Dienstag, 12. November 2019

Opfer 2117 - Jussi Adler-Olsen


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Seit dem Jahr 2015 ist die Flüchtlingsdebatte in Europa nicht nur ein politisches, sondern auch ein kulturelles und soziales Problem. Das unser menschlicher Kompass mit dem Tod der Flüchtlinge im oder auf dem Weg zum Mittelmeer „out of order“ ist, bleibt mal dahingestellt. Wir diskutieren, wir argumentieren, wir haben Angst vor einer Überfremdung, einer anderen Kultur, wir haben Befürchtungen, dass unsere Komfortzone in Seenot gerät, wir haben große dramatische Angst vor Touristenterroristen - und dabei vergessen wir unsere „menschliche“ Verantwortung. Die Moral von der Geschichte – noch immer relativ unklar – die Folgen noch unabsehbar.
Langsam findet diese Flüchtlingsdebatte auch ihren unmissverständlichen Weg in die Unterhaltungsliteratur. Dabei schreibt die Geschichte doch die besten Vorlagen für authentische Romane. Aktuelle Themen – auf die man auch als Schriftsteller unterhaltsam und spannend zugreifen mag.
Der dänische Bestsellerautor Jussi Adler-Olsen verwendet in seinem neuestem Roman „Opfer 2117“ verschiedene hochaktuelle und brisante Themen. Der vorliegende Band ist der achte Fall für Carl Moerck und sein Sonderdezernat Q.
An Zyperns Küste wird eine tote Frau aus dem Nahen Osten angespült: Auf der ›Tafel der Schande‹ in Barcelona, wo die Zahl der im Meer ertrunkenen Flüchtlinge angezeigt wird, ist sie ›Opfer 2117‹. Doch sie ist nicht ertrunken, sondern ermordet worden. Kurz darauf beschließt der 22-jährige Alexander in Kopenhagen, Rache zu nehmen für ›Opfer 2117‹, dessen Foto durch die Medien ging. Bis Level 2117 spielt er sein Game ›Kill Sublime‹ − dann will er wahllos morden. Als Assad vom Sonderdezernat Q das Bild der toten Frau zu Gesicht bekommt, bricht er zusammen. Denn er kannte sie nur zu gut. Ein hochemotionaler Fall für Carl Mørcks Team, der nicht nur Assad an seine Grenzen bringt. (Verlagsinfo)
Wer die Reihe verfolgt hat, die nun schon auf ein kleines Jubiläum von 10 Jahren aufweist (deutsche Veröffentlichung), hat die Figuren aus dieser sehr erfolgreichen Serie schon längst ins Herz geschlossen. Diese Reihe ist natürlich so ausgelegt, dass sich die Protagonisten entwickeln können und das auf sehr realistischen Niveau mit allen menschlichen Höhenflügen und höllischen Abgründen. Exemplarisch und hochgeheimnisvoll ist die Person Assads. Ein Mann mit vielen Talenten, sehr intelligent, ein wacher Geist mit enormem Wissen und analytischen Fähigkeiten und durchaus im Stande konsequent und kompromisslos Gewalt auszuüben.
Doch wie konnte er diese vielfältigen Talente perfektionieren? Wer ist dieser geheimnisvolle, humorvolle und sensibler Mann? Natürlich gibt es wilde Vermutungen und auch in Hinweise, die in den letzten Bänden zielgenau gestreut wurden, doch in dem vorliegenden Band „Opfer 2117“ wird Assad demaskiert.
Jussi Adler-Olsen lässt es in seinem neuesten Werk mal so richtig krachen. Nicht nur dass der Autor aktuelle Themen spannend verarbeitet, diesmal ist weniger kriminalistisches Geschick gefragt, sondern eher undiplomatische, mit Waffen unterstützte Verhandlungen mit Terroristen und einem alten Erzfeind Assads. Das wäre der erste Part – die zweite Storyline schildert den Versuch einen inländischen Terroranschlag aufzuhalten – hier spielen Gordon und Rose die tonangebende Rolle.
Auch die Schauplätze und Perspektiven wechseln oft – gerade die Rückblenden in die Vergangenheit Assads erklären viel Vergangenes, aber beantworten noch nicht abschließend alle Fragen. Die Handlung spielt sich nicht nur in Dänemark ab.
Mit „Opfer 2117“ eröffnet der dänische Autor auch neue Türen für seine Figuren – und zwar für alle. Man befindet sich sozusagen auf einen „Scheideweg“ und es wird mehr wie interessant sein, in welches Terrain sich die Charaktere begeben, oder bewegen müssen!?
„Opfer 2117“ ist mit „Selfies“ der persönlichste Fall dieser Reihe. An Dramatik und Spannung fehlt es nicht – und neben der Aktualität ist der Roman sehr authentisch gezeichnet. Einzig und alleine – dieser fast schon biblischer Racheakt, gegen die Person Assads wirkt etwas sehr überzogen.
Hingegen zeigt der Autor auch unmissverständlich auf unsere Verantwortung: der Tod im Mittelmeer, die Verrohrung der Gesellschaft und unser Versagen in Familienfragen. Ohne wirkliche Wertung des Autors – aber doch bezeichnet und nachhaltig thematisiert, dass diese Szenen den Leser nachdenken lassen werden.
Auch der Humor, der in den letzten Büchern immer wieder in den Dialogen locker hervorstach, ist deutlich weniger geworden. Aufgrund der Storyline, allerdings absolut gerechtfertigt.
Mit sehr großem Abstand ist der Roman: „Opfer 2117“ ein Actionfeuerwerk im Vergleich zu den anderen Titeln. Die nächsten Bände werden interessant – den die Positionen – beruflich und privat stehen in den Starlöchern mit unbekanntem Ziel.
Fazit
„Opfer 2117“ ist eine authentische Räuberpistole. Hochspannend – Brandaktuelle Themen und mit einem Assad der mit völlig aufdreht.
Damit gehört „Opfer 2117“ zu einem Highlight im Genre Thriller. Eines noch zum Schluss – bitte nicht „Opfer 2117“ als erstes lesen – dass würde die Wirkung völlig verfehlen. Lesen Sie die Reihe – diese gehört zu einem der besten im Genre „Thriller“.
Michael Sterzik

