Samstag, 14. November 2020

Wolfssommer - Hans Rosenfeldt


Die schwedische Krimireihe mit seinem Protagonisten „Sebastian Bergmann“ (Der Mann, der kein Mörder war. U.a.) gehört zu Recht zu den besten Spannungsromanen in diesem Genre. Zusammen mit Michael Hjorth veröffentlichte er bisher sechs Romane um den Kriminalpsychologen, der menschlich zudem den Charakter eines menschlichen Katastrophengebietes aufweist.

Nun ist im Rowohlt Verlag sein erstes Soloprojekt „Wolfssommer“ veröffentlicht worden. Der Auftakt einer neuen Reihe – die sich nun auch beweisen muss. In seinem Heimatland Schweden ist er nicht nur ein sehr angesehener Autor, sondern zählt auch zu den großen und bekannten skandinavischen Drehbuchautoren.

„Wolfssommer“ spielt in der schwedischen Stadt Haparanda, nahe an der finnischen Grenze.

In der schwedischen Stadt Haparanda wird ein toter Wolf gefunden. Als die Behörden das Tier untersuchen, finden sie im Magen menschliche Überreste. Nachforschungen führen die Ermittler auf eine Spur: In Finnland ist ein Drogendeal aus dem Ruder gelaufen, es gab mehrere Tote. Und daher tauchen gleich mehrere Kriminelle in Haparanda auf - allen voran Profi-Killerin Katja, die für ihren russischen Auftraggeber Drogen und Geld zurückholen soll. Die leitende Polizistin vor Ort, Hanna Wester, hat noch ganz andere Probleme: Sie befürchtet, ihr Mann könnte sie verlassen, die Affäre mit ihrem jüngeren Chef macht es nicht besser. Doch Hanna steht ihre Frau.(Verlagsinfo)

Dieser Debütroman mit der „Sebastian Bermann Reihe“ zu vergleichen, ist mitunter nicht ohne weiteres möglich. Atmosphärische Spannung kommt zwar auf, und stellenweise gelingt es dem Autor auch den Spannungsbogen relativ hochzuhalten, doch seine Intensität ist gerade mal als ausreichend zu bezeichnen.

Das Duell der beiden Hauptprotagonistin – der russischen Killerin und der leitenden Polizistin Hanna hat zwar den Anspruch vielseitig, tiefgründig zu sein – ist es allerdings leider nicht. Es ist vielmehr sehr oberflächig und trotz der Nebengeschichten, denen hier eine gute Bühne gegeben wurde, hätte es viel, viel mehr sein dürfen, um wirklich überzeugend zu wirken.

„Wolfssommer“ ist nicht langweilig, es passiert ja auch recht viel und es gibt unzählige Nebencharaktere, die die Story elementar tragen sollen, aber halt überflüssig daherkommen. Dadurch, dass die Spannung nicht immer präsent ist, weist der Roman absolute Längen auf,und man muss schon etwas hartnäckig sein um nicht den Faden zu verlieren.

Der Roman soll komplex wirken, allerdings viel zu oft und sehr verwirrend. Die perspektivischen Wechsel sind zwar gelungen, aber man erfährt viel zu wenig von den Charakteren – auch das wechselt – manchmal zu viel, und wann man dann meint es wird aufschlussreich, verliert es plötzlich an Tiefe.

Fazit

„Wolfssommer“ ist spannend. Aber leider nur durchschnittlich. Es fehlt an der Komplexität der Figuren, die noch zu eindimensional wirken. Der Auftakt ist gelungen, aber es fehlt noch viel an Spannungsmomenten und einer Atmosphäre, die letztlich überzeugt.

Michael Sterzik

Samstag, 7. November 2020

Vespasian - Kaiser von Rom - Robert Fabbri


Der vorliegende Titel: „Kaiser von Rom“ aus der Reihe: „Vespasian“ ist der neunte und abschließender Band, dieser absolut gelungenen historischen Saga. Robbert Fabbri versetzt seine Leser in die Römische Epoche der Kaiserzeit. Im ersten Band begegnete man noch Augustus, dem Adoptivsohn Julius Cäsar – in den späteren Bänden verfolgte man den Aufstieg und den Fall der nachfolgenden Imperatoren – bis zu diesem Zeitpunkt, in dem Vespasian – das Purpur anlegte, von seinen Legionen als Kaiser proklamiert wird und der Weltmacht wirklich eine Zeit des Friedens brachte.

