Nach dem Königreich Henry
Tudor, regiert nun Elisabeth I., die jungfräuliche Königin. Und diese hat neben
der Problematik der eigenen Thronfolge, viele Themen und Konflikte innerpolitischer
und außerpolitischer Art zu lösen. Zum einen die Bedrohung und die
eskalierenden Konflikte mit dem spanischen Königreich, zum anderen gibt es viel
Ärger mit und durch die abgesetzte Königin schon Schottland Mary Stuart. Für
die Autorin ist es nun nicht schwer, eine spannende Geschichte rund um die
historischen Akteure zu schmieden.
Die Familienmitglieder der Waringhams finden
sich natürlich in unmittelbare Nähe der selbstbewussten Regentin wieder. Isaac of Waringham, gerade erst 14 Jahre alt, viele
jugendliche Flausen im Kopf und nicht bereit sich Familientraditionen
anzuschließen und sucht untypischerweise sein Glück nicht auf den Rücken eines
Pferdes, sondern als blinder Passagier auf einem Freibeuterschiff. Der Beginn
eines unruhigen Abenteuers zur See und auf seinen Fahrten in die Karibik lernt
er u.a. den späteren Pirat seiner Königin, Sir Francis Drake kennen.
Seine Schwester Eleanore,
ist das „Auge“ der Königin. Engste Vertraute, loyale Freundin, aber auch
professionelle Spionin. In „Der Palast der Meere“ nimmt diese den tragenden
Teil der Handlung teil – der Grund ist die unmittelbare Nähe zu den
historischen Ereignissen, die besten recherchiert, unterhaltsam und spannend
erzählt werden.
Und es gibt viele
abwechslungsreiche Spannungen, der Königin Liebeleien, die mehrfachen
Umsturzversuche von Mary Stuart und die bedrohlichen Konflikte mit Philip von
Spanien, der eine Invasion Englands anstrebt.
Es kommt also keine
Langeweile und Eintönigkeit auf, auch wenn der Leser manchmal eine stille
Lethargie spüren mag, da die Ereignisse in der Regentschaft von Elisabeth I.
natürlich bekannt sein dürften. Die Charakterisierung der eigenwilligen Königin
hat Rebecca Gable treffend beschrieben und darin besteht ein wesentlicher
Schwachpunkt dieses Handlungsstrangs. Aufmerksamer und fast schon interessanter
sind die Nebengeschichten, bei der, der König der Diebe zusammen mit dem Auge
der Königin eine gute Figur abgeben.
Viel freier wurde hingegen
die Handlung um den Seefahrer Isaac aufgebaut. Seine Entwicklung ist
oberflächlich und vorhersehbar – eher eine klassische Piratengeschichte, Pardon
Freibeuter wie sich nannten. Die unberechenbare raue See, Sklaven und Piraten
in der Karibik, Seegefechte und natürlich diese Mantel- und-Degen Atmosphäre
lassen den Roman wirklich leben.
Rebecca Gable ist bekannt
dafür, dass sie die Vergangenheit weder mit romantischen Klischees ausschmückt,
noch einseitig eine schwarz-weiß Welt schildert. Schlichtweg ist sie
grundehrlich und entzaubert dabei manchmal auch die eine oder andere
historische Persönlichkeit oder historische Szene. In „Der Palast der Meere“
kann man sich von der ehrenhaften Persönlichkeit des bekannten Freibeuters Sir
Francis Drake verabschieden. In Nachwort kommt die Autorin darauf zu sprechen.
Alles in allem ist „Der
Palast der Meere“ ein Großartiger und vielseitiger Roman. Nicht nur spannend,
sondern auch mit viel augenzwinkernden Humor und klug erzählten Dialogen,
gehört dieser Roman zu den wirklichen wichtigen im Genre des historischen
Romans.
Auch wenn es heißt, dass „Der
Palast der Meere“ der Abschluss der Waringham-Saga sein soll, würde es mich
diebisch freuen, wenn sich die Autorin, vielleicht einmal mit der kriminellen
Seite Londons auseinandersetzen würde. Die Diebesgilde eignet sich
vortrefflich.
Michael Sterzik
Dezember 2015-12-11