Montag, 4. November 2019

Herz aus Stein - Schwert und Krone - Sabine Ebert


„Herz aus Stein“ von Sabine Ebert aus der historischen Buchreihe um Kaiser Barbarossa – Friedrich I. und seinem Freund und Vetter Heinrich den Löwen, ist der 4. Band.

Doch die Reihe ist weit mehr und besser als ein klassisches, erzähltes Duell zweier Machtmenschen, die privilegiert dem deutschen Hochadel entspringen und um die Krone, Macht und Einfluss ringen. Sabine Ebert lässt die deutsche Geschichte spannend und unterhaltsam aufleben und animiert dabei bestimmt, die eine oder andere Person sich Städte, Regionen mit ihren Burgen, Schlössern und Denkmälern anzuschauen. Die Spuren dieser historischen Persönlichkeiten, nimmt  man auch Jahrhunderte später noch deutlich wahr. Die früheren Herzogtümer und Grafschaften tragen ggf. noch immer den ursprünglichen Namen und erzählen nicht nur von romantisierten Begebenheiten, sondern zeugen auch davon mit Schwert und Krone erobert worden zu sein.

Sabine Ebert ist eine begnadete Erzählerin. Mag das Mittelalter auch in manchen Quellen als eine dunkle Epoche gelten, so bringt die in Dresden lebende Autorin viel Licht in eben diesem Zeitraum, der eben nicht nur dunkel war. Diese Reihe gehört nun zu den Meilensteinen im Genre „Historischer Roman“.

Die Autorin lässt in ihrer Reihe den deutschen Adel sprechen. Mit viel Spannung erzählt sie von internen Machtkämpfen, ritterlichen Fehden, von Eroberungen und Überfällen u.a.. Hinzu kommen noch erklärte Gesichtspunkte der brutalen, meist rücksichtslosen Christianisierung und der anfänglichen europäischen Politik. Über Länder- und Staatsgrenzen hinaus, gehen wir in den einzelnen Titeln auf eine unterhaltsame literarische Reise, die den Leser vollumfänglichen einfängt.

Es ist ein bisschen „Game of Thrones – nur das die Autorin sich mehr an Fakten orientiert. Die meisten, fast alle Personen in dieser Reihe sind historisch verbürgt. Mehr oder weniger – aber historische Lücken, werden von der Autorin mittels eine detektivischen Recherche von verschiedenen Quellen geschlossen.