Diese Reihe überzeugt durchweg über eine realistische und authentische Darstellung dieses erfolgreichen Mannes, der es trotz, oder vielleicht auch wegen der mörderischen Politik des Römischen Reichs, auf dem Kaiserthron schaffte. Es war spannend und aufschlussreich sich durch diese schwierige und vor allem gefährliche Zeit mit der Figur „Vespasian“ zu bewegen. Seine Karriere begründete sich durch seine gewissenhafte Strategie einen militärischen Oberbefehlshabers und eines geschickt agierenden Politiker. Vespasian war beides – er war vorsichtig, geschickt, talentiert und hatte die Eigenschaft seine Vision selbst zu gestalten. Trotzdem – und das zeigt wird auch in diesem vorliegenden Band erzählt – er war ein Mann seiner Zeit. Die brutale Zerschlagung der jüdischen Aufstände unter seinem Kommando ist  dennoch erschreckend erzählt. Als Oberbefehlshaber opferte und töte er in dieser Verantwortung tausende von Leben –  es waren nicht nur Soldaten feindlicher Länder. Dörfer und kleinere Städte, die Zerstörung Jerusalems und seines Tempels – Massaker an der Zivilbevölkerung – auch das geschah unter seinen Befehlen. Stellt sich nun die Frage: „War er ein schlechter Mensch“?! Eine Frage, die man nicht abschließend beantworten kann – die Zeit war gänzlich eine andere. Vespasian – musste ggf. so handeln – im Grunde dazu gezwungen harte Entscheidungen zu fällen. Robert Fabbri stellt Vespasian in den letzten Bänden zunehmend konsequenter und kompromissloser dar.

A. D. 68: Vespasian soll eine Revolte in Judäa beenden. Eine ausweglose Situation: Ist er erfolgreich, wird er den ewigen Neid des wahnsinnigen Kaisers Nero auf sich ziehen. Ist er es nicht, wird die Strafe für ihn verheerend sein. Vespasian weiß nicht, dass Rom sich in politischem Aufruhr befindet und Nero in seiner Abwesenheit Selbstmord beging. Ist Vespasians Zeit jetzt gekommen? Die Zeit des Aufstiegs, des Sieges – der Erfüllung zahlreicher Prophezeiungen? Wann wird Vespasian sich den Purpur umlegen? (Verlagsinfo)

Und genau diese Beschreibungen solcher charakterlichen Entwicklungen seiner Figuren, und nicht nur der Vespasians fühlen sich an, wie ein nachhaltiges Echo dieser Epoche und seiner Ereignisse. Robert Fabbri erzählt in dieser Reihe nicht von einem romantisierten, prächtigen Rom, sondern lässt die Realität dieser Epoche aufleben. Rom war nicht nur das „Licht“ der Welt – nicht nur Literatur, Architektur, Philosophie und vieles mehr – sondern auch durchdrungen von einer brutalen, willkürlichen Politik, von skrupellosen Machtspielen, von tödlichen Intrigen und Korruption. Auch diese Elemente sind faszinierend erzählt.

Rom war natürlich auch militärisch mehr wie aktiv. Seine Eroberungspolitik – seine Kriegsmaschinerie war so erschreckend wie auch eindrucksvoll. Robert Fabbris Stil die Armeen Roms als disziplinierte Bestie darzustellen ist großes Kino.

Da sich Robert Fabbri authentischen, historischen Quellen bedient, z.B. von Philosophen und Historikern, Tagebüchern, Aufzeichnungen usw. gibt es wenig Fiktion. Natürlich nimmt sich Robert Fabbri auch künstlerische Freiheiten, so gibt es perspektivische Interpretationen, die allerdings auch sehr schlüssig sind.

Die Reihe „Vespasian“ bestehend aus neun Bänden weist auch inhaltlich kaum Längen auf. Die Titel sollten sie aber nicht voneinander unabhängig lesen, da sich dann nicht die charakterliche Ausprägung zeigt – denn diese ist außerordentlich hochklassig konzipiert.

