatten….eine alte „Schuld“ ist fast unsterblich und ernährt sich von menschlichen Fehlern, oder vielleicht auch von der Raffinesse der Täter.
Eva Almstädts Reihe um die Lübecker Kriminalbeamtin Pia
Korittki ist einer der besten im Genre Krimi. Regionale Krimis liegen ja eh im
Fokus – bekanntlich kann man sich also auch an Tatorten ganz wie zu Hause fühlen.
Die Bühne zeigt die „Ostsee“ – mit Lübeck als frühere Königin der Hanse - als
Stadt, ein hervorragendes Ambiente. Nicht nur als Urlaubsland, oder als kulturelle
Reise bietet Schleswig-Holstein viele Möglichkeiten und die verschiedenen
Städte, Gemeinden und Regionen, die in dieser Reihe vorkommen, sind auch ein unterhaltsamer Reiseführer.
Die Reihe überzeugt aber nicht nur durch die charmante
Ostsee, sondern vielmehr durch die starke Figurenzeichnung. Pia Korittkis
berufliche Laufbahn, auch ihre Liebesgeschichten, die eine gewisse dramatische
Komponente aufweisen, lassen die Figur uns realistisch nahekommen. Als erfolgreiche
Beamtin, als selbstständige Frau, und auch als eine phasenweise, alleinerziehende
Mutter. Geschickt – Glaubwürdig und auch spannend in Szene gesetzt.
Bei der Sanierung eines Bauernhauses entdecken die
Bewohner im Keller einen skelettierten Schädel. Kommissarin Pia Korittki
leitet die Ermittlungen. Sie stößt auf den Fall einer vor neun Jahren
verschwundenen jungen Frau. Der damals Hauptverdächtige lebt noch immer in dem
kleinen Ort. Doch all das wird nebensächlich, als Pia die Nachricht erhält,
dass ihr Sohn Felix einen schweren Unfall hatte. Zu spät erkennt sie, dass es
eine Falle war – und dass der Cold Case, in dem sie ermittelt, alles andere als
"kalt" ist ...Ein Fall, der Pia Korittki in tödliche Gefahr bringt…(Verlagsinfo)
Alte Liebe rostet nicht – alte Feindschaften aber ebenso
wenig. „Ostseefalle“ ist als Mehrteiler konzipiert. Leser, die die Reihe kennen
werden alten Bekannten begegnen – aus „alt“ wird „neu“ und es wirkt auch gar
nicht künstlich aufgesetzt. „Ostseefalle“ von Eva Almstädt verfügt bis zur
Mitte etwa über eine sich langsam, aufbauende Spannung, explodiert aber dann in
einem sehr persönlichen Duell.
Authentisch wirkt das Storytelling allemal, wenn man auch
manchmal darüber nachdenkt, ob es etwas überstrapaziert ist. Die Autorin
überlässt hier wenig, bis gar nichts dem Kollegen Kommissar Zufall. Sehr schlau
und mitunter sehr gut konstruiert macht „Ostseefalle“ einfach eine Menge Spaß und
überzeugt ebenfalls durch ein gesundes Tempo.
Eva Allstädt baut hier einen kleinen Cliffhanger ein –
und motiviert, nein zwingt den Leser dazu den nächsten Teil kaum erwarten zu
können. Rache kann auch zweischneidig sein – und aus einer Hoffnung heraus –
kann man auch zurückschlagen um wiederrum später eine Rückkehr zu feiern.
Es gibt nicht viel auszusetzen. „Ostseefalle“ ist und
wird zu einer persönlichen Vendetta. Für alle zukünftigen Bände sollte man den
Punkt: „Persönliche Fehde“ ein für alle Mal abhaken. Alles andere wäre
kontraproduktiv.
Fazit
Fallen Sie auf den Titel „Ostseefalle“ bitte rein. Gehen
Sie alten Feind- und Freundschaften ruhig auf dem Leim. Sie werden begeistert
sein, wie manipulativ Eva Almstädt mit Ängsten und Hoffnungen spielt.
Sehr zu empfehlen.
Michael Sterzik