„Herz aus Stein“ der Name ist wohlweislich gewählt erzählt das Schicksal deutscher Fürsten in den Jahren 1157 bis 1167. Kaiser Friedrich I. genannt Barbarossa hat alles erreicht – doch der Frieden unter seinen Fürsten ist alles andere wie stabil. Verschiedene Königreiche in Italien – allen voran Mailand, provozieren den jungen Kaiser und seine Beziehung zum Papst ist eher frostig. Und Herzog Heinrich der Löwe zeigt seine Krallen und Zähne – und drängt somit Fürsten in die Opposition...

Sabine Ebert komprimiert die entscheidenden Momente: den Italienfeldzug, dass Schicksal der Abodriten, den Umzug der „heiligen Drei Könige“ nach Köln, die offizielle Krönung der Kaiserin und die Anfänge einer Umsiedlung gen Osten.

Dabei erzählt die Autorin die Ereignisse aus ganz verschiedenen Erzählperspektiven der handelnden Personen. Im vorliegenden Roman: „Herz aus Stein“ zeigt Sabine Ebert besonders die gesellschaftliche, höfische Rolle der Fürstinnen. Sehr konträr allerdings – denn die adligen Damen konnten nicht nur ihren Mann diplomatisch um gleich mehrere Finger wickeln und damit großen Einfluss nehmen, sondern waren sich ihrer Verantwortung bewusst möglichst vielen Erben zur Welt zu bringen. Letzteres unter einem immens hohen Druck – wer will den schon stigmatisiert und verstoßen werden?!

Der Titel „Herz aus Stein“ deutet es schon an. Kaiser Friedrich I. auch wenn er viel erreicht hat, steht unter enormen Druck. Seine Persönlichkeit verändert sich natürlich – sein Amt mit seiner Verantwortung zwingt ihn auch konsequent und kompromisslos vorzugehen. Das macht diesen allerdings nicht unsympathisch, auch wenn er manchmal arg über die Stränge schlägt.

Sabine Ebert erzählt diese Storyline sehr neutral, aber sensibel genug – was auch gut ist – denn sich als Leser in eine Kaiserliche Persönlichkeit einzuleben, kann nicht gelingen. Moral und Ethik, Verantwortung in der Politik und die Pflicht zu handeln, kann man unmöglich über mehrere Jahrhunderte hinweg adaptieren.

Sehr gut erzählt wird der Feldzug gegen die Abodriten und der brutalen Schlacht, in der man sich von einigen Figuren aus den letzten Bänden trennen muss. Auch hier konsequent, aber auch dramatisch gut erzählt. Im Krieg und auf dem Schlachtfeld greift die Vasallenpflicht. Freundschaften enden, und haben nur wenig Einfluss, wenn Schwerter gezogen werden.

Spannend und dramaturgisch hat Sabine Ebert auch mit dem vorliegenden Band: „Herz aus Stein“ vollumfänglich überzeugt. Unterhaltsamer kann „Geschichte“ nicht erzählt werden. Hohe Erzählkunst in Kombination mit Fakten deutscher Geschichte meisterlich verfasst.

Persönlich hätte ich es gerne gesehen, wenn Sabine Ebert Herzog Heinrich den Löwen mehr Raum gegeben hätte. Dessen Perspektive wäre schon eine eigene Romanreihe wert.

Wer sich allerdings mit der historischen Geschichte schon auseinandergesetzt hat, weiß dass es im Finale – im kommenden Band zwischen den beiden herrschaftlichen Freunden und Vettern die Konfrontation in Etappen eskalieren wird.

Fazit

„Herz aus Stein“ von Sabine Ebert ist eine hochspannende Zeitreise mit allen dramatischen Elementen, die man erwartet, oder auch nicht erwartet hat. Ein Echo der Vergangenheit, deren Stimme man noch immer hört. Eine historische Reihe – die neue Maßstäbe im Genre gesetzt hat. Pageturner.

Michael Sterzik




Freitag, 1. November 2019

Der Lehrmeister - Oliver Pötzsch


Nach dem Erfolg des ersten Romans: „Der Spielmann“ von Oliver Pötzsch geht die Geschichte um Johann Georg Faustus im zweiten Band: „Der Lehrmeister“ weiter.

Es ist auch der abschließende Band um den Zauberer, dem gefragten Astrologen, den Spielmann, oder auch den Quacksalber, als der er manchmal bezeichnet wird. Faustus ist berühmt geworden in Deutschen Landen und er hat sein Wissen und seine Fähigkeiten enorm gesteigert, nicht zuletzt durch seinen eigenen Lehrmeister  - dem geheimnisvollen Magier Tonio del Moravia.