Stellenweise wird man sich fragen: War das wirklich so? Hat dieser Kaiser wirklich so abgrundtiefe Verbrechen begangen? Waren die Legionen Roms wirklich militärisch so effektiv?

Diese Reihe wirkt mitunter animierend mehr erfahren zu wollen. Unterhaltung hin, oder her – dass sind historische Romane, die lehrreich unterhalten können. Deren spannende Atmosphäre den Leser einfängt und schwerlich loslässt.

Fazit

„Vespasian – Kaiser von Rom“ ist der krönende Abschluss einer Reihe, die man unbedingt lesen sollte – wenn man sich denn für die alten Römer interessiert. Robert Fabbri – als Autor – diesen Namen sollte man sich merken. Brillante Unterhaltung.

Michael Sterzik

Samstag, 31. Oktober 2020

Der Todesspieler - Jeffery Deaver

Lass uns ein Spiel spielen – allerdings mit tödlichem Ausgang, wenn es nach dem Todesspieler im gleichnamigen Buch von Jeffery Deaver geht. Der amerikanische Autor Jeffery Deaver ein renommierter Altmeister im Genre Thriller hat eine neue Figur kreiert – Colter Shaw und der vorliegende Roman ist der erste Band einer neuen Reihe.

„Todesspieler“ beinhaltet eine Grundthematik, die absolut aktuell ist. Games – diese Unterhaltungsbranche ist arg umkämpft. Die Zielgruppe bewegt sich in alle sozialen Schichten, zudem begeistern sich Jung und Alt gleichermaßen dafür in virtuelle Welten abzutauchen um der Realität etwas entfliehen zu können. Brot und Spiele – und natürlich hat alles auch seine Schattenseiten. Jeffery Deaver ist also up to date.

Colter Shaw ist hart, er ist kompromisslos und die letzte Rettung für die Menschen, denen die Polizei nicht helfen kann oder will … Er ist ein hervorragender Spurenleser und verdient seinen Lebensunterhalt damit, für Privatpersonen vermisste Personen aufzuspüren. Als er von einer verschwundenen Collegestudentin hört, bietet er dem verzweifelten Vater seine Hilfe an. Shaws Ermittlungen führen ihn in das dunkle Herz von Silicon Valley und die knallharte, milliardendollarschwere Videospielindustrie. Es gelingt ihm, die junge Frau zu finden und nach Hause zu bringen. Doch dann gibt es eine zweite Entführung und alles deutet darauf hin, dass es sich um denselben Täter handelt. Nur dieses Mal kann Shaw das Opfer nicht lebend retten. Alle Hinweise führen zu einem Videospiel, in dem der Spieler mithilfe von fünf verschiedenen Gegenständen versuchen muss zu überleben. Shaw ist überzeugt, dass der Täter versucht, das Spiel zum Leben zu erwecken. Er muss ihn stoppen, denn der Todesspieler hat gerade erst angefangen … (Verlagsinfo)

Ja – der Titel ist spannend – ein souveränes Werk, mit einem Charakter der interessanter als die Story selbst ist. Keine originelle Spannungsliteratur – solide aufgebaut, wie man es halt von diesem Autor auch erwarten kann. Seine neue Figur „Colter Show“ hat den Charakter eines multiuniversellen Schweizer Taschenmessers. Immer eine Lösung parat – immer feine Pläne nach Prioritäten eingestuft. Relativ humorlos – hart, kühl – ein Einzelgänger mit kleinem Herz und einem großen Verstand. Außerdem verfügt er noch über das eine, oder andere hilfreiche Talent für seinen Job als erfolgreicher Prämienjäger. Gemäß einer altbekannten Schablone – ist er immer noch ein gefangenes Kind seiner Vergangenheit. Netterweise – könnte man ihn als intellektuellen Soziopathen bezeichnen. Das Rätsel seiner Vergangenheit wird thematisch zwar in Rückblenden behandelt – ist aber nicht das zentrale Thema. Nein – die virtuelle und die reale Welt vermengen sich miteinander – und die Schnittmenge bilden dann Entführung und Mord.