Der goldene Herbst 1518 neigt sich dem Ende. Sechs Jahre sind vergangen, seitdem der berühmte Magier Johann Georg Faustus aus Nürnberg geflohen ist. Sein Ruhm ist gewachsen, selbst an den Höfen von Herzögen, Grafen und Bischöfen sucht man seinen Rat. So als würde der Herrgott – oder sein böser Gegenspieler? – eine schützende Hand über ihn halten. Gemeinsam mit seinem neuen Gefährten Karl Wagner und der jungen Gauklerin Greta, seiner Ziehtochter, reist er als Quacksalber und Astrologe durch die Lande. Doch Johann spürt, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Sein Erzfeind Tonio ist noch nicht besiegt. Tief im Inneren weiß Johann, dass das Böse zurückkehren und erneut seine Hand nach ihm ausstrecken wird …(Verlagsinfo)

Der zweite Band um die historische Person des Johann Faustus und seinem Pakt mit dem Teufel führt diesen nun zurück zu seinen Wurzeln. Oliver Pötzsch beschreibt und erzählt sehr, sehr spannend, dass sein „Faustus“ seinem Schicksal nicht entkommen kann. Die Spur seines ehemaligen Lehrmeisters Tonio del Moravia hinterlässt eine Blutige Spur die diesen, seinem Assistenten Karl Wagener und seiner Ziehtochter Greta von Deutschland über Frankreich bis in Herz der katholischen Kirche nach Rom treibt.

„Der Lehrmeister“ von Oliver Pötzsch ist nicht nur spannend, sondern trägt auch eine düstere, schicksalshafte Atmosphäre. Diese offenbart sich allerdings nicht über die eigentlichen erzählten Szenen, sondern über die beiden Hauptprotagonisten „Faustus“ und Moravia. Wer von beiden nun der Meister, oder der Schüler ist, obliegt der Interpretation des Lesers.

Auf Teufel kommt raus, kommt es zum finalen Duell zwischen Gut und Böse – und selbst hier betreten wir eine Grauzone. Die katholische Kirche mit seinem päpstlichen Oberhaupt wird zugegeben sehr weltlich dargestellt – meilenweit außerhalb einer Glaubensstarken Note. Oliver Pötzsch lässt indes noch einen altehrwürdigen Charakter auftreten – Leonardo de Vinci. Allerdings erst im Spätwinter seines Lebens. Nichtsdestotrotz ist der geniale, fortschrittliche Wissenschaftler der „Schlüssel“ in dieser Handlung.  

Die Geschichte um Faust beinhaltet natürlich seinen Pakt mit dem Teufel und letzterer hat hier seinen großen Auftritt. Dramaturgisch gut in Szene gesetzt – allerdings hätte ich mir mehr gewünscht, dass dessen Perspektive eine größere Bühne gehabt hätte.

Es gibt eine Menge Beziehungskisten, die der Autor parat hält. Die zwischenmenschlichen Abhängigkeiten, kombiniert mit Schuld, Vertrauen, Liebe, aber auch Hass, sind stark erzählt. Faustus mag der „Held“ dieser beiden Romane sein – aber er ist weit davon entfernt ein glorreicher zu sein. Seine weiße Weste ist doch eher diabolisch schwarz.

„Der Lehrmeister“ von Oliver Pötzsch ist ein „Tanz der Teufel“ – das ewige Ringen zwischen Gut und Böse – der Preis die Seele, der Schmerz, die Vernichtung oder die Vergebung und Erlösung.

Es geht also dramatisch und tragisch zu, dass Tempo ist rasant, die Spannung wird linear immer weiter ausgestaltet.

Oliver Pötzsch erzählt geschickt von dem Einfluss der Wissenschaft, von religiösen Themen eines Martin Luther, von der Ethik und der Frage – wie weit darf die Wissenschaft vordringen mit ihren Forschungen und Entwicklungen?! Auch hier eine aktuelle Querverbindung in unsere Zeit.

Thematisch absolut spannend ist der vorliegende Band einer der stärksten historischen Romane in diesem Jahr. Persönlich empfand ich „Der Spielmann“ als atmosphärisch dichter und vielleicht ein wenig spannender.

Ich hätte mir gewünscht, dass weniger die katholische Kirche als Player hier auftritt, sondern Faustus und der Teufel, dass unter sich regeln würden. Letzter Part ist zu wenig ausgebaut. Schade.

Fazit

„Der Lehrmeister“ von Oliver Pötzsch ist teuflisch spannend. Ein Tanz der Teufel der erzählerisch ein Lichtbringer im Genre ist. Hochklassig.

Michael Sterzik



Montag, 28. Oktober 2019

Nächte des Zorns - Die Unterhändlerin - Anna Tell


Der vorliegende Band „Nächte des Zorns“ von Anna Tell, ist der zweite Band um die schwedische Kommissarin Amanda Lund, die in einem Sondereinsatzkommando, die Funktion einer Unterhändlerin wahrnimmt.

Nach dem ersten Band „4 Tage in Kabul“ spielt sich die Handlung diesmal nicht im umkämpften, unruhigen Afghanistan ab. Die Storyline bewegt sich auf dem befriedeten Balkan – zwar kein Kriegsgebiet, doch noch immer sind dort Militärkräfte der Nato stationiert. Die Wunden des Bürgerkrieges sieht man nicht nur in der Landschaft, sondern nimmt auch in der gemischten Bevölkerung wahr. Der zweite Handlungsstrang spielt sich im heimischen Stockholm ab.

Zwei Jahre sind vergangen, seit Unterhändlerin Amanda Lund aus Afghanistan nach Stockholm zurückgekehrt ist. Nach dem Mutterschutz arbeitet sie wieder beim schwedischen Sondereinsatzkommando, doch sie zweifelt an ihren Fähigkeiten.

Als ein auf dem Balkan stationierter schwedischer Polizist verschwindet, scheint dessen Vorgesetzter kein Interesse daran zu haben, den Fall zu melden, erst spät erfahren die schwedischen Behörden von der Entführung. Amanda, die bereits in der Region im Einsatz war, übernimmt die Ermittlungen vor Ort. Obwohl inzwischen wertvolle Zeit verstrichen ist, gelingt es ihr, Kontakt zu den Entführern herzustellen.
Zur gleichen Zeit untersuchen Amandas Stockholmer Kollegen den Hintergrund des Entführungsopfers. Was hat den Polizisten zur Zielscheibe gemacht? Schon bald stellt sich heraus, dass es um weit mehr geht als um schnell erbeutetes Geld. Die Gründe sind persönlicher: Es geht um Rache.

Dann geraten die Verhandlungen im Kosovo ins Stocken, die Situation droht zu eskalieren. Amandas Fähigkeiten und Nerven werden auf eine harte Probe gestellt. Und es steht weit mehr auf dem Spiel als ihre Karriere ...(Verlagsinfo)

Der zweite Band ist gegenüber seinem Vorgänger wesentliche stärker. Nicht nur in Bezug auf die Spannung, sondern gerade auch in der Konzeption der Charaktere geht es hier merklich voran.

Die Autorin Anna Tell weiß wovon sie schreibt, sie ist Politologin und Kriminalkommissarin und blickt zurück auf eine 20jährige Polizei- und Militärerfahrung im In- und Ausland.

Ihre Figur „ Amanda Lund“ zwar eine fiktive Romanfigur, bewegt sich authentisch und handelt realistisch. Kein schießwütiger Action-Junkie, sondern kühl und rational denkend, abschätzend und berechnend – allerdings auch in Kombination mit Herz und Verstand.

Spannend ist „Nächte des Zorns“ auch – zwar auch kurzweilig, aber insgesamt unterhaltsamer, erwachsener und durchdachter wie der erste Band. Es gibt nun keine politischen, sensiblen Herausforderungen mit einem anderen Land – also keine politische Bühne die es zu beachten gibt. Die Entführung ist ein klassischer Racheakt – aber gut strukturiert.

Sehr gefallen hat mir die Nebenfigur „Ellen Engwall“ – deren Handlungsstrang sich positiv hervorhob. Sympathisch – menschlich – schlau – ich hoffe, dass diese Figur deutlich in den kommenden Romanen ausgebaut wird.

Etwas überstürzt ist das Ende – mit einigen doch noch offenen Fragen endet die Story viel zu schnell. Es gibt zwar Erklärungen, aber das Tempo wurde plötzlich aufgedreht, um dann abrupt zum Stillstand zu kommen. Sorry, aber das geht deutlich konzentrierter.

Fazit
„Nächte des Zorns“  von Anna Tell ist ein spannender, solider Thriller der überzeugt und unterhält. Die Autorin ist aber noch lange nicht am Ende – etwas mehr Action würde der Handlung guttun.

Michael Sterzik