Gerade diese virtuelle Welt, mit der sich Colter Shaw auseinandersetzen muss, ist Neuland für ihn. Im Land dieser unbekannten Möglichkeiten verliert er hin und wieder die Orientierung, aber eine nette, weibliche Bekanntschaft erklärt Shaw die bodenständigen Grundlagen dieser Welten. Dieser Erzählstrang ist außerordentlich gut gelungen und die weibliche Nebenfigur ist genauso interessant konzipiert wie Colter Shaw selbst. Wiedersehen macht Freude.

Die Perspektive der Handlung ist eindimensional und zeigt sich nur die Augen von Colter Shaw. Schade – es wäre toll gewesen, wenn die Handlung aus mehreren Perspektiven bestehen würde. Das nimmt dem Buch zwar nicht die Spannung, aber mindert gehörig die Tiefe.

Jeffery Deaver baut gekonnt, die eine, oder andere gut platzierte Überraschung ein. Doch inhaltlich wirkt diese Handlung dann doch auch durch den Zeitenwechsel, und diese Überraschungen etwas zu konstruiert. Gut gelungen sind dagegen die Dialoge. Nebengeschichten und Nebenfiguren gibt es bis auf die Altlasten von Colter Shaw praktisch nicht. Auch das vermisst man.

Fazit

„Der Todesspieler“ ist ein kein „Game Over“ sondern der Auftakt einer interessanten Reihe. Es gibt noch viel Potenzial – aber wer Jeffery Deaver kennt, weiß das es bei seinen Titeln immer ein up and down gibt. Solide Spannung – die von seiner Hauptfigur lebt – und nicht der Handlung selbst.

Michael Sterzik

Sonntag, 25. Oktober 2020

Feuer und Schwert - Napoleon Saga - Simon Scarrow


Der vorliegende Band: „Feuer und Schwert“ von Simon Scarrow ist der dritte aus der Napoleon Reihe und thematisiert die politischen Ereignisse, die Schlachten und Kriege der Jahre 1804-1809 in den Frankreich und England.

Die Hauptakteure – bzw. Kontrahenten sind Napoleon Bonaparte, der in diesem Band nun endlich sein Ziel erreicht hat und Kaiser von Frankreich ist, sowie Arthur Wellesley, der seine erfolgreiche, militärische Karriere nun fortsetzen kann. Beides sind ambitionierte, erfolgreiche Männer ihrer Zeit, die ihren kometenhaften Aufstieg im Grunde nur dem Krieg zu verdanken haben.

1804. Napoleon Bonaparte, Kaiser der Franzosen, trachtet danach, Europa zu unterwerfen. Nach der Niederlage in der Schlacht von Trafalgar erringt er bei Austerlitz einen glorreichen Sieg gegen die Russen und Österreicher. Er zwingt den spanischen König zur Abdankung und verhilft seinem Bruder auf den Thron. Doch ein erbitterter Feind steht ihm weiterhin im Weg. Arthur Wellesley führt die Britischen Truppen auf dem Kontinent an. Er befreit Portugal aus der französischen Herrschaft und führt das Heer in Spanien von Sieg zu Sieg. Bei jenen, die sich der napoleonischen Herrschaft nur widerwillig unterworfen haben, keimt die Hoffnung, dass der Vormarsch der Franzosen gestoppt werden kann: Freiheit liegt in der Luft ...(Verlagsinfo)

Dieser vorletzte Band ist wie die beiden vorherigen Bände auch durch die Erzählung und Beschreibung brutaler, und blutiger Auseinandersetzungen spannend. Noch stehen sich Frankreich und Erzfeind Großbritannien nicht als Gegner auf dem Schlachtfeld gegenüber. England geschützt durch seine effektiv schlagkräftige Flotte von Kriegsschiffen ist geschützt. Die Kriege und Schlachten finden auf dem europäischen Festland statt. Österreich, Russland, die Preußen – alle unterschätzen, den kleinen Korsen, der es an die Spitze Frankreichs geschafft hat. Alle bezahlen einen hohen Preis denn Napoleon ist nur ein auf dem Schlachtfeld ein talentierter Stratege, sondern weiß auch wie er politisch seine Gegner durch Erpressung, Drohungen und Manipulation ausspielt.

Doch der dritte Band unterscheidet sich dennoch von seinen Vorgängern – denn er ist noch intensiver, wenn man die erzählerische Perspektive der analytischen Interpretation der beiden Hauptfiguren betrachtet. Arthur Wellesley ehelicht endlich seine Kitty, auch wenn sich in 10 Jahren seiner Meinung nach, die Gefühle für sie nicht verändert haben – die Zeit ging auch nicht spurlos an Kitty vorbei. Wellesley Ehre, seine Prinzipien und seine Loyalität erlauben ihm militärische Erfolge – adaptiert man diese auf sein Privatleben, ist das schon mal ein persönliches Waterloo.

Napoleons Privatleben wird ebenfalls thematisiert. Eine Kaiserin Josephine, die ihm keinen Erben schenken kann, oder seine Brüder, die seinem Aufstieg und seine Entscheidungen durchaus konstruktiv widersprechen. Selbst seine Minister rebellieren offen gegenüber ihrem Herren – ohne Erfolg. Der Kaiser hält sich für unfehlbar – aber er ist nicht. Simon Scarrow erklärt Napoleons militärische und politische Fehlentscheidungen und das sind einige. Diese Darstellung ist besonders gut getroffen, denn es ist der Anfang vom Ende seiner Herrschaft. Seine Verwandlung in einem totalitären Despoten, einem Tyrannen – der über Leichen geht, ist spannend, informativ und nicht zuletzt brillant erzählt.

Die beiden Perspektiven der Figuren sind abwechselnd gut erzählt. Es ist der Prolog von Napoleons Untergang – und der Aufstieg Wellesleys, der Parallelen zu Napoleons Charakter aufweist.

Insgesamt ist der Roman hochspannend und informativ erzählt. Es gibt keine langweiligen Passagen bei diesem seitenstarken Roman. Und ganz sicher animiert er dazu, auch den letzten Band „Kampf und Tod“ zu lesen, der im Verlag Heyne im März 2021 erscheinen wird.

Natürlich weiß man wie Napoleon kometenhafter Aufstieg erfolgte, und auch sein Untergang bei Waterloo erfolgte. Doch der Weg dahin ist das Ziel dieser tollen Reihe. Die Analytik dieser beiden Figuren ist brillant erzählt. Spannende Unterhaltung ist garantiert. Selbst die epochale Politik dieser Zeit wirkt wie ein Echo dieser Timeline. Damit beweist auch Simon Scarrow, dass historische Geschichte spannend und unterhaltsam sein kann.

Fazit

„Feuer und Schwert“ – ist inhaltlich der intensivste Roman dieser Reihe. Spannend in Szene gesetzt. Emotionen sauber verpackt und transportiert, sodass der Leser gar nicht aufhören mag. Sehr gut.

Michael Sterzik

Sonntag, 11. Oktober 2020

Blutige Düne - Sabine Weiß


Der vierte Sylt-Krimi der Autorin Sabine Weiß „Blutige Düne“, erschienen im Verlag Lübbe, erzählt recht wenig von der Insel, dafür mehr von Liv Lammers, die Ermittlerin ist auf Sylt aufgewachsen und hat dort noch Familie, mit der sie aber gebrochen hat.

Der Kriminalfall hat nichts mit Liv Lammers privatem Umfeld zu tun, aber beide Ereignisse lassen die Kommissarin diesmal an ihre Grenzen kommen, und darüber mehrere Schritte hinausgehen.

Die Figurenzeichnung finde ich gelungen, besonders in Bezug auf Liv Lammers, die als Mutter einer pubertären Tochter ihre persönlichen Herausforderungen bekommt. Ihre Tochter Sanna erhält Gelegenheit, die Familie ihrer Mutter anders kennenzulernen. Ins besonders ihre Beziehung zu ihrem Großvater wird Spuren bei ihr hinterlassen, die sie auf immer verändern wird. Dieser Handlungsstrang wird sich auch sicherlich in den weiteren Romanen fortsetzen. Für Liv sind diese Ereignisse eine Sprengbombe zu Erinnerungen, die sie entweder vergessen, oder verdrängt hat.

Auch der Partner von Liv – Hennes, der eine tragende Nebenperson ist, aber seine Gewichtung durchaus ausbaut, lässt tiefer in seine Vergangenheit blicken. Und ein sehr distanzierter Gerichtsmediziner, sowie ein leitender Beamter des LKAs könnte man in den nächsten Romanen wiedersehen. Erweckt es nun den Eindruck – als würde sich alles verändern!? Jain. Liv Lammers Figur und deren Möglichkeiten neue Wege zu gehen, bringen viel mit alternativen Veränderungen. Nicht zuletzt durch die verschiedenen Beziehungsebenen, die sich noch offenbaren könnten.

Der lang ersehnte Kurzurlaub von Kommissarin Liv Lammers endet abrupt, als in der Mörderkuhle bei Tinnum ein Toter gefunden wird. "Schuldig" steht mit schwarzem Nagellack auf seiner Haut. Das Opfer: ein Rocker, der für seine Skrupellosigkeit bekannt ist. Liv und ihre Kollegen von der Flensburger Mordkommission denken zunächst an eine Vergeltungsaktion. Doch bald gibt es einen zweiten Mordanschlag auf einen jungen Mann, der als Freiwilliger für eine Meeresschutz-Organisation arbeitet. Die Handschrift des Täters ist dieselbe …(Verlagsinfo)

Der vierte Roman dieser Reihe ist insgesamt sehr gelungen. Allerdings wirkt dieser Fall allzu konstruiert. Diese Story ist im Genre „Krimi“ ein alter Hut, ein Klassiker, der bei aller Spannung, letztlich keine Überraschungen bereithält. Die Handlung – und mit die Ermittlungsarbeit ist sehr authentisch gegliedert, allerdings ist mir der Perspektivwechsel zu eindimensional. Zuviel „Liv“ zu wenig – andere Perspektiven – es wäre bei diesem Klassiker an Handlung interessant gewesen, die Ereignisse und die Motivation des Mörders auch durch dessen Augen und Intellekt darzustellen.

Inhaltlich wirkt die Story manchmal sehr verfahren, auch wenn sie sich wenig später wieder fängt und die Spannung wieder vor der Tür steht. Die Themen derer sich Sabine Weiß bedient sind vielfältig: Prostitution, Drogen, kriminelle Motorrad-Gangs, Immobilienbetrug und der Natur- und Umweltschutz tauchen auch kurz im Geschehen auf.

Konstruiert hin, oder her – Sabine Weiß versteht es einen guten Kriminalroman zu schreiben, der überzeugt. Es fehlt etwas an Originalität, aber ich prophezeie, dass der fünfte Roman ggf. mit einer der stärksten der Reihe werden könnte. Alles deutet darauf hin, nicht zuletzt die Figurenzeichnung und der weitere Ausbau des Personenkreises, der parat steht.

Fazit

„Blutige Düne“ ist ggf. der Prolog für den fünften Band, der uns alle überraschen könnte. Sabine Weiß Kriminalromane werden besser als ihre historischen, sie überholt sich selbst – also volle Fahrt voraus.

Michael Sterzik

Sonntag, 4. Oktober 2020

Das Königsschwert - Bernard Cornwell

 

England hatte wenige Zeiten des Friedens in der späteren Vergangenheit. Immer wurde die Insel von äußeren und inneren Feinden angegriffen. Und vergessen wir nicht die Bürgerkriege, die unzählige Opfer forderten. Es ist viel Blut auf dieser Insel vergossen worden. Genau diese Ereignisse werden immer gerne in historischen Romanen thematisiert. Die Legionen Cäsers versuchten, die Insel zu vereinnahmen scheiterten über einen längeren Zeitraum, viel später nach dem brutalen Tod im Senat, zu Kaiser Neros Schreckensherrschaft. Es gibt unzählige Romane, die diese epochalen Ereignisse erzählen. Gegen Ende des 8. Jahrhunderts wurden die „Wikinger“ – die Dänen und später die Norweger zu Invasoren und England das aus einzelnen Königreichen bestand, hatte eine Herausforderung, die schlussendlich dazu führte, dass die Normannen doch obsiegten. Eine Völkerverständigung mit Feuer und Schwert.

Bernard Cornwell hat die Epoche um die Eroberung und Besiedlung der Wikinger in einer bisher 12-teiligen Romanreihe veröffentlicht. Der Kriegsherr Uhtred, aufgewachsen als Engländer, erzogen als Wikinger formt die Wunschvorstellung von König Alfred des Großen. Natürlich ist dieser Charakter fiktiv, aber die einzelnen Ereignisse interpretiert der englische Autor sehr spannend und chronologisch relativ gut. Kurz gesagt – diese Reihe ist recht abenteuerlich. Der 12. Band – Das Königsschwert  - erzählt von internen Machtkämpfen und lässt die kriegerischen Dänen mal in der zweiten Reihe Platz nehmen.

Ein König liegt im Sterben, und er beschließt, sein kaum geeintes Reich unter den beiden Söhnen aufzuteilen. Doch jeder der Halbbrüder beansprucht das ganze England für sich. Uhtred, der Krieger, verlässt seine Heimat im Norden, um dem Älteren, Æthelstan, beizustehen. Ein Eid bindet ihn, dabei ahnt er, dass beide verfeindeten Brüder davon träumen, auch sein geliebtes Northumbria dem Reich anzuschließen. Der Kampf um die englische Krone wird in London entschieden. Und dann erleidet Uhtred die größte Niederlage seines Lebens: Er wird gefangengenommen und verliert Schlangenhauch, das Schwert, das ihn in allen Schlachten begleitet hat .(Verlagsinfo)

Der Teil ist außer Frage spannend – denn wieder und das sagt ja auch der Klappentext aus, wird es persönlich für die Hauptfigur Uhtred. Wenn man der Reihe treu geblieben ist, so weiß man auch das Uhtred, nicht mehr der „jüngste“ ist. Vater, Großvater – der alte Kämpe kommt kämpferisch zwar noch missmutig rüber, aber nicht mehr so egoistisch und mutig wie in den Bänden, in denen er noch jung und wild durch Englands Regionen stritt und ritt. Diese Charakterzeichnung ist gut, wirkt aber langsam ernüchternd unglaubwürdig. Das er die Schwertkunst beherrscht ist unbestritten, dass er allerdings mit seinem inzwischen an die 70 Jahre den einen, oder anderen persönlichen Schwertkampf gewinnt, trotz seiner Alters, und der Wunden – sorry, bringt einen faden Nachgeschmack mit sich. Identisch verhält es sich auch mit Kampfgefährten.

Die Reihe ist insgesamt sehr, sehr gut. Kurzweilige Unterhaltung in Abenteuerform. Spannend – und Bernard Cornwell versteht es eine Schlacht über einige Seiten formvollendet und abwechslungsreich zu erzählen.

Die Dialoge zwischen den Charakteren sind wie immer oberflächlich. Von der Politik erfährt man oberflächlich leider genauso viel. Schade. Analysiert man die Charakterisierungen der Protagonisten und deren Veränderungen, so erhält man hier ebenfalls nur sehr oberflächliche Informationen. Uhtred – Ja, dessen Entwicklung usw. wird thematisiert – aber das war es dann auch schon mit charakterlicher Tiefe der Figuren. Schade – dass würde dieser Reihe – wenn die Figuren schon im Herbst und Winter ihres Lebens ankommen guttun.

Für die Reihe wäre es sinnvoll, diese bald abzuschließen, oder mit dem Sohn Uhtreds, der praktischerweise den gleichen Namen trägt fortzufahren. Wir sprechen hier immer noch von einer historischen Reihe, nicht dass man ins Genre „Fantasy“ abdriftet.

Verfolgt man die geschichtlichen Spuren, so stellt man fest, dass Bernard Cornwell sich an historischen Ereignissen lang hangelt, diese aber recht „frei“ auslegt.

Fazit

„Das Königsschwert“ von Bernard Cornwell ist und bleibt ein brachiales Schlachtengemälde. Viel Blut und Ehre – viel Kampf um Macht und Einfluss. Im nächsten Band sollte es wieder primär um den Kampf um das nächste Königreich gehen, dass sich in dänischer Gewalt und Hoheit befindet. Vielleicht geht es dann auch weniger um das Sterben auf dem Schlachtfeld, sondern vielleicht um das Zusammenleben der dänischen und sächsischen Bevölkerung.

Michael Sterzik

Mittwoch, 30. September 2020

Vespasian - Das ewige Feuer - Robert Fabbri


Der vorletzte Band der Reihe Vespasian – Das ewige Feuer von Robert Fabbri erzählt den Anfang vom Ende der Herrschaft Nero über das Römische Imperium. Diese Reihe gehört insgesamt zu den besten historischen Reihen, der letzten Jahre. Robert Fabbris Talent, das Römische Reich in den Köpfen der Leser auferstehen zu lassen, ist absolut faszinierend und gelungen. Wir kennen die Figur „Vespasian“ jetzt seit seiner Jugend. Seine Karriere war voller gefährlicher Missionen, sein Leben durchzogen von Kriegen, Schlachten in fernen Ländern und Intrigen am römischen Kaiserhof. Allesamt gefährliche Situationen – nicht nur für sich, sondern auch für seine Familie und seine engsten Freunde. Ein waghalsiges und leidenschaftliches Spiel, das sich fortwährend um Macht, Einfluss, Geld und der Liebe dreht. Der Einsatz oftmals lebensgefährlich. Im Laufe dieser Romanreihe wurde aus ebendiesen Kriegsherren und Politiker Vespasian ein geschickter Stratege und Taktiker, der seine individuelle Rolle sucht und nun ein festes, ambitioniertes Ziel vor Augen hat.

Dieser vorletzte Band ist spektakulär und vor allem sehr blutig und brutal. Kaiser Nero zeigt sich von seiner bestialischen Seite, eine Monstrosität, deren seelische Abgründe eine eigene Hölle darstellen. Damit unterscheidet sich dieser Roman in den konsequenten, beschriebenen Szenen durchaus von seinen Vorgängern.

Robert Fabbri bedient sich ja der historischen Quellen, doch phasenweise ist es schwer zu glauben, wenn man liest welche Verbrechen Nero begangen hat. Mord, Folter an Familienmitgliedern und Freunden waren in seinem Repertoire vertreten, wie sexuelle Erniedrigungen und Prostitution von hochrangigen Politikern am eigenen Hofe. Seine künstlerische Begabung und seine Profilneurose vervollständigen nur seinen willkürlichen, sagen wir methodisch verrückten Charakter.

A.D. 63: Vespasian ist Gouverneur von Africa, wo er 500 römische Bürger in einem weit entfernten Wüstenstaat befreien soll. Vespasian hofft, so in Kaiser Neros Gunst aufzusteigen. Doch in dem Staat trifft er auf eine versklavte Bevölkerung kurz vor der Revolte. Vespasian flieht mit den römischen Bürgern durch die fruchtlose Wüste, stets verfolgt von den Rebellen ...
In Rom leben die Menschen derweil in Angst und Schrecken vor Neros Verbündeten. Kann der Kaiser gestoppt werden, bevor das Reich an sich selbst zerbricht? Und wer soll Nero Einhalt gebieten? (Verlagsinfo)

Der Titel sagt es schon aus, und natürlich wissen wir um den großen, verehrenden Brand der den Großteil von Rom in Schutt und Asche gelegt hat. Nein – Nero hat den Brand nicht selbst gelegt, da dieser selbst nicht in Rom verweilte. Allerdings steht die Frage noch im Raum, ob Nero den Brand legen ließ, um Rom nach seinen Plänen gestalten zu wollen?! Faktische Beweise können diese Tragödie nicht bekräftigen. Dass die Schuld allerdings der neuen Religion um den angenagelten Gott in die Schuhe geschoben wurde, gilt als bewiesen.

Robert Fabbri hat seine Charaktere auch wunderbar in die Handlung eingebaut. Allerdings wird man sich von tragenden Figuren dieser spannenden Reihe verabschieden müssen. Diese Dramatik ist nur bei einer Person wirklich vonnöten und ist der Anschub für Vespasian ggf. gegen Nero vorzugehen.

Spannend ist „Das ewige Feuer“ allemal, wenn auch nicht der stärkste der gesamten Reihe. Die Schauplätze sind ebenfalls überschaubar. Ein Großteil der Handlung spielt in Rom und zeigt Nero in seiner ganzen Willkürlichen Grausamkeit, die grenzwertig ist, aber authentisch.

Fazit

„Vespasian – Das ewige Feuer“ ist ein brillanter Pageturner. Authentisch. Eine packende Atmosphäre, die absolut überzeugt. „Vespasian“ ist eine der historischen Reihe, die man lesen sollte.

Michael Sterzik